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Was fällt auf?


Die Englischlehrperson unterrichtet zum ersten Mal Englisch und muss gleich zwei Probezeitklassen übernehmen. Es begegnen ihr dabei «verschiedene» Probleme. Es handelt sich um große Klassen mit 27 bzw. 25 Schülerinnen und Schülern. Die Lehrperson beschreibt den Schultypus als Langzeitgymnasium, wobei aber offenbar auch Sekundarschülerinnen und -schüler nach dem 8. Schuljahr in die Klasse gekommen sind. Vermutlich handelt es sich um eine Schule, die sowohl ein Langzeit- als auch ein Kurzzeitgymnasium anbietet. Nach der 2. Klasse Langzeitgymnasium werden die Klassen neu zusammengesetzt, wobei in gewissen Profilen auch Lernende aus der Sekundarschule aufgenommen werden. Dies ist in der Regel in einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Profil, einem neusprachlichen und in einem musischen Profil der Fall. Die Probezeit gilt nur für die Lernenden, die neu an die Schule gekommen sind bzw. die in der vorhergehenden Stufe nur provisorisch promoviert wurden. Die Englischlehrperson aber schreibt nichts über diese unterschiedlichen Ausgangssituationen für die Lernenden.

Den Probezeitunterricht beschreibt die Lehrperson als intensiv, weil 4 bis 5 Prüfungen in zwei Monaten durchzuführen sind. Für sie stellt sich die Aufgabe, genügend «Stoff für diese Prüfungen zusammenzubekommen», was bedeutet, dass sie in «relativ kurzer Zeit viele Inhalte behandelt». Sie spricht von einer Überforderung gewisser Schülerinnen und Schüler. Nicht ausgesprochen ist in dieser einführenden Beschreibung ihre eigene implizite Belastung, die sich in der Wahl der Formulierungen ausdrückt und die sie vermutlich auch als Überforderung erlebt.

In der Klasse sitzen muttersprachliche Schülerinnen und Schüler, ferner solche, die bereits zwei Jahre das Gymnasium besucht haben und das «System und die Aufgabenstellungen bereits in- und auswendig kennen» und «ziemlich viele ‹Sekundarschüler/innen›, die in den meisten Fällen hoffnungslos überfordert sind und starke Englisch-Defizite aufweisen». Die Ausdrucksweise der Lehrperson mit der «hoffnungslosen» Überforderung und den «starken Englisch-Defiziten» deutet darauf hin, dass die Lehrperson kaum Wege sieht, mit der Heterogenität der Klasse zurechtzukommen.

Im nächsten Abschnitt schreibt dann die Lehrperson über das «Klima» in den Klassen, das «wirklich als sehr gut eingestuft» werden könne. Wenn man sich als Leser oder Leserin wohl auch etwas darüber wundern mag, dass die Lehrperson ihren Eindruck über das gute Klassenklima nicht direkt zum Ausdruck bringt, sondern in indirekter, passiver Weise in der Form, dass das Klima als «sehr gut eingestuft» werden könne – als ob die Lehrperson die Zuständigkeit für die Einschätzung verallgemeinern möchte –, so ist doch festzustellen, dass das gute Klassenklima als eine wichtige Ressource für die Lösung der Probleme eingesetzt werden könnte. Die Schülerinnen und Schüler unterstützen «einander gegenseitig» und sie seien «generell sehr motiviert und lernbegeistert», eine Ausgangssituation, welche die Lehrperson als hilfreich erkennt. Zudem erwähnt sie auch das Interesse der Eltern an Unterstützungsmaßnahmen. Diese gewährt die Lehrperson durch zusätzliche Aufgabenblätter sowie Kapitel aus Lehrmitteln und Wörterbüchern. Unter Druck kommt die Lehrperson dann offenbar vor allem dadurch, dass sie einzelnen Lernenden Grammatikthemen während der Pausen «detailliert erläutert», was ein genaues Eingehen auf die individuellen Probleme und Defizite bedeutete, worauf «diese Unterstützung bald zu aufwendigem Einzelcoaching» mutierte. Auch im folgenden Satz nimmt die Lehrperson Distanz zu ihrer eigenen Erfahrung, indem sie schreibt, dass «dies für die Lehrperson auf Dauer nicht machbar ist».

