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2. Die Architektur der Tatbestände der vorsätzlichen Tötung
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Das Verhältnis der einzelnen Tatbestände zueinander ist seit jeher umstritten. Der Gesetzgeber scheint den Mord (§ 211) als Grundtatbestand und den Totschlag (§ 212) als Privilegierung anzusehen. Diese Auffassung wird aber nur von wenigen in der Wissenschaft vertreten[10]. Sie überzeugt weder nach der früheren Fassung des Gesetzes (schon vor 1941 galt § 211 als Qualifikation des § 212, vgl. Frank § 212 I) noch nach der Entstehungsgeschichte des § 212 n.F. entsprechend schweizerischen Vorbildern noch schließlich nach den daraus für die §§ 213–216 gezogenen Folgerungen (vgl. u. IV A, B). Die h.M. betrachtet § 212 als Grundtatbestand jedenfalls gegenüber § 211[11]. Demgegenüber betrachtet der BGH § 211 und § 212 als zwei voneinander selbstständige „exklusive“ Tatbestände[12] (zweifelnd aber jetzt BGH NJW 06, 1012 m. Anm. Küper JZ 06, 612).
Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung ist der Totschlag des § 212 (u. II). Auf ihm erhebt sich in unselbstständiger tatbestandlicher Abwandlung der Mord (§ 211) als qualifizierter Totschlag (u. III). Ferner zweigen sich vom Grundtatbestand zwei ebenfalls unselbstständige Privilegierungen ab: der minder schwere Fall des Totschlags nach § 213 (u. IV A) und die Tötung auf Verlangen nach § 216 (u. IV B).
Die allgemeinen Folgen aus dieser Betrachtungsweise (Zusammentreffen privilegierender und qualifizierender Umstände, Strafbarkeit des Versuchs, Qualifikationsfragen nach § 12, Behandlung der Teilnehmer usw.) werden im Folgenden bei den Tatbeständen erörtert, bei denen sie von praktischer Bedeutung sind.