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Hunsrück

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Wie der Taunus wird auch der Hunsrück im Süden durch eine prägnante Störung vom hier als Nahe-Trog bezeichneten Teil der Saar-Nahe-Senke begrenzt, dessen Karbon- bis Rotliegend-Füllung in Bezug zum Schiefergebirge um einige 1000 m abgesunken ist. An dieser Hunsrück-Südrandstörung (vgl. Abb. 5) haben nach neuerer Erkenntnis während des Känozoikums auch noch seitliche Scherbewegungen stattgefunden.

Die allgemeine tektonische Situation ist ähnlich wie die am Taunus-Südrand, die Schichten sind nach Süden überkippt, „rückrotiert“ und zweimal geschiefert worden.

Der zur Nördlichen Phyllitzone (vgl. Abb. 2) gehörende Streifen metamorpher Gesteine am Südrand des Hunsrücks zeigt aber insofern Besonderheiten, als hier Gneise vorkommen, die im Hahnenbachtal bei Schloss Wartenstein nahe Kirn und bei Schweppenhausen kleinräumig aufgeschlossen sind. Es sind Paragneise, deren wahrscheinlich präkambrisches Alter einen Hinweis auf cadomisches „basement“ im Untergrund gibt, das hier fensterartig zum Vorschein kommt.

Den größten Anteil metamorpher Gesteine bilden aber auch hier metamorphe Schiefer, Quarzite und Metavulkanite, deren früher vermutetes „vordevonisches“ Alter man, wie im Taunus, nun zu wahrscheinlichem Devon hin korrigiert hat – außerdem ist vielleicht sogar Unterkarbon beteiligt. Alle diese Serien sind steilgestellt bzw. überkippt.

Im Übrigen besteht der Hunsrück fast ausschließlich aus Gesteinen des Unterdevons, wobei sich mehr sandige von tonigen Schichtfolgen trennen lassen. Zu den tonigen Gesteinspartien gehört der durch seine Fossilien weltberühmte Hunsrückschiefer, der vor allem bei Bundenbach und Gemünden als Dachschiefer abgebaut wurde. Im Zentrum seines Ablagerungstroges erreicht dieser eine Mächtigkeit von etwa 4000 m. Während früher eine Bildung in der Tiefsee diskutiert wurde, haben neuere sedimentologische Untersuchungen gezeigt, dass es sich großteils um Flachmeerablagerungen handelt.

Abb. 36: Bingen, Hafenkolonnade. Die Schallschutzmauer reflektiert die besondere geologische Situation der Stadt Bingen: In der Gegend treffen das Devon des Rheinischen Schiefergebirges, das Rotliegend der Nahe-Senke und das Kalktertiär des Mainzer Beckens zusammen; im Bauwerk sind diese Schichten übereinander gestapelt. Mit einem entsprechenden Vorschlag des Autors haben die Architekten den Wettbewerb gewonnen; das „Land Art“-Bauwerk wurde im August 2011 fertiggestellt und hat mit ca. 20.000 m3 verbautem Material eine Länge von ca. 800 m (Foto: Dipl.-Ing. Raul Grüneberg, Architekturbüro Thiel, Münster).

Die vor allem durch die handwerkliche Tätigkeit der Schieferspalter aufgefundene große Anzahl an Hunsrückschieferfossilien ist später durch eine systematische Suche mit Hilfe von Röntgenstrahlen erweitert worden. Die meisten Exemplare liegen in Pyriterhaltung vor, dadurch unterscheiden sich ihre Umrisse im Röntgenbild vom umgebenden Gestein. Nach wie vor ist eine aufwändige Präparationstechnik nötig, um die Fossilien in ihrer ganzen Schönheit freizulegen. Zum Leidwesen vieler Paläontologen sind sie auch begehrte Handelsobjekte. Zu den vorherrschenden Tiergruppen gehören Trilobiten, Echinodermen, altertümliche Korallen, Muscheln, Cephalopoden, Krebse und die frühen Panzerfische. Die Fossilien sind durch die gebirgsbildenden Vorgänge oft deformiert worden, dennoch sind sie in den meisten Fällen gut zu bestimmen. Die feinstkörnigen Tone haben gelegentlich die Erhaltung von so zerbrechlichen Strukturen wie Antennen und sogar Weichteilen der Tiere ermöglicht. Eine Charakterform ist der den Krebsen verwandte Nahecaris stuertzi, nach dem ein früheres Forschungsprojekt am Hunsrückschiefer benannt wurde (Bartels et al. 2002).

In den auch im Hunsrück als Taunusquarzit bezeichneten sandigen Serien des Siegeniums gibt es mehr Fossilien als im Namen gebenden Taunus. Allgemein kann man sagen, dass die wahrscheinlich über 1000 m mächtigen sandigen Flachmeerablagerungen ehemalige Schwellen nachzeichnen, die tonigen dagegen Beckenbereiche. Im Land des Schinderhannes sind diese Schwellen heute noch Höhenzüge und die Tröge werden von den Tälern nachgezeichnet, in denen sich viel pleistozäner Hangschutt angesammelt hat.

