Читать книгу Schlussstein - Peter Gnas - Страница 23
Hamburg, Mittwoch 30. April 2008, 19.00 Uhr
ОглавлениеIn den nächsten Tagen war Vogel intensiv vom Tagesgeschäft in Anspruch genommen. Lenz war zeitweise mit ihm auf den Baustellen und kritisierte alles und jeden. Er hatte sich seit dem Bremer Bankentermin nur halbherzig um Folgeaufträge bemüht. Vogel bemerkte, dass er bei der Akquisition in der Vergangenheit entschlossener war. Offenbar brütete er darüber, wie er seinem großen Ziel doch näher kommen konnte.
Lenz versuchte nicht, neue Gespräche mit möglichen Partnern für ein Konsortium herbeizuführen. Er vereinbarte auch keine Termine mit Banken. Im Gegenteil, die Zusammenkünfte, die abgesprochen waren, sagte er ab. Er machte einen ständig gereizten Eindruck.
Am Abend bestellte er eine Escort-Lady ins Surprise. Er musste sich unbedingt seinen Kopf freibumsen. Er nahm die Prostituierte ungewöhnlich grob ran und ließ sich von anderen Frauen, die mit ihren Männern da waren, anfassen. Eine dieser Damen, die oft zugegen waren und mit denen er schon rumgemacht hatte, ging offensiv auf ihn zu. Ihre Erfahrung mit Lenz war ausgesprochen angenehm gewesen, das wollte sie wiederholen. Ihm erschien sie eigentlich zu alt und zu übergewichtig. Nun strebte er aggressiven Sex an, da war ihm jede recht. Er nahm die Frau sehr grob und mit harten Praktiken. Sie bezahlte nun für seinen Frust. Für den Ehemann, der gern anderen beim Sex mit seiner Gattin zusah, wirkte es wie eine Vergewaltigung. Das überraschte Gesicht der Frau deutete er irrtümlich als Ausdruck ihrer Lust. Verunsichert verließ er den Raum.
Als Lenz mit ihr fertig war, sah sie ihn entgeistert an. Sie hatte Schmerzen und sie war angeekelt von ihm. Das zu äußern, traute sie sich jedoch nicht. Die Angst, bei den anderen Gästen als spießig und verklemmt angesehen zu werden, wog schwer. Lenz ließ sie achtlos zurück, wo sie lag und ging an die Bar. Dort saß der Ehemann und spülte den Frust hinunter.
„Du musst deine Alte zu Hause mal anständig durchficken, nicht immer nur glotzen, wie andere das für dich erledigen“, sagte Lenz mit einem diabolischen Lächeln.
Der Mann sah ihn überrascht und sprachlos an. Die Chefin des Hauses, die hinter der Theke stand, ermahnte ihn, sich an den Verhaltenscodex des Clubs halten.
„Ich glaube, du solltest dich auch mal anständig durchbürsten lassen“, erwiderte er. Er kippte seinen Drink runter, knallte das Glas auf die Theke und ging sich anziehen. Dann verließ den Club, ohne die Prostituierte mitzunehmen. Er wurde nie mehr im Surprise gesehen.
*
Am vierten Abend, nachdem sie in Bremen gewesen waren, kam Vogel in Lenz’ Büro. Er hörte, dass er mit Kovacic telefonierte und ihm fiel auf, dass er ihn Mirko nannte – sie hatten sich auf das ‚Du’ verständigt.
Lenz machte Zeichen, dass er sofort zu ihm kommen werde, er wolle nur noch das Telefongespräch zu Ende führen. Er sprach noch etwa eine halbe Stunde mit Kovacic.
Als er endlich in Vogels Büro kam, teilte er ihm mit, dass er sich am nächsten Tag nochmals mit Kovacic auf halber Strecke treffen wolle. Er, Vogel, müsse nicht mitkommen, wenn er viel zu tun habe. Vogel ahnte, dass die beiden sich jetzt einig waren und dass sie die Sache auf Biegen und Brechen durchziehen wollten. Er schwieg dazu.
„Ich sprach mit Mirko gerade über das Projekt. Wir wollen die Angelegenheit mal durchzurechnen“, sagte Lenz. „Wir hatten überlegt, wie wir mit den alten Gebäuden umgehen, die auf dem Gelände stehen. Ich denke da insbesondere an das sechsstöckige alte Verwaltungsgebäude. Reißt man das ab oder wird das gesprengt?“
„Sprengen kannst du vergessen“, winkte Vogel ab, „da ist viel zu viel rund herum, was kaputt gehen würde. Das muss man abtragen.“
„Ich würde mich morgen gern mit einem Experten darüber unterhalten“, erwiderte Lenz. „Ich nehme ja an, dass du damit noch keine Erfahrung gemacht hast. Kannst du mir eine entsprechende Firma nennen oder mir sagen, wo man solche Sprengstoffe beziehen kann?“
Vogel glaubte nicht an eine Sprengung, er nannte Lenz eine Adresse und erläuterte ihm die verschiedenen Sprengstoffe für unterschiedliche Anforderungen. Er würde die Sache aber einem Abrissunternehmen übertragen – die seien die Profis.