Читать книгу Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger - Ralf Klaßmann - Страница 17
2 Mustersatzung gemäß Anlage 1 zu § 60 AO
ОглавлениеNach § 60 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass schon aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind (sog. formelle Satzungsmäßigkeit).163 Die Festschreibung der Zwecke und der Art ihrer Verwirklichung hat die Funktion eines Buchnachweises.164
Unklarheiten im Zusammenhang mit der formellen Satzungsmäßigkeit gehen im Zweifel zu Lasten der Körperschaft.
Deshalb ist bei der Formulierung der Satzung insoweit größte Sorgfalt geboten.
Um Probleme mit der Formulierung von Satzungen bzw. Gesellschaftsverträgen165 frei-gemeinnütziger bzw. öffentlich-rechtlicher Träger möglichst auszuschalten, hatte die Finanzverwaltung schon seit langem eine Mustersatzung formuliert, die alle gemeinnützigkeitsrechtlich bedeutsamen Regelungen beinhaltete.
Seit dem 01.01.2009 muss bei der Abfassung jeder Satzung bzw. jedes Gesellschaftsvertrags eines steuerbegünstigten Krankenhausträgers die (gesetzliche) Mustersatzung gemäß Anl. 1 zu § 60 AO verwendet werden. Diese Mustersatzung hat Gesetzeskraft.166 Die gleiche Verpflichtung ergibt sich grundsätzlich bei jeder Satzungsänderung (ab dem 01.01.2009) bei bestehenden steuerbegünstigten Körperschaften, und zwar auch dann, wenn diese Änderung nur gering bzw. ohne steuerliche Relevanz sein sollte.167 Allerdings braucht eine bestehende Satzung nicht allein zur Anpassung an die Festlegungen in der Mustersatzung geändert zu werden.168
Sollten in (älteren) Satzungen – aus der Zeit bis zum 31.12.1976 – noch Verweise auf Vorschriften des (seit langem nicht mehr anzuwendenden) Steueranpassungsgesetzes bzw. der Gemeinnützigkeits-Verordnung enthalten sein, ist eine Änderung der Satzung allein deswegen (auch) nicht erforderlich; gleiches gilt für den Fall, dass in solchen (älteren) Satzungen das Wort »selbstlos« nicht verwandt wird.169
Die Notwendigkeit der Beachtung der (gesetzlichen) Mustersatzung ist durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008170 geschaffen worden. § 60 AO ist – als Anl. 1171 – eine Mustersatzung beigefügt, welche die Bestimmungen enthält, die aus steuerlichen Gründen notwendigerweise (und unverzichtbar) in der Satzung einer steuerbegünstigten Körperschaft enthalten sein müssen.
Diese steuerliche Mustersatzung trägt dabei nur den (steuerlichen bzw. gemeinnützigkeitsrechtlichen) Mindestanforderungen der Abgabenordnung Rechnung; sie berücksichtigt andere, z. B. vereins-, stiftungs- oder gesellschaftsrechtliche Gesichtspunkte, nicht.172
Nach dem Anwendungserlass zu § 60 AO muss eine Satzung die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten, »soweit sie für die jeweilige Körperschaft im Einzelfall einschlägig sind.«173
Ob damit der Wortlaut der Mustersatzung verbindlich ist, die gesetzliche Mustersatzung also »Wort für Wort« zu übernehmen ist, war früher umstritten.174 Mit – rechtskräftigem – Urteil vom 28.07.2017 (4 K 917/6) hat das FG Hessen jedoch entschieden, dass die Mustersatzung »nicht Wort für Wort« übernommen werden« müsse; es genüge, so das FG, wenn die Satzung unabhängig vom Aufbau und vom genauen Wortlaut der Mustersatzung die bezeichneten Festlegungen, nämlich die Verpflichtung zur ausschließlichen und unmittelbaren Verfolgung förderungswürdiger Zwecke sowie die Verwendung des Begriffs »selbstlos« enthalte.175
In einer weiteren aktuellen – nicht rechtskräftigen176 – Entscheidung vom 26.02.2020 (Az.: 4 K 594/18) hat das FG Hessen seine o. g. Rechtsprechung weiter präzisiert. Insoweit hat das Gericht festgestellt, dass eine wörtliche Wiedergabe der in § 52 Abs. 2 AO genannten (gemeinnützigen) Zwecke in der Satzung nicht erforderlich sei; lediglich die Art der begehrten Steuerbegünstigung (z. B. »gemeinnützig«) müsse nach Auffassung des Gericht in der Satzung genannt sein; im Falle der Gemeinnützigkeit müsse, so das FG Hessen, durch die Satzung verbindlich zum Ausdruck kommen, dass und wie die Allgemeinheit in Gestalt eines Zweckes, der mit § 52 AO vereinbar ist, gefördert werden soll. In dem Urteilsfall war dies gegeben. Zudem ist das FG Hessen der Auffassung, dass § 60 Abs. 1 S. 2 AO, wonach die Satzung die »Festlegungen« der gesetzlichen Mustersatzung (Anl. 1 zu § 60 AO) enthalten muss, nur auf solche Satzungsbestimmungen anwendbar sei, die nach dem 31.12.2008 geändert werden. Es bleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof in dem Revisionsverfahren diese Rechtsauffassung bestätigt.
Ungeachtet dessen sollte in der Praxis gleichwohl darauf geachtet werden, insbesondere um (spätere) Diskussionen mit der Finanzverwaltung zu vermeiden, den Wortlaut der gesetzlichen Mustersatzung möglichst zu übernehmen bzw. etwaige Abweichungen von der Mustersatzung zuvor mit der zuständigen Finanzbehörde (informell) abzustimmen.