In einem letzten Abschnitt schließlich schreibt die Lehrperson über die festgestellte Unterforderung der «leistungsstarken/muttersprachlichen» Schülerinnen und Schüler, was zu «zum Teil verständlichen» Unruhen führe. Wiederum folgert die Lehrperson auf distanzierte Weise, Material zu verteilen, das die betreffenden Lernenden fordern würde, liege «außerhalb der Lehrerkapazität» und ermögliche «keinen normalen Unterricht mehr». Die Lehrperson sucht eine Entschuldigung für das aus ihrer Sicht nicht zu lösende Problem, indem sie die Belastung generalisiert im Sinne von: Man kann von keiner Lehrperson erwarten, dass sie die Ressourcen hat, um auch noch den guten Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden, und zudem wäre auch ganz grundsätzlich auf dieser Basis kein «normaler Unterricht» mehr möglich.

Die distanzierenden, von ihrer Person wegweisenden Formulierungen sind zusätzliche Hinweise darauf, wie groß die Belastung für die Lehrperson ist und wie sie versucht, die Verantwortung für das nachvollziehbare Ungenügen von sich zu weisen und der Situation insgesamt anzulasten.

Was ist das Problem?

Die Lehrperson beschreibt eine Probezeit-Situation im Englischunterricht, in der sie eine große Stofffülle mit vielen Prüfungen unterbringen muss, um die notwendige Notengrundlage für begründete Beurteilungen der Lernenden schaffen zu können. Es handelt sich um zwei Klassen, in denen die Schülerinnen und Schüler aufgrund von verschiedenen Herkunftsschulen unterschiedliche Vorkenntnisse im Fach Englisch mitbringen. Zudem sind sie unterschiedlich vertraut mit dem «System» der Schule. Diese Situation führt bei den einen Jugendlichen zu Überforderung, bei den anderen zu Unterforderung. Die Lehrperson selbst lässt in der Beschreibung der Situation erahnen, dass sie stark überfordert ist, versucht sie doch vor allem mit individuellen Beratungen am Rand der Lektionen möglichst vielen Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Unterforderung der leistungsstarken Schülerinnen und Schüler, die zu Unruhen während des Unterrichts beiträgt, belastet die Unterrichtsstunden. Dies führt zum bedeutsamen Problem, dass die Lehrperson es als unmöglich erachtet, einen «normalen» Unterricht umsetzen zu können.

Das zentrale Problem des Fallbeispiels kann daher mit folgenden Fragen umrissen werden:

–Wie kann die Lehrperson eine leistungsmäßig heterogene Klasse (während der Probezeit) so unterrichten, dass sie den Bedürfnissen aller Lernenden gerecht werden kann?

–Wie kann die Lehrperson vermeiden, sich selbst dabei zu überfordern?

Erklärungsansätze und Hintergründe

Probezeit

Die Lehrperson schreibt im Fallbeispiel, dass der Probezeitunterricht entsprechend den Richtlinien sehr intensiv ist und die Schülerinnen und Schüler gefordert bzw. teilweise überfordert sind.

Angesichts des großen Stoffdrucks neigen Lehrpersonen dazu, den Unterricht an einem fixen Programm auszurichten. Dadurch möchten sie gewährleisten, dass sie die Fülle an Inhalten in der vorgegebenen (Probe-)Zeit vermitteln können und somit die Grundlage für begründete Beurteilungen geschaffen wird. Sie verzichten dabei eher auf vielfältige Methoden und vergeben damit die Möglichkeit, auf unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen eingehen zu können.

Die Lernenden selbst sind mit einer großen Menge von unbekanntem, zu verarbeitendem Stoff konfrontiert: Erstmals fahren viele Schülerinnen und Schüler mit dem Zug zur Schule, essen am Mittag auswärts, kommen in eine neue Klasse mit unbekannten Gesichtern und haben für jedes Fach andere Lehrpersonen mit verschiedenen Grundsätzen und Eigenheiten, die es zu erkennen und zu berücksichtigen gilt. Die Probezeit weist daher mehr Anforderungen auf als ‹bloßes› Lernen von Fachinhalten und das Bestehen von Prüfungen.

