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Leben in der Sippe

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Uhma lebte zusammen mit ihrer eigenen kleinen Familie, die aus ihrem erwachsenen Sohn Uhlo, ihrer Tochter Ua und nun auch noch aus der neugeborenen Uhla bestand. Gemeinsam mit den Leuten der Sippe, der sie als junges Mädchen zugewandert war, wanderte sie in kleinen Wandergruppen durch den Wald oder verbrachte die Zeit in den sonnigen Baumkronen des großen grünen Waldes. Sie selber war die Tochter von Uhla gewesen, einer der hochrangigsten Mütter der Sippe, die gemeinsam mit ihrem erwachsenen Bruder eine eigene Wandergruppe angeführt hatte. Dadurch war Uhma sehr selbstbewusst aufgewachsen und war nun, in ihrer Lebensmitte, selber zu einer starken, hochrangigen Frau innerhalb des Sippengefüges herangereift.

Während der letzten Wochen der Schwangerschaft war sie mit ihrer kleinen Familie zusammen mit Ehda, die ihre eigene Wandergruppe anführte, durch den Wald gewandert. Sie liebte und schätze ihre ältere Mutter-Freundin Ehda schon lange, und es hatte ihr gut getan, die mütterliche Frau um sich zu haben während dieser anstrengenden Zeit der fortgeschrittenen Schwangerschaft. Ehda gehörte zum Kreis der hochrangigsten Frauen innerhalb der Sippschaft, die alle eine eigene Wandergruppe anführten und gemeinsam die Geschicke der Sippe lenkten. Durch ihre Vernetzung untereinander und die Aufsicht über ihre kleinen Wandergruppen knüpften sie den Zusammenhalt aller innerhalb des gesellschaftlichen Sippenlebens, so dass die Sippe wachsen und in Frieden gedeihen konnte. So oft hatte Uhma in letzter Zeit ein Gefühl des Behagens und der Freude überkommen, und sie war dankbar gewesen, dass sie jeden Tag in dieser friedlichen Umgebung hatte sein dürfen.

Es gab viele verschiedene Sippschaften, die zu Urmütterchens Sippe gehörten. Sie alle durchstreiften, in kleine Wandergruppen aufgeteilt, die von hochrangigen Frauen und ihren erwachsene Söhnen angeführt wurden, den großen Wald, immer auf der Suche nach reifen Früchten und anderer Nahrung.

Die verschiedenen Sippen verkehrten nicht untereinander, es sei denn, es ließe sich nicht vermeiden, denn dies war die ureigene Art von Urmütterchens Sippe. Nur die verschiedenen Wandergruppen derselben Sippschaft verkehrten miteinander, wenn sie einander im Wald trafen oder wenn sie sich zu ihren großen Sippentreffen, eine gute Weile nach der Regenzeit, zusammenfanden.

Es kam nicht sehr oft vor, dass sich zwei einander völlig fremde Wandergruppen zufällig beim Wandern durch den großen Wald begegneten. Da sie still und schweigsam wanderten und der Bewuchs am Waldboden vielfältig war, konnte schon eine ziemlich kurze Entfernung genügen, dass sie aneinander vorbeiwanderten, ohne einander zu sehen. Zu vielfältig waren die verschiedenen Pflanzen auf dem Waldboden, die diesen hier und dort bedeckten, manchmal mehr, manchmal weniger. Und da sie so oder so keine Begegnung mit den Sippschaften suchten, die ihnen fremd waren, war es eher Zufall, wenn sie doch aufeinander trafen.

Dann merkten sie schnell, dass sie nicht zur selben Sippschaft gehörten, weil sie einander nicht kannten. Sie vertrugen sich dennoch, denn es war nicht so, dass irgendeine Feindschaft oder ein Wettstreit zwischen ihnen bestanden hätte. Vielmehr war es so, dass sie lebten und einander leben ließen. Sie waren von derselben Art und lebten auf dieselbe Art und Weise. Sie verkehrten einfach nicht miteinander.

So grüssten sie und schenkten einander gegenseitige Anerkennung, doch vermischten sie sich dabei nicht sondern blieben unter sich. Sodann zogen sie wieder ihrer eigenen Wege. Sie waren einander fremd und blieben es auch. Sie hatten auch keinerlei Absichten, sich miteinander zu vermischen, doch sie wussten ganz genau, dass sie alle Urmütterchens großer Sippe angehörten.

