Читать книгу Altes Wissen - Neuer Tod - Petra Mehnert - Страница 10
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ОглавлениеAls die Beamten weg waren, fiel Linda in sich zusammen. Das unkontrollierbare Zittern steigerte sich in ein Schütteln des ganzen Körpers, das sie in die Knie zwang. Auf dem Boden kauernd ließ sie es geschehen. Sie hatte einfach keine Kraft mehr, sich dagegen zu wehren. Hugo schaute alles mit weit aufgerissenen Augen an, er traute sich weder, seiner Schwester näher zu kommen, noch sie aus den Augen zu lassen und abzuhauen. Reglos stand er mit hängenden Schultern da und beobachtete, wie der seltsame Anfall zuerst an Stärke gewann, dann jedoch ganz langsam wieder abebbte. Nach gefühlten endlosen Minuten rappelte sich seine Schwester endlich schweißgebadet hoch in die Hocke. Dort blieb sie zunächst, denn ihr wurde schwindlig und sie musste mehrmals blinzeln, bis sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte. Als sie draußen ein Auto vorfahren hörte, zischte sie ihrem Bruder zu:
„Hilf mir aufzustehen! Die sollen mich nicht so sehen!“
Doch Hugo schien wie versteinert und rührte sich immer noch nicht.
„Nun mach schon! Bitte! Ich lese dir auch gleich was vor!“, rief sie drängend und wie gehofft, zeigten diese Worte sofort ihre gewünschte Wirkung. Hugo eilte zu seiner Schwester und zog sie hoch. Er war erstaunlich kräftig für seine kleine Statur und wäre Linda nicht so groß gewesen, ihr kleiner Bruder hätte sie getragen, da war sie sich sicher. Auf ihn gestützt führte Hugo sie nach oben in ihre Dachwohnung, wo Linda sich erschöpft und verängstigt auf ihr Bett fallen ließ.
Was war nur los mit ihr?
Sie musste unbedingt ein außerordentliches Treffen ihres „Kreises“ einberufen, vielleicht konnten ihre „Schwestern“ ihr helfen oder ... das Buch! Sie riss es vom Nachttisch herunter und umklammerte es ganz fest wie einen Schatz. Bald darauf war sie eingeschlafen. Hugo hielt Wache und rührte sich nicht von der Stelle. Auch nicht, als er seinen Bruder Harald hatte heimkommen hören und auch nicht spät in der Nacht, als dessen Frau Bettina nach Hause gekommen war. Manchmal ging er zu ihnen hinunter und fragte sie nach ihrem Tag, aber heute nicht - heute musste er auf seine Linda aufpassen. Irgendwas war nicht so wie immer, aber er wusste nicht, was es war und das machte ihm Angst.