Читать книгу Trevellian und die Stunden der Angst: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 12
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ОглавлениеPorter Riggs sprach mit Richard, seinem Sohn.
»Ich will mit dir nichts zu tun haben«, sagte Richard kalt und hart. »Ich würde dich wahrscheinlich nicht mal mehr erkennen, wenn du mir auf der Straße begegnen würdest. Die Kindheit, die ich deinetwegen durchleben musste, war schrecklich. Die anderen Kinder zeigten mit Fingern auf mich und sagten: Seht ihn euch an. Sein Vater ist ein Mörder. – Die Eltern verboten ihren Kindern den Umgang mit mir. Wir wurden behandelt wie Aussätzige; Mutter, Keira und ich.«
»Das ändert nichts an der Tatsache, dass ich dein Vater bin. Du bist mein Fleisch und Blut, und jetzt brauche ich deine Hilfe.«
»Ich wüsste nicht, wie ich dir helfen könnte«, erwiderte Richard. »Geld kann ich dir nicht geben, denn mein Einkommen reicht gerade für mich und meine Familie, um einigermaßen über die Runden zu kommen.«
»Du hast Kinder?«
»Zwei. Einen Jungen und ein Mädchen. Sechs und acht Jahre alt.«
»Meine Enkel …«
»Sie wissen nichts von dir und denken, ihr Großvater väterlicherseits sei tot.«
»Wie schrecklich, der Gedanke.«
»Du hast es dir selbst zuzuschreiben.«
»Stehst du mit Keira in Verbindung?«, fragte Porter Riggs.
»Auch sie ist verheiratet, und sie hat eine Tochter von zehn Jahren.«
»Ich habe also drei Enkel. – Wo lebt eure Mutter?«
»Hier in New York. Lass sie zufrieden, Vater. Sie ist glücklich mit Rick Sullivan. Für sie war es damals ein Spießrutenlauf, wenn sie die Wohnung verließ. Mutter war nervlich am Ende. Bis sie Rick kennenlernte.«
»Wo wohnt sie?«
»Das werde ich dir nicht sagen. Lass sie in Ruhe. Ich denke, sie hat dich und die schreckliche Zeit einigermaßen vergessen. Wenn du jetzt plötzlich wieder in ihr Leben treten würdest, wäre das sicher nicht gut für sie.«
»Gib mir die Telefonnummer von Keira.«
Auch dies lehnte Richard entschieden ab.
»Bitte«, murmelte Riggs. »Ich will wenigstens ihre Stimme hören.«
Richard ging nicht darauf ein. Stattdessen fragte er: »Was hast du gemeint, als du sagtest, du brauchst meine Hilfe.«
»Ich stehe vollkommen alleine da, hab fünfundzwanzig Jahre Fortschritt versäumt. Ich finde mich in Freiheit alleine nicht zu Recht. Vielleicht könnte ich einige Zeit bei dir wohnen.«
»Das geht nicht. Ich lebe in einer Mietwohnung in Brooklyn. Manhattan kann ich mir nicht leisten. Die Wohnung bietet gerade Platz genug für meine Familie. Tut mir leid, Vater.« Er zog dieses Wort besonders in die Länge. Dann schloss er: »Du musst schon selbst sehen, wie du zu Recht kommst.«
Mit dem letzten Wort legte Richard Riggs auf. Er hatte ihm, Porter Riggs, die kalte Schulter gezeigt. Der Hass brannte in dem ehemaligen Sträfling wie ätzende Säure. Hass auf den Mann, dem er nach seiner Auffassung alles zu verdanken hatte. Hass auf Jonathan D. McKee.
Die Telefonnummer Gordon Carlyles hatte Riggs herausgefunden. Er wählte sie. Gordon Carlyle war selbst am Apparat. Er sagte: »Dirk hat mich schon informiert, Porter. Du bist wieder draußen. Und du willst dich rächen. Tu, was du nicht lassen kannst, aber rechne nicht mit uns. Ich bin bürgerlich geworden, habe eine Familie und einen guten Job. Ich lasse das nicht sausen, bloß weil du nicht vergessen kannst.«
»Ich habe euch damals rausgehalten«, sagte Riggs. »Ihr seid mir etwas schuldig.«
»Wir sind genauso wie du fünfundzwanzig Jahre durch die Hölle gegangen, und jetzt, nachdem du wieder draußen bist, wird das sicher nicht besser. Wir mussten jeden Tag damit rechnen, dass du redest und bei uns die Polizei auftaucht. Du hast deine Strafe abgesessen. Aber wir …«
»Mord verjährt nicht«, knurrte Riggs. »Wenn ich rede, seid ihr fällig.«
»Genau das meine ich, Porter. Warum willst du nicht abschließen mit der Vergangenheit? Du hast es hinter dir. Fang ein normales Leben an, such dir einen Job, vielleicht findest du sogar eine Frau, die …«
»Ich habe euch in der Hand. Dich, Dirk, Tom, Jack und Liam. Mit der Vergangenheit abschließen – das kann ich nicht. Man kann nicht einfach fünfundzwanzig Jahre aus seinem Leben streichen. Wo wohnst du, Gordon?«
»Warum willst du das wissen?«
»Ich brauche einige Adressen, um gegebenenfalls ausweichen zu können. Mehr will ich ja gar nicht. Nur, dass du mich im Falle des Falles für einige Zeit versteckst.«
»Ich habe Familie …«
»Die sicher nicht will, dass du dich nach fünfundzwanzig Jahren noch vor Gericht verantworten musst. Was rede ich? Sicher weiß deine Frau nichts von deiner Vergangenheit. Willst du, dass ich sie aufkläre?«
»Gott bewahre …«
»Na also. Sag mir deine Adresse.«
»Carnegie Hill, drei-fünf-sieben, vierundneunzigste Straße.«
»Fein, Gordon. Und keine Sorge. Ich werde nur auf dich zurückgreifen, wenn ich keinen anderen Ausweg mehr weiß.«
Riggs beendete das Gespräch. Er setzte sich auf die Bettkante. Das Zimmer war absolut nüchtern eingerichtet. Ein Bett, ein Schrank, ein Nachtkästchen, ein Tisch und zwei Stühle. Eine Übernachtung kostete in dem Laden 25 Dollar. Aber Porter Riggs hatte einige hundert Dollar zusammengespart in den den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten. Wegen des Geldes musste er sich im Moment noch keine Gedanken machen.
Er hatte die Unterlippe zwischen die Zähne gezogen und kaute darauf herum. Am späten Nachmittag war er beim Federal Building. Er hatte direkt an der Ausfahrt der Tiefgarage gestanden. Jonathan D. McKee hatte er auf Anhieb wiedererkannt, als dieser in einem Oldsmobile an ihm vorbeifuhr.
Riggs wusste nicht, wo McKee wohnte. Um ihm zu folgen hätte er ein Auto benötigt. Ein Taxi befand sich nicht in der Nähe.
»Ich kriege dich, McKee«, knurrte Riggs wie im Selbstgespräch. »Und dann wirst du durch die Hölle gehen. Durch dieselbe Hölle, durch die ich fünfundzwanzig Jahre lang gegangen bin – und durch die ich immer noch gehe. Niemand will was von mir wissen.«