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Es war damals allgegenwärtig. Und ist es bis heute. Einer Frau konnte ein bisschen Leid zugefügt werden – durch Beleidigungen und Drohungen, die sie daran erinnerten, dass sie weder frei noch sicher noch im Besitz gewisser unveräußerlicher Rechte war –, größeres Leid durch eine Vergewaltigung, noch größeres durch Vergewaltigung-Entführung-Folter-Einsperrung-Verstümmelung, und am Ende stand der Mord, doch die Möglichkeit des Todes schwang bei den anderen Übergriffen immer mit. Eine Frau konnte in Teilen ausgelöscht werden, sodass sie weniger wurde, weniger Selbstvertrauen, weniger Freiheit besaß, oder ihre Rechte wurden unterwandert, es wurde auf ihren Körper übergegriffen, sodass er immer weniger der ihre war, schließlich konnte sie voll und ganz ausradiert werden, und keine dieser Möglichkeiten schien sonderlich abwegig. All die entsetzlichen Dinge, die anderen Frauen widerfuhren, weil sie Frauen waren, konnten dir auch selbst widerfahren, denn auch du warst eine Frau. Selbst wenn du nicht getötet wurdest, wurde etwas in dir abgetötet, das Gefühl von Freiheit, Gleichberechtigung, Selbstvertrauen.

Meine Freundin Heather Smith merkte mir gegenüber kürzlich an, dass junge Frauen gedrängt würden, »niemals aufzuhören, sich ihre eigene Ermordung vorzustellen«. Wir wurden von Kindesbeinen an dazu angehalten, bestimmte Dinge nicht zu tun – dort nicht hinzugehen, da nicht zu arbeiten, nicht um diese Zeit wegzugehen oder mit jenen Leuten zu reden, nicht dieses Kleid zu tragen, jenen Drink zu nehmen oder Abenteuer, Unabhängigkeit, Einsamkeit erleben zu wollen; Verzicht war angeblich die einzige Möglichkeit, sich vor einer brutalen Ermordung zu schützen. In jenen Jahren als Jugendliche und junge Erwachsene wurde ich auf der Straße ständig sexuell belästigt, manchmal auch anderswo, wobei belästigt nicht die Bedrohung vermittelt, die oft dabei mitschwang. David J. Morris, ehemals Soldat beim US Marine Corps und Autor eines Buchs über posttraumatische Belastungsstörungen, merkt an, dass diese Erkrankung bei Vergewaltigungsopfern viel häufiger ist und zugleich viel seltener behandelt wird als bei Kriegsveteranen. Er schrieb mir: »Die wissenschaftlichen Untersuchungen sind ziemlich eindeutig: Dem New England Journal of Medicine zufolge führt eine Vergewaltigung mit viermal höherer Wahrscheinlichkeit zu einer diagnostizierbaren PTBS als die Teilnahme an einem Krieg. Das muss man sich vor Augen halten: Vergewaltigt zu werden führt viermal so oft zu einer psychischen Störung, wie in den Krieg zu ziehen und beschossen zu werden. Und weil es derzeit kein kulturelles Narrativ gibt, das es Frauen ermöglichen würde, ihr Überleben irgendwie als heldenhaft oder ehrenvoll zu betrachten, sind bleibende Schäden umso wahrscheinlicher.«

Im Krieg stehen die Leute, die einen umbringen wollen, normalerweise auf der anderen Seite. Beim Femizid sind die Täter der Ehemann, der Freund, Freunde, Freunde von Freunden, irgendwelche Männer auf der Straße, bei der Arbeit, auf einer Party, im Studentenwohnheim – und in der Woche, in der ich dies schreibe, der Mann, der ein Lyft-Auto bestellte und die schwangere Fahrerin erstach, der Mann, der in eine Bank ging und fünf Frauen erschoss, und der Mann, der die junge Frau erschoss, die ihn aufgenommen hatte, als seine Eltern ihn rauswarfen, um nur ein paar Beispiele für das tagtägliche Gemetzel herauszugreifen, die es in die Nachrichten geschafft haben. Nach Morris’ Beschreibung bedeutet PTBS, »seinen schrecklichsten Erinnerungen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert zu sein«. Er weist darauf hin, dass Krieg als eine Atmosphäre, in der man ständig befürchtet, angegriffen, zerfetzt, vernichtet zu werden, während anderen Menschen ringsum diese Dinge tatsächlich widerfahren, Menschen auch dann traumatisieren kann, wenn sie körperlich unversehrt bleiben, und dass diese Ängste sie noch verfolgen können, wenn die Ursache längst nicht mehr besteht. In der Literatur über die traumatisierende Wirkung von geschlechtsspezifischer Gewalt wird diese Gewalt oft als Ausnahmeerscheinung, als einzelnes Vorkommnis dargestellt, als wäre man plötzlich ins Wasser gefallen, aber was, wenn man ein Leben lang durch dieses Wasser schwimmt und nirgends Land in Sicht ist?

