Читать книгу Die Hochzeitskapelle - Rachel Hauck, Rachel Hauck - Страница 9
ОглавлениеKapitel Drei
JACK
Er sah zur Tür und spürte, wie die altbekannte Welle ihn überrollte. Doug Voss war in sein Zuhause gekommen und hatte ihn verspottet, indem er mit Taylor flirtete. Unruhe erfasste ihn.
Voss würde wiederkommen.
Jack hatte schon über Voss Bescheid gewusst, bevor sie heirateten. In Los Angeles war Taylor eine Weile mit ihm ausgegangen, wenn er dienstlich dort gewesen war. Dann war sie nach New York umgezogen, um mit ihm zusammen zu sein, hatte aber kurz darauf mit ihm Schluss gemacht.
Was sie in Voss gesehen hatte, war ihm schleierhaft. Er war arrogant und unhöflich. Aber er war eben auch wohlhabend, mächtig und auf eine krankmachende Art charmant.
Aber sie hat sich doch für dich entschieden, Mann. Für dich.
Aber in diesem Moment hatte diese wortlose Zusage wenig Gewicht.
Jack atmete tief aus und umarmte Taylor ein wenig enger. Sie wirkte aufgebracht. Bekümmert. „Bist du okay?“ In seiner Tasche summte schon wieder sein Handy. Er zog es heraus, um einen Blick auf das Display zu werfen.
Aaron. Der würde warten müssen.
„Ja, mir geht es gut.“ Sie löste sich aus seiner Umarmung, und er fühlte sich schlagartig kalt, sehnte sich danach, sie festzuhalten. „Aaron wird sich fragen, ob dir was passiert ist.“
„Ich muss nicht hingehen …“
„Sicher musst du das. Dampf ablassen und so … Außerdem habe ich ja auch noch zu arbeiten.“ Taylor wies vage auf ihren Computer.
„Also. Dann mal los.“ Jack griff nach seiner Sporttasche. „Ich werde nicht lange weg sein. Und, Taylor, du bist eine großartige Fotografin. Eine der besten.“
Die Beste. In jedem Sinn. Seitdem er sie in der zehnten Klasse kennengelernt hatte, beschäftigte Taylor Branson seine Vorstellungskraft. Er hatte nur nie den Mut besessen, deswegen etwas zu unternehmen, bis sie sich an einem kalten Januartag auf der Madison Avenue über den Weg gelaufen waren.
Er hatte gelernt, die Stadt, die Straße, die Arbeit zu lieben, die ihm zu dem Leben verhalf, von dem er in den dunklen Tagen seiner Jugend in Heart’s Bend, Tennessee, geträumt hatte. Die Stadt, die Straße, das Leben, das ihm Taylor geschenkt hatte.
„Bis dann“, sagte er, ohne zur Tür zu gehen. Sollte er bleiben?
„Hab Spaß.“ Ihr Lächeln fing das Licht der Schreibtischlampe ein und füllte Jack bis obenhin aus. „Echt jetzt. Ich wünsche euch viel Spaß.“
„Oh, mir fällt gerade ein – ich habe noch etwas vergessen.“ Jack lehnte schon am Türknauf, beobachtete sie und wurde vom unsicheren Ehemann zum selbstbewussten Werber. „Ich habe einen Auftrag für dich.“
Sie sah von ihrem Computer auf. „Du hast einen Auftrag für mich? Welche Sorte Auftrag? Nicht wieder eine Hochzeit von einer, äh, ,alten Freundin‘. Das mache ich nicht noch einmal.“
„Aufnahmen für Architecture Quarterly.“ Sein Chef, Hops Williams, würde ihn umbringen dafür, dass er den Job seiner eigenen Frau vermittelte, aber Jack würde seinen gekünstelten Zorn schon aushalten. Er brachte dem Mann immerhin Unmengen an Geld ein.
Außerdem hatte Hops Jack darum gebeten, umzuziehen. Die neue Niederlassung eines Kunden zu leiten. In London. Eine Bitte, von der er Taylor erst noch erzählen musste. Was war schon ein bisschen Vetternwirtschaft im Vergleich dazu, den Sprung über den großen Teich zu tun?
Sie sperrte den Mund auf. „AQ? Werbeaufnahmen? Wirklich, Jack?“ Ihr Gesichtsausdruck wurde weich, und ihre Augen funkelten vor Freude.
