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1.3 Kritik am psychohydraulischen Modell

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Den beiden oben beschriebenen Theorien ist der Begriff Trieb, der biologisch verursachte Energie, also nicht etwas Gelerntes ist, gemeinsam. Schmidt nennt das Gemeinsame der beiden Theorien das psychohydraulische Modell: Regelmässig staut sich beim Menschen im sexuellen Bereich Energie an. Diese Energie erzeugt nun das Bedürfnis nach lustvoller Abfuhr. Kann dieses Bedürfnis nicht befriedigt werden, so wird der Mensch krank, neurotisch bzw. hysterisch. (vgl. Schmidt, G. 1975, S. 30-32).

a) Im psychohydraulischen Modell wird der Sexualtrieb oft mit anderen Trieben wie Hunger, Schlaf, Ausscheidung usw. verglichen:

- Verschiedene Untersuchungen haben aber gezeigt, dass z.B. Hunger keineswegs nur einen organischen Bedarfsmangel repräsentieren muss, sondern zur Hauptsache ein Produkt des Gewöhnungsprozesses ist. (vgl. Fricker/Lerch 1976, S.60). Hofstätter berichtet u.a. von einem Experiment an jungen Männern, bei denen die Nahrung während 6 Monaten auf ca. die Hälfte ihres gewohnten Quantums reduziert wurde, aber immer noch 1600 Tageskalorien betrug. Die Männer, die im organischen Sinne nicht hungerten, zeigten vielerlei Anzeichen von Entzugs- (Deprivations-) störungen. Sie wurden apathisch, nervös, usw.. (vgl. Hofstätter 1966, S. 199ff).

- Weiter wurde die Annahme der zyklischen Natur des Sexualbedürfnisses widerlegt: Das Sexualverhalten des Menschen zeigt grosse Unterschiede: Phasen intensiver Betätigung wechseln ab mit Zeiten von sehr sporadischen oder keinen "Triebbefriedigungen". Im Sexualverhalten kann eine Gewöhnung auftreten, sodass gewisse Regelmässigkeiten auftreten. Diese unterscheiden sich aber nicht von anderen zur Gewohnheit gewordenen "Genüssen" wie Rauchen und Spazierengehen. (vgl. Kinsey/Pomeroy/Martin 1970, S.157-483).

- Bei Hunger zeigt sich ein Absinken des Glukose-, Fett- und Aminosäuregehaltes des Blutes. Beim Sexualbedürfnis lässt sich kein solches messbares Äquivalent finden.

- Nach Aufnahme einer bestimmten Nahrungsmenge ist der Hunger gestillt, hingegen hört die sexuelle Aktivität unter Umständen erst nach der körperlichen Erschöpfung auf; z.B. die Fähigkeit der Frauen mehrere Orgasmen durch fortgesetzte Stimulation zu erreichen.

b) In der Trieblehre glaubt man an die Entstehung innerer Spannungen, die dann den Reiz zur Verminderung dieser Spannungen bilden. Schmidt verweist auf Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass Individuen nicht Spannungsverminderung anstreben, sondern gerade durch das Suchen von Spannung und Erregung motiviert werden. (vgl. Schmidt, G. 1975, S.32).

c) Weil die Fortpflanzung ein universelles Phänomen allen organischen Lebens ist, liegt der Gedanke nahe, allen Lebenden sei ein Instinkt, sich fortzupflanzen eingeboren. Harlow wies aber nach, dass Tiere, die nicht bei lebenden Muttertieren aufwuchsen, sich, trotz längst vorhandener sexueller Reife keinem Paarungsakt unterziehen. (vgl. Harlow 1959) Untersuchungen von Spitz an Menschen deuten auf dasselbe hin. (vgl. Spitz 1973, S.38-60).

Die obigen Punkte stellen die Hauptkritik von Fricker und Lerch an der alten Triebtheorie dar. (vgl. Fricker/Lerch 1976, S.59-62).

Beitrag zu einer neuen Sexualtheorie

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