Legionen von Frauen wurden in Filmen, Songs, Romanen und im wahren Leben umgebracht, und jeder Tod war eine kleine Wunde, eine kleine Last, eine kleine Botschaft, dass es auch mich hätte treffen können. Ich bin mal einem buddhistischen Heiligen begegnet, der kleine Täfelchen trug, die Anhänger*innen ihm gegeben hatten; sie beluden ihn, ein winziges Täfelchen nach dem anderen, bis er tonnenweise klimpernde Kümmernisse mit sich herumschleppte. Wir trugen all die Horrorstorys wie unsichtbare Gewichte mit uns herum, Fußschellen, die wir überall mit hinschleiften. Ihr Klirren sagte uns unablässig: »Es hättest auch du sein können.« In dieser Zeit verschenkte ich den einzigen Fernseher, den ich jemals besessen habe, das kleine Schwarz-Weiß-Gerät meiner Großmutter, das ich aus dem Pflegeheim mitgenommen hatte; ich verschenkte ihn nicht lang nach einem Abend, an dem ich von einem Programm zum anderen gezappt und festgestellt hatte, dass auf sämtlichen Sendern gerade eine junge Frau ermordet wurde. Es hätte auch mich treffen können.

Ich fühlte mich eingeengt, gejagt. Wieder und wieder wurden Frauen und Mädchen angegriffen, und zwar nicht wegen irgendetwas, was sie getan hätten, sondern weil sie gerade zur Stelle gewesen waren, als ein Mann sie – bestrafen wollte, ist der Ausdruck, der mir in den Sinn kommt, wobei sich dann natürlich die Frage stellt, wofür. Nicht dafür, wer, sondern dafür, was sie waren. Was wir waren. Tatsächlich allerdings deshalb, weil er war, was er war: ein Mann, der das Verlangen und, wie er meinte, auch das Recht hatte, Frauen etwas anzutun. Um zu beweisen, dass seine Macht ebenso grenzenlos war wie ihre Ohnmacht. In der Kunst wurden Folterung und Tod einer Frau, die schön oder jung oder beides war, immer wieder als erotisch, erregend, befriedigend dargestellt; und obwohl Politiker und Nachrichtenmedien darauf beharrten, dass Gewaltverbrechen Ausnahmefälle waren, fand das männlichen Verlangen, Frauen etwas anzutun, in Filmen von Alfred Hitchcock, Brian De Palma, David Lynch, Quentin Tarantino, Lars von Trier eine Bühne, genauso wie in zahllosen Horrorfilmen, sonstigen Filmen und Romanen und später in Videospielen und Graphic Novels, in denen ein in all seinen grässlichen Einzelheiten dargestellter Mord an einer schönen Frau gängiges Motiv war, um die Handlung voranzutreiben, oder ein weiblicher Leichnam als ästhetisches Objekt galt. Ihre Vernichtung war seine Selbstverwirklichung. Das Zielpublikum empfand das offenbar als erotisch, denn im wahren Leben wurden Frauen immer wieder bei Sexualverbrechen ermordet, und die Angst vor Angriffen, vor Vergewaltigung, war zugleich auch die Angst vor einem gewaltsamen Tod.

