Читать книгу Ich esse jetzt Nudeln und bereue nichts - Petra Hola-Schneider - Страница 7
LEICHT UND GLÜCKLICH LEBEN? Die Hormone sind der Schlüssel
ОглавлениеWas kann man tun, um sich in seinem Körper wieder so richtig wohlzufühlen und seine frühere Leichtigkeit zurückzubekommen? Rabea Kieß, Hormon Coach, hat auf diese Frage eine klare Antwort: Die Hormone sind der Schlüssel. Mit ihrer Hormon-Balance-Diät (erschienen im ZS-Verlag, Januar 2021) hat die Autorin und Podcasterin schon unzähligen Frauen geholfen. Dabei geht es um mehr als nur ums Abnehmen. Im Gespräch mit Petra Hola-Schneider verrät Rabea Kieß, warum radikale Diäten auf Dauer nicht funktionieren und wie Frauen endlich wieder ein gesundes Körpergefühl bekommen und sich leicht, frei und glücklich fühlen können.
Petra Hola-Schneider: Hallo Rabea, schön, dass du da bist! Das Thema Ernährung spielt in deiner Arbeit als Hormon Coach eine große Rolle. Wie bist du denn darauf gekommen, dich damit auseinanderzusetzen?
Rabea Kieß: Hallo Petra, freut mich auch sehr. Nun, ich habe 18 Jahre als Personal Trainerin gearbeitet und meine Zielgruppe waren Frauen, die natürlich alle schön aussehen und eine tolle Figur haben wollten. Dabei habe ich festgestellt, dass manche Frauen abnehmen können und andere nicht – obwohl sie alle das gleiche Training absolvieren. Also habe ich mich gefragt, woran das liegt, und kam darauf, dass unsere Hormone ein ordentliches Wörtchen mitzureden haben. Probleme tauchen vor allem dann auf, wenn die Hormone aus dem Gleichgewicht geraten sind. Also habe ich nach Wegen gesucht, wie ich meine Kundinnen dabei unterstützen kann, wieder in eine hormonelle Balance zu kommen. Und Hormonbalance braucht im wahrsten Sinn des Wortes sehr viel Balance.
Hola-Schneider: Wie können Frauen denn erkennen, dass ihr Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht geraten ist? Gibt es da Anzeichen?
Kieß: Ja, ganz viele sogar. Es kommt auf das Alter an, aber häufig kann man das am Zyklus festmachen. Die Periode ist immer ein Spiegel für den Gesundheitszustand. Bei starken Schmerzen oder bei Unregelmäßigkeiten und natürlich beim Ausbleiben der Menstruation sollte man genau hinschauen. Aber auch Äußerlichkeiten wie Haarausfall, trockene oder unreine Haut können Hinweise sein, genauso wie Heißhunger oder Essensgelüste. Wenn man beispielsweise immer was Süßes nach dem Essen „braucht“, kann das schon ein Zeichen für eine Disbalance sein. Oder wenn man fahrig und aggressiv wird, weil man keine Kohlenhydrate bekommt. Aber auch Schlafstörungen und Erschöpfung, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwäche, Gewichtszunahme oder Wassereinlagerungen und PMS – um nur einige zu nennen.
Hola-Schneider: Lass uns doch weiter auf die Ernährung eingehen. Du hast gerade schon das Thema Gewichtszunahme angesprochen. Ich denke, viele Frauen kennen das: Ab einem gewissen Alter nehmen sie mit der gleichen Bewegung, dem gleichen Tagesablauf, der gleichen Ernährung, plötzlich deutlich zu oder können das Gewicht nur noch schwer halten. Woran liegt das?
Kieß: Ja, leider. Das liegt einfach daran, dass sich mit Ende 30/Anfang 40 der Hormonspiegel umkrempelt und das wirkt sich bei vielen Frauen auf den Stoffwechsel aus. Dann nehmen Frauen zu und die Figur verändert sich. Plötzlich entdeckt man am Bauch oder anderen Problemzonen neue Fettpölsterchen, wo bisher nichts oder wenig war. Zwischen 40 und 50 Jahren verändern sich dann die meisten weiblichen Körper noch einmal. Ich glaube, da gibt es kaum eine Frau, die das gar nicht festgestellt hätte.
Hormone haben darauf einen großen Einfluss. Durch verschiedene Prozesse im Körper kann es im Laufe der Jahre eben zu Hormonmängeln oder Disbalancen kommen, die wir dann zu spüren bekommen und wieder ausgleichen müssen. Für diesen Ausgleich ist Ernährung eine ganz wichtige Grundlage. Sie bringt die Bausteine für die Hormonbildung mit. Ohne bestimmte Makro- und Mikronährstoffe können wir gar keine Hormone bauen. Also man muss hier umdenken: Zuerst sollten wir die Hormone wieder ins Gleichgewicht bringen – dann klappt es auch mit dem Abnehmen.