Losgelöst von der (möglichst) wortidentischen Verwendung der Formulierungen der Mustersatzung gemäß Anl. 1 zu § 60 AO sind allerdings – auch nach Auffassung der Finanzverwaltung – der Aufbau und die Reihenfolge der Satzungsbestimmungen änderbar.177
Vom Anwendungserlass zu § 60 AO ausdrücklich als mögliche – nicht: zwingende – Abweichungen vom Wortlaut der Mustersatzung anerkannt werden178
• bei sog. Mittelbeschaffungskörperschaften (i. S. d. § 58 Nr. 1 AO), also insbesondere bei Fördervereinen, der Verzicht auf das Gebot der Unmittelbarkeit179,
• insbesondere bei Stiftungen der Ersatz des in § 3 der Mustersatzung verwendeten Begriffs »Mitglieder« durch eine andere geeignete Formulierung,180
• der Verzicht auf die Regelung in § 3 Satz 2 der Mustersatzung181 bei Körperschaften, deren Gesellschafter oder Mitglieder steuerbegünstigte Körperschaften sind und/oder juristische Personen des öffentlichen Rechts, die die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden,
• der Verzicht auf die Formulierung »Aufhebung« in § 5 der Mustersatzung182 bei Vereinen.
Bei steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften, beispielsweise einer gGmbH, ist umstritten, ob Gewinnausschüttungen (an nicht steuerbegünstigte Gesellschafter) nicht nur tatsächlich unterbleiben müssen – dies ergibt sich unmittelbar aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO – sondern ob sie zusätzlich gesellschaftsvertraglich ausgeschlossen werden müssen. Die zusätzliche Anforderung eines im Gesellschaftsvertrag einer gGmbH festgelegten Ausschüttungsverbotes wird im Anwendungserlass des Bundesfinanzministers zu §§ 51 ff. AO nicht ausdrücklich gefordert, wohl aber im Schrifttum183, jedenfalls im Hinblick auf offene Gewinnausschüttungen. Der Gesetzestext gibt für eine solche Forderung aber nichts her; eine entsprechende Satzungsregelung erscheint deshalb entbehrlich.
Das Unterhalten wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe, die keine Zweckbetriebe sind, und die Vermögensverwaltung dürfen grundsätzlich kein Satzungszweck sein.184 Allerdings darf die Satzung eine Erlaubnis zur Unterhaltung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes oder einer vermögensverwaltenden Tätigkeit enthalten.185
In jeder Satzung eines freigemeinnützigen Krankenhausträgers muss entsprechend den Anforderungen des Grundsatzes der formellen Satzungsmäßigkeit eindeutig definiert werden, ob gemeinnützige und/oder mildtätige und/oder kirchliche Zwecke verfolgt werden.
Bei neu gegründeten Körperschaften empfiehlt sich generell und dringend die Abstimmung der Satzung mit dem (örtlich) zuständigen Finanzamt vor der Beschlussfassung durch die maßgebenden Organe.186 Hierzu bedarf es keiner sog. (gebührenpflichtigen)187 » verbindlichen Auskunft« (i. S. d. § 89 Abs. 2 AO).188 Denn solche verbindlichen Auskünfte werden nur im Hinblick auf geplante Sachverhalte und deren zutreffende steuerliche Beurteilung gewährt, nicht aber im Hinblick auf formale Aspekte im Rahmen von Satzungsformulierungen. Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen (der §§ 51, 59 bis 61 AO) wird vom zuständigen Finanzamt (im Rahmen des § 60a AO)189 geprüft und ggf. nach den Vorgaben des § 60a AO » gesondert festgestellt«. Diese Feststellung der Satzungsmäßigkeit erfolgt – jedenfalls bei Neugründungen – zumeist auf Antrag der Körperschaft (§ 60a Abs. 2 Nr. 1 AO); sie kann auch von Amts wegen bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer erfolgen, wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist (§ 60a Abs. 2 Nr. 2 AO). Eine solche (formelle) Feststellung kann bereits vor einer Registereintragung oder einer Anerkennung bzw. Genehmigung der Körperschaft erfolgen.190 Erforderlich ist allerdings ein wirksamer Organbeschluss, z. B. über die Satzung.191 Vereinzelt lehnen Finanzbehörden eine vorherige Prüfung der Satzung in Bezug auf die formelle Satzungsmäßigkeit gem. §§ 51, 59 ff. AO mit der Begründung ab, ein solches Verfahren sehe die Abgabenordnung inzwischen nicht mehr vor, sodass eine Satzungsabstimmung – anders als früher – vor einem »offiziellen« Organbeschluss teilweise schwierig ist. Eine solche vorherige Abstimmung ist aber für die Praxis letztlich unverzichtbar, um sicherzustellen, dass nicht (im Falle eines »mangelhaften« Organbeschlusses) eine erneute Beschlussfassung notwendig ist bzw. dass die Gemeinnützigkeit nicht im Erstjahr (wegen der temporären Satzungsdefizite) versagt wird. Aus diesem Grunde sollte u. E. gegenüber der zuständigen Finanzbehörde darauf hingewirkt werden, dass diese bereits vor dem Satzungsänderungsbeschluss die formelle Satzungsmäßigkeit (informell) bestätigt bzw. aus ihrer Sicht erforderliche Anpassungen gegenüber der Körperschaft aufzeigt. Bei einer Prüfung der Satzung auf Antrag der Körperschaft sollte jedenfalls bei sog. Bagatellverstößen die Gelegenheit bestehen, den Satzungsfehler zu korrigieren.192
Die früher übliche sog. » vorläufige Bescheinigung« ist durch den vorgenannten » Bescheid über die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen« abgelöst worden.193