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Offenbarung 14,1–20

Die letzte Warnung vor dem letzten Gerichtszyklus

Diesem 14. Kapitel der Offenbarung ging das 13. voraus. In jenem 13. wurde uns das letzte satanische Weltregiment des Antichristen und dessen System gezeigt. Das vorliegende 14. Kapitel präsentiert einen kraftvollen Kontrast zu jenem schrecklichen 13. Zudem ringt Gott in diesem 14. Kapitel bis zum letzten Moment mit äußerster Leidenschaft um uns Menschen: Er mahnt uns zur Abkehr vom Satanisch-Antichristlichen und zur Umkehr zu ihm. Denn Gott weiß, dass die Konsequenzen für die Nachfolger des Antichristen entsetzlich sein werden. Dabei ist es typisch für Gott, dass er uns einen motivierenden Blick in den Himmel – einen Blick auf das Ziel – gewährt, um uns für diese Umkehr zu gewinnen. Bei diesem Nach-vorne-und-nach-oben-Schauen macht er uns auf eine Gruppe von Menschen aufmerksam, die schon dort ist. Sie sind als «Erstlingsfrucht» schon am Ziel. Zudem sagt uns dieser Blick, dass Umkehr bis zuletzt möglich ist und damit auch Evangelisation, Mission und kirchlicher Gemeindebau. Dieser Blick erinnert uns gleichzeitig, dass die Geschichte der Menschheit tatsächlich ein Ende haben wird und dass sie vorerst mit Gericht endet: Die zur Unansehnlichkeit verwilderte Menschheitsgeschichte wird wie ein überreifes Erntefeld oder wie überreife Trauben abgeerntet (= beendet). Erst danach wird eine neue Saat möglich und damit Gottes neue Welt.

1. Offb 14,1–5: Mit einem Einblick in den Himmel motiviert Gott bis zuletzt zur Umkehr.

1.1 Vers 1a: «Und ich sah, und siehe». Mit diesen Worten beginnt Johannes dieses 14. Kapitel. Er sieht Himmlisches, Herrliches, Atemberaubendes. Nach seinem «Und ich sah» folgt umgehend der Appell «siehe!». Er will diesen faszinierenden Blick zum Ziel hin sofort mit dir und mir teilen. Er will, dass wir mit ihm zusammen sehen, staunen, bewundern.

Es muss der Kontrast zu Offenbarung Kapitel 13 gewesen sein, welcher Johannes dermaßen beflügelte, um uns erneut und bis zuletzt für den Himmel zu gewinnen. Offenbarung 13 war hässlich. Der Teufel schien zu siegen. Das Antichristliche herrschte rücksichtslos, tödlich, höllisch. Dem entgegengestellt sehen wir hier in Offenbarung 14,1–5 Jesus Christus: Er ist helfend, erlösend, himmlisch.

1.2 Vers 1b: Das Lamm, Jesus Christus, steht auf dem Berg Zion. Mit diesem «Berg Zion» ist Jerusalem und seine vielschichtige Symbolik gemeint. Diese Symbolik illustriert u. a. unser «himmlisches Daheim» (siehe: Jes 2,3 / Jes 4,5 / Sach 14,3.4 / Hebr 12,22 / Offb 21–22). Diese Symbolik des «himmlischen Jerusalems» als zukünftiges himmlisches Daheim kommt hier in Vers 1b zum Tragen: Jesus Christus steht auf dem Berg Zion und damit auf einer zentralen Anhöhe. Um ihn herum sieht er die Stadt und den Ölberg. Prophetisch vorausschauend sieht er all das, was auf diese Stadt zukommt. Aber sein Blick schweift zugleich nach oben ins «himmlische Jerusalem», dem zukünftigen Daheim, denn er hört «Stimmen aus dem Himmel» (Vers 2). In Offb 14 fließt demzufolge Irdisches und Himmlisches ineinander. Das irdische und das himmlische Jerusalem verschmelzen.

1.3 Vers 1c: Die 144.000 sind Menschen, die sich durch Jesus Christus erlösen ließen. Diese Menschen müssen jene Messias- und damit Jesusgläubigen sein, die uns schon in Offb 7 begegneten (siehe dazu «Lichter in der Nacht», Teil 1, Punkt 3.3). Ihre Gruppengröße und einige Merkmale stimmen überein. Johannes will uns anhand dieser Gruppe – sozusagen anhand einer «Erstlingsgruppe» (Vers 4), bestehend aus den 144.000 – zeigen, wie großartig das Ziel ist und wie man zu diesem Ziel kommt. Er will den Leser der Offenbarung bis zur letzten Minute für dieses Ziel, dem «himmlischen Daheim», gewinnen.

1.4 Vers 1d: Diese 144.000 tragen «seinen Namen und den Namen seines Vaters auf ihrer Stirn». Gemeint sind der Name des Lammes Jesus Christus und der Name von Gott-Vater. Damit signalisieren die 144.000, dass sie die Versöhnung mit Gott durch Jesus Christus persönlich angenommen haben. Nun tragen sie den Namen von Jesus Christus und den Namen Gottes als Zeichen ihrer Zugehörigkeit auf ihrer Stirn. Das Tragen dieser Namen ist ein Zeichen der «Versiegelung» durch Gott: Sie bekennen sich zu Gott und Gott bekennt sich zu ihnen: Offb 3,12 / Offb 22,4.