Es gehörte einfach zu ihrer Lebensart, dass ihre einzelnen Sippen nicht miteinander verkehrten sondern friedlich nebeneinander im alten Wald lebten und umher streiften. Der Wald war groß genug für alle und sie bewanderten ihn auf ihre eigene Art und Weise. Jede einzelne Sippe suchte während der großen Sippentreffen ihre eigenen Gebiete auf, doch während der übrigen Zeit des Jahres überkreuzten sich ihre Wege im großen Wald, der ihnen allen gehörte und ihrer aller Heimat war.

Diese Art des Zusammenlebens förderte die Gesundheit der einzelnen Sippen. Weil sie sich nicht untereinander vermischten, wurden keine Kinder von Paaren, die nahe miteinander verwandt waren, gezeugt. Eine zu nahe Verwandtschaft hätte dazu führen können, dass kranke oder schwache Kinder zur Welt gekommen wären, und Schwäche bedeutete Krankheit und letztendlich Tod, da das Gesetz der Wildnis keine Krankheit duldete. Um das harte Leben im Wald zu überleben, war es nötig, dass ihre Sippen stark und gesund blieben. Denn, wer krank wurde, blieb auf der Strecke.

Uhma mochte Ehda sehr. Sie war eine der gütigen Frauen gewesen, die ihr zur geliebten Mutter-Freundin geworden waren, als sie damals zu dieser Sippe gestoßen und freundlich aufgenommen worden war. Damals, als sie ihre eigene Mutter und Sippe verlassen hatte.

Ehda führte gemeinsam mit ihrem erwachsenen Sohn Ehmo eine der kleinen Wandergruppen an, in welche sich die Leute ihrer eigenen Sippe aufteilten, um den Wald auf der Suche nach Nahrung zu durchwandern. Während all der Jahre hatte sich Uhma mit ihren Kindern immer wieder Ehdas Wandergruppe angeschlossen, denn sie fühlte sich sehr wohl mit den beiden, der Mutter und auch dem Sohn. Sie war ihnen beiden in inniger Liebe zugetan.

Dank des hohen Ranges ihrer Mutter waren auch Uhmas Kinder sehr selbstbewusst aufgewachsen. Ihr Sohn Uhlo, ihr zweitältestes Kind, war mit seinen 17 Jahren bereits erwachsen und ein ranghoher Mann unter den Männern der Sippe. Diesen Rang hatte er sich damit erstritten, dass er sich schon mit vielen starken Männern gemessen hatte und sich als streitbar, standhaft, ebenbürtig oder gar als stärker erwiesen hatte. Noch war er nicht ganz ausgewachsen, doch schon bald würde er die Blüte seiner Kraft erreichen, das war Uhma klar.

Sie selber hatte die Blüte ihrer Kraft schon vor Jahren erreicht, und ihr ganzes Dasein war seither am Blühen und Wirken, manchmal mehr, manchmal weniger. Ihren schönsten Glanz trug sie immer in sich, wenn sie schwanger war oder ein Neugeborenes zu versorgen hatte, denn dann war sie am allermeisten im Einklang mit ihrem Sein, obwohl sie und die anderen immer im Einklang mit sich selbst und auch dem Grossen Ganzen waren.

Um in den Kreis der hochrangigsten Frauen der Sippe aufgenommen zu werden, würde Uhma ihre eigene Wandergruppe gründen müssen, was erst möglich war, wenn ihr erwachsener Sohn Uhlo genügend Kraft gesammelt hatte, um in den Kreis der stärksten Männer ihrer Sippschaft aufgenommen zu werden.

Uhlo würde Uhma nicht verlassen, solange sie lebte, sondern mit ihr gemeinsam durch den Wald wandern. Im Gegensatz zu seinen Schwestern konnte er nicht auswandern, denn dies war das Schicksal der Söhne in der Sippschaft. Sie blieben ein Leben lang mit der Mutter zusammen, weil sie keine Gelegenheit hatten, in einer anderen Sippe aufgenommen zu werden. Seit unzählbar vielen Lebensaltern bewanderten die einzelnen Sippen aus Urmütterchens Sippe ihre eigenen, angestammten Gebiete im großen Wald, schon viel länger als dass der älteste Baum alt war, gerade so, als wäre es schon immer so gewesen. Weder Söhne noch Mütter mit Kindern wurden von anderen Sippen aufgenommen. Nur die jungen Frauen wurden erwartet, um irgendwann die Kinder der Sippe zu gebären. Dies war die ureigene Lebensart von Urmütterchens Sippe im großen Wald.

