Читать книгу Das Elefantengrab - Peter Höner - Страница 12

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Alice erschrickt. Zwei Angestellte des Hotels schleppen die leeren Bierkisten aus dem Getränkelager hinter der Küche in ein Motorboot am Strand. Das Geschepper der leeren Flaschen in den Kästen stört die morgendliche Ruhe, so daß Alice ans Geländer der Terrasse eilt, und ihre Angestellten bittet -- sie ruft die beiden ‹Sünder› beim Namen -- sie sollten leiser sein.

Alice ärgert sich. Sie glaubt zu wissen, daß sie ein gutes Arbeitsklima haben, die Kompetenzen sind klar, ihre Löhne anständig. Umso weniger versteht sie, warum solche Kleinigkeiten, die sie den Leuten schon hundertmal gesagt hat, nicht befolgt werden. Vor allem da sie und Mettler sich bemühen, nicht die Unerreichbaren zu spielen. Im Gegenteil, sie pflegen ein geradezu kameradschaftliches Verhältnis zu ihren Angestellten, von denen sie die meisten schon von früher kennt. Aber das Rafiki ist ein Hotel. Die Gäste sind hier, um sich zu erholen. Sie und Mettler, aber auch ihre Angestellten, haben sich nach den Wünschen der Kunden zu richten und nicht umgekehrt.

Zu keiner Tageszeit vermißt sie Mettler so sehr wie jetzt. Normalerweise bringt ihr Mettler, der vor ihr aufsteht, Kaffee kocht und die Zeitungen holt, eine Tasse ans Bett und legt sich noch ein bißchen zu ihr. Sie besprechen die anfallenden Arbeiten des Tages oder sorgen sich um ihren Sohn Ali. Mettler und Ali verstehen sich nicht gut. Ali ist ohne Vater aufgewachsen, läßt sich von Mettler nichts sagen; Mettler möchte Ali helfen, aber weiß nicht wie. Zur Zeit besucht Ali in der Schweiz ein Internat, damit er später in Luzern oder Lausanne an die Hotelfachschule gehen kann, aber die Briefe, die sie aus der Schweiz erhalten, geben wenig Anlaß zu derart hochfliegenden Plänen.

Oft nützen sie die ruhigen Stunden -- wenn nicht gerade Bierkästen verladen werden -- um einander zu verführen, gehen auf Entdeckungsreisen, wie Mettler ihre Liebkosungen nennt. Ein Kindskopf. Und hätte sie nicht die Erfahrung gemacht, daß er sich immer wieder an denselben Überraschungen freut, sie müßte verzweifeln. Oder war das gockelhafte Gehabe, mit dem Mettler sich vor Jill aufspielte, waren seine dümmlichen und gestelzten Schmeicheleien, schon Zeichen der Erschöpfung? War Jills Ironie, mit der sie Mettler behandelte, ein Versuch, sie zu täuschen? Sie kennt das. Weiße Frauen.

Die ‹rote Gazelle›, wie sie Jill heimlich nannte, versteckte sich für ihr Gefühl ein bißchen allzu fadenscheinig hinter einer Süffisanz, die nur schlecht verbarg, was sie von Männern erwartete.

Warum kamen Jill und Wipf nach ihrem Safaridebakel überhaupt noch nach Lamu? Die Beziehung Jills zu Fredi Wipf hielt sie nie für besonders glücklich. Benutzte die Parker Mettler, um sich von Wipf zu lösen? Als Mettler sich schließlich nicht entblödete, Jill auf der Hotelterrasse vor den Gästen den Hof zu machen, gab sie ihm den Ratschlag, er sollte sich die Parker, nachdem er sich so lange vor ihr aufgeplustert hatte, endlich nehmen. Mettler verstrickte sich in eine Flut geschwätziger Erklärungen, die beweisen sollten, daß er dies ja gar nicht wollte. Alice verstand ihn nicht.

Vor gut zwei Monaten tauchte Wipf mit dem Surflehrer Teddy Huber in Lamu auf. Der schneidige Schweizer eroberte Jill in wenigen Tagen, und Alice wunderte sich nicht, als es gerüchtweise hieß, Jill und Teddy würden heiraten. Mettler spielte den Gleichgültigen, Wipf schien einmal mehr getroffen.

Umso weniger versteht sie nun, weshalb Jills Verschwinden Mettler derart aus der Fassung bringt.

Das Elefantengrab

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