Читать книгу „Aids“ und „Corona“: Zwei Seiten derselben Medaille von Lug und Trug (Teilband 1) - Richard A. Huthmacher - Страница 28

I. WIE ALLES ANFING: AIDS – DIE „4H DISEASE“

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Liebe Maria, Liebste!

Anfang der Achtziger-Jahre – justament zu der Zeit, als ich mich auf mein medizinisches Staatsexamen vorbereitete – griff eine neue Erkrankung um sich. In Windeseile. Meist wurde sie im Zusammenhang mit einer seltenen Form von Lungenentzündungen (ausgelöst durch Pneumocystis jirovecii 81) beschrieben, namentlich bei (vormals gesunden) jungen und homosexuellen Männern [1]. Auch andere opportunistische Erkrankungen 82 wurden häufig in diesem Zusammenhang erwähnt; zuvorderst ist das Kaposi-Sarkom 83 84 85 zu nennen [2].

„Im Sommer 1981 sind die Mediziner der US-Seuchenüberwachungsbehörde ´Center for Disease Control´ alarmiert: Fünf bislang gesunde homosexuelle Männer im Raum Los Angeles sind mit der seltenen Lungenerkrankung Pneumocystispneumonie (PCP) infiziert, die meist nur Menschen mit einem schwachen Immunsystem befällt.

Fast parallel dazu tritt in New York City das Kaposi-Sarkom, eine Krebserkrankung, ungewöhnlich häufig auf. Die Vermutung liegt nahe, dass man eine neue Krankheit entdeckt hat. Sie hat zwar noch keinen Namen, aber viele Symptome“ 86.

Da anfangs vor allem Homosexuelle von den seltenen Erkrankungen betroffen sind, vermuten Wissenschaftler einen Zusammenhang. Das Syndrom bekommt den Namen ´Gay Related Immune Deficiency´ (GRID)“ 87: eine Immunschwäche, die vornehmlich Schwule betrifft 88 89.

Zunächst jedoch hatte die neue Krankheit keine einheitliche Bezeichnung, vielmehr viele Namen: von Lymphadenopathie, vom Karposi Sarkom und Opportunistischen Infektionen, von einer Schwulenkrankheit, von der „4H disease“ (Haitianer, Homosexuelle, Hämophile und Heroin-Süchtige seien die hauptsächlich Betroffenen) war u.a. die Rede (nachdem man festgestellt hatte, dass die Erkrankung häufig auch bei Fixern und solchen Patienten zu finden war, die eine Bluttransfusion erhalten hatten); neben einer sexuellen lag nunmehr auch eine parenterale Übertragung 90 nahe.

S., meine Liebe, auch die Anmerkungen [3] [4] [5] [6].

Im Sommer 1982 einigte man sich schließlich auf den Namen AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) 91; im französischen Sprachraum war die Bezeichnug SIDA (Syndrome d´Immuno-Déficience Acquisé) 92 geläufig.

Der deutsche Leser erfuhr von der ominöse Erkrankung erstmals im Frühjahr 1982 durch eine Publikation im SPIEGEL [7]; wir Examenskandidaten versuchten, unser spärliches Wissen um die anrüchig-obskure Erkrankung durch diesen und ähnliche Artikel ein wenig zu erweitern – in der (durchaus berechtigten) Hoffnung, dass auch unsere Prüfer von der neuen Krankheit (noch) recht wenig wussten.

„Im Juli 1982 stellt sich an der Abteilung für Innere Medizin der Universitätsklinik Frankfurt am Main ein Patient mit schwerer Lungenentzündung vor. Die Ärzte diagnostizieren dazu eine ungewöhnlich massive Schädigung des gesamten Immunsystems. Der anonym gebliebene Patient gilt als erster Aidsfall in Deutschland“ 93 und noch im selben Jahr (1982) wird AIDS in 14 Ländern weltweit nachgewiesen Der Spiegel 22/1982 vom 31.05.1982, 187-189: Schreck von drüben.

Mitte 1983 schreibt wiederum DER SPIEGEL 94: „Die Homosexuellen-Seuche ´Aids´, eine tödliche Abwehrschwäche, hat Europa erreicht. … Die Ärzte sind ratlos: Über die Ursache wird nur spekuliert, eine Behandlung gibt es nicht. In den nächsten zwei Jahren wird die Zahl der ´Aids´-Kranken dramatisch zunehmen. Sind dann auch Heterosexuelle, Frauen und Kinder tödlich gefährdet?“

Effekt heischend zitiert der Meinungsmacher der Vor-Internet-Ära Albert Camus DER SPIEGEL 23/1983 vom 06.06.1983, 144-163: „Die Pest: Mit grünverfärbtem Gesicht, wachsbleichen Lippen, bleiernen Lidern, kurzem, stoßweisem Atem, von den [geschwollenen] Lymphknoten gemartert, lag er tief in seiner Matratze, als wollte er sich darin einschließen oder als rufe ihn ohne Unterlaß eine Stimme aus der Tiefe der Erde: so erstickte der Mann unter einem unsichtbaren Gewicht“ 95.

