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Entstehung und frühe Entwicklung der Erde

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Wir leben auf einem Planeten, den Astronauten heute aus dem Weltall betrachten und fotografieren können – seitdem spricht man auch von unserem „blauen“ Planeten. Die Erde ist aber nur Teil eines ganzen Systems von Planeten, die alle um die Sonne als Zentralgestirn kreisen. Sie bewegen sich allerdings nicht, wie die Bezeichnung vermuten lässt, auf kreisförmigen Bahnen, sondern eher in Form von Ellipsen und nicht alle haben auch die gleiche Drehrichtung, es herrscht also eine gewisse Unordnung in diesem System. Die Verhältnisse, vor allem die Temperaturen auf den einzelnen Planeten, werden u.a. von ihrem Abstand zur Sonne bestimmt: So ist es auf der Venus wesentlich heißer und auf dem Jupiter viel kälter als auf der Erde, die mit einer mittleren Jahrestemperatur von etwa 15 °C geradezu ideale Verhältnisse, auch für die Existenz von Leben, bereithält. Hier gibt es in heißen Quellen kochendes Wasser, aber es gibt auch Eis, und dazwischen eben überwiegend flüssiges Wasser, ohne das wir nicht existieren könnten. Außer den bekannten großen Planeten sind noch unzählige weitere Festkörper in diesem Sonnensystem bekannt, von denen gelegentlich auch einer auf der Erde einschlägt. Wesentlich sind hier die Asteroiden oder Meteoriten, manchmal aber ist es nur kosmischer Staub, von dem jedes Jahr viele Tonnen auf die Erde herunterrieseln. Solche Staubpartikel verglühen meist schon in der Atmosphäre und verursachen dadurch die hell leuchtenden Sternschnuppen. Die Planeten sind alle unterschiedlich groß und sie haben auch unterschiedliche Massen: Die sonnennahen Merkur und Erde sind viel schwerer als die ferneren, die wie der Jupiter überwiegend aus Gas bestehen. Das hatten die Astronomen schon früh herausgefunden, und mit den unterschiedlichen Massen konnten sie auch die Bahnverläufe der Planeten erklären, die sich deswegen gegenseitig beeinflussen. Venus, Uranus und Pluto rotieren sogar verkehrt herum, wenn man ihre Bewegungsrichtung mit den anderen Planeten vergleicht. Mit solchen Kenntnissen kann man heute auch die Bahnen vorausberechnen, auf denen Satelliten um die Erde kreisen – aber davon will ich hier nicht sprechen, sondern von der Erde, die ja Gegenstand dieses Buches ist.


1.1 Spiralnebel NGL 4414, Aufnahme: Hubble Space Telescope.

Quelle: NASA

Geophysiker sind Forscher, die sich mit den natürlichen physikalischen Erscheinungen der Erde – auch im erdnahen interplanetaren Raum – befassen.

Geologen sind Forscher, die sich mit der Entstehung und Entwicklung der Erde befassen.

Aufgrund der ungemein vielen neuen Beobachtungen der vergangenen Jahrzehnte können wir uns heute ein einigermaßen verlässliches Bild vom inneren Aufbau der Erde machen und beginnen dadurch auch allmählich, deren Entstehung besser zu begreifen. Dazu haben vor allem die wissenschaftlichen Bohrungen in den Ozeanen beigetragen, mit deren Ergebnissen die Plattentektonik begründet wurde. Zusammen mit der Erdbebenforschung haben 14 Geophysiker auch den tieferen Untergrund erkundet, den man selbst mit extrem tiefen Bohrungen nicht erreichen könnte, weil es schon in 10 km Tiefe oft so heiß ist, dass Bohrmeißel und Messgeräte nicht mehr funktionieren. Man macht inzwischen auch Experimente im Labor, mit denen sich die enormen Drücke und Temperaturen simulieren lassen, die für das Innere der Erde wahrscheinlich sind. Schon bei wesentlich geringeren Drücken kann man inzwischen sogar Diamanten künstlich herstellen und daher weiß man, dass sie in etwa 150 km Tiefe entstehen müssen, sie aber erst später durch explosive Vulkane an die Erdoberfläche befördert worden sind. Das alles hat uns auch geholfen, zu verstehen, dass die Erde in Schalen aufgebaut ist wie eine Zwiebel, und herauszufinden, dass es einen gigantischen Kreislauf der Gesteine zu geben scheint, bei dem Material von der Erdoberfläche fast 3000 km tief versenkt und nach Hunderten von Millionen Jahren wieder dorthin zurücktransportiert werden kann. Die im Körper der Erde stattfindenden Prozesse fassen die 14 Geologen unter dem Begriff Endogene Dynamik zusammen.

