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Noch im Jahre 1930 wurde in Klein Piesicke der Schifferklub „Einigkeit“ gegründet, der vor allem den jüngeren Schiffern des Ortes Geselligkeit bieten will. Otto Ferstner und Ehefrau Marga, die Eltern The Ferstners, traten dem Schifferklub bei, vor allem der Schifferbälle wegen, zu denen nur die Mitglieder geladen wurden.

Am 31. Mai 1933 kam es gegen 9:00 Uhr zum sogenannten Kalkrutsch am Strom bei Klein Piesicke.

Schlammmassen, die vom Ufer her in den Strom gerutscht waren, versperrten den Strom und damit die Schifffahrt auf mehrere hundert Monate. Es dauerte bis zum 29. September 1933, um ein neues Bett im Strom zu schaffen und die Schifffahrt wieder aufnehmen zu können.

Otto Ferstner begann, sich nach einer neuen Betätigung umzusehen, die möglichst unabhängig von den Witterungseinflüssen sein sollte.

Er wurde erst im Jahre 1935 fündig, als in Klein Piesicke zu der ehemaligen Malzfabrik eine Sauganlage für Getreide errichtet wurde.

Otto Ferstner gab die Flussschifffahrt auf und wurde Getreidehändler. Bereits seit etwa 1820 florierte der Getreidehandel in Klein Piesicke. So berichtet die Chronik im herzoglichen Justizamt von Klein Piesicke, dass der dort tätige Aktuarius Hagedorn durch seine Nebeneinkünfte aus dem Getreidehandel derartig viel verdient habe, dass ihm der Erwerb eines nahe gelegenen Rittergutes möglich geworden sei.

Neben der Schifffahrt wurde der Getreidehandel eine der wichtigsten Einnahmequellen von Klein Piesicke.

Die Malzfabrik und die Getreidesauganlage dienten während des gesamten Zweiten Weltkrieges als Verpflegungslager der deutschen Wehrmacht.

Im Jahre 1938 kam schließlich noch der gewaltige Kornspeicher hinzu, welchen die Hamburger Getreidefirma Hoppe und Lucke unmittelbar am Strom errichten ließ. Getreide konnte seither von dort aus per Schiff oder per Bahn verladen werden.

So war aus der Schifferfamilie Ferstner eine Familie von Getreidehändlern geworden. Gerade noch rechtzeitig, ehe schließlich im Jahre 1960 das große und endgültige Sterben der Flussschlepper in Klein Piesicke einsetzte.

Als sich nach dem verlorenen Kriege unter der Regie der sowjetischen Besatzer über 6.300 ländliche Genossenschaften aller Art in der Sowjetischen Besatzungszone, zu der auch Klein Piesicke gehörte, zu Bäuerlichen Handelsgenossenschaften (BHGs) zusammenschlossen, war Otto Ferstner in leitender Funktion auf Bezirksebene dabei. Aus dem einstigen Getreidehändler war ein landwirtschaftlicher Funktionär geworden.

Die beiden Söhne, Theo und Bernd, geboren 1946 und 1948, sollten es einmal noch besser haben.

Theo war Berufsschullehrer geworden und unterrichtete als leidenschaftlicher Fußballer Sport. Man sah ihn meist im Trainingsanzug, mit der silbrig glänzenden Trillerpfeife um den Hals. Nur Bernd schien nicht recht zu geraten. Ein Studium des Maschinenbaus in Magdeburg hatte er abbrechen müssen. Die Lehre als Optiker konnte er auch nicht erfolgreich beenden. Noch einmal musste Vater Otto seine alten Verbindungen reaktivieren, um den Sohn Bernd als Schlosserlehrling im nahen Zementwerk unterzubringen. Auch diese Lehre verlief nicht ohne Schwierigkeiten, da Bernd dem Alkohol sehr zugeneigt war, mehrfach bei Diebstählen von Material erwischt wurde und als Raufbold galt. Nur mit Mühe und Dank zahlreicher väterlicher Hilfen in Gestalt von Kaffee und Westzigaretten, verteilt an seine Lehrmeister, schaffte er den Abschluss seiner Schlosserlehre.

Die Kinder der Bosheit

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