Und in dem einschlägigen SPIEGEL-Artikel DER SPIEGEL 23/1983 vom 06.06.1983, 144-163 ist weiterhin zu lesen:

„Das Kunstwort ´Aids´, … als Kürzel für den Gebrauch unter Ärzten ersonnen (und auch von denen kaum beachtet), ist innerhalb weniger Monate zum weltweiten Schreckensruf geworden … Wenn das Leiden entdeckt wird, ist es zumeist schon im letzten, dem ´finalen´ Stadium – für die Erkrankten besteht wenig Hoffnung. Groß ist die Zahl derjenigen, die den tödlichen Aids-Keim bereits in sich tragen, aber es noch nicht wissen …

Gegen Aids kennt die Medizin kein Heilmittel, auch der Erreger ist noch nicht entdeckt. ´Wir tappen völlig im dunkeln´, erklärten die ´Centers for Disease Control´ (CDC) in Atlanta. Das Seuchenzentrum zählt die Toten und Schwerkranken und greift, die eigene Hilflosigkeit eingestehend, ´nach jedem Strohhalm´ …

Zwei Jahre nach gesicherter Aids-Diagnose sind 80 Prozent, nach drei Jahren 86 Prozent der Patienten tot. Bei keinem Aids-Kranken wurde bisher eine Heilung beobachtet …

Die amerikanische Bevölkerung, so die ´New York Times´, sei ´zunehmend beunruhigt´, seit immer mehr Ärzte melden, daß Aids ´nicht nur zwischen homosexuellen Männern, sondern auch auf Frauen und Kinder übertragen wird´. [S. hierzu indes 96.]

Droht eine Pest? Wird Aids wie ein apokalyptischer Reiter auf schwarzem Roß über die Menschheit kommen? Ist eine moderne Seuche in Sicht, die sich zu Tod, Hunger und Krieg gesellen wird, wie einst im Mittelalter?

… Seuchen wie Pest und Cholera, folgenschwere Viruserkrankungen wie Pocken und Kinderlähmung hat der Mensch durch zunehmende Hygiene, durch Impfstoffe und Medikamente unter Kontrolle gebracht. Auch über Viruskrankheiten wie Herpes oder Hepatitis rückt der Sieg schon in greifbare Nähe – wie ein Schock kommt da die geheimnisvolle Krankheit Aids.“

Nun folgt im benannten Spiegel-Artikel DER SPIEGEL 23/1983 vom 06.06.1983, 144-163 eine überaus wichtige Aussage für das Verständnis von Ätiologie 97 und Pathogenese 98 der AIDS-Erkrankung; auf diese – Aussage wie Ätiologie und Pathogenese von AIDS – werde ich im Folgenden näher eingehen:

„Allen ansteckenden Krankheiten ist gemeinsam, daß immer drei Dinge zusammentreffen müssen: der unsichtbare Mikroorganismus, ein Keim aus dem großen Reich der Bakterien, Viren, Pilze oder Einzeller; ein menschlicher (auch tierischer oder pflanzlicher) Makroorganismus und ein halbes Dutzend Lebensumstände beider Organismen. Die Mikroben allein machen nicht krank. Ob sie in den Menschen eindringen und sich in ihm vermehren können, ist abhängig von Zahl und Lebenskraft (´Virulenz´) der Keime, aber auch von der Empfänglichkeit des Wirtsorganismus, seiner Abwehr- und Überwindungskraft.“

Zur Pathogenese – Wissensstand 1983! – ist dann zu lesen ibd.: „Für die Virus-Theorie bei Aids sprechen etliche Indizien, vor allem der Krankheitsverlauf und seine Unbeeinflußbarkeit. Vom Tag der Ansteckung, wenn die Aids-Erreger in den Menschen eindringen, bis zum Ausbruch der Infektionskrankheit vergehen offenbar mindestens sechs Monate, vielfach auch mehr als drei Jahre. Ohne daß die Aids-Opfer irgendein Krankheitszeichen spüren, vermehren sich in ihnen die Erreger. Offenbar werden die Keime auch während dieser symptomfreien Inkubationszeit durch Blut, Speichel, Sperma und andere Körpersekrete, aber auch durch intensive Berührungen – Schleimhaut zu Schleimhaut – von den bereits Erkrankten an Gesunde weitergegeben.

