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Gayle starrte zu mir hoch. Ihre Augen funkelten vor Zorn. „Ich kann es gar nicht fassen, dass du so bösartig sein kannst“, schrie sie.

„Was?“ Die Sporthalle drehte sich vor meinen Augen. Ich setzte mich auf eine der Bänke.

„Die Katze!“, brüllte Riki. „Du hast die Katze von der Tribüne geschmissen!“

Die beiden Mädchen starrten mich an. Vor Schreck waren sie ganz bleich geworden.

„Nein!“, protestierte ich. „Komm schon, Riki ... Gayle. Ich habe die Katze nur losgelassen, damit ich mich an Dwayne festhalten konnte.“

„Stimmt”, mischte sich Dwayne ein, der langsam die Stufen der Tribüne nach unten ging.

Doch Gayle war nicht zu beruhigen.

„Du bist ein ganz gemeiner Kerl, Marty“, fauchte sie. „Du hast die arme Katze umgebracht!“

„Na, hör mal, Gayle“, sagte ich flehend. „Wir haben es nicht absichtlich getan. Du hast doch selber gesehen –“

„Ich sage dir, was ich gesehen habe!“, schrie Gayle. „Ihr drei Vollidioten habt die Katze gejagt und von der Tribüne geworfen! Du hast ein kleines hilfloses Tier ermordet, Marty. Du bist ein ... ein –“

„Hey, Jungs“, rief Dwayne zu uns nach oben. „Wie wäre es mit etwas Katzeneintopf?“

Barry lachte. Aber mir war nicht nach Lachen zumute, als ich die Stufen zum Court hinunterhumpelte.

Gayle verzog angewidert den Mund, und die Tränen standen ihr in den Augen.

Dwayne hielt die tote Katze am Schwanz hoch. Gayle und Riki stießen einen gellenden Schrei aus. Dwayne hatte ein paar Blutstropfen auf seinem Hawaii-Hemd, doch das schien er gar nicht zu merken.

„Komm schon, Gayle“, stöhnte Dwayne. „Wen kümmert die doofe Katze? Sie hat doch immer bloß das Training gestört. Zwischen einer streunenden Katze und einer Ratte gibt’s doch gar keinen Unterschied.“

„Du Idiot“, zischte Gayle. „Ratten sind Schädlinge. Katzen sind schöne und edle Tiere.“

„Ich bin auch schön und edel“, gab Dwayne grinsend zurück.

Gayle wurde rot im Gesicht vor Wut. Riki stand schweigend neben ihr und schüttelte den Kopf.

„Du kennst mich jetzt seit vier Jahren“, erinnerte ich Gayle. „Glaubst du wirklich, ich würde eine Katze absichtlich töten? Oder überhaupt ein Tier? Jetzt hör bloß auf!“

„Ich weiß, was passiert ist, Marty“, entgegnete Gayle. „Versuche nicht, mir einzureden, ich hätte mir das alles eingebildet. Ich stand genau hier und habe alles mit eigenen Augen gesehen. Schließlich bin ich nicht blöd.“

„Das habe ich auch nie behauptet”, sagte ich besänftigend. „Aber Gayle, du weißt doch, wie sehr ich zum Beispiel Teddy liebe. Wenn ich die Katze umgebracht hätte, wäre das dasselbe, als ob ich meinen eigenen Hund Teddy töten würde. Ich könnte doch keinem Tier was zuleide tun.“

Dwayne hielt immer noch die Katze hoch.

„Hey, Gayle, brauchst du vielleicht einen Pelzkragen?“, fragte er. Dann brachen Barry und er in lautes Gelächter aus.

„Das reicht. Ich verschwinde von hier!“, schrie Gayle empört.

„Hört auf, Jungs!“, brüllte ich. Langsam wurde ich echt wütend. „Das ist nicht witzig.“

Ich wandte mich an Riki. „Hilf mir bitte, Riki“, flehte ich. „Du weißt doch, dass ich niemals ein Tier töten würde. Ja, okay, ich war echt sauer auf die Katze. Und ich habe sie auch gejagt. Okay, ich wollte sie loswerden. Aber nicht, indem ich sie umbringe!“

Riki fuhr sich mit der Hand durch ihr kurzes blondes Haar.

