Читать книгу Demenz - Wenn das Leben entgleitet - Prof. Dr. Gabriela Stoppe - Страница 6

EINFÜHRUNG

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SEIT BEINAHE 30 JAHREN beschäftige ich mich beruflich mit der Demenz. Am Anfang tat ich das ungern bzw. ohne große Lust. Altersthemen waren zur damaligen Zeit für Mediziner unattraktiv. Auch heute noch hat das Alter bei Ärzten und Pflegekräften ein schlechteres Image als beim Rest der Gesellschaft. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass diese Berufsgruppen eben (nur) jene Menschen zu Gesicht bekommen, die im Alter auch krank und gebrechlich sind. Vielfach herrscht noch immer die Vorstellung, dass man ohnehin nicht mehr viel tun könne.

Ich trat damals als Neurologin nach einer längeren Fachweiterbildung eine Stelle in der Psychiatrischen Universitätsklinik in Göttingen an. Als Ärztin, die sich auch mit den organischen Erkrankungen des Nervensystems auskannte, wurde ich damit beauftragt, eine Gedächtnissprechstunde zu eröffnen. Damals gab es nur wenige solcher Einrichtungen. Erst Mitte der 80er Jahre war die erste Memory Clinic in London gegründet worden, fast gleichzeitig auch die Memory Clinic in Basel. Beide Einrichtungen sollten einerseits Anlaufstellen für Patienten sein und andererseits auch Teilnehmer für die Demenzforschung rekrutieren. Eine weitere frühe Ambulanz an der Psychiatrischen Universitätsklinik der Technischen Universität in München folgte, an all diesen Stellen wurde nun erst mit der Forschung an Demenzkranken begonnen.

In diesen ersten Studien wurden Menschen mit Demenz über längere Zeit auf ihre Beschwerden und Störungen hin untersucht. Man beschäftigte sich erst einmal damit, das klinische Erscheinungsbild der Demenz überhaupt zu charakterisieren. Heutzutage werden auch noch solche Daten gesammelt, allerdings überwiegend in sogenannten Forschungsverbünden wie zum Beispiel dem EUROPEAN ALZHEIMER’S DISEASE CONSORTIUM (EDAC) oder dem KOMPETENZNETZ DEMENZ in Deutschland. Der Zusammenschluss von Einrichtungen zur gemeinsamen Forschung hat den Vorteil, die Daten zu einer größeren Zahl Betroffener auswerten zu können. Das erhöht die Aussagekraft der Ergebnisse.

Viele der Menschen, die sich an solche Gedächtnissprechstunden wenden – das ist heute noch so wie damals –, erhoffen sich Hilfe, zum Beispiel in Form neuer Medikamente. Auch wenn der erhoffte Durchbruch in der medikamentösen Behandlung von Demenzerkrankungen bis heute ausgeblieben ist, sind nach wie vor viele bereit, sich für Studien und Forschung zur Verfügung zu stellen.

In meine erste Gedächtnissprechstunde kamen zunächst vorwiegend Menschen mit bereits schwerer Demenz. Erst im Laufe der Jahre stellten sich auch leichtere Fälle ein bzw. Menschen, die erste Zeichen von Demenz bei sich wahrnahmen oder von ihren Angehörigen gebracht wurden. Ganz allmählich schien das Interesse am Thema auch in der Mitte der Gesellschaft anzukommen.

Diese Entwicklung zeichnete sich auch an anderer Stelle ab. Ich erinnere mich noch gut an die ersten öffentlichen Veranstaltungen zum Thema Alzheimer in den 90er Jahren. Obwohl alle meinten, dass bei diesem großen Problem viele Besucher zu erwarten seien, kamen nur wenige. Doch die Situation sollte sich dramatisch ändern – eine der für mich sehr spannenden Erfahrungen in meinem Leben –, plötzlich war die öffentliche Aufmerksamkeit da, auch das Interesse an der Forschung nahm rapide zu.

Demenz - Wenn das Leben entgleitet

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