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2. Das Im-Stich-Lassen in hilfloser Lage (Abs. 1 Nr. 2)

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Bei Abs. 1 Nr. 2 liegt die hilflose Lage des Opfers zum Zeitpunkt der Täterhandlung bereits vor oder sie wird von ihm gerade durch das Im-Stich-Lassen herbeigeführt. Hat der Täter allerdings den Eintritt der hilflosen Lage durch das Im-Stich-Lassen bereits bei entsprechenden Lageveränderungen geplant, so geht Abs. 1 Nr. 1 vor[8]. Hauptfall ist auch hier das räumliche Sich-Entfernen des Täters von dem Opfer. Im Einklang mit der schon bisher h.L. hat der Gesetzgeber aber klargestellt, dass auch das Im-Stich-Lassen genügt. Darunter fallen das Sich-untauglich-Machen zur Hilfeleistung durch Alkohol oder Selbstmordversuch[9]. Darunter fällt aber auch das bloße Untätigbleiben.

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Auch Abs. 1 Nr. 2 kann durch Unterlassen begangen werden. Der Begriff Im-Stich-Lassen umfasst dies unmittelbar; § 13 gilt insofern nicht. Hierunter fallen die Unterlassung der Gegenwehr gegen die räumliche Entfernung vom Hilfsbedürftigen, aber auch die bloße Unterlassung der Hilfe. Hierunter fällt auch die Unterlassung der Rückkehr nach zulässiger Entfernung[10].

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Erforderlich für Abs. 1 Nr. 2 ist das Bestehen einer Obhut oder „sonstigen Beistandspflicht“. Die Begründung dieser Garantenpflicht richtet sich nach den Grundsätzen, die allgemein für die Begründung von Garantenpflichten gelten: alle bei den unechten Unterlassungsdelikten Garantenpflichten begründenden Umstände (vgl. AT § 46 II C) reichen aus (Eser/Sternberg-Lieben S/S 10), insbesondere kann eine Obhutspflicht auch hier durch tatsächliche Übernahme oder vorangegangenes Tun begründet werden[11]. Jedoch führt ein sozialübliches und von der Allgemeinheit gebilligtes Vorverhalten wie z.B. gemeinsames Zechen[12] oder die Verursachung eines Verkehrsunfalls trotz ordnungsgemäßen Verhaltens[13] regelmäßig nicht zu einer Garantenstellung. Gastwirte und private Gastgeber werden Garanten, wenn die Trunkenheit deutlich erkennbar einen solchen Grad erreicht hat, dass der Zecher nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist und nicht mehr eigenverantwortlich handeln kann (BGH 19, 152; 26, 35).

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Dies kann aber nicht bedeuten, dass alle Garanten (Hausärzte, Feuerwehrleute, Rettungsdienste, Angehörige) bei Eintritt einer hilflosen Lage und Unterlassung der Hilfeleistung nach § 221 Abs. 1 Nr. 2 strafbar sind. „Im-Stich-Lassen“ ist mehr als Unterlassen der Hilfeleistung. Es muss ein besonderes Näheverhältnis mit einer besonderen Bereitschaftserklärung des Obhutspflichtigen vorliegen („Wenn Sie mich anrufen, bin ich sofort da!“)[14].

Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1

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