Читать книгу 2999 - DAS DRITTE MILLENNIUM - Peter Schmidt - Страница 9
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ОглавлениеIch ging ins Nebenzimmer, um mir durch den durchsichtigen Wandspiegel anzusehen, ob unsere neue Theateraufführung Erfolg hatte.
„War das ernst gemeint?“, hörte ich Dupins Stimme über den Lautsprecher.
„Keine Ahnung. Fragen Sie mich nicht, was in den Köpfen dieser Regierungsarschlöcher vorgeht“, sagte Rita. „Vielleicht hat er gerade Druck und will möglichst schnell zurück in sein Brüsseler Bordell …“
„Ins Bordell? Ich dachte, so was ist in unser grünen Superdemokratie verboten?“
„Na, Sie sind mir vielleicht ein blauäugiger kleiner Nigger“, sagte Rita und klinkte den Stecker wieder an Dupins Zentraleinheit ein. „Nichts, was menschliche Bedürfnisse deckt, kann jemals mit Erfolg verboten werden.“
„Hm … aus der Perspektive hab ich’s noch nie betrachtet.“
Dupin stieß einen verächtlichen Schnaufer aus, machte eine abrupte Bewegung auf dem Drehstuhl und begann vorgebeugt einen Code in die Tastatur einzugeben. Anscheinend hatte er ihn auswendig gelernt, denn er machte keinen einzigen Fehler dabei.
Auf dem Bildschirm erschienen graphisch aufbereitet jene Basenfolgen seiner DNS, die den Zugangscode von EPOS-X und den Schlüssel zu den Daten des gesamten Codierungssystems darstellten. Im Grunde war es nicht viel mehr als eine dreizehnstellige Zahl, sah man einmal von den abzweigenden Zuordnungsbestimmungen ab.
Als er fertig war, wandte er sich nach Rita um und sah sie an wie ein Hund, der einen Stock apportiert hatte.
„Na, was sagen Sie jetzt?“
„Sieht eigentlich auch nicht anders aus als die Codierungssysteme früher“, sagte Rita, während sie die Daten musterte.
„Der Unterschied liegt im Zugang. Nicht mal der stärkste gegenwärtige Hochleistungscomputer könnte ihn knacken.“
„Und woran liegt das?“
„Ich denke, Sie haben das System mitentwickelt?“, fragte Dupin.
„Nein, habe ich das wirklich behauptet?“, fragte Rita lachend.
Mach jetzt keinen dummen kleinen Fehler, Rita! dachte ich mit angehaltenem Atem hinter der Scheibe. Wer weiß, ob wir schon alle Informationen haben. Er könnte sich den Stecker aus dem Kopf ziehen und …
„Ich sagte, ich habe in der Expertenkommission zur Herstellung des neuen Datensicherungssystems mitgearbeitet. Das war nur eine beratende Funktion. Welche Sicherheitskriterien soll das neue System erfüllen, wenn es einen militärischen Zusammenschluss der beiden Supermächte gegen die Militärstrategen der Dritten Welt organisieren muss? Die eigentliche Programmierarbeit haben andere erledigt.“
„Verstehe“, nickte Dupin. „Fangen wir an?“
„Auf los geht’s los“, sagte Rita.
Ich schüttete mir zur Feier Tages ein Glas echten Rotwein aus der Flasche im Vitrinenschrank ein. Anscheinend war der Inhaber des Büros jemand, der’s sich leisten konnte. Ich dachte an die 100.000 Euro und an den Bauernhof meines Bruders auf Guernsey. Und natürlich dachte ich auch an meine widerspenstige schöne Rita und wie ich sie doch noch dazu bewegen konnte, mit mir ein gemütliches Nest auf der Insel zu bauen.
Aber zwischen Kunstwein und echtem Rothschild Mouton Cadet ist heutzutage kein erkennbarer Unterschied mehr. Oder anders gesagt: Der Unterschied ist nur noch psychologischer Natur. Und vielleicht war das ja schon das der eigentliche Anfang eine Reiher von unglaublichen Pleiten und Fehlschlägen … und nicht, was sich da gerade drüben im Raum abspielte!
„Wo, verdammt noch mal, sind Ihre Daten, Dupin“, fragte Rita zurückgelehnt in ihrem Sessel.
Dupin starrte kaum weniger überrascht auf den Bildschirm als sie.
„Sie wollen mich schon wieder verarschen, Dupin – ist es das?“
„Nein, wirklich … ich bin selber platt… ich verstehe das alles nicht …?“
„Sie haben ganz offensichtlich keinerlei Daten über Epos-X gespeichert.“
„Vielleicht ist das ja der Programmierungsfehler?“, fragte er unschlüssig.
„Hm, nein …“
„Nein, wieso nicht? Was macht Sie da so sicher?“
„Es ist nicht der Fehler.“
„Dann verstehe ich die Welt nicht mehr“, sagte Dupin ratlos. Er fummelte an dem Stecker in seinem Kopf und drehte ihn ein wenig hin und her, als sei es vielleicht nur ein mechanischer Übertragungsfehler. Irgend etwas in seiner Haltung verriet mir, dass er die Wahrheit sagte.
„Sie sind in Brüssel programmiert worden, aber Sie haben keine Daten“, stellte Rita fest. „Was bedeutet das?“ Sie blickte fragend zur Scheibe.
Dann sprang sie ruckartig auf und gab mir ein Zeichen.
„Verschwinden wir hier … kommen Sie Dupin! Wir sind in Gefahr.“
„In Gefahr? Wieso?“
„Man uns hereingelegt. Kommen Sie mit uns, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist …“
Dupin war ebenfalls aufgestanden. „Was hat mein Leben damit zu tun, dass wir keine Daten bei mir finden?“, fragte er vorgebeugt.
„Sie waren nur ein Köder, Dupin. Und die Demokratie-Polizei wird Sie für Ihren Verrat bestrafen. Wie lautet Ihrer Order? Niemand ist berechtigt, sich Zugang zu Ihren Daten zu verschaffen, es sei denn, er besitzt den Zugangscode?“
„Aber Sie haben mir doch ein Schreiben mit der Unterschrift der Präsidentin …?“
„Kommen Sie, Dupin …!“