Die Prozesse an der Erdoberfläche werden durch die Sonne und die von ihr abgestrahlte Energie gesteuert. Dazu gehören die Verwitterung der Gesteine, die Bildung von Böden, der Kreislauf des Wassers und sämtliches Geschehen, das die Entstehung und Umlagerung von Sedimenten bestimmt; all das wird als Exogene, d.h. äußere Dynamik bezeichnet. Dabei laufen Prozesse ab, die wir inzwischen auch quantitativ verfolgen können.

Die Sonnenenergie ist nicht ungefährlich, wie jeder weiß, der einmal einen rechten Sonnenbrand bekommen hat. Ihre Strahlung, vor allem das ultraviolette Licht, bewirkt nicht nur unser aller Leben, sondern kann es in manchen Fällen auch behindern, verändern oder zerstören. Um die Sonne kreisen Planeten, die man ihrer Bewegungen wegen – im Unterschied zu den festen Sternbildern – Wandelsterne nennt; einer davon ist die Erde, und von ihr will ich erzählen. Man kann sie z.B. mit dem Planeten Mars oder der Venus vergleichen. Mars erscheint am Himmel oft als eher dunkler, rötlich gefärbter und die Venus als ziemlich heller Stern. Der Unterschied wird auch durch die Temperaturen auf diesen Sternen mitbestimmt: Auf der Venus ist es viel heißer und auf dem Mars viel kälter als auf der Erde; das hat mit der Entfernung dieser Planeten von der Sonne zu tun. Die Erde nimmt hierbei eine mittlere Stellung ein, weshalb es bei uns nicht zu kalt und nicht zu heiß ist. Aus diesem Grund ist die Erde wahrscheinlich auch der einzige Planet, auf dem sich Leben entwickeln konnte – und das hat schon vor sehr langer Zeit begonnen; auch davon will ich erzählen.

Zuerst müssen wir aber fragen, wie die Planeten überhaupt entstehen konnten, die ähnlich großen Kugeln die Sonne umkreisen. Von der Erde wissen wir, dass sie aus Gesteinen besteht, und vom Mond und vom Mars gilt das ähnlich; wir wissen das, seitdem Menschen und Roboter da oben gelandet sind.

Der große deutsche Philosoph Immanuel Kant hat sich schon vor über 200 Jahren Gedanken gemacht, wie die Planeten entstanden sein könnten. Er dachte an eine flache Scheibe aus Staub, die wie ein Diskus geformt war und die Sonne umkreiste. Solche Kreisbewegungen sind im Weltall überall zu beobachten, wie auch die Spiralnebel zeigen. Diese Staubscheibe wurde durch die schnellen Drehbewegungen dann allmählich in einzelne Ringe aufgespalten, wie man das am Planeten Saturn sehen kann; beim Saturn bestehen sie aber wesentlich aus Gas. Solche Staubringe bekamen allmählich dichtere und weniger dichte Teile, weil dieser Staub zusammengeballt wurde, bis sich schließlich einzelne dicke Knoten daraus bildeten, deren Materie die Anfangsstadien der Planeten darstellen könnten.

Es begann also mit kaltem Staub, wie er Anfang Januar 2006 mit der Raumsonde Stardust und inzwischen von weiteren Raumsonden auf die Erde geholt wurde; man erwartet von den Untersuchungen, dass einiges davon noch aus der Anfangszeit unseres Planetensystems stammt. Wo sich der Staub zusammengeballt hatte, kam auch immer neuer Staub dazu, und so wurden kleinere Körper allmählich größer: Sie fraßen viel von der anfangs wahrscheinlich ziemlich gleichmäßig verteilten Materie der Staubscheibe und wurden so zu größeren Körpern, die man heute als Planetesimale bezeichnet. Große Körper ziehen kleinere an und so kam es, dass sich die Materie bis auf kleinere Reste (die heute noch im sog. Asteroidengürtel herumirren) in den einzelnen Planeten zusammenballen konnte. Noch immer fallen kleinere Brocken und tonnenweise auch Staubteilchen auf die Erde: Das kann man bei den Sternschnuppen sogar direkt sehen, obwohl deren Material meistens schon in der Erdatmosphäre verglüht (deshalb leuchten sie). Größere Brocken fallen als Meteoriten und können dann beträchtliche Zerstörungen bewirken, mit verheerenden Wirkungen für das Leben auf der Erde, wie man das auch für das Aussterben der Dinosaurier diskutiert.

