Читать книгу Rotzverdammi! - Reiner Hänsch - Страница 11

Оглавление

4

Hirn ohne Blut

Bei jedem Schritt quietschen meine nassen italienischen Edeltreter und das Schlammwasser quillt zwischen den feinen, ledernen Schnürsenkeln hervor. In meinem Kopf höre ich das Brummen eines ganz alten, leicht defekten Diesel-Generators, der allerdings auf meinem Kopf zu stehen scheint oder wenigstens direkt daneben. Ich möchte gar nicht wissen, wie der Schädel des Heinz-Norbert Flottmann jetzt aussieht. Es fühlt sich jedenfalls ganz oben an wie eine schnell wachsende Beule. Links oben kann ich sie fühlen, wenn ich ganz, ganz vorsichtig mit der Hand darüberfahre. Aahua. Kein Blut allerdings. Das ist doch schon mal gut. Immer schön optimistisch bleiben, Flottmann. Vielleicht ist es ja dann optisch doch nicht ganz so katastrophal, wie du denkst.

Ich schaue also voller frisch entkeimter Hoffnung an mir her-unter, bin dann aber doch eher enttäuscht von dem augenblicklichen Zustand der sorgfältig ausgesuchten teuren Herrenbekleidung. Es hat leider nichts mehr mit dem zu tun, was Sylvia mir für diese traurige Feierlichkeit heute Morgen dann doch noch, trotz abendlichen Streits, herausgelegt hatte. Die schwarze Anzughose ist jetzt platschnass und dreckverschmiert, das Sakko völlig versaut und außerdem knuddelig mit einem langen, schlimmen Riss am linken Ärmel, das weiße Hemd … nein, ich möchte auch gar nicht darüber reden.

Egal. Ich muss jetzt meine Mutter beerdigen und dir wäre es auch egal. Oder, Mutter? Ist doch so?

Mutter schüttelt den Kopf.

Nee?

Nee, stimmt. Das wäre es sicher nicht. Wenn die mich so sehen würde, dann müsste ich leider wieder umdrehen und mich erst mal umziehen. „So cheht dat abba nich, Gunge, du siehs’ aus wie ’ne Pottsau! So könnwe nich unter de Leute geh’n, woll. Da müssenwe dich ersma zurechtmach’n.“

Quietschenden Schrittes und eine verräterische, nässende Spur hinterlassend, nähere ich mich also der kleinen Kapelle, die ich das letzte Mal gesehen habe, als wir meinen Vater Herbert beerdigt haben. Nur Herbert, ohne Hans oder Heinz.

Da war ich aber auch nur ganz kurz hier, weil ich ja später noch in Düsseldorf dieses Meeting … jaja, keine Zeit, das sagte ich Ihnen ja schon.

Von innen höre ich Orgelmusik, Schneuzen und Gemurmel. Die übliche Trauerfeier-Soundcollage. Die Feier hat natürlich schon begonnen. Man hat nicht auf mich gewartet. Ich rücke noch mal den schwarzen Schlips gerade, mehr so pro forma allerdings, weil der Schlamm davon ja auch nicht abgeht, räuspere mich, obwohl man mich hier auch nicht als Redner erwartet, streiche mir auch eher symbolisch und ohne Erwartung eines größeren Effektes den ruinierten Anzug etwas glatt und drücke dann tief durchatmend auf die schwere eiserne Klinke der Friedhofskapelle.

Als die klobige Tür sich dann endlich mit einem schrecklich lästigem Quietschen bewegt, dreht sich die gesamte Trauergemeinde wie ein einziger riesiger Organismus reflexartig und entrüstet zu mir um. Es ist ein feindlicher Organismus. Das ist nicht schwer zu erkennen.

Der Laden ist rammelvoll. Die Orgel setzt augenblicklich aus und alle, also Organist, Organismus und Pfarrer, halten für einen Moment, der mir vorkommt wie ein paar quälende Minuten, die Luft an. Ich blicke in fassungslose, gewaltbereite Gesichter.

Fetzen wie: „Isser dat?“, „Soll dat däa Heinz-Nobätt sein?“, „Dat der au’ noch kommt!“ erheben sich flüsternd aus dem allgemeinen betroffenen Gemurmel. Und immer wieder auch: „Ach, du chrüne Neune!“, was man hier gerne sagt, wenn man es einfach nicht glauben kann, oder eben: „Ochottochottochott!“ Das geht immer.

