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Wenn Gedanken krank machen

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Manchmal, wenn ich nachts nicht schlafen kann, gehen mir die merkwürdigsten Dinge durch den Kopf. Und weil ich vieles oft nicht verstehe, beginne ich darüber nachzugrübeln. Am nächsten Morgen bin ich dann jedes Mal wie erschlagen. Unausgeschlafen beginne ich den Tag und begreife nicht, warum ich wieder einmal die halbe Nacht damit zugebracht habe, mir über Dinge Gedanken zu machen, die ich sowieso wieder vergessen werde. Irgendwo habe ich gelesen, dass Menschen mit höherem IQ ungesund leben. Denn, je höher er ist, umso mehr machen sie sich über alles und jedes Gedanken. Sobald sie etwas finden, was von ihren festgelegten Normen abweicht, geht es los. Sie versuchen sich dann hineinzudenken, Begründungen zu finden, warum das so und nicht anders ist. Oft nerven sie damit ihre Umwelt und geben keine Ruhe, bis sie sich bestätigt fühlen. Leider schaffen das nicht alle. Psychiater haben deshalb viel zu tun, weil Grübler mit ihrem Grübeln nicht klarkommen. Sie bekommen Neurosen oder sind depressiv. In solchen Augenblicken denke ich mir, wie blöd bin ich eigentlich, das ganze Leben damit zu verbringen, Sinnvolles und Unsinniges zu analysieren und abzuspeichern. Mit der Zeit ist so viel Speicherplatz im Gehirn belegt, dass ich mit dem Archivieren gar nicht mehr nachkomme. Immer wieder ertappe ich mich dabei, mir über Dinge Gedanken zu machen, die für den Rest der Welt belanglos sind. Das Leben könnte so einfach sein, wenn man aufhört, darüber nachzudenken. Oder haben Sie schon mal einen Säufer gesehen, der sich darüber das Gehirn zermartert, ob Bier seine Gesundheit schädigt. Für ihn ist wichtig, dass es kühl ist. Ich habe auch noch keinen Säufer erlebt, der darüber nachdenkt, welche Sorte Bier an welchem Ort der Welt, wie gebraut wird. Klack, Dose auf, gluck, gluck, das ist seine Philosophie. So einfach kann die Welt sein. Wenn später mal die Leber nicht mehr mitmacht, dann ab in die Kiste und good-by. Bevor ich in die Kiste steige habe ich zuvor mein Testament gemacht, meine Nachlassenschaft geregelt und eine Menge Ärzte beschäftigt, mein Leben zu verlängern.

Viele bewundern Deutsche, wegen ihrer Gründlichkeit, mit der sie nützliche und unnützliche Dinge akribisch erledigen. Aber dieser Eindruck stimmt so nicht. Wir sind Neurotiker und grübeln ständig, ob wir eine Sache nun richtig oder falsch gemacht haben. Zumeist kommen wir zur Erkenntnis, dass es falsch war. Also beginnen wir wieder von vorn. Das geht tagein und tagaus so und alle denken wir sind deshalb besonders gründlich. Ich hab Russen kennen gelernt, die hatten schon eine praktikable Lösung, als wir noch über den theoretischen Grundansatz philosophierten. Die russische Lösung existiert heute noch so, wie sie einstmals erfunden wurde. Unsere wurde bereits x-mal verändert und wir sind noch immer nicht fertig, außer vielleicht mit den Nerven. Vielleicht auch deshalb, weil den Russen ihre Lösung gut funktioniert.

Ein Deutscher denkt immer über alles nach, meist geplagt von Selbstzweifel. Deshalb mischen wir uns auch immer überall ein, obwohl wir meist nichts zu sagen haben. Ein Deutscher zu sein ist in den Augen meiner Landsleute ein Privileg. Nur die Schweizer sind schlimmer. Nur mit dem Gegensatz, das Schweizern als solche geboren, hingegen wir Deutsche dazu erzogen werden. Schon ab der Muttermilch wird uns eingeflößt, was unser späteres Leben einmal ausmacht. Deutsche denken immer, sie hätten einen höheren IQ als andere Völker. Die höchste Form des IQ ist meist der Wahnsinn. Wahnsinnige gewinnen aber keine Kriege, sie fangen nur welche an. Wir haben nur welche angefangen.

So lange es Deutsche gibt, werden sie versuchen den Rest der Welt davon zu überzeugen, wie klug und fleißig sie sind. Millionen verließen unser Land, nicht ohne zu grübeln und oftmals sehr erfolgreich. Der Rest der Welt war davon beeindruckt, dachte er doch, wir sind alles Denker und Lenker. So haben sich die Deutschen im Ausland Respekt verschafft, Anerkennung und Achtung erlangt. Wenn aber so viele Deutsche im Ausland Karriere machen, dann muss doch etwas dran sein, vom Volk der Überlegenen. Die, welche zu Hause blieben, fingen an zu grübeln. Leider machten unsere Vorfahren auf dem Wege der Erkenntnis immer wieder gravierende Fehler. Die nimmt man uns mancherorts noch heute übel. Aber getreu der Devise, wer viel denkt, darf auch Fehler machen, wird sich unsere Überlegenheit am Ende durchsetzten, denken wir jedenfalls, bis heute.

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