Die erwachsenen Söhne der zugewanderten Mütter behaupteten sich in ihren angestammten Gebieten und würden diese auch niemals verlassen, denn im Wald gab es keine Not, die sie dazu gezwungen hätte. So nahm das Leben in Urmütterchens Sippe seinen Lauf, wie es schon seit unvorstellbar langen Zeiten seinen Lauf genommen hatte. Diese Lebensart, die allen ermöglichte, sich gemäß ihren eigenen Kräften und Fähigkeiten frei zu entfalten, hatte sich während ebendieser unendlich langen Zeitspanne, die Urmütterchens Sippe bereits im Wald lebte, aus sich selber heraus gebildet.

Es war die Art von Leben, das am allerbesten zu den Leuten von Urmütterchens Sippe passte, so dass sie, wenn sie sich ihrer eigenen Natur gemäß entfalteten, regelrecht darin aufgingen.

Durch den hohen Rang der Mütter innerhalb der Gemeinschaft wurde auch ihren erwachsenen Söhnen ein hoher Rang zuteil. Weil ein Sohn seine Mutter niemals verlassen würde, solange sie lebte, nicht einmal für einen einzigen Tag, war der Rang, den er innerhalb der Welt der Männer einnehmen konnte, immer von seiner Mutter abhängig, auch wenn er vielen Männern an Stärke und Ausdauer ebenbürtig war.

Denn es war seine Mutter, die entschied, welcher Wandergruppe sie sich anschließen wollte. Ihr Sohn musste ihr folgen, ob ihm dies gefiel oder nicht. Es war immer die Mutter, die auswählte, mit wem sie ihre Zeit verbringen wollte. Als Sohn konnte er sie darum bitten, sich einer Wandergruppe seiner Wahl anzuschließen, wenn er das wünschte, doch die Entscheidung lag immer bei ihr allein.

Auch war es die Mutter, die sich entschied, eine eigene Wandergruppe zu gründen, wenn ihr erwachsener Sohn die Ausdauer und Stärke aufbrachte, um die Männer in ebendieser Wandergruppe anzuführen. Ohne die Mutter konnte ein Mann aus der Sippe keine eigene Wandergruppe gründen oder anführen, denn dies war die Angelegenheit der Mütter, die sich miteinander vernetzten und das Gefüge der Gemeinschaft bildeten.

Ein Sohn folgte seiner Mutter ein Leben lang. Solange sie lebte und eine eigene Wandergruppe anführte, konnte er den höchsten Rang einnehmen, der Männern innerhalb der Sippschaft möglich war. Starb sie, bestand diese Möglichkeit für ihn nicht mehr, da er ohne die Mutter weder eine eigene Wandergruppe gründen noch die Männer einer anderen Wandergruppe anführen konnte, weil jede Wandergruppe von einer Mutter und ihrem erwachsenen Sohn gemeinsam angeführt wurde.

Ebenso wenig konnten die Männer jemals ihr angestammtes Gebiet verlassen, da sie von keiner anderen Sippe aufgenommen worden wären. Die Männer der fremden Sippen würden es nicht zulassen, genauso wenig, wie sie selber Männer aus anderen Sippen aufgenommen hätten. Es war die Natur der Männer, die sie zu dem machte, was sie waren, die dies nicht zuließ. Denn die Natur der Männer brachte sie dazu, sich untereinander streitbar zu behaupten und sich aneinander zu messen. Ein starker Mann aus einer anderen Sippe hätte ohne seine Mutter keine Gelegenheit gehabt, sich mit den stärksten der starken Männer zu messen und letztendlich den höchsten Rang unter ihnen einzunehmen.

Solange sich Uhma schon um ihn gekümmert hatte, war Uhlo ihr gefolgt. Zuerst als kleiner Junge, dann als Jugendlicher, nun als erwachsener Mann. Er folgte ihr gerne und genoss es überaus, sich in ihrem Licht zu sonnen. Bis jetzt war es nur einmal so gewesen, dass er mit inständigem Bitten versucht hatte, sie dazu zu bewegen, sich einer Wandergruppe seiner Wahl anzuschließen, weil er seine Lieblingsfrau nicht hatte verlassen wollen.

Uhma, die eine verständnisvolle Mutter war, hatte ihm seinen Wunsch erfüllt, so dass er seine Gefühle für eine Weile hatte ausleben können. Eine Zeitlang danach, als sich Uhma wieder entschieden hatte, mit einer anderen Wandergruppe ihrer Wahl zu wandern, war die junge Mutter mit ihnen gekommen, bis sich ihre Wege dann irgendwann wieder getrennt hatten. Bis dahin hatte Uhlo seine Liebe vertiefen und ausleben können, so dass er der Mutter wieder ohne Bedauern hatte folgen können.

