Читать книгу Trevellian und der Kronzeuge der Mafia: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 8
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ОглавлениеEs gab eine Pressekonferenz. Staatsanwalt Morgan Webster stellte sich den Fragen der Reporter.
»Sie beabsichtigen, gegen Benito Castilo Anklage zu erheben«, rief ein glatzköpfiger Mann. »Warum wollen Sie ihn anklagen? Nach seiner Verhaftung wurde bekannt, dass Sie womöglich das Material für eine Anklage gar nicht zusammenbringen. Wird Ihre Anklage nicht auf recht wackligen Beinen stehen?«
»Was wir in den Händen hatten, reichte aus, um einen Haftbefehl zu erwirken«, antwortete Webster. Der Siebenundvierzigjährige war über einsachtzig groß und dunkelhaarig. Er verfügte über ein scharf geschnittenes Gesicht mit einem breiten Kinn, was Energie und Durchsetzungsvermögen verriet. Bekleidet war Webster mit einem silbergrauen Anzug und einem hellblauen Hemd. Um den Hals trug er eine ebenfalls silbergraue Krawatte mit roten Streifen. Dieser Mann verströmte eine natürliche Autorität und wirkte irgendwie geradlinig und glaubwürdig.
Er schaute in die Runde. Gespannte Blicke hingen an ihm. Die Meute der Reporter von Zeitung, Funk und Fernsehen wartete auf Antwort. Webster begann zu sprechen: »Wir werden Anklage wegen Mordes erheben – wegen versuchten und vollendeten Mordes. Der Anklagebehörde hat sich ein Zeuge zur Verfügung gestellt. Sie werden allerdings verstehen, dass ich Ihnen hierzu nichts Näheres sagen kann. Nur soviel: Seine Aussage wird Benito Castilo das Genick brechen.«
Eine Reporterin ergriff das Wort: »Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass die Castilo-Brüder die Köpfe der Italienermafia sind. Handelt es sich bei dem Zeugen ebenfalls um einen Angehörigen der italienischen Mafia?«
»Nein. Aus Sicherheitsgründen kann ich zu dem Mann, der der Staatsanwaltschaft helfen will, keine näheren Angaben machen. Es handelt sich jedoch um einen Insider, dessen Aussage von hohem Wert sein wird. Wir haben ihn unter Polizeischutz gestellt, außerdem wird das Zeugenschutzprogramm auf ihn angewendet.«
»Weiß Luigi Castilo, um wen es sich handelt?«
»Davon gehen wir aus«, antwortete der Staatsanwalt.
»Man hat Sie bedroht!«, rief ein junger Mann. »Luigi Castilo wird einiges dagegen einzuwenden haben, dass sein Bruder verurteilt wird. Es ist davon auszugehen, dass Sie, Herr Staatsanwalt, zuoberst auf der Abschussliste der Mafia stehen. Wie gehen Sie mit dieser Bedrohung um?«
»Ich stehe unter Polizeischutz«, erwiderte der Staatsanwalt. »Natürlich nehme ich die Drohung ernst – sehr ernst. Aber ich kann mich davon nicht abhalten lassen. Es gilt, Recht und Gesetz Geltung zu verschaffen. Ich wäre wohl nicht der richtige Mann für den Job des Anklägers, wenn ich durch Drohungen und Einschüchterungen manipulierbar wäre.«
»Sie sind sehr mutig. Sich mit der Italienermafia anzulegen, ist ein Spiel mit dem Feuer.«
»Darüber war ich mir von vornherein im Klaren.«
»Haben Sie Ihre Anklageschrift schon dem Gericht vorgelegt? Welcher Morde werden Sie Castilo anklagen?«
»Die Anklageschrift ist fertig.«
Webster stand den Reportern noch über eine halbe Stunde Rede und Antwort. Dann war die Pressekonferenz zu Ende und Webster kehrte in sein Büro zurück. Es ging auf sechzehn Uhr zu. Der Staatsanwalt pflückte den Telefonhörer vom Apparat und rief seine Frau an. Sie sagte: »New York One hat die Pressekonferenz live übertragen, Morg. Du warst sehr souverän. Aber ich habe Angst. Du darfst die Drohungen auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen.«
»Nehme ich nicht, Darling. Das habe ich auch den Presseleuten gesagt. Mach dir keine Sorgen. Zu meinem Schutz sind zwei Beamte abgestellt. Es handelt sich um erfahrene Männer. Weshalb ich dich anrufe: Ich möchte dich heute Abend zum Essen ausführen und werde uns bei Benson einen Platz reservieren. Du bist doch damit einverstanden?«
»Du solltest dich nicht in aller Öffentlichkeit präsentieren, Morg.«
»Ich kann mich nicht verkriechen wie ein krankes Tier, Darling. Außerdem ist mir nach einem saftigen Steak. Ich werde also einen Platz für uns beide reservieren. Du machst dir zu viele Gedanken, Darling. Ich stehe rund um die Uhr unter Bewachung. Außerdem…« Webster seufzte. »Ach was. Ich verkrieche mich nicht vor den Gangstern. Luigi Castilo soll nicht denken, dass ich mich vor ihm fürchte. – Ich komme gegen neunzehn Uhr dreißig nach Hause und hole dich ab. Ich liebe dich.«
Webster legte auf. Sein Telefon läutete. Er hob den Hörer vor sein Gesicht. »Webster, Staatsanwaltschaft…«
Es knackte in der Leitung. Der Anrufer hatte aufgelegt. Versonnen hielt der Staatsanwalt den Telefonhörer in der Hand. In seinem Gesicht arbeitete es, er nagte an seiner Unterlippe. Ihm war nicht wohl zumute. Drei anonyme Anrufe hatte er bisher erhalten. Jedes Mal war ihm mit dem Tod gedroht worden, falls er es wage, gegen Benito Castilo Anklage zu erheben. Heute nun hatte er seinen Entschluss der Öffentlichkeit bekanntgegeben.
