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4. Enttäuschend

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»Katalysator!«, rief der Direktor und Norman fühlte sich, als wäre er tausend Meter tief ins Eismeer gestürzt.

»Nein!«, rief er und entriss dem bleichen Katalysator seine Hände. Der schaute verblüfft, aber Norman hatte keine Zeit für seinen Scheiß. »Ich bin ein Motor!«, brüllte er den Direktor an. »Ein Motor, kapiert?!«

Dante Johansson riss die Augen auf und wich einen Schritt zurück. Doch Norman wirbelte schon zu dem verdammten Katalysator herum, der alles verbockt hatte.

»Was hast du gemacht?« Seine Stimme hallte über den ganzen Platz. »Du hässliches Arschloch, was hast du gemacht? Ich bin ein Motor!«

»Ich …« Hilfesuchend sah der Kerl sich um. Er war noch bleicher geworden. »Ich habe nicht …«

»Junge.« Die Direktorin schritt auf ihn zu. »Pascal hat nichts damit zu tun, ob du ein Motor oder Katalysator bist. Das ist vorherbestimmt.«

»Einen Scheiß ist es!« Norman ballte die Fäuste. Er hörte ein leises Lachen und fuhr herum.

Ausgerechnet Gunnar Krafft saß da unten auf einem der Polstersessel und grinste amüsiert. Die wunderbar weißen Zähne blitzten.

»Mach sofort einen Motor aus mir!«, brüllte Norman den Blässling an.

Etwas erwischte ihn und holte ihn von den Beinen. Ein Windstoß. Eine gezielte Böe folgte. Er rollte über die Bretter und stieß sich beide Schultern am Holz. Heller Schmerz fuhr durch seinen Hinterkopf. Durch die Funken, die vor seinen Augen tanzten, sah er den Direktor, der die Hände erhoben hatte.

Oh nein. Dante Johansson machte eine scharfe Geste nach links und Norman wurde hochgerissen und zu Boden geschleudert. Es tat weh. Scheißweh. Einen Augenblick lang glaubte er, seinen Rücken brechen zu hören. Aber das war nur das Knacken der Bretter unter ihm.

»Hör auf, dich lächerlich zu machen und geh in deine Ecke!«, zischte jemand in sein Ohr. Die Direktorin. Norman stieß sich vom Boden ab und funkelte sie wütend an. Die Alte würde er …

Gelächter erklang. Dröhnendes Gelächter. Die Bretter unter seinen Füßen bebten, so laut donnerte es heran. Jetzt war es nicht nur Gunnar (Gunnar!), der wieherte. Norman drehte sich um und sah in zweitausend hämische Gesichter. Alle schauten ihn an. Finger zeigten auf ihn, den Trottel, der geglaubt hatte, ein Motor zu werden.

Norman schwankte. Die Realität brach über ihm zusammen wie tausend Tonnen Ziegel.

Katalysator.

Ein Wimmern drängte seine Kehle hoch und er musste sich auf die Unterlippe beißen, um es unten zu halten. Fast hätte er geschluchzt. Er! Einmal hatten drei Kerle ihn hinter Briggis Bar zusammengetreten und er hatte keinen Ton von sich gegeben.

Alle starrten ihn an. Der ganze Platz. Viertausend glotzende Augen. Das Lachen wurde immer lauter, eigentlich wieherten alle, bis auf die Direktoren, die wütend schauten, na, reserviert-wütend und Lauchi, der ihn stumm ansah und Brenna und Tore, in deren Gesichtern er dasselbe Entsetzen las, das er fühlte. Das blöde lila Leuchten um ihn war verblasst, aber er spürte es noch. Ekelhaft und unwirklich.

Katalysator.

Scheiße. Er würde echt heulen, wenn er nicht aufpasste.

»In deine Ecke«, sagte die Direktorin, äußerst gefasst. Ihr faltiges Gesicht ragte über ihm auf. Wind zerrte an ihrem langen, grauen Haar. »Sofort.«

Norman machte einen Schritt vorwärts und stolperte. Er konnte sich gerade noch fangen. Wie ein geprügelter Hund humpelte er zu der Versagertruppe der Katalysatoren am falschen Ende der Tribüne. Drei Luschen und die komische Alte warteten auf ihn. Die Alte versuchte, ihn zu umarmen, als er bei ihr ankam. Er knurrte sie an, als wäre er ein Wolf.

»Lassen Sie mich in Ruhe«, zischte er.

Sie lächelte selig. Fältchen erschienen um ihre Augen. Die war wirklich uralt. Bestimmt Mitte dreißig und rosig-rund wie ein Pfirsich.