Hola-Schneider: Was würdest du sagen, sind „schlechte Lebensmittel“ für eine gute Hormon-Balance? Auf was sollte man – zumindest in großen Mengen – verzichten?
Kieß: Also es wäre immer gut, egal ob man jetzt eine Unverträglichkeit hat oder nicht, auf Weizen zu verzichten. Weizen wirkt entzündungsfördernd und bei chronischen Entzündungen reagiert das Immun- und damit auch Hormonsystem. Weizen macht den Darm durchlässig, und der spielt eine große Rolle in der Hormonregulation. Genauso wie die Leber, darum wäre es gut, Alkohol möglichst zu reduzieren. Ansonsten sollte man generell auf industriell verarbeitete Lebensmittel verzichten und natürlich auf alles, was in Plastik verpackt ist oder mit Plastik zu tun hat. Sicher ist Kuhmilch für einige Menschen nicht förderlich. Ansonsten haben tierische Lebensmittel aber auch Vorteile, wie einen hohen Eiweißanteil, Vitamine und Mineralien. Sie machen lange satt, halten den Blutzucker stabiler, sind kohlenhydratärmer als pflanzliche Proteinquellen. Ich würde also schon dazu raten, tierische Lebensmittel mit einzubauen, aber ganz entscheidend ist hier die Qualität. Da sollte es unbedingt biologische Erzeugung sein. Gerade bei Milch und Fleisch sind konventionelle Produkte oft hormonbelastet. Wenn man nicht weiß, woher es kommt – dann lieber weglassen.
Hola-Schneider: Und Zucker? Den esse ich ja eigentlich seit sieben Jahren so gut wie gar nicht.
Kieß: Ja, Zucker ist natürlich sowieso ein Thema. Ein stabiler Blutzuckerspiegel ist das A und O für die Hormonbalance. Also logisch, dass wir bei gesunder Ernährung möglichst zuckerarm essen sollten und den Blutzucker so stabil halten.
Hola-Schneider: Gesunde Ernährung – was bedeutet das denn eigentlich für dich?
Kieß: Gesunde Ernährung ist für mich Energie und ohne Energie können wir nicht leben. Wir müssen essen! Für uns Frauen ist Energie auch nochmal so wichtig, weil wir ohne Energiezufuhr Probleme mit dem Zyklus bekommen können. Im Zyklus bauen wir die Hormonmengen, die wir brauchen, ums uns gut zu fühlen. Wir brauchen genug Östrogen und Progesteron, möglichst bis in die 40er – auch wenn wir keine Kinder mehr wollen. Das funktioniert aber nur, wenn wir regelmäßig essen und alle Makronährstoffe also Fette, Kohlenhydrate und Eiweiße zu uns nehmen.
Hola-Schneider: Funktioniert das denn bei jedem?
Kieß: Nein. Ernährung ist immer individuell, deswegen ist das auch wichtig, sein eigenes Ding zu finden. Man sollte immer überprüfen: Kann ich gut schlafen? Läuft mein Stoffwechsel gut? Habe ich guten Appetit, guten Hunger? Wer keinen Hunger hat, der hat eher einen lahmen Stoffwechsel. Wichtig ist aber auch, mal vier oder fünf Stunden ohne Snacks auszukommen und keinen Heißhunger zu entwickeln. Diese Punkte gehören alle auf die Checkliste. Wenn’s hier Probleme gibt, kann man schon mal anfangen, seine Ernährung zu überdenken und sich überlegen, ob man was umstellen könnte.
Hola-Schneider: Das ist ja oft leicht gesagt. Jeder will sich ja gern „gesund ernähren“. Aber wie fängt man an?
Kieß: Da hast du recht. Erstmal ist es hier ganz wichtig, wieder auf das eigene Bauchgefühl zu hören. Also nicht alle Trends, Diäten und Tipps aufzusaugen und auszuprobieren. Viele Frauen haben die Verbindung zum eigenen Körper verloren, sie trauen ihm nicht mehr. Ich kenne so viele Frauen, die seit ihrer Jugend von einer Diät zur nächsten hetzen und völlig aus dem Blick verloren haben, was ihr Körper eigentlich braucht. Und das ist ein Teufelskreis: Wenn ich meinem Körper beispielsweise über Jahrzehnte hinweg zu wenig Kalorien zuführe oder mich nur einseitig ernähre, kommt der Stoffwechsel mit immer weniger Treibstoff zurecht und gewöhnt sich daran.
