Читать книгу Landschaftsarchäologie - Peter Haupt - Страница 12
Empirische oder künstlerische Definition
ОглавлениеWo ich bin, ist die Mitte der Landschaft, die ich um mich herum sehe (zumindest wenn man sich im Freien aufhält). Eine solche „wahrgenommene“ Landschaft ist zum Beispiel das Mittelrheintal zwischen Bingen und Koblenz. Dessen Grenzen finden sich in den Rheinpanoramen gedruckter Reiseführer so gezogen, dass das Mittelrheintal stets dort endet, wo der Blick des Besuchers von Uferstraße oder Flussschiff den Horizont findet. Seit es zum Welterbe erhoben wurde, ist es mit Grenzen versehen, die eben dieses visuelle Gebiet umfassen und nur geringfügig auf dessen unmittelbares Hinterland ausgreifen. Solche empirischen Beschreibungen sind sehr individuell und haben nicht selten das Problem einer nur ungenauen Reproduzierbarkeit. Zudem schaffen sie oft inselartig herausgehobene Gebiete, also Landschaften, die nicht von gleichartig definierten Landschaften begrenzt sind. Allerdings können sie von jedem ad hoc geschaffen werden, allein die Ähnlichkeiten unserer Sozialisierungen, der Physiologie unserer Sinne und unserer Wahrnehmungen, sorgen für ähnliche Landschaftskonstrukte in unseren Köpfen.
Landschaft ist nach all dem ein definierter Raum (als Teil der Erdoberfläche), dessen Definition in der Regel auf einem größeren Konsens beruht. Auch bei der landschaftsarchäologischen Arbeit werden Landschaften konsensfähig definiert! Die Landschaftsarchäologie wählt sich ihr Arbeitsgebiet nahezu immer nach einer Mischung aus geographischen und kulturgeschichtlichen Faktoren aus – wobei den geographischen oft die bedeutendere Rolle zukommt. Das liegt vor allem in vorgeschichtlichen Zeiträumen daran, dass kulturgeschichtlich gleichartige Räume besonders im Binnenland kaum mit harten Grenzen versehen werden können, andererseits die geographische Homogenität bestimmter Faktoren meist heute wie früher unverändert ist: Eine Lößlandschaft mit ihrer großen Bedeutung für prähistorische Landwirtschaft kann mittels Bodenkartierungen heute einfacher rekonstruiert werden, als deren tatsächliche Besiedlung und Kultur in der Jungsteinzeit.