Uhlo würde erst nach Uhmas Tod frei wählen können, welcher Wandergruppe er sich anschließen wollte, vorausgesetzt, dieselbe Wandergruppe wollte ihn aufnehmen. Doch würde er mit der Mutter auch ihren gesellschaftlichen Rang und damit seinen eigenen Rang in der Welt der Männer verlieren, denn mutterlose Männer lebten eher am Rande der Gemeinschaft. Es waren die Mütter, die den Kern der Gemeinschaft bildeten, und nur durch seine Beziehung zu seiner Mutter, die ihn am gesellschaftlichen Leben der Mütter mit ihren Kindern teilnehmen ließ, konnte ein Sohn ebenso am Kern des gesellschaftlichen Lebens teilhaben.

War die Mutter gestorben, gab es für einen Mann keine Möglichkeit mehr, gesellschaftlich Anteil am Leben der Mütter zu nehmen. Auch konnte er die Männer der Wandergruppe seiner Mutter nicht mehr anführen und damit auch nicht mehr zum Kreis der hochrangigsten Männer der Sippschaft dazu gehören. Den Männern in der Sippe war es einerlei. So oder so trugen sie ihren Teil zur Sicherheit der Sippe bei. Da es von vornherein ausgeschlossen war, dass sie die eigene Sippschaft verlassen konnten, begnügten sie sich mit dem Leben innerhalb der eigenen Sippe, das reichhaltig war und ihnen alles bot, was ihr Herz begehrte, um ein erfülltes Leben zu leben, solange sie mit der Mutter wanderten.

Hatten sie die Mutter verloren, suchten sie fortan Anschluss an die Wandergruppen, deren Anführerinnen sie gerne mochten und die auch sie gerne hatten. Doch, auch wenn sie weiterhin viel Zuwendung von den anderen Frauen der Sippe erfuhren, würde es für einen Mann nie mehr eine Frau geben, die seiner Mutter gleichkam. Es war die eigene Mutter, die ihre Kinder seit der Geburt kannte und sie unterstützte, was eine Art der Geborgenheit schuf, die nur eine Mutter ihren eigenen Kindern schenken konnte.

Weil die Töchter die eigene Mutter und die Geburtssippe verließen, würden sie die einzigartige, für den Rest des Lebens andauernde Beziehung, die zwischen einer Mutter und Ihrem Sohn bestand, erst selbst erleben können, wenn sie selber zur Mutter eines Sohnes wurden. Doch für sie selbst gab es keine Mutter mehr, die sie schon ihr Leben lang kannte.

Uhma kämmte und kraulte Uhlo jeden Tag ein wenig. Seit er seine geschlechtliche Reife erlangt hatte und oft das Liebesspiel machte, hatte ihre Beziehung nach und nach ein wenig an Innigkeit verloren, so dass er nach seiner Jugendzeit nicht mehr ganz so anhänglich war wie zuvor, doch schätzte er die fortwährende Geborgenheit, die ihm die tiefe Bindung zu seiner Mutter vermittelte, sehr. Sie beide genossen die täglichen, vertrauten Zusammenkünfte, denn es gab in Urmütterchens Sippe keine stärkere innere Verbindung als diejenige zwischen Mutter und Sohn.

Sie waren die einzigen in Urmütterchens Sippe, die Tag für Tag und Jahr für Jahr während eines Großteils ihrer Leben miteinander verbrachten. Alle anderen Beziehungen in Urmütterchens Sippe waren nicht daran gebunden, alle Zeit miteinander zu verbringen, sondern sie bestanden aus vielen verschiedenen kürzeren oder längeren Zeitabschnitten, die miteinander verbracht wurden, und das war seit sehr vielen Zeitaltern so gewesen.

Manchmal kämmte und kraulte auch Uhlo seine Mutter, doch eher selten. Sie war und blieb seine Mutter und würde sich immer ein wenig um ihn kümmern, doch sie beide pflegten ihre eigenen Freund- und Liebschaften und es war nicht Sitte, dass sich ein Sohn übermäßig um seine Mutter kümmerte, es sei denn, sie sei alt und schwach.

Es waren die Mütter, die den Kern der Sippe bildeten, weil sie einerseits die Gesellschaft der anderen Mütter suchten. Andererseits blieben die Mütter zusammen, weil es sicherer war, wenn sich die Männer um sie herum aufteilten, so dass die Kinder gut geschützt waren.

