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Kapitel 3

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Die Sonne schien und Scarlett summte fröhlich vor sich hin. Sie fuhr gemütlich durch die Dörfer, an reetgedeckten Cottages vorbei. Bewunderte die aus grauem Granit gebauten kleinen Häuser. An einem gemütlichen Restaurant parkte sie und bestellte sich einen Becher Eis. Nach einem Spaziergang lenkte sie den Range Rover zurück nach Fowey, in Richtung Hafen. Sie genoss den Blick auf das Meer, die Boote, die kreischenden Möwen. An einer Tafel las sie, dass im August eine Royal Regatta-Woche stattfand. Das würde sie interessieren. Sie fuhr nach Hause, stellte den Wagen in die Garage, und besuchte Jenny in der Küche. »Hallo, ich brauche was zum Trinken, das Eis hat meinen Durst nicht gelöscht.«

Jenny reichte ihr ein Glas Orangensaft. »Ihre Grandma sitzt im Salon. Der Mittagsschlaf fiel heute kurz aus. Dr. Miller hat sich angemeldet.«

»Sie mag ihn«, sagte Scarlett.

»Jenny seufzte. »Wer mag ihn nicht?«

Hallo, Grandma«, grüßte die Enkelin, als sie in den Salon trat.

»Hallo, Liebes, schön, dass du kommst.«

»Hat dich der Doktor um deinen Mittagsschlaf betrogen?«, fragte Scarlett.

»Soll ich Dr. Miller im Bett empfangen?« Sie lachte. »Er wird gleich eintreffen.«

»Philipp wird demnächst ein Fest ausrichten, um seine Rassepferde zu ehren. Er schickt eine Einladung.«

Gloria nickte. »Er hatte es erwähnt. Ich werde nicht daran teilnehmen, in meiner Situation. Es kommen viele Leute und es wird turbulent. Dem bin ich nicht gewachsen«, gestand sie. »Aber Dr. Miller ist sicher eingeladen. Ich werde ihn bitten, dich zu begleiten.«

»Hältst du das für notwendig, Grandma?«

»Du kennst niemand von den Gästen. Da ist es vorteilhafter, wenn du nicht alleine hingehst.«

Sie nickte und dachte ironisch: Ob das Phillip gefällt?

»Wir können ihn gleich fragen«, bestimmte Grandma.

Scarlett hatte nicht zugehört. »Wen?«

»Dr. Miller. Träumst du, Liebes?«

»Entschuldige, Grandma, ich war in Gedanken bei dem Fest.«

»Du bist anders. Ist was vorgefallen?«, fragte Grandma kopfschüttelnd.

»Nicht, das ich wüsste.«

Sie hörten die Türglocke.

»Er ist pünktlich.« Gloria lächelte.

»Gehen Sie in den Salon, die Damen erwarten Sie«, hörten sie Jenny sagen.

Es klopfte. »Kommen Sie herein!«, rief Gloria.

Dr. Miller begrüßte sie freundlich und sagte: »Ich sehe es Ihnen an, Lady Gloria, Sie fühlen sich topfit.«

»Richtig getippt, Doktor. Es geht mir Tag für Tag besser.«

»Das höre ich gerne. Es genügt, wenn ich jede zweite Woche zu Ihnen komme. Nicht mehr lange und Sie werden mich nicht mehr brauchen.«

Sie lächelte. »Ich freue mich immer, wenn Sie vorbeischauen. Schreiben Sie mir ein Paar von den Kreislauftabletten auf«, bat sie.

»Ich messe Ihnen erstmal den Blutdruck.« Er holte die Bandage aus seinem Koffer und legte sie um ihren Arm. »Wie geht es Ihnen, Miss Scarlett?«

»Bestens, Dr. Miller, danke.«

»Also, Lady Gloria, der Blutdruck ist normal. Ich verordne Ihnen das Medikament, aber es ist für den Notfall gedacht.«

»Das ist mir klar«, versicherte sie. »Jetzt habe ich eine Bitte, Herr Doktor. Lord Sinclair beabsichtigt ein Fest zu veranstalten. Haben Sie eine Einladung bekommen?«

»Bisher nicht. Aber ich weiß von dem Fest.«

»Könnten Sie meine Enkelin dorthin begleiten? Ich möchte nicht, dass sie alleine geht.« Sie schaute ihn fragend an.