Ich betrete todesmutig die Kapelle und nähere mich dem mehr als hundertköpfigen, hinterhältigen Organismus, der jede meiner Bewegungen im Blick hat. Platschend und triefend schreite ich gemessenen Schrittes durch die blutdürstigen Reihen. Ganz lässig und so überlegen wie eben möglich lasse ich meine momentan ganz besondere Aura nach rechts und links in die Reihen spritzen.

Ja, ich bin dat, Leute! Der Stadtfuzzi aus dem popeligen Düsseldorf, den ihr alle bestimmt nich’ leiden könnt, weil er seine Mama nie besucht hat und sein Dorf auch nich' wiedersehen wollte, der jetzt dummerweise bisken spät kommt, seine Karre in’ Graben gesetzt hat, sich den Kopp schwer angehauen hat, leider auch noch auffe Fresse gefallen is’ un getz wie ein stinkender Eber hier einläuft. Jou, dat bin ich. Normalerweise bin ich mehr so der Lackaffe im feinen Zwirn, aber heute sehe ich mal aus wie’ne Pottsau.

Die Orgel setzt plötzlich selbstständig wieder ein, einfach auch, um die Leute bei Trauerstimmung zu halten, und ich erschrecke mich dabei ein wenig.

Am Rande des Organismus erkenne ich Bernd und seine dralle Sabine, die mir mit zusammengeknüllten Papiertaschentüchern in den Fäusten aus der ersten Reihe direkt vor dem Sarg zuwinken. Ich soll also zu ihnen kommen. Zu Mutter.

Und dann erst, als ich den Sarg sehe und daran denke, wer darin liegt, wird mir doch noch ganz anders. Erst jetzt überfällt mich endlich die tiefe Traurigkeit, die eigentlich schon lange hätte da sein müssen. Mensch, Flottman, deine Mutter ist tot. Jetzt bist du mit deinem Bruder ganz alleine auf der Welt.

Schön geschmückt ist der Sarg, mit vielen Kränzen davor, und zum Glück ist da auch einer, auf dessen Schleife ich meinen Namen zusammen mit Bernds und Sabines sehe. Ich habe natürlich völlig vergessen, dass man so was ja macht. Na, da muss ich den beiden noch mal schön Danke sagen – hinterher.

Quer über den Sarg hat man einen blau-weißen Schalke-Schal gelegt, denn Mutter war immer, ihr ganzes Leben lang, treuer Schalke-Fan. Normalerweise ist man im Sauerland BVB-Fan, aber Mutter nicht. Ich glaube, sie hat nie ein Spiel von Schalke ’04 verpasst. Radio oder Fernsehen. Sie war immer dran. Und ich kann mich noch erinnern, wie sie uns Kindern immer vorgesungen hat „… där FC Sskhalke wird nie uunteercheh’n!“

Und das haben wir auch geglaubt.

Ich schiebe mich in die erste Reihe zwischen Bernd und jemanden, den ich nicht kenne. Der verdreckte Anzug, mein nässendes Outfit und eine schwere Güllenote verschaffen mir eine Menge Platz.

„Mensch, wie siehs’ du denn aus?“, raunt Bernd mir zu und schüttelt dabei ohne jedes Verständnis den Kopf. „Wat hasse denn gemacht? Wo kommsse denn getz här?“

Ich winke nur schwach ab und vertröste ihn auf später.

„Wat stinksse denn so, sach ma?“

„Später, Bernie.“

„Tach, Heino. Beileid“, zischelt Sabine hinter Bernies breitem Rücken zu mir rüber. Heino! Das ist die gerechte Strafe für den schrecklichen Heinz-Norbert-Namen. Und dann nickt sie mit ernster Trauermiene, schiebt aber direkt nach: „Bisse auffe Fresse chefallen oder ham se dich vermöbelt?“

Ja, ja, ja …

Der fremde Mann neben mir gibt sich als Onkel Dieter zu erkennen. „Beileid. Kennze mich nich mehr? Onkel Dieter! Käa, wat biss du alt geword’n! Un so versaut!“ Netter Onkel. „Un am Stinken bisse, Heinz-Nobbät!“, sagt er noch vorwurfsvoll, schnüffelt mir dreist am ruinierten Anzug rum und verzieht angewidert das Gesicht. Aber dann nickt auch er nachdenklich zum Sarg hin und wird anständigerweise doch noch ganz traurig. „Ach, die arme Hilde. Hat se den Griffel abgegeb’n. So plötzlich, woll?“

Ich nicke nur erschöpft.