1.5 Offb 14,2–5: Das großartige Ziel und wie ich zu diesem Ziel komme. Die hier als vorwegnehmendes Beispiel gezeigte Erstlingsgruppe der 144.000, welche in Offb 14 schon am Ziel angekommen sind, singt ein neues Lied. Sie singen es vor der gesamten himmlischen «Versammlung»: vor Gott-Vater auf dem Thorn, vor den vier lebendigen Wesen und vor den 24 Ältesten. Das ist genau jene jenseitige Kulisse, welche wir schon in Offb 4 kennenlernten (siehe dazu die Erklärungen in «LICHTER in der NACHT», Teil 1). Ihr Singen klingt wie das rauschende Tosen von Wassermassen, wie starker Donner: gewaltig, imposant, vibrierend. Und doch fühlt sich alles ganz zart an: wie Harfenmusik. Der Liedtext wird als bekannt vorausgesetzt. Schon Offb 5,9 skizzierte: «Und sie singen ein neues Lied …: ‹Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du bist geschlachtet worden und hast durch dein Blut für Gott Menschen erkauft aus jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk und jeder Nation›.» Weitere Hinweise zu diesem «neuen Lied» siehe Ps 98,1 / Ps 149,1. In den Details kann dieses «neue Lied» variieren. Im Kern ist es ein Staunen, Loben, Danken, Jubeln. Dieses neue Lied wird immer lauter und klarer, bis zu dessen Höhepunkt in Offb 21,5, wo Gott triumphiert: «Siehe ich mache alles neu!»

Diese Erlösten wissen, dass sie «erkauft worden sind von der Erde» (Vers 3 und 4) – will heißen: erkauft durch Jesus Christus als sein Eigentum und damit in eine Beziehung mit Gott hinein versetzt (Gal 3,13 / Kol 1,13.14/ 1. Petr 1,18.19).

Diese Erlösten vertrauen der Vergebung durch Jesus Christus vollumfänglich. Dies wird damit illustriert, dass sie «jungfräulich» (= rein durch Vergebung) und «unsträflich» (= frei von Anklagen und Strafen) sind, weil Jesus Christus als sündloses Lamm Gottes am Kreuz für sie stellvertretend bestraft wurde. Diesem gewaltigen Friedensvermittler zwischen Gott und Mensch vertrauen sie hier und jetzt. Sie genießen die vollbrachte, voll gegenwärtige und vollkommene Erlösung durch Jesus Christus. Das allein macht sie «jungfräulich» und «unsträflich»! Beides sind Eigenschaften, die sie nie von sich aus vor Gott geltend machen könnten – und ehrlich: auch wir nicht. Aber sie müssen das auch nicht in sich selbst sein, denn sie sind es schon in Jesus Christus. Das ist das Wunder der Erlösung. Diese Köstlichkeiten neu zu entdecken ist der Kern jeder nachhaltigen geistlichen Erweckung (mehr dazu siehe meine Bücher «Erneuerung von innen nach außen» im Verlag tredition).

Dass wir heute das Wunder der Vergebung nicht mit «jungfräulich und unsträflich» beschreiben würden, soll und darf uns nicht stören. Die damalige Zeit war eben eine andere als unsere. Jede Zeit und Kultur hat ihre eigenen Bilder. Diese Zwischenbemerkung trifft auch auf viele andere Formulierungen und Bilder der Offenbarung zu.

Und sie «folgen dem Lamm, wohin es auch geht» (Vers 4). Damit stehen erneut die nicht ersetzbaren zentralen Elemente des Christwerdens und Christseins vor uns: Umkehr zu Jesus Christus, Vergebung durch IHN, Hingabe und Nachfolge gegenüber IHM.

1.6 Offb 14,1–5 bietet einen leuchtenden Kontrast zu den düsteren Aussagen in Offb 13.

Die folgende Gegenüberstellung macht diesen Kontrast deutlich:

Offb 13Offb 14
• Offb 13,3ff.: Menschenmassen unterwerfen sich dem irdischen System «Antichrist» (= dem ersten Tier).• Offb 14,3: Viele Menschen lassen sich durch Jesus Christus von der Erde weg ins himmlische Daheim befreien.
• Offb 13,4: Menschenmassen treiben sich gegenseitig ins verlogene Antichristliche und in die Klauen des Despoten Antichrist.• Offb 14,4.5: Viele Menschen stehen zu ihrer Erlösungsbedürftigkeit, fliehen in die Arme Gottes und leben aus Gottes befreiender Gnade und Vergebung.
• Offb 13,6: Der Antichrist lästert gegen Gott und gegen das Himmlische.• Offb 14,3: Viele Menschen singen Gott zu und beten Gott im Himmel an.
• Offb 13,7.8: Menschenmassen laufen verführt und radikalisiert dem Antichristen nach.• Offb 14,4: Viele Menschen folgen aufgeklärt und befreit dem Lamm Gottes – Jesus Christus – nach.
• Offb 13,11: Der falsche Prophet (= zweites Tier) sieht aus wie ein Lamm, aber redet wie ein Drache (= Teufel).• Offb 14,1: Jesus Christus ist das wahre Lamm Gottes, voll Gnade und Wahrheit (Joh 1,14).
• Offb 13,15: Das Götzenbild des Antichristen verführt mit Worten zu Irdischem.• Offb 14,1–5: Die Stimmen aus dem Himmel singen ein ergreifendes neues himmlisches Lied.
• Offb 13,16: Menschenmassen tragen den Namen des Antichristen auf ihrer Stirn.• Offb 14,1: Die durch Jesus Christus erlösten Menschen tragen den Namen von Gott Vater auf ihrer Stirn.

Der Gegensatz von Offb 13 zu Offb 14,1–5 könnte nicht dramatischer sein.

2. Offb 14,6–7: Erneut ein leidenschaftlicher Ruf zur Umkehr

2.1 Vers 6: Ein weiterer Engel Gottes erscheint. Er steht im Zenit. Hoch oben mitten am Himmel, sodass ihn alle Menschen sehen können. Er verkündet noch einmal das «ewige Evangelium». Der Inhalt dieses «ewigen Evangeliums» besteht aus den folgenden Punkten:

2.1.1 Vers 7a: «Fürchtet Gott» = habt Ehrfurcht gegenüber Gott = lebt mit Respekt, Achtung und Dankbarkeit dem Gott der Bibel gegenüber. Gott akzeptiert euch als begnadigte Sünder vollkommen. Ihr dürft ungeniert vor ihm leben.

2.1.2 Vers 7b: «Gebt Gott die Ehre» = anerkennt Gott als Gott = gebt ihm den Ehrenplatz, der ihm zusteht

2.1.3 Vers 7c: «Betet den an, der den Himmel und die Erde und das Meer gemacht hat» = betet den Schöpfer an = bestaunt den, der sich durch das Wunder der Schöpfung als der fähige und richtige Gott erwiesen hat. Betet ihn an und nicht jenen Menschen, der sich im antichristlichen System fälschlicherweise selbst als «Gott» erklärt (Röm 1,21–25).