Bisher gibt es kein Diagnoseverfahren, das den Ärzten ermöglichen würde, die Krankheit während ihres ersten, beschwerdefreien Stadiums zu erkennen. Gesucht wird nach einem verläßlichen Bluttest, vergleichbar der Wassermann-Reaktion 99 bei Syphilitikern. Ein solcher Aids-Test ist nicht in Sicht.

Frühestens im zweiten Krankheitszeitraum, den die Mediziner ´Stadium der Lymphadenopathie´ … [Lymphknotenschwellung] nennen, kann die Verdachtsdiagnose Aids gestellt werden.

Eindeutige, den Verdacht beweisende Krankheitszeichen fehlen. Die Infizierten leiden vielmehr unter zahlreichen Beschwerden, die von den Ärzten als mehrdeutig (´uncharakteristisch´) eingestuft werden …

[M]öglicherweise bedrohliche Krankheitszeichen …: Unerklärliches Fieber über längere Zeit (kann zwischendurch verschwinden); Lymphknotenschwellungen an mehreren Körperstellen, zum Beispiel in Nacken, Achseln, Leistenbeugen, für die es sonst keine Erklärung gibt; unerklärliche Durchfälle über längere Zeit (oft wäßrig), bei denen kein Durchfallerreger festgestellt werden kann; hartnäckiger Husten ohne Auswurf, zunehmende Atemnot; ... Soor (Pilzbefall) der Mundschleimhaut. [V]erdächtig sind [auch] neu auftretende bräunlich-violette Flecken auf der Haut oder Knoten, die nicht schmerzen oder jucken.

Manchmal ist nur ein Symptom vorhanden, oft gesellen sich andere hinzu. Der Verlauf ist langwierig, Phasen scheinbarer Besserung wechseln ab mit einem schweren Krankheitsgefühl. Spätestens dann wird dem Patienten sterbensangst.

Selbst zu diesem Zeitpunkt haben die Ärzte Mühe, die Diagnose Aids zuverlässig zu stellen oder mit Sicherheit auszuschließen. Nur in Einzelfällen gelingt es, durch gezielte immunologische Untersuchungen den Verdacht zu erhärten ... ´Es fehlt der spezifische, der beweisende Test.´“

Ich zitiere deshalb so umfangreich, weil der benannte Spiegel-Artikel heutzutage von geradezu historischer Bedeutung für das anfängliche Verständnis der AIDS-Erkrankung, ihrer (möglichen) Ursachen und ihrer (vermuteten) Folgen ist; hier wurde, für den Laien verständlich, zusammengefasst, was auch Mediziner nicht besser wussten: Ziemlich alle „Erkenntnisse“ über AIDS waren mehr spekulativ als wissenschaftlich fundiert, fischten im Trüben, wurden maßgeblich durch persönliche Einstellungen gegenüber sozialen Randgruppen geprägt, waren von einer Vielzahl von Topoi abhängig und ließen oft mehr von der Einstellung des behandelnden Arztes erahnen als von der Erkrankung seines Patienten [8] [9].

Als junger Assistenzarzt behandelte ich wochenlang eine Krankenschwester, nahm ihr Blut ab und verrichtete dergleichen „Gefahr geneigte“ Arbeiten mehr – ohne dass man mich vorab informiert hatte, dass die Patientin (HIV-positiv und bereits im Anfangsstadium) an AIDS erkrankt war. Eine solche Krankheit sei ehrenrührig und sie „publik“ zu machen (wohlgemerkt: gegenüber dem behandelnden Arzt!) sei der Patientin nicht zuzumuten. So die Aussage der Krankenhausleitung. Was mir „zugemutet“ wurde, spielte offensichtlich keine Rolle.

Gleichwohl: Ich bin, Jahrzehnte später, immer noch putzmunter. Obwohl ich mich bei mehreren Blutentnahmen stach. Obwohl mir Blut über die Finger lief. Wobei damals nur „Weicheier“ sich mit Handschuhen schützten. Und ich auf keinen Fall ein Weichei sein wollte.

Nicht zuletzt solche und ähnliche Erfahrungen trugen dazu bei, dass ich – wiewohl erst viele Jahre später – an der (sich nach und nach herausbildenden) Lehrmeinung zu AIDS und zu den Ursachen und Folgen der Erkrankung zu zweifeln begann 100. Indes: Auch hierzu später mehr.

„Aids“ und „Corona“: Zwei Seiten derselben Medaille von Lug und Trug (Teilband 1)

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