Heterogenität und ihre Ursachen

Die Lehrperson schreibt im Fallbeispiel, dass das Problem in der Heterogenität der Klassen liegt.

Heterogenität im pädagogischen Sinne beschreibt die lernrelevante Unterschiedlichkeit der Schülerinnen und Schüler. Diese Unterschiedlichkeit kann sich im Geschlecht, der Familienstruktur, unterschiedlicher sozialer, religiöser und kultureller Herkunft, der Bildungsnähe des Elternhauses oder der Sprache ausdrücken.

In der Primarschule und der Sekundarstufe I ist Heterogenität die alltägliche Herausforderung für Lehrpersonen. Bezüglich der kulturellen Heterogenität führt das Bundesamt für Statistik seit 1990 eine Statistik, die aufzeigt, dass insgesamt gesehen die kulturelle Heterogenität der Klassen in der obligatorischen Schule zugenommen hat, wenn auch nicht auf allen Bildungsstufen bzw. in allen Schultypen im gleichen Ausmaß (siehe Homepage des Bundesamts für Statistik; Bildungssystemindikatoren).

Gymnasiallehrerinnen und -lehrer, wie auch die Lehrperson im Fallbeispiel, gehen noch oft von einer Homogenität der Lernenden aus. Die Schülerinnen und Schüler bringen jedoch auch auf der Sekundarstufe II stets individuell unterschiedliche Voraussetzungen mit und haben verschiedenartigen Lernbedarf. Auf kognitive Aspekte bezogen bedeutet dies, dass sich die Heterogenität in vier unterschiedlichen und lernrelevanten Bereichen ausdrücken kann: (1) Wissensbasis, (2) Intelligenz, (3) Motivation und (4) Metakognition (Rossbach und Wellenreuther 2002). Auch die Lehrperson nennt im Fallbeispiel Gründe für die heterogenen Leistungsvoraussetzungen: unterschiedliche Vorbildungen in Primar- und Sekundarschulen oder in den ersten Klassen des Langzeitgymnasiums; neu zusammengesetzte Klassen in bestimmten Fächern; außerschulisch erworbene Fähigkeiten usw. Diese unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen beziehen sich v. a. auf die Wissensbasis und sind insbesondere in den Sprachfächern bekannt, weil Schülerinnen und Schüler unterschiedlich lange Vorbereitungszeiten mitbringen. Zudem gibt es immer mehr Jugendliche, die eine andere europäische Muttersprache als Deutsch (z. B. Englisch) haben und damit Vorteile im Sprachunterricht genießen.

Ein gutes Klassenklima und Motivation als optimale Voraussetzungen

Die Lehrperson schreibt, dass das Klima in diesen Klassen sehr gut ist, dass die Schülerinnen und Schüler einander unterstützen und generell sehr motiviert und lernbegeistert sind. Somit zeichnen sich die Klassen nicht nur durch Heterogenität bezogen auf die Wissensbasis aus, sondern auch durch Homogenität hinsichtlich der Motivation und des ‹Teamgeistes›. Die Homogenität bezogen auf die Motivation und das Klassenklima bietet ideale Voraussetzungen, einen für alle Beteiligten gewinnbringenden Unterricht zu gestalten. Dabei muss aber die Heterogenität (mindestens bezogen auf die Wissensbasis) der Klasse berücksichtigt werden: Aufgabe der Lehrperson als Pädagogin ist es, Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Neigungen, Fähigkeiten, Stärken und Schwächen idealerweise gleichermaßen anzusprechen und in den Unterricht einzubinden. Dies setzt ein vielfältiges und flexibel variierbares Methodenrepertoire voraus, welches die Klasse als Ganzes wie auch die Leistungsgruppen und die Lernenden als Individuen anspricht und fördert.

Wie geht die Lehrperson mit Heterogenität um?