Wirklich alle sind da. Und ich kenne keinen einzigen. Das ganze Dorf und das nächste Dorf und das übernächste wahrscheinlich auch noch. Außer Onkel Willi eben. Der nicht. Wegen dem drohenden Herzkasper. Meine Mutter kannten eben alle. Und hier gehörte sie hin. Mitten ins Sauerland, wo sie ihr ganzes Leben verbracht hat und wo sie es auch dann erwischt hat.

Schlaganfall. Oder wie die hier im Sauerland es aussprechen: „Schlachanfall“, ungefähr so wie „Schlawwanzuch“, also Schlafanzug. Alle Silben so schlaff hintereinanderweg, ohne besondere Betonung einer einzelnen und alle ganz eng beeinander.

Schlachanfall. Sirene. Blaulicht. Notarzt. Tot.

Konnze nix mehr machen. Dat Hirn war schon minutenlang ohne Blut, woll!

Oh, Mann!

Ich versuche, mich vorsichtig nach allen Seiten umzublicken, was aber aus der ersten Reihe heraus nicht so einfach ist. Ist aber auch nicht nötig und ich will auch eigentlich keinen sehen. Ich habe sowieso alle ihre Blicke im Rücken. Alle. Und alle wollen wissen, was passiert ist, warum ich als Drecksau mit ’ner dicken Beule am Kopf hier erscheine und warum ich so alt geworden bin.

Geht euch nix an, jetzt wird getrauert.

Mein Blick geht noch mal kurz zu Bruder Bernie rüber und auch der nickt mir ganz traurig zu. Bernd ist rasender Reporter beim Schwattmecker Boten und in sein Ressort fallen auch die Traueranzeigen.

Dass ausgerechnet jetzt mitten in der Trauerfeier mein Handy klingelt, ist natürlich ’ne ganz blöde Sache. Und dann noch mit dem selbst ausgesuchten Klingelton „Live and let die – James Bond“. Oh, Mann, ich hatte es doch stummgeschaltet, als ich hinter Düsseldorf auf die A 46 gefahren bin, um tatsächlich mal einen Tag Ruhe zu haben vor den ewigen Agenturanrufen und mit meinem schönen Auto und Gedanken an meine Mutter allein zu sein!

Na, wenigstens funktioniert es noch trotz der unsanften Wasserung im Straßengraben. Hat sich wohl irgendwie wieder angeschaltet. Es ist eins von diesen ganz neuen elektronischen Wunderwerken mit Internet, Fernsehen und Postkasten, Flaschenöffner und Taschenmesser. Ich kenne mich leider noch nicht so richtig damit aus. Erschrocken fingere ich also in der Sakkotasche danach und muss es doch glatt erst zweimal drehen, bis ich endlich diesen verdammten Knopf zum Ausschalten finde. Ein gefährliches Stöhnen geht durch den feindlichen Organismus. Viel darf ich mir nicht mehr erlauben.

„So live and let die!“ Ja, ja, ist ja gut. Kurz vor dem Ausschalten sehe ich noch, dass es die Nummer von Sven war, meinem Art Director bei Bölkemeyer & Friends. Muss warten. Ebenso wie die vierzehn Anrufe, die mein Postkasten, also, die Mailbox anzeigt. Jetzt wird erst mal anständig beerdigt.

Beerdigungen sind ja nix für mich. Das kann ich Ihnen versichern. Oder, wie man hier eben sagt: „Da kannsse ein’ drauf lassen.“ Die gurgelnde Orgel mit ihren jämmerlichen Trauerakkorden schafft mich fast. Und diese Lieder. Alles schwer in Moll und ab und zu mal ein glänzender Dur-Akkord mit einer schmierigen Sechste (das ist ein Akkordton), um die ewige Hoffnung nach dem finsteren Weg durchs Jammertal zu versinnbildlichen. Raffiniert. Und der düstere, von Schluchzern durchsetzte Murmelgesang der Trauergemeinde. Das ist einfach zu viel. Das wirkt. Und das machen die natürlich alles mit voller Absicht hier! Das ist ein großer Plan.