»Sehr gerne, Lady Gloria. Es wäre mir eine Ehre. Ich melde mich, wenn der Termin bekannt ist. Dann wünsche ich den Damen noch einen schönen Tag«, verabschiedete er sich.

»Das wäre geklärt«, freute sich Gloria. »Du wirst dich sicherer fühlen, zwischen all den fremden Menschen.«

»Ich bin nicht schüchtern.«

»Das weiß ich, meine Liebe.«

Sie lachten.

»Grandma, macht es dich traurig, wenn ich zum Reiten fahre? Ich bin bis zum Abendessen zurück.«

»Warum sollte ich traurig sein?«, fragte sie lächelnd. »Lass dich nicht aufhalten und schöne Grüße an Philipp.«

Scarlett drückte ihrer Grandma einen Kuss auf die Wange. »Richte ich aus, falls ich ihn sehe. Bis später.«


Mit dem Rover fuhr sie zum Gut. Sie parkte und lief zielgerecht zu der Stallanlage.

»Hallo, Miss Montgomery!«, rief ihr der Pferdepfleger John entgegen.

»Guten Morgen, John, ich heiße Södermann. Nennen Sie mich Scarlett.«

»Entschuldigen Sie. Ich dachte, Sie sind die Enkelin von Lady Montgomery.«

»Das stimmt. Mein Vater hat den Namen meiner Mutter angenommen. Satteln Sie mir bitte Fee.« Philipp hatte ihr erlaubt zu reiten, wann es ihr beliebt. Dass er hinter ihr stand und das Gespräch mitangehört hatte, wurde ihr klar, als er zu John sagte: »Mach deine Arbeit und rede nicht unentwegt, John.«

Der junge Mann bekam einen roten Kopf und murmelte: »Tut mir leid, Lord Sinclair.«

Scarlett sah Hass in seinen Augen.

»Wenn ein weibliches Wesen auf den Hof kommt, fängt John an zu reden, wie ein Wasserfall«, sagte Philipp zu ihr gewandt. »Schön, das du da bist. Darf ich dich begleiten?«

Sie wäre lieber alleine geritten. »Das ist dein gutes Recht«, erwiderte sie. »Aber eifersüchtig auf John brauchst du nicht zu sein.«

Er zuckte mit den Schultern und rief in die Box: »Sattle Black, ich reite ebenfalls aus, John. Beeile dich.«

Da war er, dieser raue herrschende Ton, den Scarlett nicht mochte. Trotz seiner barschen Art, fühlte sie sich von ihm angezogen und spürte in seiner Nähe ein Kribbeln im Bauch.

»Wir reiten heute zu den Klippen. Von da aus haben wir einen atemberaubenden Blick auf die Landschaft«, schlug Philipp vor.

Scarlett stieg auf. Wenig später trabten sie vom Hof.

Eine Zeitlang ritten sie schweigend nebeneinanderher, bis Philipp die Stille unterbrach. »Am Wochenende findet das Fest statt. Ich lade dich und Gloria hiermit offiziell ein. Eine schriftliche Einladung ist unterwegs.«

»Das ist in vier Tagen. So viel ich weiß, wird meine Grandma, wegen ihrer Beschwerden nicht daran teilnehmen. Sie fühlt sich zu unsicher.«

»Das muss ich wohl akzeptieren«, antwortete Lord Sinclair.

Der Weg zu den Klippen war beschwerlich, aber wunderschön. Oben auf dem Plateau angekommen, ließen sie die Pferde ruhen. Sie marschierten ein Stück zu Fuß.

»Warum behandelst du deine Angestellten so herablassend?« Scarlett konnte sich nicht zurückhalten. Sie musste es fragen.