Wenn man den Mond mit einem Fernglas betrachtet, sieht man die Mondkrater besonders deutlich. Früher hatte man dabei an Vulkankrater gedacht, inzwischen weiß man aber, dass die meisten von Meteoriten-Einschlägen stammen. Auf der Erde, die in ihrer Frühzeit auch einem entsprechenden Bombardement ausgesetzt gewesen sein muss, hat man bisher aber nur ganz wenige solcher Krater gefunden. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie hier durch die Verwitterung zerstört worden sind, die schon Milliarden Jahre lang wirksam war. Die Mondkrater sind nach den vorliegenden Altersbestimmungen meist vor etwa 3800 Millionen Jahren entstanden, aber dem Mond fehlt das Wasser und deshalb gab es dort keine der irdischen vergleichbare Verwitterung.


1.2 Die Entstehung der Planeten nach der Vorstellung von Kant und Laplace.


1.3 Das Schalenmodell der Erde.

Quelle: Verändert nach Rothe 2002

Auch andere solche pockennarbigen Himmelskörper wie der Mond zeigen, dass es in einer Frühzeit der Planetenbildung ein ganz erhebliches Bombardement durch Meteoriten gegeben haben muss. Dabei ist deren Masse überwiegend den Planeten hinzugefügt worden, bis der Bereich, in dem Meteoriten hauptsächlich vorkommen, nämlich dem erwähnten Asteroidengürtel, fast leergefegt war; deshalb fallen heute nur noch wenige solcher großen Brocken auf die Planeten.

Am Anfang war die Materie aus verdichtetem Staub praktisch kalt. So steht man vor der Frage, wie die heißen Temperaturen zustande kommen, bei denen Gesteine schmelzen. Von Vulkanen wissen wir, dass die Lava manchmal über 1000 °C heiß sein kann. Man hat früher einmal spekuliert, dass die Wärme durch den Zerfall radioaktiver Substanzen zustande kommt, inzwischen weiß man aber aus Berechnungen zur Energiebilanz, dass solche Prozesse nicht ausgereicht haben konnten, um die riesigen Gesteinsmassen in der Tiefe aufzuschmelzen. Im Kernbereich der Erde ist es nämlich noch viel heißer; man hat mit Experimenten wahrscheinlich machen können, dass dort etwa 6000 °C herrschen; bei solchen Temperaturen schmelzen – unter dem gewaltigen Druck – selbst die meisten Gesteine. Diese Schmelzen bewegen sich im äußeren Erdkern, in 2900 km Tiefe und darunter, und zwar infolge der Wärme wahrscheinlich sogar ziemlich turbulent und wahrscheinlich auch relativ dünnflüssig. Durch die Rotation der Schmelzen entsteht auch das Magnetfeld der Erde, sodass man sich unseren Planeten als einen riesigen Dynamo vorstellen muss.

Es bleibt also immer noch die Frage, wie diese hohen Temperaturen entstehen konnten. Die Antwort geben uns die Physiker: Die enorme Bewegungsenergie der auftreffenden Brocken wurde in Wärme umgewandelt. Wenn die Brocken in dichter Folge fielen, konnte nur wenig von der beim Aufprall entwickelten Hitze in den Weltraum zurückstrahlen, die Hitze wurde sozusagen unter den ständig neu ankommenden Brocken „begraben“. So begann das angehäufte Material allmählich zu schmelzen. Als die Temperatur ausreichend war, Eisen zu schmelzen, begannen Tröpfchen davon zum Erdmittelpunkt abzusinken. Die Folge war ein gigantischer Schwerkraftprozess, dessen Energie wiederum in Wärme umgewandelt wurde; das ist so ähnlich wie bei einem Wasserfall, mit dem man Turbinen zur Gewinnung von elektrischer Energie antreiben kann: ein „Wasserfall“ von geschmolzenem Eisen in Richtung Erdmittelpunkt, der dazu geführt hat, dass dort auch heute noch das meiste Eisen konzentriert ist.

Durch die Aufschmelzung und die damit verbundene Stoffsortierung (die schweren Stoffe sanken Richtung Erdmittelpunkt ab, die leichteren stiegen dagegen zur Oberfläche auf) wurde der anfangs stofflich einheitlich zusammengesetzte Erdkörper allmählich in unterschiedliche Schalen gegliedert, die man als Erdkruste, Erdmantel und Erdkern bezeichnet.

