Читать книгу 7 Mythen über Europa - René Cuperus - Страница 11
Ein starkes Europa nach außen, ein sanftes Europa nach innen
ОглавлениеMehr Einheit wird vor allem aus geostrategischen Gründen gefordert. Europa kann sich ein Auseinanderdriften des Ostens und Westens, des Nordens und Südens nicht erlauben, wenn es nicht zum Spielball der großen selbstsicheren und autoritären Mächte werden will. Die EU lässt sich viel zu oft auseinanderdividieren, wobei das berüchtigtste Beispiel die 17+1 »Seidenstraßen«-Zusammenarbeit zwischen China und Zentraleuropa ist.
Will Europa in der globalen Weltordnung einigermaßen bestehen, muss es über seinen Schatten springen und auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs ein »geopolitisches Europa« bilden. Außerdem ist in der Außenpolitik Mehrheitsentscheidung nötig, damit nicht etwa ein Veto Maltas oder Zyperns die EU lähmt. Auch sollte ein Europäischer Sicherheitsrat eingerichtet werden, mit ständigen Sitzen für die E3 (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) sowie wechselnden Sitzen für Länder-Gruppen. Und was die Verteidigung betrifft, hat die US-Regierung recht: Europa muss endlich einen vollwertigen Beitrag zur NATO liefern und lernen, sich selbst besser zu verteidigen.
Der Clou aber ist: Das Mandat der Wähler für eine solche »externe, europäische Souveränität« in einer immer feindlicher werdenden Welt, kann nur durch mehr innereuropäischen Respekt vor der nationalen Souveränität, Identität und Demokratie erlangt werden. Ein »geopolitisches Europa« ist besser als eine »politische Union«.
Was wir brauchen, ist eine europäische Doppelstrategie: stark nach außen, sanft nach innen. Wir müssen uns, wie gesagt, davor hüten, in der »schlechtesten von zwei Welten« zu landen: schwache Nationalstaaten in einem schwachen Europa. Wir brauchen selbstbewusste, gut regierte Nationalstaaten, die von der EU gestärkt und unterstützt, anstatt behindert und gebremst werden.
Entgegen dem Brüsseler Einheitszwang muss es mehr Respekt vor nationalen Eigenarten und Identitäten geben (insoweit diese nicht dem europäischen Prinzip des demokratischen Rechtsstaats widersprechen).