Man könnte einen geliebten Menschen auch einfach anständig und ohne dieses ganze gesülzte Brimborium unter die Erde bringen. Das wäre mir eigentlich lieber. Aber nein. Das geht eben nicht. Da wären wahrscheinlich auch alle enttäuscht. Was wäre denn eine Beerdigung ohne wenigstens ein paar echte Heulsusen? Man muss ja auch mal an die Bestatter denken. Das ist für die wie Applaus. Zugabe!

Ja, Sie vermuten richtig. Ich gehöre auf jeden Fall zur schwer gefährdeten Gruppe Heulanfälliger. Ich kann eigentlich gar keine Filme sehen, in denen jemand heiratet, stirbt oder bloß die Kerzen seiner Geburtstagstorte ausbläst. Das rührt mich, da bin ich emotional voll überfordert. Eigentlich kann man mich auf jede beliebige Beerdigung setzen von Leuten, die ich gar nicht kenne. Die entsprechende Drüsenstimulation wird auf jeden Fall umgehend in Gang gesetzt. Gehirn an Drüsen: Laufen lassen! Aber bei der Beerdigung seiner eigenen Mutter ist das noch mal ganz was Anderes.

Es ist aber auch alles darauf angelegt. Sarg, Blumen, Orgel, überhaupt die ganze traurige Schlichtheit der Friedhofskapelle … und neuerdings eben diese Bilder neben oder über dem Sarg. Das ist der letzte Schrei der Bestattungsindustrie und ihrer immer erfolgreicher werdenden Shows, scheint mir. Das mit den Bildern zieht auf jeden Fall. Wenn man sich bis dahin noch mit gelegentlichem Schneuzen über Wasser gehalten hat, dann geben einem die Bilder der Verstorbenen den Rest. Jetzt heul endlich, dazu bist du doch schließlich gekommen!

Aber das Bild, das sie hier von Mutter ausgestellt haben, ist wirklich der Wahnsinn. Naja, wie soll ich sagen? Eigentlich ist es zum Brüllen. Meine Güte, wo haben die das denn bloß her?, denke ich erschrocken. Es zeigt Hilde Flottmann, wie sie sich nur zu ganz besonderen Feiertagen herausgeputzt, „zurechtgemacht“ hatte, wie sie eben immer sagte. Wie ein Pfingstochse, schießt mir der natürlich sehr unpassende Vergleich durch den dröhnenden Schädel. Entschuldigung. Das hat auch mit dem Schock zu tun.

Das muss direkt nach einem ihrer seltenen Friseurbesuche gewesen sein. Erst Friseur – und dann sofort nach nebenan zum Fotografen, bevor die ganze Pracht wieder zusammenfällt. Das halten wir mal direkt fest. So kriegen wir die Frau doch nie wieder hin. Ihre Haare sind in gewaltige Dauerwellen gelegt mit einem leichten Blaustich, darüber wölbt sich ein topfartiger, blauer Hut mit einer weißen Feder und unter diesem Hut steckt ihr rundes Gesicht mit diesem aufmüpfigen Blick, der mir zu sagen scheint: „Nich ma heute bisse pünktlich, Düsseldorfer Gung! Na, Hauptsache, du biss überhaup’ da an meinem Ährentach. Abba wie du aussiehs’!“

Ach, tut mir leid, Mutter. Aber, du siehst, heute bin ich tatsächlich endlich mal da. Ja. Tief durchatmen, denn jetzt bin ich nur noch ganz wenige Millimeter davon entfernt, wirklich mit aller Kraft unter dem strengen Blick von Mutter einfach loszuheulen. Und dann kommt wieder die Orgel. Gleichmäßig atmen. Wie wär’s mit Banjo statt Orgel?

Dann bricht es einfach los und ich kann es auch nicht mehr halten. Dicke salzige Tropfen quillen mir aus den Augen, werden zu regelrechten Sturzbächen und laufen eilig die Wangen runter. Ich wische unbeholfen daran herum und Sabine reicht mir schnell eins ihrer nützlichen Papiertaschentücher.