2.2 Wenn ich die Aussagen in den Punkten 2.1.1 bis 2.1.3 über das «ewige Evangelium» zusammenfasse, fällt mir auf: Dieses «ewige Evangelium» ist kein neues oder endzeitlich anderes, sondern das uralte. Es ist das von Gott längstens als Kern der Bibel offenbarte Evangelium von Jesus Christus. Genau dieses Evangelium wird nochmals «in den Zenit» gestellt. Es wird für alle nochmals verkündet: allen, «die auf der Erde ansässig sind, und jeder Nation und jedem Stamm und jeder Sprache und jedem Volk». Es ist dasselbe «ewige Evangelium», welches schon Jesus Christus z. B. in Matth 11,5 und Paulus in Apg 14,15 verkündeten. Als göttliches Evangelium ist es ewig gültig: Es entspringt der Ewigkeit und ist für die Ewigkeit. Das antichristliche Spektakel wird vordergründig glanzvoller auftreten, aber es entspringt der Vergänglichkeit und endet in der Vergänglichkeit.

Aufgrund des Fingerzeigs auf dieses «ewige Evangelium» hier in Offb 14 stelle ich fest, dass selbst in den dunklen Jahren der Endzeit trotz Unterdrückung, Behinderung und Verfolgung viel wirksame Mission, Evangelisation und kirchlicher Gemeindebau existieren werden! Wie Gott das machen wird, ist allein sein Geheimnis. Aber er wird es tun: laut, leidenschaftlich, im Zenit, aus Liebe zu uns Menschen.

2.3 Vers 7: «die Stunde seines Gerichts ist gekommen». Das lange Zuwarten Gottes ist beendet. Die Stunde des Gerichts, in welcher Gott «zurechtrichtet» ist jetzt da. Der nachfolgende Vers 8 verdeutlicht eine zentrale Maßnahme dieses Gerichts.

3. Offb 14,8: «Gefallen, gefallen ist Babylon, die Große»

3.1 Zum ersten Mal taucht hier in der Offenbarung das Motiv einer zukünftig fallenden großen Stadt auf. Über sie ergießt sich das in Vers 7 angekündigte Gericht. Ihr Name ist «Babylon, die Große». Dabei unterstreicht die Verdoppelung des Wortes «gefallen», wie zweifellos und aus welch enormer Höhe diese Babylon-Stadt fallen wird. Sie wird als «die Große» beschrieben, was ihre immense globale Stellung andeutet. Vers 8 erwähnt diesen Untergang nur kurz vorwegnehmend. In Offb 17,1 bis und mit Offb 19,10 wird dieser Untergang viel Raum einnehmen. Deshalb verweise ich bezüglich der genaueren Identifikation und des Untergangs dieser Stadt auf meine späteren Kommentare zu diesen Kapiteln.

Aber warum erscheint hier nur kurz – bloß in einem einzigen Vers – dieser Gerichtseinschub über Babylon? Mögliche Antwort: Selbst dieses antichristliche Babylon wird weder das herrliche «neue Lied» von Offb 14,1–5 zum Verstummen bringen noch das «ewige Evangelium» von Offb 14,6–7 ausrotten. Fallen hingegen wird «Babylon, die große Stadt». Sie wird verstummen. Sie wird ausgerottet. Das wohltuende Lied des Evangeliums hingegen wird lauter, immer lauter. Komplett Neues liegt in der Luft (siehe dazu die herrlichen Texte in Offb 19 bis 22).

Nun folgt die Begründung für den Sturz Babylons. Der Text benutzt dazu Bilder, die etwas kompliziert ineinander verschachtelt sind: Babylon, die große Stadt, hat «mit dem Wein des Zornes ihrer Unzucht alle Völker getränkt». Einige Erklärungen:

3.2 Mit der Formulierung «Wein … ihrer Unzucht» werden in diesem Vers 8 sowie in Offb 17,2 und 18,3 gleichzeitig zwei Bildworte, die sich gegenseitig verstärken, benutzt: Wein ist berauschend wie sexuell-erotische Unzucht. Diese Unzucht wiederum ist so berauschend wie Wein. Mit diesen beiden Bildworten wird gemäß biblisch-prophetischer Sprache die babylonische Verführung zur Untreue der Menschen gegenüber Gott dargestellt. Andere Texte sagen, dass diese Untreue Götzendienst ist = die Menschen dienen einem anderen Gott, welcher dadurch zu ihrem Götzen wird = sie dienen einem Antigott. Siehe Jer 3,6–10 / Jer 51,7 / Hes 16,35–39 / Hos 4,10–13. Mit diesem «Babylon-System» ist hier ein Götzendienst im umfassenden Sinn gemeint: spirituell, politisch-ideologisch, materiell. Mehr dazu später in Offb 17 und 18.

3.3 Genau dieses götzendienerische Verhalten löst nun Gottes Zorn aus = Gottes Entsetzen. Dieser Zorn ist unweigerlich in diesem Wein enthalten (inhärent).

3.4 Somit kann Offb 14,8 verständlicher so formuliert werden: «Das zukünftige globale Babylon-System wird mit Sicherheit fallen. Denn es stimuliert und lockt wie Wein und Unzucht alle Völker von Gott weg zu den Götzen. Wer aus diesem verführerischen Kelch diesen Wein trinkt, der schlürft unweigerlich den darauffolgenden Zorn Gottes in sich und damit auf sich.»

