Читать книгу Running wild in Afrika - Rafael Fuchsgruber - Страница 32
ОглавлениеDA IST ER WIEDER
DER ZAUBER DES ANFANGS
TANJA
Wenn ich an Zauber denke, habe ich sofort ein Bild vor Augen, wie ich im ersten Camp in Sossusvlei stehe. Die Sonne geht langsam unter. Zum ersten Mal auf diesem Abenteuer sehe ich das schönste Licht, das meine Augen je gesehen haben. Namibia zeigt sich uns in seinem prachtvollsten Gewand. Das Blau des Himmels verschwindet langsam und ein Mantel aus Rot und Gold schmiegt sich um die traumhafte Landschaft. Im Hintergrund rufen Geckos inbrünstig nach Weibchen. Wir haben es geschafft! Nach monatelanger Vorbereitung und vielen Widrigkeiten sind wir tatsächlich am Start unserer Reise über tausend Kilometer durch Namibia angekommen.
Da die Vorbereitungen für unseren Geburtstagslauf zum größten Teil Rafael getroffen hat, kannte er unsere Crew durch Telefonate und Zoom-Calls bereits besser als ich. Die Abläufe der Reise sowieso, denn auch die hat er im Detail geplant. Ganz ehrlich: ich wusste bis einen Tag vor Abreise noch nicht mal, von welchem Flughafen wir starten … Dafür habe ich mich genüsslich beim Packen und Listen-Abhaken ausgetobt.
Die Reise beginnt mit vier großen Koffern und zwei Rucksäcken am Bahnsteig in Siegburg. Der Aufzug zum Gleis ist defekt. Na klasse, denke ich, das fängt ja schon gut an. Reisen macht mich noch immer nervös. Am Flughafen Frankfurt angekommen, werden wir gleich die Jungs vom Fernsehen treffen. Johannes Meier und Paul Hartmann begleiten uns als Mediateam, da sie einen Film über uns und dieses verrückte Abenteuer drehen möchten. Im Vorfeld waren die beiden bereits bei uns zu Hause zu Besuch, haben unser Training und den Packwahnsinn ein stückweit begleitet. Jetzt stehen wir am komplett leergefegten Flughafen und sprechen über unsere Gefühle und Gedanken. Ich versuche, ganz cool zu bleiben, doch die Anspannung steht mir ins Gesicht geschrieben.
Den nächsten im Bunde, Bruno Thomas – »Flying Doctor«, Rennarzt und guter Freund von Rafael – treffen wir am Gate. Der 75-jährige Franzose mit dem Blick eines Lausejungen freut sich, als er uns sieht. Wir lächeln uns an und ich mag ihn sofort. Bruno wird für mich eine sehr wichtige Stütze bei diesem Rennen werden. Ohne diesen wunderbaren Menschen hätte ich wahrscheinlich irgendwo auf dem Weg aufgegeben.
DAS ABENTEUER BEGINNT
Der Flug wird ausgerufen; ein paar Nudeln und Schokoriegel später schlafe ich ein. Nach zehn Stunden landet die Maschine sanft wie eine Feder auf dem Flughafen in Winhoek. Es ist noch dunkel – in Namibia ist Herbst. Rafael und ich gehen Hand in Hand in die Ankunftshalle. Die Reisenden werden durch künstlich hergestellte Gänge wie in einem Vergnügungspark durch die Halle des kleinen Flughafens geleitet. Stopp and Go über eine Stunde. Bäh! Es folgt eine Reihe Kontrollen: PCR-Test, Fieber, Einreisedokumente. Dann die letzte Hürde: der Zoll. Rafael und ich haben über hundert Kilo Gepäck dabei! Zwei der vier Koffer sind voll mit Nahrungsergänzungsmitteln, Riegeln und Astronautenkost, Pulver in Dosen. Bei den Supplementen arbeiten wir seit vielen Jahren mit Dr. Wolfgang Feil und seinem Team bei Ultrasports zusammen. Die hatten auch noch nie die Aufgabe, für einen so langen Lauf eine funktionierende Strategie zusammenzustellen. Wir waren etwas ungläubig, ob wirklich so viel für so eine Strecke nötig ist; im Nachhinein wissen wir, dass es sinnvoll war. Meine Gedanken bei den vielen Koffern und ihrem Inhalt: Ob das mal gut geht … hoffentlich denken die Zollbeamten jetzt nicht, dass wir einen Handel aufmachen wollen oder gar Drogen schmuggeln. Wir brauchen das Zeug selbst! Ich mach mir gleich in die Hose. Die Männer sind derweil komplett tiefenentspannt. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen, reiße Witzchen, über die keiner lacht. Doch innerlich dreh ich ein kleines bisschen durch.
Der Doc ist vor uns an der Reihe. Mit Mütze auf dem Kopf, Mundschutz und Arztkoffer in der Hand winkt ihn eine nette Frau durch den Zoll. »Madame, you can go«. Schmunzelnd legen Rafael und ich unsere Koffer aufs Band, gehen durch die Kontrolle und – werden durchgewunken. Keine Fragen, kein Koffer zu öffnen. Alles klappt reibungslos. Puuuh! All die Sorgen waren unnötig. Schön ist das.
Nel de Jager – unser Crewchef, Navigator, Problemlöser und Koch – holt uns in der Eingangshalle ab. Schon von Weitem winkt er herzlich. Er hat Hein dabei – Heinrich Van Zijl, die gute Seele der Gemeinschaft, wie sich in den nächsten Tagen herausstellen wird. Das »Team 1000 k« ist komplett – die Reise kann beginnen.
SENIORENRABATT IM SUPERMARKT
Vom Flughafen fahren wir zunächst zu Nel, der in Windhoek lebt; dort werden die Anhänger der Autos gepackt. Es ist unfassbar, was Nel, seine Frau Ute und Hein im Vorfeld alles kaufen, sortieren, packen mussten. Da ist es mir fast ein wenig peinlich, dass ich mich zu Hause schon über unser Zeug aufgeregt hatte – ein Witz im Vergleich gegen das hier!
Auf dem Weg zur Familie de Jager machen wir einen Zwischenstopp im ansässigen Sparmarkt. Dort gibt es ein stärkendes Frühstück, bevor wir mit den letzten Einkäufen zu unseren fahrenden Unterkünften weiterziehen. An der Kasse bekommt Rafael das erste Mal in seinem Leben einen Seniorenrabatt – den gibt’s dort immer mittwochs. Der Lacher ist groß, da Rafael ja in ein paar Tagen seinen sechzigsten Geburtstag feiern wird. Er kann auch drüber lachen – wie schön!