Читать книгу Heilpflanzen für ein starkes Immunsystem - Prof. Dr. rer. medic. Nadine Berling - Страница 18
BEOBACHTUNG UND WIRKSAMKEITSÜBERPRÜFUNG
ОглавлениеDie Heilpflanzentherapie kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Außerdem gibt es eine scheinbar unüberschaubare Auswahl an Pflanzen mit medizinischen Wirkungen. Dadurch erfolgt die Überprüfung der Wirksamkeit von Heilpflanzen bei bestimmten Beschwerden zumeist in umgekehrter Reihenfolge wie dies bei synthetischen Medikamenten und Biologika der Fall ist. So beobachteten die amerikanischen Ureinwohner beispielsweise, dass die Einnahme von Sonnenhutextrakten die Entstehung von Atemwegserkrankungen verhindern oder reduzieren können. Heute gilt die vorbeugende und therapeutische Wirkung von Purpursonnenhutkraut als wissenschaftlich belegt. Extrakte aus der Heilpflanze sind für diese Anwendungsgebiete ein allgemein medizinisch anerkanntes Arzneimittel. Synthetische Medikamente und Biologika hingegen werden entwickelt, um eine spezielle Erkrankung zu verhindern, zu heilen oder die Symptome der Krankheit abzumildern. Zufallserkenntnisse wie bei der Entdeckung vom Penicillin, sind heute eher selten.
Die Beobachtung und Anwendung der Heilpflanze bildeten demnach den ersten Schritt in der Erprobung der Therapie. Darauf folgten verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen am Menschen, die das Erfahrungswissen der amerikanischen Ureinwohner bestätigten.
Medizinisch anerkannte versus traditionelle Heilpflanzentherapie
In der Europäischen Union (EU) wurde ein zweistufiges Bewertungssystem zum Stand der Forschung und der Bewertung der Wirksamkeit von Heilpflanzen und Präparaten eingeführt. Diese Bewertung erfolgt im Auftrag der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) durch Experten aus verschiedenen Fachrichtungen wie Pharmakologie, Toxikologie und Medizin. Dieses Bewertungssystem ist wichtig zu kennen, um erkennen zu können, ob die Wirksamkeit eines Heilpflanzenpräparats wissenschaftlich belegt oder die Wirksamkeit plausibel ist oder die Extrakte aus der Heilpflanze bei bestimmten Beschwerden nicht helfen.
Damit Bestandteile von Heilpflanzen wie Flohsamenschalen und Präparate aus Heilpflanzen wie Presssaft, Tropfen, Tabletten oder Tee in der EU als allgemein medizinisch anerkannte Arzneimittel eingestuft werden, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein: Sie müssen wie jedes Arzneimittel ein reguläres Zulassungsverfahren nach § 21 Arzneimittelgesetz (AMG) durchlaufen. Jedes Verfahren gilt jeweils nur für ein bestimmtes Anwendungsgebiet, zum Beispiel für die Behandlung von Erkältungen. Erfolgreich durchlaufen haben dieses Zulassungsverfahren zum Beispiel das Purpursonnenhutkraut und die Indischen Flohsamenschalen. Beide Heilpflanzen werden zudem seit mindestens zehn Jahren in einem Land der EU therapeutisch eingesetzt und fachlich anerkannte Dokumentationen liegen vor: Beides sind Kriterien, die vorliegen müssen, wenn eine Heilpflanze als allgemein medizinisch anerkanntes Arzneimittel eingestuft werden soll. Zudem fordert die EMA mindestens eine Studie am Menschen mit einer hohen Aussagekraft.
Die meisten Heilpflanzen und Heilpflanzenzubereitungen sind in der EU allerdings als traditionelles Arzneimittel im Handel erhältlich. Ein traditionelles Arzneimittel wird in einem Land der EU seit mindestens 15 Jahren medizinisch angewendet, ohne dass Gefahren für die Gesundheit auftraten. Zudem muss die Wirksamkeit plausibel sein. Damit ist gemeint, dass Erkenntnisse aus Labor- und Tierstudien darauf hinweisen, dass ein Heilpflanzenpräparat gegen bestimmte Beschwerden hilft. Die Zulassung als traditionelles Arzneimittel erfolgt auch, wenn erst kleine Studien mit wenigen Teilnehmerinnen vorliegen oder die Studienergebnisse nicht klar erkennen lassen, ob die Heilpflanze zuverlässig gegen eine Beschwerde hilft oder der Aufbau von Studien am Menschen sehr unterschiedlich ist. Letzteres ist beispielsweise beim Rosenwurz der Fall. Die Heilpflanze fördert unter anderem die Wiederherstellung der Gesundheit nach Krankheiten. Da aber die Dosierungen in den verschiedenen Studien am Menschen unterschiedlich waren, zeigten die Heilpflanzenextrakte in einigen Studien Erfolg, in anderen nicht. Die EMA hat daraufhin entschieden, Zubereitungen aus dem Rosenwurz solange als traditionelles Arzneimittel einzustufen, bis klare Beweise vorliegen, die für oder gegen die Wirksamkeit sprechen.