Egal. Als Sohn darf man das. Wird wahrscheinlich sogar erwartet. Und eindämmen kann ich solche Fluten eigentlich nur, wenn ich an was Anderes denke. Ganz was Anderes. Wie wär’s zum Beispiel, wenn ich jetzt mal an meinen schönen alten Porsche denke, der noch vor Kurzem für viel Geld generalüberholt worden ist, eine neue Lichtmaschine bekommen hat und eine sehr aufwändige Aufarbeitung des silbernen Lackes … und der jetzt im stinkenden Schwattmecker Brackwasser liegt und vielleicht schon ganz darin versunken ist.

Ein tiefer Schluchzer rutscht mir heraus und Sabine nickt mir voller Verständnis zu.

„… und wie es ja auch schon einer der beiden Söhne in dem bekanntesten seiner Lieder mit seiner wunderbaren Band so schön gesungen hat: ,Wo die Misthaufen qualmen, da gibt’s keine Palmen!‘ Ach, könnte diese Band doch noch einmal für uns alle spielen! Na, wer weiß … Die Wege des Herrn sind unergründlich.“

Der Pfarrer hat augenblicklich meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Was hat er da eben gesagt? Die Band? Jetzt fängt der auch noch damit an.

„Ja“, scheint er sich dann zusammenzureißen, die schönen Erinnerungen wegzuwischen und fährt fort. Und er sieht mich dabei direkt an: „Ja, es stehen nicht immer nur Palmen am Wege des Lebens, nein, auch die Misthaufen gehören dazu. Auch mit ihnen müssen wir leben. Und wir müssen lernen, sie zu lieben, unsere Misthaufen. Hildegard Flottmann hat sie geliebt. Sie hat ihre Heimat geliebt, wie es auch wiederum in dem schönen Lied des Sohnes Heinz-Norbert vorkommt.“ Und da sieht er mich schon wieder sehr direkt an. „,Mein Herz schlägt für das Sauerland!‘ Ja. Das tat es wirklich. Und nun wird es hier begraben, wie es dann auch wieder in dem schönen Lied ihres Sohnes Heinz-Norbert vorkommt: ,Begrabt mich mal am Lennestrand!‘ Und das wollen wir nun tun!“

Meine Güte, sogar der Pfarrer zitiert meinen Song. Das gibt’s ja gar nicht. Regelrecht aufgewühlt folge ich auch dem Rest seiner Predigt, die dann allerdings nur noch von dem üblichen „Herr, nimm diese arme Seele bei dir auf“ handelt und daher für mich weniger interessant ist.

Dann kommt die Sache mit dem Begraben am Lennestrand. Lenne ist der Fluß, der zwar nicht direkt am Örtchen vorbeifließt, aber das mit dem Lennestrand könnte man trotzdem gelten lassen. Es geht also raus ins Open-Air-Gelände. Der eigentliche Höhepunkt der Feierlichkeit.

Natürlich gießt es in Strömen.

Und das beschleunigt die Zeremonie enorm. Der Trauerzug rast geradezu über den Friedhof, einige der etwas älteren und schon leicht gehbehinderten Trauergäste bleiben hoffnungslos zurück. Natürliche Auslese. Und auch der Pfarrer macht es am offenen Grab gnädigerweise ganz kurz.

Ich höre nur noch „… in Ewichkait. Amen.“

„Sskheiße“, sagt noch einer der Sargträger, die das Eichenmöbel jetzt in der braunen Brühe versenken, die sich bereits in der Grube gesammelt hat. Einen kurzen Moment scheint der Sarg aufzuschwimmen und dann senkt er sich gurgelnd und schmatzend auf den Grund. Und dann ist es auch schon vorbei. Wir drücken Millionen von Händen, schauen in betroffene Gesichter, die uns schmerzvoll zunicken, einige Hände klopfen mir auf die Schultern – und die Sonne wagt sich wieder raus.

Und ganz hinten, am Ende der Friedhofshecke sehe ich einen grünen Mann stehen, der seine Kappe in den Händen dreht. Und neben ihm steht ein riesiges, braunes sabberndes Tier und hält den Kopf schief.

Rotzverdammi!

Подняться наверх