Читать книгу Landschaftsarchäologie - Peter Haupt - Страница 19
5. Landschaft ist immer ein rezentes Konstrukt.
ОглавлениеErläuterung: Es gibt keine Landschaften ohne Menschen, die solche definieren. Auch Begründungen mit „exakten“ naturwissenschaftlichen Daten (z.B. Lößlandschaft als Gebiet, in dem pro m2 eine Mindestmenge äolisches Sediment einer bestimmten Zeit vorliegt) schaffen nur Konstrukte unseres Denkens. Was wir als Parameter für die Zusammengehörigkeit einer Landschaft nutzen, hängt wiederum von verschiedenen Faktoren ab, die wir explizit oder implizit in unserem Denken verwenden. Wenn der Archäologe X eine Landschaft als sein Arbeitsgebiet beschreibt, versteht der Kollege Y darunter nicht exakt dasselbe – die Abweichungen hängen von der Qualität der Beschreibung, aber auch von den jeweiligen Denkprozessen ab. Das Resultat kann nie identisch sein. Deshalb sind wertende Zusätze wie „reich“, „arm“, „zentral“ oder „alt“ zwar durchaus in der Lage, eine Tendenz im Vergleich mit anderen Landschaften anzudeuten; wirkliche Absolutheit haben sie aber nicht. Zusätzlich sehen Menschen bestimmte Marker als charakteristische Elemente einer Landschaft; das können Weinberge in Rheinhessen, Baumbestände im Bayerischen Wald, typische Bauernhausformen in Norddeutschland oder Berge in den Alpen sein. Archäologen und Historiker werden schon aus ihrem beruflichen Alltag heraus das Augenmerk mehr auf ihnen vertraute Kulturdenkmäler richten. Burgen, Dolmen, Hügelgräber, der Limes oder auch unsichtbare Denkmäler (etwa die neolithische Besiedlung) können so maßgebend für die Definition einer rezenten Landschaft werden. Allerdings wäre es vermessen, anzunehmen, damit den Landschaftskonstrukten früherer Menschen zu entsprechen. Zum einen basiert unsere Kenntnis derartiger Denkmäler auf einer anderen Wahrnehmung (wissenschaftliche Erkenntnisse sind weder reine Sinneswahrnehmungen noch erarbeitete Wahrheiten), zum anderen ist unsere Interpretation von ganz anderen Sozialisierungen oder kulturellen Einflüssen geprägt. Eine Landschaftswahrnehmung der Vergangenheit ist nicht rekonstruierbar.