Hola-Schneider: Jetzt sind wir bei einem wichtigen Punkt: Ich habe Low-Carb-Bücher geschrieben, weil ich mich damit sehr gut gefühlt habe. Doch irgendwann nahm ich trotzdem wieder zu. Also probierte ich es intuitiv mit Vollwertigem. So bin ich zu meinem neuen Denkansatz gekommen: Essen, auch Kohlenhydrate, ohne es zu bereuen.
Kieß: Das ist super! Aber grundsätzlich verkehrt ist Low Carb jetzt auch nicht. Das passt beides zusammen. Ich esse ganz oft Mahlzeiten ohne Kohlenhydrate, zum Beispiel einen schönen Salat mittags, aber das muss sich nicht durch mein ganzes Leben ziehen. Ich bin einfach zu dem Schluss gekommen, dass Essen keine Labels braucht. Egal ob Low Carb, ketogen, vegan, High Carb – das muss ich mir alles so nicht auf die Fahnen schreiben. Die Balance ist wichtig. Kohlenhydrate senken zum Beispiel nachweislich die Stresshormone – das ist ja auch das, was wir instinktiv tun. Wenn wir gestresst sind, dann wollen wir Kohlenhydrate. Und darum kann man gerne gesunde Kohlenhydrate wie Obst oder Hülsenfrüchte in die Ernährung mit einbauen. Es ist wichtig, über die ganze Einstellung zum Essen zu sprechen und von diesem Verbotsdenken wegzukommen hin zu dem, was einem guttut.
Hola-Schneider: Das war genau die Frage, die ich mir gestellt habe. Das Leben ist so kurz. Möchte ich mich noch weiter einschränken, auf Dinge verzichten und mich den Rest meines Lebens bei jedem Essen fragen: Ist das jetzt böse oder nicht? Das gilt ja auch für das Stück Kuchen zum Beispiel ...
Kieß: Das ist absolut richtig. Aber weißt du, das Schöne ist: Wenn wir entspannt und natürlich essen, haben wir gar kein Verlangen mehr nach extrem zuckerhaltigen Lebensmitteln. Wir werden wieder frei und brauchen das nicht mehr unbedingt. Das ist für manche fast nicht vorstellbar, aber das entwickelt sich. Dass man beispielsweise gar kein Dessert nach dem Essen will. Diese Abhängigkeit verschwindet, wenn wir uns entspannen und unserem Körper von vornherein das geben, was er braucht.
Hola-Schneider: Möchtest du in dieser Hinsicht etwas zum Thema Crash-Diäten sagen?
Kieß: Unbedingt! Das ist eine der größten Fallen überhaupt: Je öfter Frauen Diäten machen, desto schwieriger wird es für sie, bei der nächsten Diät noch abzunehmen. Es gibt Diäten, die extrem die Kalorien reduzieren, dabei schüttet der Körper Stresshormone aus, also Cortisol. Und Cortisol ist ein Fettspeicherhormon und sorgt dafür, dass der Körper die letzten Reserven festhalten will, dass er Fett einspeichert. Er wechselt in eine Art „Überlebensmodus“. Das führt zwar im ersten Moment dazu, dass manche abnehmen können, meistens ist das aber nur Wasser und Muskelmasse, denn der Körper hält an seinem Fett fest. Das Problem ist, dass der Körper sich das merkt. Er fährt seinen Grundumsatz zurück und braucht dann immer noch weniger als vorher. Die Ausschüttung von Stresshormonen in Verbindung mit dieser extremen Kalorienrestriktion führt wieder dazu, dass sich unsere anderen weiblichen Hormone verändern. Und je länger und je öfter ich das mache, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich als Frau zusätzlich Hormon-Probleme bekomme.
„ Die Balance ist wichtig. Kohlenhydrate senken die Stresshormone – das ist ja auch das, was wir instinktiv tun. Wenn wir gestresst sind, wollen wir Kohlenhydrate. “
Hola-Schneider: Ein Teufelskreis also. Aber wie kommt man denn da raus? Wie wissen ja beide, dass es Frauen gibt, die ihr ganzes Leben lang schon Diäten machen ...
Kieß: Das stimmt. Viele Frauen essen auch überhaupt nicht zu viel, im Gegenteil. Trotzdem sind sie nicht schlank oder mit sich zufrieden. Und das liegt daran, dass der Stoffwechsel echt im Keller ist. Da gibt es Frauen, die essen nur 1000 Kilokalorien, machen drei Stunden Sport am Tag und nehmen trotzdem zu. Der Weg aus diesem Teufelskreis ist ganz klar: Man muss dem Körper wieder Sicherheit geben. Ihm durch regelmäßiges Essen beweisen, dass er über einen langen Zeitraum gesichert jeden Tag genügend Energie zur Verfügung gestellt bekommt. Das Problem dabei: Wenn man dem Körper nach dieser langen Fastenzeit diese Kalorien gibt, nimmt man vermutlich zunächst mal zu – und das ist natürlich das, was keine Frau will. Darum fallen Viele sofort wieder in die Diät-Mentalität zurück. Sobald die Frauen zwei, drei Kilo zunehmen, weil sie wieder normal essen, beginnen sie erneut Diäten oder entwickeln Essstörungen.