4. Offb 14,9–13: Konsequenzen

Vers 9: Es taucht ein dritter Engel auf und konkretisiert den vorhin genannten Götzendienst und seine Folgen. Er konkretisiert ihn insbesondere bezogen auf die zukünftige apokalyptisch-antichristliche Zeit: Wer das «Tier (den Antichristen) und sein Bild anbetet und das Malzeichen (die Zahl 666) auf seiner Stirn oder auf seiner Hand annimmt», auf den kommt das Gericht Gottes. Er muss «trinken von dem Wein des Zornes Gottes». Bezüglich des Tieres und seines Malzeichens siehe die Erklärungen zu Offb 13. Hier in Offb 14 wird nochmals vor dem Bekenntnis zum Antichristen und seinem System gewarnt. Gottes Zorn und damit Gottes Gericht wird auch hier im Bildwort mit dem zwangsläufigen Austrinken eines Kelches mit Wein veranschaulicht. Nur ist dieser Wein, der als Folge ausgetrunken werden muss, nicht enthemmend, sondern lähmend. Ganz nach dem Sprichwort «Was sich der Mensch einschenkt, das muss er auch austrinken» (siehe auch Anhang D: «Leid, Gericht und Strafe besser verstehen»). In den Anfängen wird die Menschheit vom Wein des antichristlichen Weltenführers und dessen global-genialen Lösungen berauscht sein. Das ist auch verständlich angesichts der sich kumulierenden pandemischen Problemen aller Art. Trotzdem: Die Menschen werden den vollgefüllten Gerichtsbecher austrinken müssen. Kein Tropfen wird ihnen erspart bleiben.

Dieses Entsetzen Gottes (= der Zorn Gottes) wird in den folgenden Versen inhaltlich im Detail beschrieben.

4.1 Vers 10: «… und er (der Mensch, welcher dem Antichristen nacheifert) wird mit Feuer und Schwefel gequält werden vor den heiligen Engeln und vor dem Lamm». Seit dem Untergang von Sodom und Gomorra sind «Feuer und Schwefel» Bildworte für Gottes Gerichte: 1. Mo 19,24 / 5. Mo 29,22 / Ps 11, 6 / Am 4,11 / Luk 17,29.30. Auch in der Offenbarung treffen wir im Zusammenhang mit Gottes Gerichten auf diese Bildworte: Offb 19,20 / Offb 20,10 / Offb 21,8. Ähnlich spricht Jesus von einem «ewigen Feuer»: Matth 25,41 / Mark 9,43. Ganz wichtig: Beim Nachempfinden dieser schrecklichen Bildworte darf man sich nicht ausschließlich vom Feuer, Schwefel und Schmerz in unserem rein irdisch materialisierten Sinn bestimmen lassen – so, wie wir diese Elemente jetzt kennen und empfinden. Diese Gerichte sind zwar real. Trotzdem muss uns bewusst sein, dass hier jenseitiges Geschehen mittels rein diesseitiger Formulierungen beschrieben wird.

Zurück zu Vers 10: Das hier beschriebene Richten Gottes geschieht «vor den Engeln und vor dem Lamm». Was da an Gericht vollzogen wird, ist von höchster Instanz verfügt und beobachtet: Von Jesus Christus, dem Lamm Gottes, und seinen Helfern, den Engeln. Alles geschieht vor ihren Augen. Sie schauen zu. Nicht lust- und machtvoll gaffend, sondern mitleidend – aber bleiben trotzdem konsequent. Sie schauen kopfschüttelnd zu, wissend, dass das Lamm Gottes am Kreuz auf Golgatha alles vollbrachte, um genau diese schreckliche Gerichtsdramatik abzuwenden. Es ist nicht die Lust des Lammes und der Engel am höllisch-strafenden Untergang, die sie hier begutachten, sondern die nicht zu verstehende Liebe Gottes, welche erschüttert mit in den Abgrund schaut. Mit Augen, die weinend ins Endgültige starren. Augen, die schon damals am Abhang des Ölberges weinten, als Jesus die Stadtbewohner Jerusalems vor sich sah und schluchzte: «Wenn doch auch du heute erkannt hättest, was dir Frieden bringt!» (Luk 19,41.42).

Wer angesichts dieser Szene hier in Offb 14,10 immer noch glaubt, dass Gericht nicht zu einem Gott der Liebe passt, der lese, was Gottes Bemühungen waren, um genau dieses Endgericht abzuwenden: Jes 43,24.25 / Hes 18,23 / 2. Sam 14,14 / Luk 15,10 / 1. Tim 2,4 / 2. Petr 3,9. Aber ich verstehe jede Leserin und jeden Leser sehr gut, wenn sie oder er angesichts dieser Gerichtsszene hier in Offb 14 Stress mit einem Gott der Liebe hat. Auch bei mir meldet sich Unbehagen, wenn ich daran denke, dass es neben dem Himmel noch einen zweiten Ausgang gibt, welcher am Ende des «breiten Weges» steht: die Hölle (siehe Matth 7,13.14 / Luk 13,23–25). Aber ich kann und darf dieses Unbehagen nicht zum Maßstab meiner Theologie machen. Wer sind wir denn? Gottes Berater? Besserwisser als der Allwissende? Woher kommt die Anmaßung, über das Jenseits besser informiert zu sein als Jesus Christus, der von diesem Jenseits zu uns kam, um uns zu informieren, wie es im Jenseits ist (Joh 8,28 / Joh 15,15)? Die Bibel beschreibt einen Gott der Liebe und der Gerechtigkeit für jeden einzelnen Menschen auch in Bezug auf das Jenseits. Ich kann und darf diese Themen nicht verwässern, indem ich, wenn auch gut gemeint, «allversöhnend» ein «universales Heil» proklamiere und damit das Gegenteil von dem lehre, was uns Jesus Christus in der Bibel lehrt. Hier stolpert der selbst ernannte «Experte Mensch» über sein eigenes verblendetes «Sein-wie-Gott»!

4.2 Vers 11a: «Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit.» Mit diesem Bibeltext stehen wir erneut vor großen Herausforderungen. Die einen vertreten die Ansicht, dass hier beschrieben wird, wie Gott den gottlos sterbenden Menschen durch ewige Qual in einer Hölle bestrafen wird. Die anderen lehren, dass die Hölle der Ort ist, wo der gottlose Mensch aufhören wird zu existieren; er werde ganz vernichtet. Bloß das Feuer sei ewig. Man bezeichnet diese andere Sicht auch als Annihilationismus = vom Lateinischen «annihilatio» = «das Zunichtemachen».