Der Hunsrück ähnelt dem Taunus auch im Hinblick auf die Tektonik. Außer der schon erwähnten Deformation der Metamorphite am Südrand gibt es auch hier einen südlichen, stark verschuppten Bereich, der als Hunsrück-Schuppenzone bezeichnet wird. Daran schließt sich ein aus Bunten Schiefern (Gedinnium), Hermeskeil-Schichten, Taunusquarzit und lokalen Hunsrückschiefern zusammengesetzter Bereich an, der als Soonwald-Antiklinorium eine eigene tektonische Einheit bildet. Hunsrück-Schuppenzone und das ebenfalls stark verschuppte Soonwald-Antiklinorium werden durch eine Überschiebung voneinander getrennt, die der Taunuskamm-Überschiebung im Rechtsrheinischen Schiefergebirge entspricht, d.h. deren Fortsetzung bildet (vgl. Abb. 5).

Diesen Überschiebungsbereich hat man auch in dem riesigen Steinbruch bei Trechtingshausen erbohrt, wo Taunusquarzit auf jüngeren Hunsrückschiefer aufgeschoben ist. Der schon seit Jahrhunderten in Abbau stehende Steinbruch liegt nahe am Rhein, was den direkten Materialtransport mit Schiffen (hauptsächlich in die Niederlande) ermöglicht. Der Taunusquarzit zeigt hier auch schöne Spezialfalten, gelegentlich regelrechte Gesteinswalzen.

Die Fortsetzung von Taunusquarzit aus dem Taunus in den Hunsrück ist am Rochusberg bei Bingen zu beobachten, dessen Kirche (Rochus-Kapelle) direkt auf den steilgestellten Schichten steht, die den von Nordosten nach Südwesten verlaufenden Bergrücken aufbauen (Abb. 37).

Abb. 37: Steilgestellter Taunusquarzit bei Bingen am Fuß des Rochusberges (Foto: Stefanie de Schryver, Exkursion 2001).

Am nördlichen Fuß des Rochusbergs steht verkieselter Hangschutt an, der 1814 von Goethe als „Urbreccie“ bezeichnet und besammelt wurde (heute Naturdenkmal).

Die Stadt Bingen hat am Rheinufer eine Schallschutzmauer (Hafen-Kolonnade) errichten lassen, die die örtliche Geologie reflektiert: Hier stoßen Gesteine des Hunsrück-Devons, des Rotliegends der Saar-Nahe-Senke und des Tertiärs des Mainzer Beckens in einer Art Tripelpunkt zusammen (Abb. 36).

Im Binger Loch bildet der Taunusquarzit Klippen im Rhein, die früher die Schifffahrt gefährdeten; heute sind sie überwiegend gesprengt.

Dem variskischen Streichen folgt auch die nach dem gleichnamigen Ort benannte Stromberger Mulde, in der noch Massenkalke des oberen Mitteldevons und sogar oberdevonische Schiefer erhalten sind. Diese überwiegend dolomitisierten Karbonate lassen sich von Stromberg über Waldalgesheim bis nach Bingen verfolgen. Da im Dolomit Fossilien ausgesprochen selten sind, ist ein oberdevonischer Anteil an den Karbonaten nicht sicher zu belegen. Sie haben aber, ähnlich den anderen kleinen Vorkommen solcher Gesteine, wahrscheinlich Taunus und Hunsrück als Riffgürtel zumindest während des oberen Mitteldevons gesäumt; damals waren die beiden Gebirge Schwellen, vielleicht sogar Inseln.

Bei Waldalgesheim ist der Dolomit durch eine Manganvererzung gekennzeichnet, die Erze lagern in Karsttaschen des Massen„kalks“ und sind dort, wie auch Dolomit, unter Tage abgebaut worden. Heute zeugt nur noch ein als Industriedenkmal erhaltener Förderturm vom Bergbau, der 1971 eingestellt wurde.

Solche Erze sind in der Festlandszeit, vor allem im älteren Tertiär gebildet worden, als das Rheinische Schiefergebirge einer tiefgründigen chemischen Verwitterung unterlag. Dazu gehören auch kleinere Eisenlagerstätten, die man in der Fachliteratur direkt als Erze vom „Hunsrücktypus“ bezeichnet.

Durch die von der Oberfläche her angreifende Verwitterung sind die dunklen Schiefer des Devons auch im Hunsrück gebleicht worden; im Gelände sind, vor allem auf der Hochfläche, vielfach weißliche (Kaolinit) und rötliche Farben (Hämatit) zu beobachten. Die Quarzite dagegen sind überwiegend durch Frostverwitterung während des Quartärs mechanisch zerlegt worden und bilden kleine Blockströme, die lokal als „Rosseln“ bezeichnet werden.

Mit Fossilien datierbare Meeresablagerungen des Oligozäns, die gelegentlich auch auf dem Hunsrück gefunden wurden, zeigen, dass das zu dieser Zeit noch kaum herausgehobene Gebirge zeitweise vom Meer überflutet war. Es muss eine Verbindung vom Neuwieder Becken, die über den Hunsrück bis in den Raum des Mainzer Beckens verlief, gegeben haben (Sonne 1982).

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