Die Lehrperson schildert, dass die zusätzliche und individuelle Unterstützung für die schwächeren Schülerinnen und Schüler zu einem aufwendigen Einzelcoaching außerhalb des regulären Unterrichts «mutiert», welches auf Dauer nicht aufrechterhalten werden kann. Inwiefern die Lehrperson individualisierende Methoden (siehe Lösungsansätze) im Unterricht selbst einsetzt, um die Heterogenität (zumindest stellenweise) aufzufangen, kann aufgrund der Fallbeschreibung nicht festgestellt werden.

Die Lehrperson schreibt, dass sie die schwachen Lernenden zusätzlich unterstützt, hingegen die leistungsstarken/muttersprachlichen Lernenden nicht entsprechend fördern kann. «Dies führt oft zu Unruhen», schreibt die Lehrperson. Keinesfalls darf es sein, dass die leistungsstarken Schülerinnen und Schüler nicht entsprechend ihrer Fähigkeiten unterrichtet werden und das Augenmerk ausschließlich auf Leistungsschwächere gerichtet wird. Sowohl leistungsstarke als auch leistungsschwache Lernende haben ein Anrecht darauf, entsprechend ihren Voraussetzungen innerhalb des Unterrichts gefördert zu werden (individualisierender Unterricht; siehe Lösungsansätze).

Auch ‹Native Speakers›, welche durch ihren flüssigen, korrekten und wohlklingenden Sprachausdruck beeindrucken, müssen entsprechend ihren Fähigkeiten gefördert werden. Oftmals täuscht die Beherrschung der mündlichen Sprache darüber hinweg, dass andere Lernziele – wie z. B. die Sicherheit im schriftlichen Ausdruck oder das Literaturverständnis – nicht gleichermaßen entwickelt sind und dort durchaus Lernbedarf besteht, der auch dementsprechend gefördert werden soll.

Lösungsansätze

Transparenz und respektvoller Umgang als grundlegende Prinzipien

Die Klasse muss darüber informiert werden, dass unterschiedliche Voraussetzungen vorhanden sind und entsprechend auch Lehr- und Lernformen angewendet werden, die diesen Bedingungen besser gerecht werden. Wichtig als Prinzip ist hierbei, dass weder schwächere noch stärkere Schülerinnen und Schüler für die anderen ein Grund für Unruhe, Gelächter usw. sein dürfen. Es gilt gegenseitiger Respekt. Darauf muss die Lehrperson bestehen.

Wichtig für die Lehrperson ist es zu wissen, dass sie nie wirklich allen gerecht werden kann. Aber sie kann gegenüber den Lernenden deutlich machen, was sie sich überlegt hat, damit möglichst viele zum Zuge kommen. Feedbacks einholen ist dabei besonders wichtig (kurze Rückmeldephasen am Schluss der Stunde, mündlich oder schriftlich), sodass zusätzliche Vorschläge von Schülerinnen und Schülern einbezogen werden können. Das Einzelcoaching ist auf ein Minimum zu beschränken – Lernende können sich in Partner-Lernsituationen auch gut gegenseitig helfen.

Konkrete Maßnahmen im Umgang mit heterogenen Klassenzusammensetzungen

Wenn die Lehrperson auf Heterogenität eingestellt ist, kann sie sich auch entsprechend vorbereiten. So ist es sinnvoll, Mindestkompetenzen zu definieren, die von allen erreicht werden sollen bzw. die für alle als Maßstab gelten müssen. Darüber hinaus sind aber vor allem leistungsstarke Lernende mit spezifischen Aufgaben zu fördern, damit sie die Freude am Lernen nicht verlieren (individualisierender Unterricht; siehe Dubs 2009; Gage und Berliner 1996; Gasser 2008). Dies kann in Einzel- oder Partnerarbeit erfolgen. Parallel dazu kann die Lehrperson mit dem Rest der Klasse arbeiten.

Mit Maßnahmen der Inneren Differenzierung lässt die Lehrperson die Lerngruppe als Ganzes bestehen und versucht durch entsprechende pädagogische und didaktische Vorgehensweise der Individualität der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden: Durch unterschiedlich anspruchsvolle Lernziele (dabei die Mindestkompetenz einhaltend) und verschiedene Methoden und Medien können differenzierte Lernhilfen geboten werden (vgl. Klafki und Stöcker 2007). Alle Lernenden sollen damit das gleiche Ziel erreichen, aber auf unterschiedlich anspruchsvolle Weise.