Was wiederum klarmachte, dass ich, dass wir, nicht das Publikum waren, auf das ein Großteil der Kunst abzielte, und das galt auch für vielgepriesene kanonische Meisterwerke. Manchmal beschützten die männlichen Protagonisten die Frauen, besonders junge weiße Frauen, vor anderen Männern, aber Beschützer zu sein war nur eine Seite ihrer Macht, und die andere Seite war immer noch die des Zerstörers – in beiden Fällen lag das Schicksal der Frau in ihren Händen. Sie beschützten, was ihnen gehörte und was sie dementsprechend nach Belieben beschützen oder zerstören konnten. Manchmal kreiste die Handlung um seinen Kummer darüber, als Beschützer versagt zu haben, oder um seine Rache an anderen Männern, manchmal zerstörte er die Frau auch selbst, und sogar dann handelte die Geschichte immer noch von ihm.1

Sie war tot, noch bevor sie zum Leichnam wurde; sie war eine Oberfläche, ein Anhängsel, ein Accessoire. In Comics war der gewaltsame Tod einer Frau in einer Geschichte, die sich um einen Mann drehte, als Motiv so verbreitet, dass Frauen einen eigenen Begriff dafür prägten, nämlich fridging (etwa: kühlschranken), nach der 1999 erstellten Website Women in Refrigerators, Frauen in Kühlschränken, die dokumentiert, dass eine Unmenge weiblicher Comicfiguren ein grässliches Ende findet. In der Welt der Videogamer wurde jungen Frauen, die Kritik an der Frauenfeindlichkeit in diesen Spielen äußerten, über Jahre hinweg mit Vergewaltigung oder Mord gedroht, und ihre Adressen wurden im Netz veröffentlicht. Einige mussten nach verstörenden detaillierten Gewaltandrohungen den Wohnort wechseln und besondere Sicherheitsvorkehrungen treffen, sprich: Sie mussten verschwinden. Frauen vor Onlineüberwachung, -drohungen und -belästigung zu schützen wurde zur Berufung feministischer Cybersecurity-Expert*innen.

Während ich dieses Buch schreibe, laufen neue Fernsehserien über das entsetzliche Phänomen des Folterns-Ermordens-Verstümmelns von Frauen. Die eine kreist um den Foltertod, den die zweiundzwanzigjährige Elizabeth Short 1947 in Los Angeles erlitt und der unter der unangemessen eleganten Bezeichnung Black Dahlia Murder, Schwarze-Dahlie-Mord, bekannt wurde; die andere Fernsehserie handelt von dem Serienmörder, -folterer und -vergewaltiger Ted Bundy, der in den siebziger Jahren sein grausiges Unwesen trieb und von einem gutaussehenden Star gespielt wird. Es ist bei weitem nicht der erste Film über Bundy, und der Mord an Elizabeth Short in L.A. hat eine eigene kleine Verlagsindustrie ins Leben gerufen. Als Givenchy ein Dahlia-Noir-Parfum auf den Markt brachte und mit dem Slogan »die tödliche Blume« warb, fragte ich mich, ob das hieß, dass Frauen danach streben sollten, wie ein verstümmelter Leichnam zu riechen. Aber schon die alten Balladen waren voller Vergewaltigungen, Morde und schrecklicher Körperverletzungen, und in Popsongs von Johnny Cash über die Rolling Stones bis hin zu Eminem setzt sich das fort.

Feministinnen beharrten früher darauf, dass es bei Vergewaltigungen nicht um Lust oder Erotik, sondern um Macht gehe, aber es gibt Männer, für die es nichts Erotischeres gibt als ihre eigene Macht beziehungsweise die Machtlosigkeit einer Frau. Auch einige Frauen empfinden das so, also lernen wir, dass unsere Hilflosigkeit und Gefährdung erotisch sind, und das entsprechende Selbstbild sowie die Geschichten, die damit einhergehen, akzeptieren wir oder lehnen sie ab oder schlagen uns damit herum. Jacqueline Rose schrieb 2018: »Sexuelle Belästigung ist der männliche performative Akt schlechthin, die Handlung, durch die ein Mann sein Objekt nicht nur davon überzeugen will, dass er die Macht hat – was stimmt –, sondern auch, dass seine Macht und seine Sexualität ein und dasselbe sind.«