Im Erdkern sind Eisen und auch das schwere Metall Nickel angereichert worden. Man weiß das natürlich nur indirekt, weil man, wie schon gesagt, so tief nicht bohren kann: Bis zum Mittelpunkt der Erde sind es etwa 6370 km – das sind 6.370.000 m! Die indirekten Hinweise geben uns Meteorite; bestimmte Meteorite, die als Eisenmeteorite bezeichnet werden, sind nämlich aus Verbindungen von Eisen und Nickel zusammengesetzt und man vermutet, dass sie von zerborstenen Himmelskörpern stammen, die einen erdähnlichen Aufbau hatten. Eine andere Art von Meteoriten, die Steinmeteorite, besteht aus Gesteinen, die denen des Erdmantels ähnlich sind. Eine dritte Art von Meteoriten ist aus leichterem Material gemacht, das dem der Erdkruste ähnlich ist. So hat man in diesen Brocken aus dem Weltall Vergleichsmaterial, wie es auch in den unterschiedlichen Schalen des Planeten Erde vorkommt. Man kann das mit einem Hochofen vergleichen, in dem sich das geschmolzene Eisen unten anreichert (wo es dann beim Abstich ausfließt) und wo die leichte 120 Schlacke oben schwimmt.

Solange der gesamte Erdball aus geschmolzenem Material bestand, gab es noch keine Erdkruste; die entstand erst, als er allmählich abkühlte. An der Oberfläche bildeten sich erste Inseln aus festem Gestein, in dem die Minerale mit den höchsten Schmelzpunkten zu Gesteinen zusammengefügt wurden; damals entstanden so die ersten Basalte, die man deshalb als „Urgesteine“ bezeichnen kann. Zugleich wurden diese „schwimmenden“ Gesteinsinseln auch durch die bald einsetzende Verwitterung teilweise schon wieder zerstört, und die Verwitterungsprodukte gerieten an deren Rand wieder in die Schmelze, die dadurch in ihrer stofflichen Zusammensetzung allmählich verändert wurde. Die Inseln setzten außen und unten immer neue Krusten an und wurden allmählich größer und dicker, bis irgendwann kleine Kontinente daraus entstanden. Weil die Schmelze im Untergrund anfangs noch heftig brodelte, bewegten sich diese Mikrokontinente wesentlich schneller als unsere großen Kontinente bzw. Platten heute – eine ähnlich turbulente Plattentektonik ist gegenwärtig vielleicht noch auf der viel heißeren Venus aktiv. Bei den Bewegungen prallten dann auch manchmal solche Mikrokontinente zusammen und wurden miteinander verschweißt; so wurden aus den kleineren Einheiten größere und dadurch entstanden allmählich die ersten richtigen Kontinente. Diese konnten aber auch wieder zerbrechen und zu neuen Einheiten zusammenwachsen, wie sie es während der gesamten Erdgeschichte getan haben (vgl. Kap. 3).

Nach dieser ersten Diskussion über die festen Stoffe müssen wir nun auch einigen anderen Materialfragen nachgehen, z.B. der, woher das Wasser auf der Erde stammt und wie sich die Atmosphäre entwickelt hat, in der es auch schon in einem frühen Stadium Sauerstoff gegeben haben muss. Beide Stoffe sind nämlich notwendig für die Entstehung und Erhaltung von Leben und ohne Leben könnten wir auch die Fossilien nicht erklären.

Wasser hauchen z.B. die Vulkane aus und auch die vulkanischen Gesteine enthalten immer eine kleine Menge Wasser. Weil die Gesteinsschmelzen ihren Ursprung im Erdmantel haben, könnte es also daher stammen. Jemand hat berechnet, dass das Wasser, das die Vulkane der frühen Erdgeschichte als Dampf ausgestoßen hätten, ausreichen würde, um die Ozeane zu füllen. Es könnte ursprünglich aber auch von der Oberfläche her erst in den Erdmantel gelangt und später durch den Vulkanismus wieder zur Oberfläche zurückgekehrt sein. Deshalb sucht man noch nach einem anderen Ursprung: Das Wasser könnte nämlich auch von außen auf die Erde gekommen sein. Diese Annahme versucht man damit zu begründen, dass viele Kometen aus Eis und Gesteinsstaub zusammengesetzt sind; jemand hat sie deshalb einmal als „schmutzige Schneebälle“ bezeichnet. Kometen sind heute zwar selten, das könnte in der Frühzeit aber anders gewesen sein und außerdem haben wir ja sehr viel Zeit zur Verfügung, weil die Entwicklung der Erde Tausende von Millionen Jahren angedauert hat. Solche schmutzigen Schneebälle werden sicherlich einen Teil ihres Wassers beim Aufprall wieder verloren haben, weil es, besonders in der heißen Anfangsphase, gleich wieder verdampfte – aber im Lauf der langen Zeit könnte doch genügend davon auf der Erdoberfläche zurückgeblieben sein, das sich dann in den Ozeanen gesammelt hat. Wenn man nur die Oberfläche betrachtet, besteht die Erde heute zu zwei Dritteln aus Wasser. Das kommt uns viel vor. Wenn man aber daran denkt, dass die Ozeane im Mittel nur etwa 3000 m tief sind, so ist das im Vergleich mit der Gesamterde fast nichts: 3 km von 6370 km! Es sind also eigentlich nur große Pfützen, in denen wir baden gehen oder Fische fangen, obwohl uns die Wassermassen gelegentlich ziemlich bedrohlich werden können, bei Sturm an der Küste oder wenn eine Tsunami die niedrig gelegenen Länder verwüstet.