Konkret kann dies bedeuten: Um die Niveauunterschiede auffangen zu können, wird ein und dieselbe Übungseinheit auf unterschiedlichen Levels angeboten (z. B. leicht, mittelschwer, anspruchsvoll). Nach einer kurzen Einführung erarbeiten sich die Lernenden das Thema selbstständig anhand eines Arbeitsplanes, welcher Anweisungen entsprechend der drei Schwierigkeitsgrade enthält.

Weitere individualisierende Unterrichtsmethoden, welche bei heterogenen Klassen Erfolg versprechen, aber auch viel Vorbereitung erfordern: Werkstattunterricht, Lernaufgaben, Fallstudien oder projektartige Gruppenarbeiten.

Zusammenarbeit im Kollegium

Die zu erreichenden Lernziele bis Ablauf der Probezeit sind innerhalb der Fachschaft gemäß Lehr- und Stoffplan gemeinsam festzulegen. Die Probezeit ist eine Phase, die eine besonders sorgfältige Absprache innerhalb der Fachschaft bedarf, auch was die geforderten Minimalkompetenzen und den Notenmassstab betrifft. Wo dies an der Schule nicht selbstverständlich ist, müssen die Fachlehrpersonen solche Abstimmungen bei der Schulleitung einfordern.

Die Entscheidung für Bestehen oder nicht Bestehen nach der Probezeit muss vom ganzen Klassenkollegium mit aller Vorsicht vorgenommen werden. Dabei spielt das Gesamtbild eines Schülers/einer Schülerin eine Rolle. Wichtig ist die Einschätzung, ob noch vorhandene Defizite im Laufe einiger Monate ausgeglichen werden können.

Damit das Erstellen von geeigneten Aufgaben bei individualisierenden Unterrichtsmethoden nicht zur Überlastung führt, sollte die einzelne Lehrperson sich mit mindestens einer Fachkollegin/einem Fachkollegen zusammentun, um die Lernangebote zu konzipieren und vorzubereiten bzw. die Aufgaben aufzuteilen. So kann im Laufe der Zeit ein geeigneter Stock von interessanten Lernangeboten für jedes Thema entwickelt werden.

Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler nicht vergessen

Für gute, motivierte Schülerinnen und Schüler können häufiger Formen selbstständigen Lernens angeboten werden als für andere. Es sollen aber beide Leistungsgruppen sowohl durch direkte Instruktion als auch selbstständig lernen. Dazu kann die Klasse ab und zu geteilt werden, wobei jedoch im gleichen Raum (wie in einer Mehrklassenschule) gearbeitet wird. Ebenfalls ist es wichtig, dass für leistungsstarke Lernende weiterführende Aufgaben konzipiert werden, die herausfordernd sind und neue Lernerfahrungen erlauben. Gerade für begabte Lernende kann ein Angebot von neuen, fakultativen Themen motivierend sein.

Zur Frage der Motivation

Beim Lernen spielt in jedem Fall die Motivation der Schülerinnen und Schüler eine wichtige Rolle. Die Motivation wird erhöht, wenn Lernende Vertrauen in ihren eigenen Lernprozess gewinnen. Das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler in ihre Fähigkeiten kann durch realistische und anspruchsvolle Ziele und Aufgaben erhöht werden, bei deren Lösung sie ihre eigenen Stärken und Schwächen kennenlernen (z. B. durch spezifische Rückmeldungen der Lehrperson und durch die Erfahrung der Lernenden, dass die gesteckten Ziele dank eigener Leistung erreicht werden können). Eine solche Erfahrung entspricht dem theoretisch beschriebenen Konzept der internal-variablen Attribution bei Erfolg und Misserfolg, wie es z. B. von Rudolph (2007) erläutert wird: Lernende schreiben ihren Erfolg bzw. Misserfolg sich selbst (internal) und ihren spezifischen (variablen) Anstrengungen zu. Dies motiviert sie, sich weiterhin anzustrengen.

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