Hola-Schneider: Also wir müssen vielleicht erst mal zunehmen, um dann wieder abnehmen zu können?
Kieß: Nicht unbedingt! Allein diese Aussage sorgt ja wahrscheinlich schon mal bei vielen wieder für Stress und damit für die Ausschüttung von Cortisol (wir erinnern uns: speichert Fett). Aber es ist eben so: Wenn ich aus diesem Hungermodus wieder zurück will zu einem normalen Stoffwechsel, muss ich zunächst mal akzeptieren, dass der Körper sich die Energie nimmt, die er braucht, um sich selbst zu reparieren. Ganz entscheidend ist hier das richtige Mindset. Also sich zu sagen: „Ich will meinen Körper nähren, ihn unterstützen. Ich will wieder Balance.“ Dazu gehört auch, dem Körper zu vertrauen. Und das ist ein Riesenthema. Viele denken: „Der Körper macht ja seit Jahren nicht, was ich will.“ Aber sie erkennen nicht, dass sie ihn jahrelang mit Diäten gegeißelt und kontrolliert haben. Bei Frauen in den 20ern oder 30ern klappt das ja vielleicht noch ganz gut. In den 40ern und 50ern macht der Körper das aber definitiv nicht mehr mit. Aber erst wenn ich meinem Körper wieder Sicherheit gebe, ist er auch irgendwann wieder bereit, Fett abzugeben.
Hola-Schneider: Wie wichtig ist das Drumherum? Sprich, allgemein ein gesunder Lebensstil?
Kieß: ... das ist sehr entscheidend sogar. Stress vor allem ist ein großes Problem. Denn Stress hat immer Auswirkungen auf meine Essensentscheidung. Jede Frau sollte eine Entspannungstechnik beherrschen, mit der sie sich ganz bewusst runterfahren kann. Das muss nicht immer Mediation sein oder Yoga, aber etwas in die Richtung wäre schon gut. Zum Beispiel Atemtechniken. Es können auch Spaziergänge in der Natur sein. Bewegung ist ohnehin essenziell. Sie verstoffwechselt Kohlenhydrate, macht uns ausgeglichener und reguliert sogar den Appetit. Aber auch hier muss man aufpassen, denn Übertraining belastet das Immunsystem und führt zu übermäßigem Hunger. Wie man sieht: Immer es geht um die Balance – und darum, auf sich selbst zu achten.
Hola-Schneider: Damit hast du schon meinen letzten und vielleicht wichtigsten Punkt angesprochen: Selbstfürsorge. Gerade Frauen tendieren ja dazu, sich selbst nicht an die erste Stelle zu setzen und sich zuerst um alle anderen zu kümmern. Wie kommen wir da raus?
Kieß: Das ist in der Tat ein großes Problem für viele Frauen, darum thematisiere ich das auch sehr, sehr stark. Ich würde sogar sagen, Selbstfürsorge ist bei vielen der springende Punkt. Gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung sind auch Zeichen dafür, dass ich mich wichtig und ernst nehme. Ich beobachte aber auch, dass die Familie oder der Mann als Ausrede genommen werden, warum man bestimmte Sachen nicht mitmachen oder umsetzen kann. Frauen dürfen gerne aufhören, sich selbst was vorzumachen. Sie können ihre Familie mit einbinden. Sie dürfen und müssen sogar offen darüber sprechen, wenn sie gerne etwas an ihrem Leben verändern möchten. Und auch die Ausrede, man hätte keine Zeit, sollte so nicht stehen bleiben. Denn keine Zeit heißt immer: keine Priorität. Statt „ich habe keine Zeit“ sollten Frauen mal testen wie es sich anfühlt, wenn sie sagen „gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung sind für mich keine Priorität.“ Wer etwas ändern will, sollte versuchen zu sagen: „Ich nehme mir Zeit für gesundes Essen, für meinen Körper, weil ich mir wichtig bin.“ Das Umdenken muss im Kopf beginnen – denn im Grunde fängt damit alles an.
„ Selbstfürsorge ist bei vielen der springende Punkt. Gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung sind auch Zeichen dafür, dass ich mich wichtig und ernst nehme .“