„Riki?“, fragte ich bittend.

„Ich habe gedacht, ich würde dich gut kennen“, sagte sie leise. „Aber ich habe es auch gesehen, Marty. Vielleicht hast du es nicht absichtlich getan. Vielleicht war es wirklich ein Unfall. Aber es sah nicht so aus.“

„Oh Mann, ihr seid ja alle verrückt!“, schrie ich und hob verzweifelt die Hände.

Dann wandte ich mich wieder an Riki, doch sie wich meinem Blick aus.

„Also gut“, stammelte ich. „Wie auch immer. Du und Gayle – glaubt ruhig, was ihr wollt! Ich gehe jetzt. Ich muss mein Knie schonen, damit ich nächste Woche Basketball spielen kann.“

„Verschwinde doch“, sagte Gayle bissig. „Was hält dich denn noch hier?“

„Ich glaube es einfach nicht!“, stieß ich aus. „Erst ruiniert diese blöde Katze mein Knie. Dann versuche ich, sie aus der Sporthalle zu holen, und sie zerkratzt mir den Arm und das Gesicht. Übrigens blute ich, falls ihr das noch nicht bemerkt haben solltet!“

Ich wischte mir das Blut von der Stirn. Keines der beiden Mädchen schien Mitleid mit mir zu haben.

„Hey, es tut mir leid, dass die Katze tot ist, ich habe das nicht gewollt“, beharrte ich.

Weder Gayle noch Riki antworteten.

„Hat die Katze eure Zunge gefressen?“, fragte Barry.

„Halt’s Maul, Barry!“, schrie ich. „Du und Dwayne – ihr benehmt euch wie Schwachköpfe. Warum sagt ihr nichts zu meiner Verteidigung?“

Stumm standen Dwayne und Barry da. Wenigstens war ihnen jetzt das Lachen vergangen.

„Na, was ist?“, drängte ich.

„Komm schon, Marty“, sagte Dwayne schließlich und zuckte mit den Schultern. „Wen interessiert schon eine Katze?“

„Und außerdem“, fügte Barry hinzu, „sind wir deine besten Freunde. Wer wird uns glauben, wenn wir behaupten, du hättest die Katze nicht umgebracht?“

Sie hatten recht. Die Leute würden viel eher Gayle glauben. Schließlich waren wir „die drei Musketiere“. Deswegen war Gayle hergekommen, um über uns zu schreiben.

Nur dass die Geschichte jetzt etwas anders aussah.

„Gayle, bitte –“, fing ich wieder an.

„Es gibt nichts, worüber ich noch mit dir reden müsste“, unterbrach sie mich. „Marty, du bist nicht so, wie ich dachte. Diese Sache wird ein Nachspiel für dich haben.“

Gayle starrte mich einen Augenblick lang kalt an, dann drehte sie sich um und stürmte davon. Riki folgte ihr auf den Fersen.

Auch Dwayne und Barry eilten aus der Halle. Ich sah, dass sie die tote Katze in den Mülleimer am Ausgang der Sporthalle warfen.

Ich schauderte, als ich Gayles Blick vor Augen hatte.

Sie war so wütend. So angewidert.

Der Tod der Katze war ein Unfall gewesen. Ich gab ja zu, dass es wirklich schade um das Tier war. Aber ganz ehrlich – was war eigentlich Gayles Problem? Was war daran so schrecklich, dass sie mich deswegen so behandelte?

Natürlich hatte ich an diesem Nachmittag noch keine Ahnung, wie zornig Gayle tatsächlich war.

Und ich konnte nicht wissen, dass der Tod der streunenden Katze erst der Anfang war.

Und dass noch ganz andere sterben würden, bevor das Schuljahr vorbei war.

Fear Street 50 - Mörderische Krallen

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