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„Jetzt komm schon, Hugo! Das klappt bestimmt, wir müssen es nur genau so machen, wie es in dem Buch steht!“, drängte Linda Bockmeyer ihren Stiefbruder und wunderte sich, dass er überhaupt zögerte. Bisher hatte er stets das getan, was sie von ihm wollte. Er hatte das Down-Syndrom und sie kümmerte sich, seit sie denken konnte, um ihn. Ihre Adoptivmutter Edith hatte zwei leibeigene Söhne - Harald war zehn Jahre älter als Linda und Hugo fünf Jahre jünger. Sie war adoptiert worden, nachdem das Paar nach Harald zunächst keine weiteren Kinder bekommen konnte, doch dann kam überraschend doch noch Hugo zur Welt. Die Eltern kamen mit seiner Behinderung nicht zurecht und bald machte sich der Vater aus dem Staub. Allein Linda sorgte sich von Anfang an liebevoll um den lieben Jungen, und seit seine Mutter sich wegen ihrer Alkoholsucht überhaupt nicht mehr um ihn kümmerte, lebte er bei seiner großen Schwester. Immerhin wohnte die ganze Familie gemeinsam auf dem elterlichen Hof. Die Mutter in der kleinen Erdgeschoss-Wohnung, daneben in einem großen Zimmer ihr Enkel Luca, dessen Eltern Harald und Bettina im ersten Stock und Linda und Hugo oben in der schönen Wohnung mit Dachschräge.

„Schau mal Hugo ... es ist doch ganz einfach“, fing Linda nochmals von vorne an und strubbelte ihrem kleinen Bruder durch seine roten Locken. „Die Häschen deines Bruders sind krank und wir wollen ihnen helfen, gesund zu werden. Genau dafür haben wir dieses tolle Buch hier - da steht drin, was wir tun müssen!“

„Aber das letzte mal, als wir ihnen das komische Zeug zu fressen gegeben haben, ist es doch nicht besser geworden!“, jammerte der untersetzte Mann, der mit seinen fünfunddreißig Jahren immer noch wie ein kleiner Junge wirkte. Linda nahm ihn in ihre Arme und drückte ihn ganz fest.

„Das weiß ich auch, Hugo. Aber manchmal muss man mehrere Versuche machen, bis man das Richtige findet, was den armen Tierchen helfen wird. Wir versuchen es einfach nochmal, was meinst du?“, gurrte sie geradezu, doch ihr Blick war dabei eiskalt. Hugo konnte es nicht sehen, aber er schien zu spüren, wie ernst es ihr mit dieser Sache war. Trotz seines inneren Widerstrebens, drückte er seine Schwester ebenfalls so fest er konnte. Erst dann befreite er sich aus ihrer Umklammerung.

„Also gut. Was soll ich machen?“, fragte er ergeben und wollte so sehr glauben, dass seine Schwester recht hatte und es den armen Hasen bald wieder besser gehen würde. Sie lagen seit Tagen nur noch apathisch in ihrem Stall, fraßen und tranken so gut wie nichts mehr. Den Meerschweinchen schien es ähnlich zu gehen, vielleicht mussten sie sich um die auch noch kümmern? Das fragte er dann auch seine Schwester, doch die winkte ab.

„Um die kümmert sich bereits der Luca - mach dir keine Sorgen, wir drei halten zusammen und kriegen das schon hin!“, sagte sie und war sich ihrer Sache noch nie so sicher wie jetzt. Mit Hilfe des alten Heilerwissens aus dem Buch von Albertus Magnus würde ihr Vorhaben gelingen. Wie gut, dass sie eine neue Ausgabe von zweitausendacht im Internet gefunden hatte, denn das Original mit der alten Schrift war doch recht mühsam zu lesen gewesen.

Altes Wissen - Neuer Tod

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