Webster legte auf und ging zum Fenster, schaute auf die Straße hinunter und ertappte sich dabei, dass er plötzlich Angst verspürte. Er glaubte nicht daran, dass sich der Anrufer eben nur verwählt und einfach wieder aufgelegt hatte.
Unten rollte dichter Verkehr vorbei. Der Himmel war grau. Es war Januar und für die Jahreszeit viel zu warm. Das Klima spielte verrückt. Man sprach vom wärmsten Januar seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Webster starrte gedankenvoll auf die Straße hinunter, dann wandte er sich vom Fenster ab, ging zur Tür und öffnete sie. Einer der Polizisten, die ihn bewachten, saß auf einem Stuhl an der Wand neben der Tür und las eine Zeitung. Fragend schaute er Webster an.
»Ich mache gegen neunzehn Uhr Schluss«, sagte der Staatsanwalt. »Wir holen dann meine Frau ab und fahren zu Benson in die 52nd Street.«
»Ist in Ordnung, Sir«, sagte der Polizist, der Zivilkleidung trug. »Ein ordentliches Steak ist sicher nicht zu verachten.« Der Mann grinste.
Webster ging in sein Büro zurück und rief bei Benson an, um einen Tisch zu reservieren.
Um achtzehn Uhr fünfundvierzig beendete er seinen Dienst. Die Anklageschrift war auf den Weg zum Gericht gebracht. Er fuhr mit seinen beiden Bodyguards mit dem Aufzug in die Tiefgarage und setzte sich in den Fond des Chevy, der ihm vom Police Department zur Verfügung gestellt worden war. Einer der Polizisten klemmte sich hinter das Steuer, der andere nahm auf dem Beifahrersitz Platz. Sie verließen die Tiefgarage und fädelten sich in den vorbeifließenden Verkehr ein. Die Fahrt ging in die 58th Street, wo Webster in der neunten Etage eines Hochhauses eine große Wohnung besaß.
Der Beamte, der den Chevy steuerte, fand einen Parkplatz in der Nähe des Hauses, sein Kollege stieg aus dem Auto, um Mrs Webster in der Wohnung abzuholen. Nachdem er ausgestiegen war, schaute er sich aufmerksam um. Ihm fiel nichts Verdächtiges auf. Wenig später betrat er das Haus.
Zehn Minuten später kam er mit der Gattin des Staatsanwalts zurück. Er wartete, bis sie neben Webster im Fond des Wagens Platz genommen hatte, warf die Tür zu und setzte sich wieder auf den Beifahrersitz.
Ben Benson, das bekannte Steakhaus, befand sich ebenfalls im Westteil Manhattans und war nur wenige Straßen von der Wohnung Websters entfernt. Sie fuhren auf der Tenth Avenue nach Süden. Es war finster. Wie Dämonenaugen glühten die Rücklichter der Fahrzeuge. Die Scheinwerfer warfen Lichtkegel auf den Asphalt, die vor den Autos her huschten. Der Verkehr war bei weitem nicht so massiv wie während der Zeit der Rushhour, aber er war nach wie vor immens.
In der 52nd quetschte der Chauffeur den Chevy in eine enge Parklücke, dann stieg der Polizist, der auf dem Beifahrersitz saß, aus, schaute sich um und öffnete schließlich die hintere Tür. Zuerst stieg Morgan Webster aus, dann seine Frau. Sie hängte sich bei ihm ein.
Einer der Beamten ging voraus in das Steakhaus, der andere folgte Webster und seiner Gattin. Die beiden Polizisten waren wirklich sehr vorsichtig. Einer von ihnen war über fünfzig, es handelte sich um einen im Dienst ergrauten Beamten. Sein Name war Craig Bellow. Sein Kollege, Stan Wright, war zweiundvierzig und ebenfalls ziemlich erfahren.
Ein Kellner führte Webster und seine Gattin zu dem reservierten Tisch. Bellow postierte sich bei der Tür des Lokals, Wright nahm an einem Tisch im hinteren Teil des Gastraumes Platz, von dem aus er seinen Schützling gut im Auge hatte.
Gegen einundzwanzig Uhr fünfundvierzig verließen Webster und sein Gefolge das Restaurant. Vor dem Ehepaar bewegte sich Wright, Craig Bellow bildete den Schluss. In dem Moment, als Wright per Fernbedienung die Autotüren aufschloss, geschah es. Ein Stück entfernt fuhr ein Mercury aus einer Parklücke und als er auf einer Höhe mit dem Chevy war, begann eine Maschinenpistole zu rattern. Die vier Menschen bei dem Chevy wurden herumgerissen und von den Einschlägen geschüttelt und brachen zusammen. Die MP schwieg, die Räder des Mercury drehten kreischend durch, dann raste das Fahrzeug davon.
Passanten, die sich auf den Gehsteigen befanden, liefen zu den am Boden Liegenden hin. Stimmen wurden laut. Jemand schrie, dass man die Polizei alarmieren müsse. Ein anderer gab zu verstehen, dass es viel wichtiger wäre, eine Ambulanz anzufordern. Ein Mann hatte schon das Handy am Ohr.