Читать книгу Reise Know-How Praxis: Sicherheit in Bärengebieten: Mit vielen praxisnahen Tipps und Informationen - Rainer Höh - Страница 8
Parkbären und Wildnisbären
ОглавлениеZu einer ernsten Bedrohung (verursacht durch menschliches Fehlverhalten!) wurden die Bären eine Zeit lang in einigen Nationalparks Amerikas, wie z. B. im Yellowstone, Yosemite und Glacier Nationalpark. Dort hatten sie durch häufigen Kontakt mit dem Menschen ihre natürliche Scheu verloren und waren jahrelang sogar regelrecht gefüttert worden. Also haben die gelehrigen Tiere dort den Menschen nicht mehr als Bedrohung erlebt, sondern als Futterquelle. Und sie entwickelten in kurzer Zeit ein geradezu unglaubliches Genie, wenn es darum ging, an Abfälle oder an den Proviant der Camper heranzukommen – ob er nun einfach vor dem Zelt lag, im Kofferraum eingeschlossen war oder gar vorschriftsmäßig in den Bäumen hing. Da half alles nichts. Mit Bärenkräften knackten sie Autos und Wohnmobile und als begabte Kletterer ertüftelten sie Möglichkeiten, den Proviant selbst dann aus luftiger Höhe zu angeln, wenn er zwischen zwei Bäumen aufgehängt war! Wenn sie bei ihrer Futtersuche gestört wurden und lärmende Zweibeiner ihnen „ihre“ Beute streitig machen wollten, dann konnten (und können!) diese Camp-Räuber höchst ungemütlich werden – ganz besonders die Braunbären.
Welche Bärenarten gibt es?
Informieren Sie sich bei Touren in Amerika, ob in der jeweiligen Region nur Schwarz- oder Schwarz- und Braunbären vorkommen. In ersterem Fall haben Sie bei einer Begegnung den Vorteil, nicht lange rätseln zu müssen, um welche der beiden Spezies es sich handelt.
Inzwischen sind die Zeiten, in denen Bären in den Nationalparks offiziell gefüttert wurden, längst vorbei, Mülldeponien wurden geschlossen, Abfallbehälter bärensicher gemacht und die Parkverwaltungen bemühen sich, durch intensive Aufklärung zu erreichen, dass die Bären keine Gelegenheit bekommen, sich an Proviant oder Abfälle zu gewöhnen. Trotzdem gibt es auch heute hin und wieder „verdorbene“ Bären, die sich an menschliche Nahrung gewöhnt haben. Warum? Weil Camper trotz aller Mahnungen ihre Lebensmittel unachtsam herumliegen ließen oder weil sie leichtfertig organische Abfälle zurückgelassen haben! (Warum menschliche Nahrung und Abfälle für Bären so extrem interessant sind, wird auf S. 35, „Futter = Erfolg“ erklärt.) Zudem sind Bären von Natur aus sehr neugierig und lernen sehr schnell, wo sie Futter finden und wie sie an menschliche Nahrung herankommen. Sehr wenige positive Erfahrungen genügen, damit sie denselben Ort immer wieder aufsuchen und in ihren Methoden immer dreister werden. Solche Bären sind potentiell stets gefährlich – ganz besonders jedoch, wenn es sich dabei um Braunbären handelt (s. u. „Bären und Proviant“).
Bären in entlegenen Wildnisgebieten hingegen werden dem Menschen in den allermeisten Fällen aus dem Weg gehen (wenngleich sie nicht unbedingt Hals über Kopf davonrennen), sofern man ihnen einen Ausweg dazu lässt. Sehr oft werden sie schon verschwinden, ehe man sie überhaupt zu Gesicht bekommt. Aber manchmal lassen sie sich auch herzlich wenig durch einen Zweibeiner beeindrucken. So habe ich mich zum Beispiel (mit dem Kanu in tiefem Wasser!) einem amerikanischen Braunbären, der am Ufer Beeren fraß, schon auf etwa 15–20 m genähert, ohne dass er groß Notiz von mir genommen hätte. Er warf mir nur einen kurzen Blick zu und widmete sich dann wieder mit Hingabe seinen Beeren.
Meldepflicht!
Falls je ein Braunbär unterwegs Ihren Proviant oder Abfall erbeuten sollte (sei es in entlegener Wildnis oder in einem Park, sei es durch Ihre Nachlässigkeit oder weil der Bär bereits einschlägige Erfahrung hat), dann sollten Sie dies unbedingt so rasch als möglich den zuständigen Behörden melden. Für Sie selbst mag das keinen Unterschied machen – aber Ihren ahnungslosen Nachfolgern können Sie dadurch das Leben retten!
Auch was das Proviant räubern angeht, sind die „Wildnisbären“ in der Regel ein ganzes Stück naiver als ihre Artgenossen vom Campground. Aber alle Bären lernen sehr schnell! Schon wenige leichtsinnige Kanuten können auch einen Wildnisbären rasch verderben – und damit zu einem Risiko für ihre Nachfolger machen!