So verbrachten die Mütter viel Zeit gemeinsam mit ihren Kindern. Dadurch konnten sie sich gut mit den anderen Müttern vernetzten, denn ihre Kinder spielten zusammen und sie selber pflegten untereinander innige Freundschaften. Die Männer, die sich aus ihren Söhnen und ihren Liebhabern zusammensetzten, umgaben die Mütter mit ihren Kindern allzeit wie ein schützender Ring.

Es stand den Söhnen frei, nebst der Beziehung zu ihren Müttern Liebesbeziehungen zu den anderen Frauen zu pflegen, die zuweilen auch durch eine tiefe Freundschaft geprägt waren.

Die meisten Mütter einer Sippe kamen aus den vielen verschiedenen Sippschaften des Waldes, denn nur wenige von ihnen kannten sich bereits aus Kindertagen, als sie in derselben Sippe aufgewachsen waren. So kam es, dass die Frauen einer Sippe sich erst kennen lernten, wenn sie die erste körperliche Reife bereits erreicht und damit ihre eigene Familie verlassen hatten.

Dies führte dazu, dass sich die zugewanderten jungen Frauen umso mehr um die Freundschaft der bereits ansässigen Frauen und Mütter bemühten, die sie sehr liebevoll und gütig aufnahmen. Daraus entwickelten sich innige Freundschaften, die sodann unverbrüchlich waren. Die Frauen der verschiedenen Sippen des Waldes, die sich so zusammenfanden, um den Nachwuchs einer Sippe großzuziehen, bildeten gemeinsam die Welt der Frauen, in der sie stets unverbrüchlich zusammenhielten, um einerseits selber im ihnen bis dahin fremden Gebiet bestehen zu können und andererseits den Zusammenhalt der Sippe für ihre eigenen Kinder und damit auch für alle anderen zu gewährleisten.

Dies war die Art von Urmütterchens Sippe. Es lag in ihrer ureigenen Veranlagung, die alle Leute aus Urmütterchens Sippe im Innersten in sich trugen. Mit der Hilfe ihrer Mütter lernten sie alle, in diese Veranlagung hineinzuwachsen, so dass sie ein erfülltes Leben leben konnten. Weil er immer in der Nähe seiner Mutter gewesen war, hatte Uhlo seine Kindheit im Kreis der Mütter im Kern der Sippschaft verbracht. Er hatte mit den Kindern der anderen Mütter gemeinsam gespielt und war mit ihnen zusammen aufgewachsen.

Seine Mutter hatte sich vielen Wandergruppen angeschlossen, so dass er mit der Zeit alle anderen Kinder kennen gelernt hatte, auch die Jungen seiner Sippschaft, mit denen er nun als Erwachsener in der Welt der Männer zusammenarbeitete. Sie kannten sich nicht nur von klein auf, sie würden auch für den Rest des Lebens gemeinsam für die Sicherheit der Sippe sorgen.

Damals, als Uhlo seine geschlechtliche Reife erreicht hatte, wandte er sich von den Spielen der Kinder ab, um sich neuen Abenteuern zuzuwenden, denn nichts wollte ein reifender Junge mehr, als es den erwachsenen Männern gleichzutun. Er nahm an den Rangeleien unter den jungen Burschen teil und maß sich mit ihnen um den eigenen Rang. Auch er wollte, wie viele andere Jungen auch, der Beste und der Stärkste von ihnen allen sein.

Mehr und mehr hatte er sich fortan wie die erwachsenen Männer meistens eher am Rande der Gruppe aufgehalten und seine Mutter nach und nach nur noch zu bestimmten Zeiten aufgesucht, während er sein eigenes Leben innerhalb des Sippenlebens lebte und sich seine eigenen Liebschaften suchte. Uhma hatte ihn dabei unterstützt und ließ ihn gewähren, denn dies war die Art der Mütter in Urmütterchens Sippe.

Auch hatte er sich immer wieder stundenlang in der Wachsamkeit geübt, um eines Tages als Erwachsener seinen Beitrag für die Sicherheit der Mütter mit ihren Kleinkindern leisten zu können, während er mehr und mehr lernte, sich in der Welt der Männer zu behaupten. Damals hatte er einfach die erwachsenen Männer nachgeahmt, heute verstand er auch, warum.

Schon als kleiner Junge hatte er die erwachsenen Männer bei ihren Herausforderungen und ihrem Streit-Geschrei immer gut beobachtet. Als er endlich alt genug war, hatte er es ihnen dann mit großem Eifer nachgetan, denn Jungen liebten es, die erwachsenen Männer nachzuahmen und sich im gegenseitigen Wettstreit zu messen.

Das Volk das auf den Bäumen lebte

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