Steine, die vom Himmel fallen: Was uns Meteoriten über den Aufbau der Erde sagen

Vor allem im August und im November kann man, bei klarem Himmel, ein paar Tage lang Sternschnuppen sehen, in manchen Jahren ein richtiges kleines Feuerwerk. Sternschnuppen sind Steinchen und Staubteilchen, die beim Eintauchen in die Erdatmosphäre verglühen.

Nur größere Brocken gelangen bis auf die Erde und ganz selten sind sie sogar so groß, dass bei ihrem Aufschlag große Krater entstehen, die Vulkankratern ähnlich sehen. Erst durch genauere Forschungen hat man bei manchen beweisen können, dass sie tatsächlich durch einen Absturz außerirdischer Körper entstanden sind, wie z.B. das Nördlinger Ries oder das Steinheimer Becken auf der Schwäbischen Alb.

Meistens bleibt von diesen Körpern nichts mehr übrig, weil ihr Material durch die enorme Hitze beim Aufprall verdampft ist. Die kleineren Brocken, die ein paar Pfund oder auch mehrere Zentner schwer sind, bleiben aber erhalten und liefern uns damit wichtiges Material über die Stoffe, die auch am Aufbau der Erde beteiligt sind. Besonders auffallend sind die Brocken, die aus Eisen bestehen. In der Fußgängerzone der Stadt Windhoek in Namibia sind solche Eisenbrocken aufgestellt, die vor 600 Millionen Jahren vom Himmel gefallen waren. Sie sehen regelrecht verrostet aus.

Der große deutsche Mineraloge Paul Ramdohr hatte mal einen solchen Riesenbrocken auf einem Schrottplatz in Australien entdeckt, wo er bis dahin niemandem besonders aufgefallen war. Diesen hat man dann mit einem Flugzeug der Bundeswehr nach Deutschland geholt und in Heidelberg aufgesägt, um daran Analysen zu machen. Es ist ein sog. Eisen-Meteorit, weil er überwiegend aus metallischem Eisen besteht. Außerdem enthält er sehr viel Nickel und ein hoher Nickelgehalt ist praktisch immer kennzeichnend für solche Eisen-Meteorite. In Windhoek kann man auch sehen, dass die Brocken tiefe Narben auf ihrer Oberfläche haben. Das kommt davon, dass sie beim Eintritt in die Erdatmosphäre angeschmolzen wurden.

Es gibt aber noch andere Arten von Meteoriten: einmal solche, die aus dunklem Gesteinsmaterial bestehen, und wieder relativ kleine, die aus Glas bestehen.


1.4 Meteor-Krater Arizona (USA).

Quelle: Vadislav Gajic – Fotolia.com

Die Stein-Meteoriten sind in ihrem Material manchen irdischen Gesteinen so ähnlich, dass sie gar nicht besonders auffallen. Die Glas-Meteoriten dagegen sind auffälliger, weil sie auch solche Narben haben, die vom angeschmolzenen Glas stammen.


1.5 Eisen-Meteorite in der Fußgängerzone von Windhoek.

Foto: Dr. Siegfried Behrendt, aus Rothe 2002

Diese vom Himmel gefallenen Steine können also aus dreierlei unterschiedlichem Material bestehen: schwerem Eisen, relativ schwerem Gestein oder leichtem Glas; das schwere Gestein entspricht in seiner Zusammensetzung etwa dem irdischen Gabbro (vgl. Kap. 4). Wenn man daran denkt, dass außer den großen Planeten auch noch kleinere Himmelskörper (Asteroiden) im Weltraum herumschwirren, die dieses Material geliefert haben, dann muss man fragen, womit man deren unterschiedliche Dichte erklären kann. Sie scheinen sich nach der Schwerkraft angeordnet zu haben, was aber nur möglich ist, solange sie noch flüssig sind. Man müsste sich also Himmelskörper vorstellen, die aufeinandergeprallt und dabei in viele Einzelteile zerbrochen sind. Manche könnten ähnlich aufgebaut gewesen sein wie die Erde: im Inneren teilweise flüssiges Eisen, darüber schwere Gesteine und ganz oben leichte.