»Was gibt’s da zu grinsen?«, fragte er. Mit halbem Ohr hörte er, dass das Gelächter verklang. Dass die Zeremonie weiterging. Irgendjemand anders wurde aufgerufen. Die Alte griente, als wäre sie sturzbetrunken.

»Es ist immer einer dabei, der sich gegen die Bestimmung wehrt«, flötete sie. »Ein bockiges Schäfchen. Hab keine Angst, Schäfchen. Ich bin eine gute Hirtin und ich werde dir den Weg weisen.«

Norman sah sie ungläubig an.

»Sind Sie besoffen?«, fragte er. Die Alte lachte glockenhell.

»Nur glückstrunken bin ich. Es ist stets ein besonderer Tag, wenn die Herde sich vergrößert.«

»Ich bin kein Schaf«, murrte er. »Ich bin ein Wolf. Der Wolf von Wørringen.«

Aber er kriegte es nicht hin, sich ernsthaft zu streiten. Alles war hin. Alles. Die Träume von den Motoren der Macht. Der Plan, irgendwann Seite an Seite mit Gunnar Krafft zu kämpfen.

Gunnar hatte ihn ausgelacht. Der … Arsch. Nein, nicht einmal jetzt schaffte Norman es, ihm böse zu sein.

Die Demütigung lag in seinem Magen wie ein Haufen Wackersteine. Mit hängenden Schultern stellte er sich zu den Katalysatoren. Er musste wie eine breite Eiche zwischen jungen Birken aussehen. Er passte nicht hierher. Natürlich nicht. Er hätte da drüben stehen müssen, auf der anderen Seite, mit Tore und Brenna. Hä? Wichen die seinem Blick aus? Norman versuchte, Brennas Aufmerksamkeit zu erhaschen, aber die sah starr zu Boden. Was? Aber …

»Heimfried von Mømpelgard!«, rief die Direktorin und Lauchi wurde blass. Er saß da unten, stockstarr im Polstersessel, und krallte sich mit den Fingern in der Lehne fest. Ups. Sah aus, als würde er gleich nochmal spucken.

Stille. Leises Flüstern aus dem Publikum.

»Heimfried von Mømpelgard!«, wiederholte die Direktorin, lauter.

Eine steile Falte erschien zwischen ihren Augenbrauen. Lauchi rührte sich nicht. Wieder erklang verhaltenes Gelächter aus der Menge. Als Norman sah, wie der blonde Hänfling versuchte, im Polster des Sessels zu verschwinden, fühlte er etwas, das er lange nicht gefühlt hatte: Mitleid. Ausgelacht zu werden war gar kein schönes Gefühl. Er schluckte.

»Heimfried von Mømpelgard!« Nun war die Direktorin gereizt. Eindeutig. »Sind Sie anwesend? Dann begeben Sie sich bitte auf die Tribüne!«

»M-muss ich?«, ertönte Lauchis zartes Stimmchen.

Wildes Gelächter brach los. Alter, was war los mit dem Kerl? Der war achtzehn und benahm sich wie ein Vierjähriger!

Die eigene Erbärmlichkeit schien selbst Lauchi zu peinlich zu sein, denn er erhob sich, zitternd wie ein Halm im Sturm. Unendlich langsam stakste er die Treppenstufen hinauf und wurde mit jedem Schritt blasser. Als er vor dem Direktorenpaar stand, war er kalkweiß.

Norman wurde klar, dass sie zusammen in einer Klasse sein würden. Der … Katalysatorenklasse. Er war nichts Besseres als dieser bebende Hänfling, der aussah, als würde er sich in Kürze einnässen. Nein, sie waren sogar genau gleich. Katalysatoren. Norman konnte ihn nur anstarren. Das konnte nicht wahr sein.

Lauchi legte die Hände in die einer alten Katalysatorin und Norman war sicher, dass nur das ihn davon abhielt, umzukippen. Gleich würde der Magieschub kommen und wie sollte ein Schwächling wie Lauchi sowas aushalten?

Norman schloss die Augen. Er konnte nicht anders. Er wusste, dass Mitleid niemandem etwas nutzte, am wenigsten dem Bemitleideten selbst. Aber das konnte er einfach nicht mit ansehen.

Kleine Fünkchen erschienen, so fest kniff er die Lider zusammen.

Er hörte ein Raunen. Erstauntes Flüstern in der Menge. Bestimmt hatte Lauchi sich eingepisst. Der Arme … Nein, kein Mitleid!

»Motor!«, rief die Direktorin und Norman riss die Augen auf. Gerade rechtzeitig, um Heimfried zu Boden sinken zu sehen. Ohnmächtig. Umgeben von einem feinen, goldgelben Netz, das langsam verblasste.

Verdammt magisch

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