4.2.1 Kernargumente des Annihilationismus:

• Ohne Gott sei Leben nicht möglich. Da Gott nicht in der Hölle ist, sei dort Leben nicht möglich. Leben werde sich in nichts auflösen. Gott allein sei unvergänglich: 1. Tim 6,16.

• Feuer sei in der Bibel immer ein Ort der Vernichtung und des Ganzverbrennens. Beispiele: Sodom und Gomorra (1. Mo 19,28), Reben (Joh 15,6), Unkraut (Matth 13,24–30). Des Weiteren unterstreiche Matth 10,28 diese Aussage: «… fürchtet aber vielmehr den, der sowohl Seele als auch Leib zu verderben vermag in der Hölle». Das griechische Wort bedeute nicht «ewig quälen», sondern «verderben», «vernichten», «umbringen».

• Nicht die Qual der verlorenen Menschen sei ewig, sondern das Feuer und dessen Rauch. Entsprechend stehe in der Bibel, dass der Mensch «auf ewig nicht mehr existiert»: Matth 3,12 / Matth 18,8 / Mark 9,43.

Ich habe viel Verständnis für den Versuch, mit diesen Argumenten die Hölle in ihrer Tragik zu entschärfen. Rein menschlich empfunden ist es tatsächlich ein heftiger Kraftakt, einen Gott der Liebe mit einem Gott zu identifizieren, der den gottlosen Menschen einer ewigen Quälerei überlässt.

4.2.2 Die entgegengesetzte Sichtweise und deren Argumente:

• Hier in Offb 14,11 stehe: «Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit». «Der Rauch» plus «die Qual» des quälenden Feuers steige demzufolge auf «von Ewigkeit zu Ewigkeit». «Von Ewigkeit zu Ewigkeit» als Doppelformulierung unterstreiche die enorme zeitliche Dimension dieser Ewigkeit und eben gerade nicht die Endlichkeit, wie es die Annihilationisten lehren. Diese Doppelformulierungen begegnen uns außerdem in Offb 4,9–10, wo es im Gegenzug um das ewige Lebendigsein Gottes von «Ewigkeit zu Ewigkeit» gehe; Ebenso in Offb 1,18, wo es um das ewige Lebendigsein von Jesus Christus gehe; Ebenso in Offb 1,6, wo die Verherrlichung Gottes beschrieben werde, und in Offb 11,15, wo die ewige Herrschaft Gottes thematisiert sei. Alle diese Aussagen würden immer mit dem zeitlichen Hinweis «von Ewigkeit zu Ewigkeit» ergänzt. Wenngleich es sich dramatisch und tragisch anhöre, formuliere Offb 14,11 ebenso eindeutig: «Und der Rauch ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit».

• Mit Matth 25,46 und seinem «Vorlagetext» in Dan 12,2 treffe man auf einen äußerst klärenden Text: «Und diese (die gottlos Sterbenden) werden hingehen zur ewigen Strafe, die Gerechten aber in das ewige Leben». Dieser Text bringe das Jenseits derjenigen, die im Frieden mit Gott sterben, mit denjenigen, die gottlos sterben, in einem Satz zusammen. In keinem der beiden Fälle werde «ewig» relativiert. Wenn «ewiges Leben» «ewig» bedeute, dann gelte «ewig» auch für «ewige Strafe».

• Das bisher Erläuterte werde von Jesus Christus bestätigt, welcher ein Experte ist, wenn es um das Jenseits gehe: Er kam von dort zu uns, um uns über dieses Jenseits zu berichten – über den herrlichen Himmel und über die schreckliche Hölle (Joh 3,11.31.32 / Joh 8,38). Und es sei dieser Jesus, der die Hölle als einen Ort ewiger Strafe und Qual beschreibe (Matth 25,41.46 in Anlehnung an Dan 12,2 / Offb 20,10.15). Er warne vor dem Ort, wo «der Wurm nicht stirbt» (Mark 9,43.44), vor dem Ort des Heulens und Zähneknirschens vor Schmerzen (Matth 13,40–42 / Matth 25,30).

• Auch Paulus schreibe in 2. Thess 1,8.9 vom «flammendem Feuer»: Gott übe «Vergeltung an denen, die Gott nicht kennen, und an denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus nicht gehorchen; sie werden Strafe leiden, ewiges Verderben … ». Ebenso in Jud 1,7 und Hebr 6,2.

• Luk 16, 19–31 lüfte den Schleier zum Jenseits wie kaum ein anderer Text der Bibel. Hier werde weitestgehend mit Bildworten beschrieben, weil wir andere Worte nicht verstehen könnten. Schauen wir uns diese Bilder an, sähen wir zwei Abteilungen: Den «Schoß Abrahams» (= Himmel) und den «Ort der Qual» (= Hölle) als dem Ort, in welchem man im «Feuer in diesen Flammen» leide. In diesem Bibeltext sei der gottlos Verstorbene in einer Form des vollen Bewusstseins, Fühlens und Redens. Man könne diesen Text entmythologisieren und destillieren wie man will: Ewig dauernde Herrlichkeit bei Gott, aber auch ewig dauerndes Leiden ohne Gott sei gesicherter Inhalt dieses Textes.

4.2.3 Welche dieser beiden Sichtweisen stimmt nun? Diejenige der Annihilationisten oder jene, die sagen, es gibt ein ewig andauerndes Leiden als Strafe in der Hölle? Wie immer in meinen Publikationen empfehle ich dem Fragenden, in betonter Eigenverantwortung selbst vor Gott zu entscheiden. Ich für mich habe Verständnis für das Ringen der Annihilationisten um eine emotional verträglichere Lösung. Aber das reicht für mich persönlich nicht, wenn es um die weitreichende Frage geht: «Wo und wie werde ich die Ewigkeit verbringen?» Ich sehe für mich keinen anderen Weg, als mich den Argumenten unter 4.2.2 anzuschließen: Es gibt tragischerweise auch ein ewiges Leiden in der absoluten Gottverlassenheit.