1.6 Widmannstättensche Figuren (Eisenmeteorit)

Diese Idee hat zu Gedanken über den Schalenbau der Erde geführt, denn selbst aus sehr tiefen Bergwerken (etwa 3000 m) können wir nichts Geeignetes erfahren und die ganz tiefen Bohrungen haben bisher auch nur 14 km erreicht. Bis zum Mittelpunkt der Erde sind es aber über 6000 Kilometer! Wir benötigen also noch andere Hilfsmittel. Eines davon ist die Analyse von Erdbebenwellen: Sie laufen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch den Erdkörper, am schnellsten da, wo das Gestein am schwersten, d.h. dichtesten ist, und bestimmte Wellen können flüssiges Material nicht durchdringen (vgl. Kap. 3). Daraus leiten wir ab, dass Teilbereiche des Inneren der Erde, nämlich ihr äußerer Kern, flüssig sein müssen, denn sie verhalten sich bestimmten Erdbebenwellen gegenüber wie Flüssigkeiten. Darüber folgen schwere Gesteine und ganz oben leichte, sodass man ganz grob drei Bereiche unterscheiden kann, die wir Erdkern, Erdmantel und Erdkruste nennen (Abb. 1.3). Nun ist es ziemlich wahrscheinlich, dass die erwähnten unterschiedlichen Meteoriten diesen drei Bereichen entsprechen, und damit hätten wir auch Vergleichsmaterial für die ganz tiefen Bereiche der Erde, das wir anfassen und analysieren können. Wir können dessen Dichte und die Zusammensetzung damit vergleichen und auf die irdischen Verhältnisse übertragen, womit gleichzeitig das Verhalten der Erdbebenwellen erklärt werden kann. Die Astronomen sagen uns, dass die Erde eine Gesamtdichte von etwa 5,5 g/cm3 hat. Wenn man das mit der Dichte der meisten Gesteine der Erdkruste vergleicht, die uns zugänglich sind, und die bei etwa 2,6 – 2,8 g/cm3 liegt, dann müssen also im Erdinneren weitaus schwerere Gesteine vorhanden sein, um dieses Defizit auszugleichen.


1.7 Tektit. Ein aus Glas bestehender Meteorit mit Schmelzspuren auf der Oberfläche. Thailand.

Foto: Verfasser

Solange die Hitze im Erdinneren anhält, ist sie auch der Motor für die Bewegungen, die sich an der Oberfläche abspielen: Sie bewirkt den Vulkanismus, steuert die Erdbeben und verursacht die Bildung von Gebirgen; davon wird im Kapitel über die Platten-tektonik noch genauer die Rede sein. Zusammenfassend nennt man alle diese Prozesse endogene, also innere Dynamik, die im Gegensatz zu der durch die Sonne gesteuerten exogenen Dynamik also die Wärme aus der Frühzeit der Erde als Ursache hat, wozu noch die durch radioaktiven Zerfall entstehende Wärme kommt.

Exkursionshinweise Meteoriten:

Rieskratermuseum in Nördlingen. www.rieskrater.de

Meteorkratermuseum in Steinheim am Albuch. www.steinheimer-becken.de

Nun kommen wir zu einer spannenden Frage: Das Meerwasser schmeckt salzig und im Meer leben Pflanzen (Algen) und Tiere, die an diese Verhältnisse angepasst sind. Wir werden bei der Besprechung der Fossilien lernen, dass das seit mindestens 600 Millionen Jahren schon so ähnlich gewesen sein muss. Meerwasser aber können wir nicht trinken – ohne Trinkwasser kann man bei einer Bootsfahrt über den Ozean verdursten. Trinkwasser nennen wir aber Süßwasser, weil es kein Salz enthält. Unsere Badeseen enthalten im Grunde fast alle trinkbares Wasser, wenn es nicht durch andere Substanzen verunreinigt ist. Regenwasser und Schnee sind auch „süß“. Warum also ist Meerwasser salzig? Man kann einen Eimer davon an der Sonne verdunsten lassen; wenn alles Wasser verdunstet ist, bleibt am Boden eine salzige Kruste zurück, die überwiegend aus Kochsalz besteht, das chemisch Natriumchlorid ist, eine Verbindung also aus Natrium und Chlor. Natrium ist in Mineralen und den daraus aufgebauten Gesteinen ein sehr häufiges Element (Kap. 4) und Chlor ist ein Gas, das neben anderen Gasen auch die Vulkane aushauchen. Man braucht also das Natrium nur aus den Gesteinen freizusetzen, was bei der Verwitterung geschieht, und es mit dem Chlor der Vulkane zu verbinden, um Kochsalz (oder Steinsalz, wie die 14 Geologen sagen) zu erhalten. In unserem Eimer sind nach dem Verdunsten des Meerwassers aber noch andere Substanzen zurückgeblieben; im Vergleich mit dem Kochsalz ist ihre Menge allerdings relativ klein. In der Natur spielt sich die Eindunstung von Meerwasser in manchen Gegenden aber in größeren Mengen ab, und man kann dort diese anderen Substanzen auch besser erkennen; dazu gehören Kalk oder Gips und außerdem eine Vielzahl anderer Salze, die die Elemente Kalium und Kalzium enthalten, wie wir sie später bei der Besprechung der Gesteine kennenlernen werden. Das Salz im Meer stammt also teilweise aus der Verwitterung der Gesteine und kann primär im Zusammenhang mit vulkanischer Tätigkeit entstehen, die auf der frühen Erde wesentlich heftiger war als heute. Es gibt eine begründete Annahme, dass die ganz frühen Ozeane vielleicht noch gar nicht salzig gewesen sind, sondern dass sich der Salzgehalt durch die oben besprochenen Prozesse erst allmählich eingestellt hat. Diese Hypothese wird allerdings jetzt auch schon wieder in Frage gestellt.