„So was in der Art. Es ist Teil ihrer neuen Marke. Durch all die Heimwerkersendungen und Gartenserien und so gibt es ein neuerwachtes Interesse an Architektur. Sie haben eine laufende Kampagne, und es gibt da ein Gebäude …“ Jack hatte ehrlich gesagt keine Ahnung von den Details. Er hatte nur ein paar Schnipsel eines Gesprächs zwischen Hops und der Verlegerin des Architecture Quarterly, Cabot Grayson, mitbekommen. „Irgendwo gibt es jedenfalls ein Gebäude.“ Jack lächelte und war fest entschlossen, seiner Frau den Gefallen zu tun. Ihr zu zeigen, was seine Worte nicht beweisen konnten: dass er an sie glaubte. „Ich kümmere mich um die Einzelheiten.“
„Und die wollen mich?“
„Sie haben um einen Fotografen gebeten. Ich habe dich vorgeschlagen.“ War es denn so falsch, der Liebe wegen ein bisschen an der Wahrheit zu drehen? Er wollte ihr Held sein. Er wollte, dass sie es nicht bereute, sich auf das Abenteuer mit ihm eingelassen zu haben.
Am Morgen würde er das alles Hops beibringen müssen. Aber es war nur ein kleiner Auftrag. Bestimmt konnte Hops ein paar seiner Regeln für Jack und seine junge Frau umgehen.
„Ehrlich? Und wann wolltest du mir das erzählen?“
„Heute. Wie gesagt, das wollte ich eigentlich, als ich nach Hause kam …“ Und London. Er musste ihr von London erzählen. Aber er hatte diese Woche noch eine große Präsentation und wollte eigentlich alles andere ausblenden, bis die perfekt war.
Trotzdem spürte er das Gewicht seiner Lüge. Wenn die wie ein Bumerang zurückkam, würde er Ärger bekommen – mit seinem Chef und seiner Frau gleichermaßen.
Die dunkle Welle überrollte ihn einmal mehr und brach sich an den Felsen seiner Seele. Für Jack Forester hatte Gutes keinen Bestand. Nie. Die Sache mit Hops, seine Arbeit, seine junge Ehe, das alles waren nur Illusionen.
„Über den Auftrag würde ich mich sehr freuen. Danke, dass du an mich gedacht hast.“ Taylor kam zu ihm herüber. Das Licht aus der Küche küsste ihren goldbraunen Scheitel. „Wann wäre das denn?“ Sie küsste ihn, schlang ihre Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn.
„Ich-ich gl-glaube, nächste Woche.“ Jack vergrub sein Gesicht in ihrem langen, seidigen Haar. „Ich werde Petra anweisen, dir und Addison zu schreiben.“
„Danke.“
Und sein Herz seufzte.
„Und, also, wegen vorhin. Die Aufgaben im Haushalt und so. Also, das schaffen wir schon, Taylor. Das kriegen wir hin …“ Sein Telefon summte wieder, noch fordernder als vorhin, falls das überhaupt möglich war.
Taylor ging zu ihrem Schreibtisch zurück, und seine Brust fühlte sich ein zweites Mal so kalt an. „Nun geh schon! Wir können später reden. Aaron wird stinksauer sein.“
„Taylor“, sagte Jack und öffnete die Tür, „wegen Doug …“
„Vergiss ihn, Jack. Der will nur, dass alle nach seiner Pfeife tanzen.“
Er nickte. „Aber er ist ziemlich überzeugend.“
„Was meinst du damit?“ Der Schimmer ihres Computerbildschirms betonte die glatten, hohen Flächen ihres Gesichts, und der Anblick nahm ihm den Schneid.
„Nichts. Nur so eine Beobachtung.“
Nur so eine Angst, dass Jack sie verlieren könnte. Wie konnte er Taylor sagen, zeigen, wie sehr er sie liebte? Die Liebe war so ein unbekanntes Territorium für ihn.
Was er eigentlich wollte, war, sie zu fragen, ob sie ihn noch liebte. Ihre Wirbelsturmromanze und ihre Hochzeit waren unmittelbar nach dem Bruch mit Voss passiert.
Aber wenn er fragte, würde er schwach aussehen und erbärmlich klingen.
„Arbeite nicht zu hart, okay?“
Sie nickte lächelnd. „Und du spiel nicht zu hart.“
„Gegen Aaron? Oh doch, werde ich. Geht nicht anders, das ist so eine Alles-oder-nichts-Geschichte.“
Er musste hart spielen. Er musste die Zweifel und den Dreck, die Doug Voss hinterlassen hatte, aus seiner Seele verbannen. Vielleicht war „glücklich bis zu ihrem Lebensende“ nicht drin für sie, immerhin hatten sie den Sprung gewagt, ohne hinzuschauen, aber Jack klammerte sich an die Hoffnung. Im Zweifel Taylor zu vertrauen, was den Typen betraf, schien ein ganz guter Anfang zu sein.