Er schaute sie an, als habe sie ihn geohrfeigt. »Herablassend? Sie arbeiten für mich, erhalten ein anständiges Gehalt. Muss ich ihnen in den Hintern kriechen?«, fragte er aufsässig.

»Philipp!«, rief sie empört. »Es sind Menschen und ihnen gebührt der gleiche Respekt, den du von ihnen erwartest.«

»Du traust dich was. Das sind Dinge, die dich nichts angehen.«

»Mag sein, aber ich hasse es, wenn jemand ungerecht behandelt wird.«

»Lass uns nicht streiten, ich werde mich bemühen, freundlicher zu sein. Einverstanden?«

Scarlett nickte. Er schaute sie an. Sie sah das Feuer in seinen Augen und ein Zucken um seinen Mund. Ihre Herzen brannten, sie spürte es.

»Philipp, lass es, bitte.« Sie sagte es, bevor er sich rührte.

»Ich kann und will nicht. Ich denke Tag und Nacht an dich.

Scarlett, darf ich dich küssen? Wenn du nein sagst, wage ich es trotzdem.«

Sie spürte große Lust, sich an ihn zu pressen. Langsam trat sie vor ihn hin und flüsterte: »Küss mich.«

Philipp nahm sie behutsam in den Arm, umschloss mit seinen Händen ihr Gesicht und drückte zärtlich seine Lippen auf ihren Mund. Scarlett schlang ihre Arme um seinen Hals. Wie zwei Ertrinkende küssten sie sich und eine erregende Welle schwemmte über Scarlett hinweg. Als sie sich voneinander lösten, sagte Philipp: »Ich habe mich in dich verliebt. Du bist die erste Frau, nach Marys Tod, die ich anziehend finde.«

»Lass es uns langsam angehen«, erwiderte Scarlett. Sie kuschelte sich in seinen Arm. Schweigend schauten sie hinunter auf das tiefblaue Meer.

»Du bist nicht gebunden?«, fragte er.

Sie schüttelte den Kopf. »Mit Micha bin ich seit fünf Jahren befreundet. Wir haben viel miteinander unternommen, können uns alles anvertrauen. Sozusagen, eine platonische Liebe. Zwischendurch hatte ich eine Beziehung. Dauerte sechs Monate, war nicht das Richtige. Bei dir ist es anders. Es erregt mich, wenn du mich berührst. Darf ich dich was fragen, Philipp?«

»Alles, was du willst.«

»Warum ist deine Frau ertrunken? War sie keine gute Schwimmerin?«

Er seufzte. »Scarlett, ich habe bisher mit keinem darüber gesprochen. Du bist die Einzige, der ich die Wahrheit erzähle. Mary ist nach langer Zeit endlich schwanger geworden. Wir waren beide glücklich. Das Schicksal meinte es nicht gut mit uns. Im 3. Monat verlor sie das Baby, kurz bevor wir uns entschlossen hatten, unser Geheimnis preis zu geben. Niemand hat davon erfahren. Mary war ein anderer Mensch geworden. Sie sprach kaum, aß nichts mehr, ging mir aus dem Weg. Stundenlang wanderte sie am Strand entlang, bis sie eines Tages nicht zurückkam. Ich ging sie suchen und fand sie tot im Sand. Sie war nicht weit hinausgegangen. Die Wellen spülten sie zurück ans Ufer. Der Arzt stellte fest, dass sie ertrunken war. Mary war eine hervorragende Schwimmerin. Sie hatte eindeutig Selbstmord begangen. Ich konnte mit meinem Schmerz nicht umgehen und entfernte mich von Freunden und Bekannten.« Philipp hielt inne. »Bitte, Scarlett, das bleibt unter uns.«

»Versprochen. Aber es ist traurig, dass euch so ein Leid geschehen ist.«

Die Pferde schnaubten.

»Komm, Liebes, wir reiten zurück.« Philipp drückte sie liebevoll, bevor sie die Pferde bestiegen.


Scarlett und der Lord

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