Nach den festen und den flüssigen Bestandteilen der frühen Erde müssen wir uns nun noch den gasförmigen zuwenden: Die Rede ist jetzt von der Atmosphäre, und die Frage ist, ob sie auch schon immer so zusammengesetzt war wie die heutige, die ja den zum Atmen wichtigen Sauerstoff enthält. Eine sauerstoffhaltige Atmosphäre hat aber nicht nur Vorteile: Eisen verrostet – nicht nur das von Nägeln, Schrauben oder Autos, sondern auch das Eisen, das in den Gesteinen vorkommt. Da spielt natürlich das Wasser eine entscheidende Rolle, weil es mitbestimmt, welche Verbindung das Eisen mit dem Sauerstoff eingeht. Mit Wasser zusammen entsteht Eisenhydroxid, und das ist braun gefärbt. Wenn das Wasser fehlt, entsteht ein Eisenoxid, das rot gefärbt ist; wir sehen, dass dem letzteren Wort die Silbe „hydro-“ fehlt, die im Griechischen „Wasser“ meint. Diese kleinen chemischen Spitzfindigkeiten sind für vielerlei geologische Sachverhalte von Bedeutung, man kann daraus auch Hinweise für die Entwicklung unserer Atmosphäre ableiten.

Rote Sandsteine z.B. sind deshalb rot, weil ihre grauen bis weißen Quarzkörner, aus denen sie hauptsächlich bestehen, ganz dünne Hüllen aus dem roten Eisenmineral Hämatit haben, einem wasserfreien Eisenoxid (Fe2O3). In solchen Sandsteinen ist also außer Eisen an den Oberflächen der Körner auch Sauerstoff gespeichert. In der Frühzeit der Erde gab es, erstmals vor etwa 3500 Millionen Jahren, große Mengen solcher Rotsandsteine, die ihren Sauerstoff aus der damaligen Atmosphäre bezogen haben müssen. In der Zeit davor gab es solche Gesteine noch nicht. Man vermutet deshalb, dass sie sich erst bilden konnten, als die Atmosphäre schon Sauerstoff enthielt, und dass dieser frühe Sauerstoff zunächst einmal in den Gesteinen gespeichert wurde, ehe er Bestandteil der Atmosphäre werden konnte.


1.8 Der oberste Bereich der Atmosphäre. Atmosphärische Gase streuen den blauen Bereich des sichtbaren Lichts stärker als andere Wellenlängen; dadurch bekommt der Rand ein blaues Halo. Mit zunehmender Höhe wird die Atmosphäre so dünn, dass dieses Blau in das Schwarz des Weltraums übergeht. Dieses Astronautenfoto vom 20. Juli 2006 zeigt den hinter dem Halo durchscheinenden Mond.

Bild: NAS AImage ISS013-E-543

Man kann Sauerstoff freisetzen, wenn man Wasser, H2O, in seine Bestandteile zerlegt. Das funktioniert allerdings nur, wenn man viel Energie zuführt, was in der Natur z.B. durch Blitze geschehen kann; dabei entsteht der sog. freie Sauerstoff, der sich auch zu Ozon gruppieren kann, das die Formel O3 hat. Ozon hat einen charakteristischen Geruch, den man auch von der elektrischen Höhensonne kennt. Auch starke UV-Strahlung, wie sie die Sonne abgibt, kann das Wasser in der Atmosphäre aufspalten. Gewitter und Sonnenstrahlung waren auf der frühen Erde wahrscheinlich besonders intensiv, und dadurch könnten durchaus schon kleinere Mengen an Sauerstoff gebildet worden sein. Das entstehende Ozon hatte auch eine Schutzfunktion, die die Erde vor allzu intensiver UV-Strahlung bewahrte. Heute machen wir uns ja wieder Sorgen, dass diese Ozonhülle ganz zerstört werden könnte, wir reden in diesem Zusammenhang vom „Ozonloch“.