Jeder Vorfall, den ich erlebte, wurde als isoliert und unüblich behandelt, aber es gab zahllose Vorfälle, und sie waren keine Ausreißer, nicht die Ausnahme, die die Regel bestätigt, sondern Teil des Status quo. Wenn ich darüber sprach, erzeugte das Unbehagen, und die meisten Leute reagierten, indem sie mir erklärten, was ich falsch machte. Manche Männer sagten mir, sie wünschten, jemand würde sie einmal sexuell belästigen, denn sie konnten sich anscheinend nicht vorstellen, dass es sich dabei um alles andere als um freundliche Angebote attraktiver Menschen handelte. Niemand unterstützte mich, niemand erkannte an, was ich erlebte, oder bestätigte mir, dass ich ein Recht darauf hatte, mich sicher und frei zu fühlen.

Es war eine Art kollektives Gaslighting. In einem Kriegszustand zu leben, den niemand um mich herum als solchen anerkannte – ich bin versucht zu sagen, dass mich das verrückt machte, aber Frauen wird allzu oft Verrücktheit unterstellt, um zu verhindern, dass sie gegen jemanden aussagen können, oder um den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage in Frage zu stellen. Außerdem ist in solchen Fällen »verrückt« oft ein Euphemismus für unerträgliches Leid. Es machte mich also nicht verrückt, aber es blockierte mich, machte mich unerträglich furchtsam, empört und erschöpft.

Ich stand vor der Wahl, entweder vorauseilend meine Freiheit aufzugeben oder zu riskieren, sie auf die denkbar fürchterlichste Weise zu verlieren. Man kann Menschen wirklich verrückt machen, wenn man ihnen sagt, dass das, was sie erlebt haben, tatsächlich gar nicht passiert ist, dass die Umstände, die sie einengen, nur eingebildet sind, dass all die Probleme nur in ihrer Vorstellung bestehen und ihre Not nur Ausdruck ihres Scheiterns ist, wohingegen es ein Erfolg wäre, wenn sie den Mund hielten oder nicht mehr wüssten, was sie wissen. Aus diesem unerträglichen Dilemma erwachsen die Rebell*innen, die sich für das Scheitern und das Risiko entscheiden, und die Gefangenen, die es vorziehen, sich zu fügen.

In den achtziger Jahren war eine feministische Bewegung in vollem Gange, die viel über Gewalt gegen Frauen zu sagen hatte, auch die »Take Back the Night«-Demonstrationen fanden damals statt, doch zu alldem hatte ich noch keinen Zugang. Ich war zu jung, noch zu sehr anderen kulturellen Sphären verhaftet als der, in der sich jene augenscheinlich zumeist älteren Frauen bewegten, und sie sprachen eine Sprache, die ich noch nicht beherrschte. Sie befanden sich in einer Ferne, die ich nach und nach überwinden würde, nachdem all die Gewalt eine einzelgängerische Feministin aus mir gemacht hatte.

Es gibt eine – mir wohlvertraute – Art von Empörung, die aus dem Gefühl heraus entsteht, das erlittene Leid werde nicht zur Kenntnis genommen, und es gibt eine Art von Trauma, das die leidende Person dazu bringt, eine Geschichte, die noch keinen Abschluss gefunden hat, zwanghaft immer wieder zu erzählen. Man erzählt sie so lange, bis irgendjemand zuhört, die Geschichte glaubt und so den Fluch aufhebt. Mir selbst ist das mit eigenen Erfahrungen gelegentlich so gegangen, was aber immer auch schon mit meiner grundsätzlichen Haltung zu Gewalt gegen Frauen zu tun hatte.

Damals, als ich diese Gewalt noch für mein persönliches Problem hielt, riet man mir, in eine wohlhabendere Gegend zu ziehen (obwohl ich an solchen Orten einige der übelsten Belästigungen erlebt habe), mir ein Auto zu kaufen, Geld, das ich nicht besaß, für Taxis auszugeben, mir die Haare schneiden zu lassen, mich wie ein Mann zu kleiden oder mich einem Mann anzuschließen, nie irgendwo alleine hinzugehen, mir eine Schusswaffe zu kaufen, einen Kampfsport zu erlernen, mich an die bestehenden Verhältnisse anzupassen, die als etwas Natürliches, Unvermeidliches betrachtet wurden, so wie das Wetter. Aber sie waren nicht das Wetter, waren nicht naturgegeben, waren weder unvermeidlich noch unveränderlich. Sie waren Kultur: bestimmte Personen und ein System, das ihnen freie Hand ließ, wegschaute, erotisierte, entschuldigte, ignorierte, abtat und trivialisierte. Diese Kultur und somit die Verhältnisse zu verändern schien mir die einzig angemessene Reaktion. Und das sehe ich heute noch genauso.