Dabei gilt es zu betonen, dass dieser ewige Zustand «gerecht» sein wird. Gott richtet nicht willkürlich, rein schematisch-technisch, sondern gerecht: Ps 96,13 / Jer 23,6 / Joh 5,30 / Apg 17,30.31 / 2. Tim 4,8 / Offb 16,7. Selbst der gottlos Verstorbene und in Qualen Leidende in Luk 16,19–31 verstummt trotz des grauenvollen Zustandes, in dem er sich befindet. Er bettelt «nur» um Linderung und darum, dass niemand der noch Lebenden an denselben Ort komme, wo er nun ist.

Zudem: Wie «Qual» und «ewig» in jenem ganz anderen Jenseitszustand tatsächlich sein werden, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass uns Gott in der Bibel vor dem Zustand «Hölle» warnt. Sie muss schrecklich sein! Bezüglich des Himmels lehrt uns 1. Kor 2,9: «Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott denen bereitet, die ihn lieben.» Himmel ist ganz anders, als wir uns das heute vorstellen können. Ich meine, dass man mit diesem Bibeltext indirekt auch bezüglich der Hölle schlussfolgern kann: Hölle ist ganz anders, als wir uns das heute vorstellen können. Damit meine ich nicht «weniger schrecklich», sondern «anders schrecklich».

Gerhard Maier sagt gegenüber den Annihilationisten: «Wir sollten solchem von tiefem Humanismus getragenen Urteilen mit Respekt begegnen. Aber die Texte der Schrift (die Texte der Bibel) sagen etwas anderes, wenn wir sie recht verstehen und der Ausleger bleibt an der Schrift als norma normanus gebunden» (Seite 165).

4.3 Vers 11b: «… die das Tier (den Antichristen) und sein Bild anbeten und wer das Malzeichen seines Namens annimmt haben keine Ruhe Tag und Nacht». Tag und Nacht keine Ruhe – das ist endlos hässliche Hölle.

4.4 Vers 12: «Hier ist das geduldige Ausharren der Heiligen, welche die Gebote Gottes und den Glauben an Jesus bewahren, nötig.» Das ist die simple Feststellung nach den dramatischen Versen zuvor. Auch das Christsein ist ein geduldiges und standhaftes Ausharren. Selbst wenn Jesus Christus im Boot mit dabei ist, gibt es Stürme – auch heftige. Bei ihm im Boot zu bleiben und ihn nicht aus dem Boot zu komplimentieren, ist äußerst weise. Jüngersein pur = (1) geduldig warten, (2) die Gebote Gottes aus der Bibel ins Leben integrieren und (3) den Glauben an Jesus Christus bewahren! So lehrt uns dieser Vers 12.

4.5 Vers 13a: «Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel sagen: ‹Schreibe: Glückselig (glücklich) die Toten, die von jetzt an im Herrn sterben! Ja, spricht der Geist …›.» Glücklichsein erreicht man nicht im habsüchtigen Gieren nach dem, was man hier und jetzt nicht hat, jedoch unbedingt haben möchte. Glücklichsein ist eine Sicht, die das sieht, was man jetzt schon hat und dieses genießt – insbesondere eine geklärte Zukunft durch Jesus Christus in der Herrlichkeit nach dem Sterben = «im Herrn sterben». Sich dieses Geschenk zu gönnen, ist die größte Wohltat für sich selbst – das macht glücklich.

Damit sind wir erneut bei unserem Auftrag angekommen. Solange wir noch im Hier und Jetzt leben, führen wir andere Menschen zu Jesus Christus und bauen für unsere Nächsten und uns kirchliche Gemeinden, sodass das Reich Gottes wächst. Das stiftet Sinn und macht wiederum glücklich – auch inmitten der Stürme.

4.6 Vers 13b: «… damit sie ruhen von ihren Mühen; ihre Werke aber folgen ihnen nach». Himmel ist herrliche Ruhe. Hier wird auf einen markanten Kontrast zu Vers 11 hingewiesen: Hölle = «keine Ruhe Tag und Nacht». Himmel = Ruhe. Ruhe wiederum bedeutet entspannen, genießen, «Beine hoch», Feierabend.

«… ihre Werke aber folgen ihnen nach». Mit «Werken» sind hier unsere guten Taten und ist unser gutes Handeln gemeint. Also doch Werkgerechtigkeit? Muss ich mir doch durch gute Taten einen Ruheplatz im Himmel verdienen? Tatsächlich ermahnt uns die Bibel zu guten Werken: 2. Kor 5,10 / Matth 16,27. Im scheinbaren Gegensatz dazu betonen andere Bibelstellen: Wir werden «… ohne Verdienst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist» Röm 3,24. Ebenso Röm 11,6 und Eph 2,8. Was gilt nun? Antwort: Beides gilt, denn das eine wächst nicht ohne das andere! Die guten Werke sind Früchte, die nur wachsen, wenn ein solider Stamm, genügend tiefe Wurzeln und ein guter Boden vorhanden sind. An diesen Wurzeln, dem Stamm und dem Boden entscheidet sich, ob die Früchte gut oder schlecht sind: Matth 12,33–35 / Luk 6,43–46 / Ps 1 / Ps 52,10.11 / Ps 92,13–16 / Jer 17,5–10. Unsere guten Werke «folgen uns nach» will somit sagen, dass die guten Werke vorhanden sind, wenn der Glaube gesund im «Boden» verwurzelt und aus dem «Stamm» Jesus Christus herauswächst. Ansonsten ist dieser Glaube tot (= existiert nicht). Es konnten keine guten Werke wachsen (Jak 2,7). Somit sind unsere «guten Werke» – unsere Taten und unser Verhalten – die Früchte aus unserem Verwurzeltsein in Jesus Christus. Die guten Werke sind für Gott ein Nachweis (= sie «folgen uns nach»), dass da ein gesunder Glaube an Jesus Christus ist. Mehr dazu siehe meine Bücher «Erneuerung von innen nach außen» und hier besonders Teil 2.