Größere Mengen an Sauerstoff aber liefern eigentlich nur die Pflanzen, deshalb vermutet man auch, dass die lebensfreundliche Atmosphäre erst entstand, als die Pflanzen Sauerstoff zu produzieren begannen.

In der Frühzeit der Erde waren das einfache Algen und Bakterien, die nur deshalb fossil erhalten geblieben sind, weil sie gleichzeitig Kalk gebildet hatten. Damals waren erstmals riesige Mengen Kalk entstanden, die noch heute als mächtige Gesteinsstapel erhalten sind, und der von den Organismen gebildete Sauerstoff gelangte auch in die frühe Atmosphäre. Er wurde aber zunächst einmal für die Verwitterung verbraucht und in die Eisenverbindungen der roten Sandsteine eingebaut. Erst in der Zeit danach konnte sich Sauerstoff allmählich auch in der Atmosphäre ansammeln. Bis es zu der uns heute bekannten Konzentration kam, hat es allerdings noch einige Zeit gedauert. Wenn wir uns vorstellen, dass auch die Masse der Pflanzen erst langsam zugenommen hat und dass ihre Produktion im Verlauf der Erdgeschichte beträchtlichen Schwankungen unterworfen war, dann wird verständlich, dass sich auch die Atmosphäre in ihrer Zusammensetzung immer wieder verändert haben muss. Die Forscher haben herausgefunden, dass sich der Sauerstoffgehalt etwa parallel mit der Zunahme der Landpflanzen auf der Erde entwickelt hat und dass er erst vor etwa 200 Millionen Jahren den heutigen Stand erreichte.

Ein weiteres wesentliches Gas in der Erdatmosphäre ist das Kohlendioxid (CO2), das uns heute in Presseberichten im Zusammenhang mit dem Treibhaus-Effekt begegnet. Journalisten, die nicht viel von Geologie verstehen, sagen, dass die Erhöhung der CO2-Menge mit dem Verbrennen von Kohle und Erdöl bzw. mit dem Autofahren zu tun hat und dass wir dadurch dessen Gehalt in der Atmosphäre ständig erhöhen; deshalb würde es auch immer wärmer auf der Erde. Man muss dabei aber bedenken, dass es noch weit mehr Quellen gibt, aus denen das CO2 in die Atmosphäre gelangt. Ganz wesentlich daran beteiligt sind die Vulkane, die ja nicht nur Lava und andere Festbestandteile ausspucken, sondern auch Gase; das meiste davon ist Wasserdampf und CO2. Bei der Besprechung, wie die ganz frühe Erde mit ihren Ozeanen aus Magma beschaffen war, hatten wir schon festgestellt, dass der Vulkanismus am Anfang wesentlich intensiver war als heute. Die Erde muss damals regelrecht entgast sein und folglich war auch die frühe Atmosphäre im Wesentlichen eine CO2-Atmosphäre, mit einem enormen Treibhaus-Effekt und entsprechend hohen Temperaturen, wie sie heute auf der Venus herrschen. Das CO2 wurde aber später teilweise von den Pflanzen aufgenommen, die es bei der Photosynthese benutzen, um organische Substanzen herzustellen.

Ein drittes wichtiges Gas, das zu unserer Atmosphäre beiträgt, ist der Stickstoff, und Stickstoff kennen wir unter anderem auch als Förderprodukt von Vulkanen.

Wenn man die Entwicklung der Erdatmosphäre durch die lange geologische Geschichte verfolgt, dann zeigt sich, dass vor allem Sauerstoff und Kohlendioxid immer erheblichen Schwankungen unterworfen waren; unsere Atmosphäre hat sich also ständig verändert, zum Glück aber niemals so stark, dass das Leben dadurch bedroht wurde.

Wir können also festhalten, dass wir auf einem Planeten leben, der durch besonders günstige Bedingungen ziemlich einmalig zu sein scheint. Er hat gerade die richtige Entfernung zur Sonne und kann deshalb auch eine Wasserhülle und eine Atmosphäre halten, und er hat eine angenehme Durchschnittstemperatur von etwa 15 °C. Wäre die Erde näher an der Sonne, so wäre alles Wasser längst verdampft – und ohne Wasser gäbe es kein Leben. Es gibt aber Leben ohne Sauerstoff, und davon wird im Folgenden berichtet, wenn von der Entstehung des Lebens die Rede ist.

Die Erde

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