Читать книгу Geschichten aus Thumberg (Band 1) - Peter H. Brendt - Страница 4
ОглавлениеDie Schwanengasse
Cryst wusste, es gab zwei Orte, an denen Männer unvorsichtig werden und Dinge erzählen, die sie besser verschwiegen. Einer war der Tisch eines Gasthauses nach ein paar Krügen Bier oder Branntwein. Der Zweite im Bett eines Straßenmädchens. Entweder vor dem Akt, um sich wichtig oder das Mädchen gefügiger zu machen. Gern auch danach. Erschlafft und in dem Bemühen, einen mitfühlenden Menschen zu finden, der bereit war Dingen zu zuhören, die, wie man später feststellte, lieber ungesagt gebelieben wären.
Auch Thana besaß ein besonderes Geschick darin, gerade in diesen Minuten ihre Kunden auszuhorchen und ihnen das Gefühl zu geben, nicht nur befriedigt, sondern auch verstanden zu werden. Zusätzlich hatte sie an ihm eine Narren gefressen, seitdem er sie aus den brutalen Klauen eines Zuhälter befreite.
So dauerte es nur kurze Zeit, bis das Straßenmädchen zu seinen wichtigsten Informanten in den Straßen der Stadt gehörte. Und schnell zu denen, die er er am besten bezahlte, wie er zähneknirschend zugab. Er hielt es deshalb für eine gute Idee, die Suche nach dem verschwundenen Wein bei ihr zu beginnen.
Allerdings gab es ein Problem. Shaba, die Hexe, hasste das Straßenmädchen von Herzen. Erfuhr sie von einer Zusammenkunft, suchte sie ihn im «Pony» auf und machte ihm die Hölle heiß. Dabei störte es sie nicht, dass die übrigen Gäste, ihre Standpauke mitbekamen.
Cryst seufzte tief. Er musste im Stillen einräumen, dass ihre Vorhaltungen eine gewisse Grundlage besaßen. Aber, er war und blieb ein Mann. Und wenn auch sie nicht müde wurde, zu behaupten, er sei der Vater der kleinen Thilla, leitete sie daraus lediglich Pflichten ihr und seiner angeblichen Tochter gegenüber ab. Jedoch keine Rechte.
Er musste das Risiko eines Streits eingehen. Thanas Informationen hatten sich in der Vergangenheit immer als wichtig und unverzichtbar erwiesen. Den Weg zur Schwanengasse kannte er mit geschlossen Augen. Wie fast alle erwachsenen Männer in Thurmbeg.
Vielleicht entging Cryst deshalb der Schatten, der ihm leichtfüßig, aber entschlossen folgte.
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