5. Offb 14,14–20: Die Geschichte wird bis an die Ziellinie zu Ende erzählt. Es liegt an der Weitsicht und Beharrlichkeit Gottes, dass er, einmal angefangen, die Geschichte bis zum Ende erzählt: Waren der Inhalt von Offb 14 bis jetzt die Themen «des neuen Liedes», das Wunder der Sündenvergebung, das «ewige Evangelium», der Zorn Gottes und das Höllengericht, folgt nun ein dramatischer Blick hin zur Finalisierung von alledem: Zum ersten Mal in der Offenbarung des Johannes wird das Wiederkommen von Jesus Christus nicht nur prophetisch angedeutet, sondern prophetisch gesehen. Die Details folgen später in Offb 19.

5.1 Vers 14a: Johannes sieht diesen Wiederkommenden auf einer «weißen Wolke» und identifiziert ihn sofort mit den Worten «gleich einem Menschensohn». Wir wissen aus den Paralleltexten der Bibel, dass dieser Menschensohn nur Jesus Christus sein kann. Siehe dazu Offb 1,13–18: «… und inmitten der Leuchter sah ich einen, gleich einem Menschensohn … Und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach: ‹Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige, und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig …›» Ebenso in Dan 7,13, einem Text, der nur Jesus Christus zugeordnet werden kann: «Und siehe, mit den Wolken des Himmels kam einer wie der Sohn eines Menschen.» Von seinem Wiederkommen als Menschensohn in den Wolken des Himmels sprach Jesus selbst, wenn er sein zweites Kommen am Ende der Zeit ankündigte: Matth 24, 30 / Mark 13,26 / Luk 21,27. Genau an diesem finalen Punkt der Geschichte wird er uns hier in Offb 14,14a wieder mit dem Titel «Menschensohn» vorgestellt = er kommt als Sohn Gottes zu den Menschen = Gott macht sich aus Liebe zu uns in seinem Sohn für uns menschlich zugänglich!

5.2 Vers 14b: Jesus Christus, der «Menschensohn», betritt die Szene gekrönt und damit als überlegener, beauftragter und bevollmächtigter Sieger. Damit wird hier in Offb 14 wiederum ein Kontrast zu dem in Offb 13 sich selbst krönenden Antichristus – dem Verlierer – markiert.

5.3 Verse 14c–20: Jesus Christus kommt wieder. In seiner Hand ist eine scharfe Sichel, um zu ernten. Damit besteigen wir innerhalb des Überblicks, den uns Offenbarung 14 gewährt, einen Gipfel, der uns bis ans Ende unserer Zeit sehen lässt: Am Horizont erspähen wir die Konturen des Endgerichtes = das Ende unserer Zeit. Diese Dramatik wird uns mit zwei Bildern vor Augen gemalt:

• Das erste Bild ist eine Sichel, um Getreide zu ernten (Verse 15 und 16).

• Das zweite Bild ist ein Winzermesser, um Trauben zu ernten (Verse 17–20).

Diese beiden Bilder vertiefen die kurze Bemerkung «Die Stunde des Gerichts ist gekommen» in Offb 14,7. Wir lernen insbesondere, dass das, was in diesem Gerichtshandeln am Ende der Zeit geschieht, nicht ein voreiliges, im Affekt wild Um-sich-Wüten eines zornigen Gottes ist. Es ist ein ausgereiftes Handeln Gottes. Nicht Gericht nach kurzer Anhörung, sondern Gericht nach einem schier unendlich geduldigen Weg, den der Schöpfer mit seinen Geschöpfen gegangen ist. Danach stehen die Zeiger still – weil die Zeit dazu reif ist (Verse 15 und 18). Eine mehrheitlich entartete Menschheit und ihre Entwicklung sollen wie ein überreifes Feld oder wie überreife Trauben geerntet (= beendet) werden. Diese beiden Ernten veranschaulichen das Endgericht. Erst nach dieser Ernte ist ein kompletter Neuanfang möglich – wie in der uns vertrauten Natur.

5.3.1 Einige Erklärungen:

Ein Übersetzungsproblem: «Sichel» oder «Winzermesser»? Zum Bild der Getreideernte passt die Übersetzung «Sichel». Aber der Bibeltext verwendet in der griechischen Sprache für das Bild der «Traubenernte» dasselbe Wort. Zu «Traubenernte» passt eine Sichel weniger. Was nun? Wir müssen allein das hier verwendete griechische Wort in seiner breiteren Bedeutung kennenlernen: Es kann ergänzend zu «Sichel» auch mit «krummes Schwert», «Sense» oder «Hippe» übersetzt werden. Wikipedia erklärt zu «Hippe»: «Eine Hippe wird auch Heppe, Häbe, Knipp, Säsle, Rebmesser, oder Gertel genannt. Typisch ist die sichelförmig geschwungene Klinge mit einer mehr oder weniger nach unten gebogenen Spitze.» Somit können wir in Offb 14,18, angepasst an den heutigen Sprachgebrauch, das Wort «Sichel» auch mit «Winzermesser» übersetzen: «Schicke dein scharfes Winzermesser und lies die Trauben des Weinstocks der Erde ab! Denn seine Beeren sind reif geworden.»

Wo und was wird geerntet? Das im ersten Bild in Vers 16 verwendete Wort «Erde» bezeichnet die Bewohner der ganzen Erde. Sie wird zum globalen Erntefeld. Im zweiten Bild in Vers 18 wird dasselbe Wort für «Erde» verwendet. Somit werden auch im zweiten Bild die ganze Erde und ihre Bewohner zum globalen Weinstock.

Wer führt die Ernte aus? Im ersten Bild (der Getreideernte) ist es gemäß den Versen 14–16 Jesus Christus, der «Menschensohn», selbst. Im zweiten Bild (der Traubenernte) ist es gemäß den Versen 17–19 ein Engel (= ein Bote/ein Helfer Gottes), welcher von einem anderen Engel beauftragt wird, die Ernte durchzuführen. Der erste dieser beiden Engel kommt direkt «aus dem Tempel, der im Himmel ist». Der zweite kommt «vom Altar» her. Somit kommen beide aus der engsten Umgebung Gottes. Der zweite Engel hat außerdem «Vollmacht über das Feuer» (V. 18). Er ist somit insbesondere für das Gericht zuständig, denn «Feuer» bedeutet in der Offenbarung fast durchgehend göttliches Gericht: Offb 8,7 / Offb 9,17 / Offb 11,5 / 14,10 / Offb 16,8 / Offb 17,16 / Offb 18,8.