Auch ich hätte mich plötzlich in einer Situation wiederfinden können, wo nicht mehr ich über mein Schicksal, meinen Körper, mein Leben bestimmte, und in diesem Bewusstsein, an diesem Abgrund, lebte ich einige beklemmende Jahre lang, die meine Psyche nachhaltig prägten. Und genau darum ging es womöglich: mir klarzumachen, dass ich niemals wirklich frei sein würde. Die Gewalt zielte hauptsächlich auf Mädchen und junge Frauen ab, als eine Art Initiationsritus, mit dem die Botschaft einherging, dass wir verwundbar bleiben würden, auch wenn wir irgendwann nicht mehr so häufig als Zielscheibe dienten. Jeder Tod einer Frau war eine Botschaft an alle Frauen, und auf den Überlebensmodus wurde ich damals durch die schockartige und furchterregende Erkenntnis eingestimmt, dass ich in einem nicht erklärten Krieg lebte. Ich wollte, dass dieser Krieg erklärt wurde, und von Zeit zu Zeit habe ich ihn nach bestem Vermögen selbst erklärt.

In den Medien und in höflicher Konversation war es üblich, so zu tun, als wären Mörder und Vergewaltiger randständige Männer – sie und nicht wir –, aber zu jener Zeit erdrosselte ein Weißer, der Vizepräsident einer Bank war, eine jugendliche Sexarbeiterin in der Kleinstadt, aus der ich stamme, keine dreißig Kilometer nördlich von San Francisco, während seine Frau mit den Töchtern im Pfadfinderlager war. Es war die Zeit des Night Stalkers und jenes Weißen mittleren Alters, der als Trailside Killer bekannt wurde (er vergewaltigte und ermordete Frauen, die auf genau den Wanderwegen unterwegs waren, die auch ich gerne nahm), die Zeit, in der auch der Pillowcase Rapist, der Beauty Queen Killer, der Green River Killer und der Ski Mask Rapist sowie zahlreiche andere Männer, die keine Spitznamen verliehen bekamen, entlang der Pazifikküste ihr Unwesen trieben.

Zwei oder drei Jahre bevor meine Erzählung beginnt, war eine fünfzehnjährige Ausreißerin in der Nähe von San Francisco entführt und vergewaltigt worden, und dann hatte ihr der Vergewaltiger die Unterarme abgehackt und sie in der Annahme, sie werde verbluten, in einen Abflusskanal geworfen. Sie überlebte, sagte gegen ihn aus und führte danach wieder ein normales Leben. Als er aus der Haft entlassen wurde, ermordete er eine andere Frau. Ihre Geschichte ging mir und der Freundin, die mir den Schreibtisch geschenkt hatte, noch ewig nach. Ich fand sie in Shakespeares Titus Andronicus wieder, wo Lavinia vergewaltigt wird und dann Hände und Zunge abgeschnitten bekommt, damit sie schweigt, es ihr aber dennoch gelingt mitzuteilen, wer sich an ihr vergriffen hat. Und ich fand sie auch in der griechischen Mythologie, wo Philomelas Bruder sie erst vergewaltigt und ihr dann die Zunge abschneidet, um sie zum Schweigen zu bringen.

Ich habe viele Berichte von Frauen gelesen und gehört, deren Leben durch einen einmaligen brutalen Überfall geprägt wurde, aber für mich lag der Horror in der Allgegenwart der Gewalt. Ich war damals von anhaltendem Grauen erfüllt, dem Gefühl, dass die unmittelbare Zukunft meines Körpers qualvoll und entsetzlich sein könnte. Ein Maul der Wut wollte mich verschlingen, mit Haut und Haar, und es konnte sich fast überall auf der Welt plötzlich auftun.

Unziemliches Verhalten

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