Читать книгу Hinter den Fassaden - Peter Gollnik - Страница 7
Geständnis für letzte Chance
Оглавление„Nur“ zwei Jahre Haft für etwas, das als „schwerer Raub“ samt Freiheitsberaubung angeklagt war - da hatten es der 31-jährige Rendsburger und sein Anwalt gestern vor dem Neumünsteraner Schöffengericht leicht, auf Rechtsmittel noch im Gerichtssaal zu verzichten.
Ein Stück aus dem Sumpf des Drogenkonsums war es, das Richter Hans-R. P. verhandelte: Mit seinem 26-jährigen Bruder (in Kiel einsitzend) hatte der 31-Jährige (jetzt Justizvollzugsanstalt Neumünster) im April in Rendsburg einen 43-Jährigen in dessen Wohnung überfallen. Einer der Brüder soll das Opfer gegen den Kopf geboxt haben, dann soll es mit einem Küchenmesser bedroht worden sein; zwei 50-Euro-Scheine, Kleingeld und eine Monatsration Haschisch verschwanden in den Taschen der Täter, beim Abgang schlossen sie die Tür von außen ab.
Bei der Polizei hatte der überfallene Drogenkonsument („nur Hasch“), der damals aus dem Fenster klettern musste, laut der verlesenen Protokollzitate noch gewusst, wie der Überfall abgelaufen war - gestern war ihm das nicht mehr gegenwärtig: „Das hab' ich gesagt, weil ich so wütend war.“ Nur zögernd erinnerte er sich: „Ja, da hatte einer ein Messer in der Hand, aber so bedroht haben sie mich nicht.“ Am Schluss die einzige klare Aussage: „Bekomme ich Zeugengeld? Ich hab' nicht mal mehr Geld zum Leben.“
Noch weniger hilfreich mochte der in Handschellen herangeschaffte Bruder des Angeklagten sein: Er kenne weder das Opfer noch ein Messer, eröffnete der Jüngling seine Vernehmung selber, um dann jede Aussage abzulehnen. Das zum Abschied entbotene Schimpfwort kommentierte Richter P. sanft mit: „Das sagt man doch nicht unter Familienangehörigen.“
Eigentlich hatte auch der Angeklagte nichts sagen wollen, der bisher von Zeltaufbau, Abbruch, Sozialhilfeprojekten gelebt hatte („Ich hab' kein' Beruf“) und davon die Drogen nicht finanzieren konnte. Dass er sich um Kopf und Kragen geschwiegen hätte, machte ihm der Staatsanwalt klar: Bei der Beweislage seien fünf Jahre Haft die Mindeststrafe; ein Antrag auf Drogentherapie könne nur bis zwei Jahren Haft genehmigt werden. Richter P. schloss sich an: „Wenn Sie Therapie statt Strafe wollen, müssen Sie hier Haft bis zwei Jahre kriegen.“
Das war überzeugend genug für ein (strafmilderndes) Geständnis. Verteidiger Axel S.: „Es geht ihm darum, dass er eine Chance nutzen, eine Therapie machen kann.“ Und so wurde aus schwerem Raub ein „einfacher“, und aus fünf Jahren zwei. „Das klappt aber nur, wenn Sie bereit sind, sich von den Kreisen zu trennen, in deren Strudel Sie geraten sind“, gab ihm der Staatsanwalt mit auf den Rückweg in die Zelle.
(30. Sept. 2003)