Was bedeutet «außerhalb der Stadt» in Vers 20? Wir lesen dort, dass die geernteten Trauben «außerhalb der Stadt» in der Kelter getreten und gepresst werden. Die Formulierung «außerhalb» verdeutlicht, dass dort etwas Unschönes passiert. Etwas, das man nicht schaulustig «ins Zentrum der Stadt» stellen will, sondern «außerhalb» = draußen vor der Stadt. Parallelen dazu: Hebr 13,12 / Offb 22,14.15 / Joel 4,1–21.

Was bedeuten die Hinweise in Vers 20 «und Blut ging aus der Kelter hervor bis an die Zügel der Pferde, 1600 Stadien weit»? Im zweiten Bild (der Traubenernte) soll der rote Saft der Trauben Blut darstellen = Gericht. Dass dieses Blut «bis an die Zügel der Pferde» reicht und «1600 Stadien» weit, soll die enorme Dimension dieses Endgerichts darstellen. Die Begriffe «Pferd», «Zügel» und «Zaum» werden in der Bibel öfters als Illustration verwendet: Ps 32,9 / Hes 38,4 / Jak 1,26. Ein Beispiel aus unserer heutigen Sprache verdeutlicht dieses Bild: Wir sagen, dass uns etwas «bis über die Ohren steht». Sie formulierten damals, dass ihnen etwas «bis zu den Zügeln der Pferde steht». Ähnlich die 1600 Stadien = ca. 300 km. Dies ist ungefähr die Distanz vom damaligen Norden Israels bis in den Süden – will heißen: Das Endgericht ist in seiner Dimension allumfassend.

5.3.2 Weshalb zwei Bilder und was bedeuten sie? Nach den Erklärungen unter Punkt 5.3.1 sind wir genügend vorbereitet, um uns den eigentlichen Kernfragen zuzuwenden: Weshalb zwei Bilder – das Bild der Getreideernte und das Bild der Traubenernte – und was bedeuten sie? Wenn wir die Bibel durch die Bibel selbst erklären, stellen wir fest, dass diese beiden Bilder nach meiner Erkenntnis zwei verschiedene Vorgänge beschreiben:

• Das Bild der Getreideernte soll zunächst das erste Separieren von «Unkraut» und «Getreide» darstellen, so, wie es Jesus z. B. in Matth 13,30 ausführlich erklärt: «Lasst beides zusammen wachsen bis zur Ernte, und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: ‹Lest zuerst das Unkraut zusammen und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber sammelt in meine Scheune!›» Der gesamte Text inklusive der Erklärungen durch Jesus selbst steht in Matth 13,24–30 und 36–43. Mit «Unkraut» ist hier der Mensch ohne Frieden mit Gott gemeint. Mit «Weizen» der Mensch, welcher durch Jesus Christus Frieden mit Gott suchte und auch fand.

• Das Bild mit der Traubenernte schließt nahtlos an das Bild von der Getreideernte an und führt dieses konsequent weiter: Diejenigen, welche ohne Frieden mit Gott leben und sterben, werden wie die Trauben unter den Füßen des Kelterers «hingerichtet». Mit den Worten in Vers 19 formuliert: Sie kommen «in die große Kelter des Zornes Gottes». Was das alles bedeutet, haben wir im vorliegenden Kap. 14 in den Versen 9–11 kennengelernt.

5.3.3 Schlussbemerkungen: Das Bild der «Getreideernte» in Offb 14 ist für uns heute noch einigermaßen emotional verträglich. Aber jenes mit der «Traubenernte», dem Stampfen und Auspressen des Saftes bis zur Umdeutung von Saft in Blut, lässt uns erschaudern. – Wie gehe ich persönlich damit um? Nun, es gibt im Leben und im Sterben viele Wahrheiten, die äußerst unangenehm, aber wahr sind. So ist es auch hier. Diese Bilder sind im wahrsten Sinne des Wortes «todernst». Sie sind eine schonungslose Kommunikation Gottes mit uns. Aus Liebe zu uns bietet er uns in der Bibel ungefilterte Einblicke bis ans Ende der Zeit und ins Jenseits hinein. Aber es sind Bilder, die dem damaligen Leser viel vertrauter und dadurch weniger fremd waren als uns heute. Die Bilder «Getreideernte» und «Traubenernte», um die großen Fragen des Endes aufzugreifen, sind Bilder, welche der damals bekannten biblisch-alttestamentlichen Tradition entlehnt sind: Jes 63,1–5 / Jer 25,30 / Jer 51,33 / Klagl 1,15 / Joel 4,12.13.

Trotz dieser Empfindlichkeiten sollten wir die folgenden Punkte nicht vergessen:

• Die Zeit ist kein endlos wiederkehrender Kreis, sondern eine Linie. Eine Linie hat einen Anfang und ein Ende. Auch deine und meine Lebenszeit verläuft auf einer Zeitlinie und wird einmal enden. Ebenso die Zeitlinie der jetzigen Geschichte und die Zeitlinie der jetzigen Schöpfung.

• Die Zeit endet, wenn sie dazu reif ist: 1. Mo 15,16 / Amos 8,1–3. Zu welchem Zeitpunkt sie reif ist, weiß Gott allein. Aber sie endet unaufhaltsam.

• Das Leben und Sterben hat zwei Ausgänge: Himmel und Hölle. Siehe Mal 3,18 / Luk 13,22–30 / Luk 16,19–31 / Röm 2,4–10.

Gerhard Maier schreibt dazu: «Was den Menschen wieder und wieder gesagt worden war, was sie aber wieder und wieder zur Seite oder vor sich herschieben wollen, das tritt jetzt ein und lässt keine Ausflucht mehr offen» (Seite 175).

Lichter in der Nacht

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