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Heidelberg

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Heute empfangen mich Hannah und Johannes. Ich habe Lisas Rat angenommen. Mit der S-Bahn fahre ich über Darmstadt und steige dort in den Regionalexpress nach Heidelberg um. Vom Hauptbahnhof geht es mit der Straßenbahn zum Bismarckplatz. Der Fußweg über die Hauptstraße ist mir sehr vertraut. Hier ist die Eisdiele im Erdgeschoss. Ich läute. Mit einem leisen Surren öffnet sich die Tür. Im Treppenhaus riecht es immer noch nach Bohnerwachs. Manche Dinge ändern sich auch nie. Bohnerwachs, Hannah und Johannes – das sind drei feste Größen in meinem Leben. Ich lächele.

Johannes öffnet mir. „Hallo Lars. Schön. Komm herein.“

Ich sage auch „Hallo“, und Hannah erscheint sofort im Flur. „Es riecht so gut. Gibt es etwa wieder Apfeltaschen?“

„Ja, mein Junge“, sagt Hannah und ich spüre die Wärme in ihrer Stimme. „Nimm Platz, Lars.“ Wir setzen uns ins Wohnzimmer. „Magst du einen Kaffee oder lieber einen Kakao?“

„Im Augenblick trinke ich wieder mehr Kakao, Hannah.“

„Du trinkst immer Kakao, wenn du Wärme, Geborgenheit und Trost suchst, Lars. Das ist mir schon aufgefallen.“

Ich lächele Hannah an. Sie hat mich durchschaut. Es ist gut, dass sie mich kennt.

Johannes geht sofort in die Küche und bringt einen Krug mit warmem Kakao. „Heute nehme ich auch Kakao, Lars“, Johannes zwinkert mir zu und schenkt uns ein.

Hannah legt mir einen Apfelstrudel auf den Teller, dann greift sie nach einer Kanne und nimmt sich einen Kaffee. „Wie geht es dir, Lars?“

„Ich habe die letzte Zeit viel in unseren Fotoalben geblättert. Es tut mir weh, wenn ich daran denke, dass es unsere Familie nicht mehr gibt. Und dass ich der einzige Mensch bin, der sich für diese Fotoalben noch interessiert. Wer kennt schon noch meine Kindergeschichten? Wer wird mir in Zukunft noch erzählen, wie ich mir nach dem Foto zum ersten Geburtstag meine Finger in der Kerzenflamme verbrannt habe? Es scheint, als sterben all diese Geschichten und Erlebnisse zusammen mit meinen Eltern.“

„Du hast eine neue Familie, Lars. Du hast jetzt Lisa und Francis.“

„Ja. Und doch ist es nicht dasselbe. Im Augenblick möchte ich wieder Kind sein. Ich möchte wieder von Mama und Papa verwöhnt werden. Ich will zu den beiden nachhause gehen und ihre Nähe spüren.“

„Das verstehe ich nur zu gut, Lars. Wir zwei haben deine Eltern auch sehr gemocht. Aber das weißt du ja.“

„Ich fühle eine ganz neue Einsamkeit in mir. Ja. Lisa und Francis sind da. Und ich bin glücklich über die zwei. Trotzdem fühle ich mich im Augenblick so entwurzelt.“

„Ja, Lars. Es muss dahin kommen, dass du es mit Gott ganz fest machst. Du musst erkennen, dass du Jesus im Leben hast – oder niemanden. Denn trotz Familie und Freunden bleibt eine Sehnsucht in unserem Innern, die nur Jesus berühren und stillen kann. Das gilt um so mehr, wenn der Tag kommt, dass…“

„Ja, Hannah?“

„…wenn der Tag kommt, dass wir selbst unsere letzte Reise antreten. So wie deine Eltern.“

„Ich hatte gedacht, wenn ich zu dir komme, dann wird alles leichter. Und nun wird unser Gespräch so schwer.“

Hannah nimmt sich auch vom Apfelstrudel, isst und denkt einen Moment nach. „Wir sind hier tatsächlich alle nur auf Durchreise. Unsere Wohnungen hier auf der Erde gleichen einem Zelt. Unsere Heimat ist in Wirklichkeit bei Gott im Himmel. Diese Heimat hat uns Jesus erworben.“ Hannah schaut mich an. „Du hast gesagt, du fühlst dich entwurzelt? Die Wurzeln deines Lebensbaums müssen genau in diesem himmlischen Acker wachsen. Nur hier findest du auch in dürrer Zeit Wasser und Nahrung.“

„Du denkst jetzt an meinen Konfirmationsspruch?“

„Ja, Lars.“

„Magst du ihn mir noch einmal vorlesen und zusprechen? Es ist schön, wenn du das Wort liest. So wie damals bei meiner Konfirmation. Ich werde meine Konfirmation nie vergessen.

Hannah holt ihre Bibel und liest aus Jeremia 17.

7 Gesegnet ist der Mann, der sich auf den Herrn verlässt und dessen Zuversicht der Herr ist. 8 Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hin streckt. Denn obgleich die Hitze kommt, fürchtet er sich doch nicht, sondern seine Blätter bleiben grün; und er sorgt sich nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern bringt ohne Aufhören Früchte.

Ich nicke. „Ich will wie dieser Baum sein. Ich will ein kräftiger Baum am Wasser sein. Ich will mich nicht fürchten. Ich möchte in diesem guten Acker zuhause sein.“

„Gott ist dein Versorger. Er bestellt deinen Acker und sorgt dafür, dass es dir an nichts fehlt. Vergiss das nie, Lars.“

Wir trinken und essen gemeinsam. Hannah hat mich wieder daran erinnert, wo meine Wurzeln sind. Heidelberg ist immer eine Reise wert.

Beautiful Lights

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