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1.05 Das Glück, mit Zahlen zu zählen

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In diesem Technischen Zeitalter vergessen wir oft, dass es schon lange vor der Zeit der Motorisierung geniale Erfindungen gegeben hat, die völlig anonym geblieben sind. Auf die Idee, sich eine Idee patentieren zu lassen, kommt nicht jeder. Der Karrenbauer, der das erste Rad auf eine Achse gesteckt und an eine Kiste montiert hat, begnügte sich vielleicht damit, seine Erfindung anderen vorzuführen und war stolz, wenn jemand es ihm nach gemacht hat. Heute wird alles patentiert, was nachweisbar noch nicht patentiert ist, um damit viel Geld zu verdienen.

Die Erfindungen in vorhistorischer Zeit sind, obwohl die Erfinder unbekannt sind, weder unbedeutend noch selbstverständlich.

Auf dem amerikanischen Kontinent gab es, bevor die Europäer dort auftauchten und fast alles zerstört haben, mehrere Hochkulturen. Aber in keiner dieser Kulturen gab es Räder. Deshalb gab es auch keine Wagen, keine Flaschenzüge und keine Mühlen.

Es ist erstaunlich, wie die mittelamerikanischen Maya ohne Wagen, ohne Flaschenzug, aber auch ohne Pferde und Elefanten, ihre Steine transportiert und die Gebäude errichtet haben. Genau so hat es große Kulturen gegeben, die Geld nicht kannten und sich mit dem Tausch von Waren begnügen mussten.

Die Grundvoraussetzung dafür, dass Geld so handlich ist und digital übermittelt werden kann, ist ein geeignetes Zahlensystem. Unser dekadisches System und seine Ziffern sind vor knapp 1500 Jahren in Indien entstanden. Genauer gesagt handelt es sich dabei um ein positionelles dekadisches System.

Dass die Basis eines Zahlensystems die 10 ist, kann man leicht nachvollziehen, weil der Mensch ja zehn Finger hat. Die Genialität der Erfindung liegt darin, dass die erste Zahl im dekadischen System nicht eins sondern null ist und dass die 10 als zweistellige Zahl geschrieben wird.

Hat man erst einmal ein einstelliges Zeichen für Zehn bestimmt, was naheliegend ist, wie bei den römischen Zahlen das X, dann ist es schon zu spät. Man schreibt dann zehn als X und erst die 11 als zweistellige Zahl, römisch XI.

Zum dekadischen System gehört, dass die Null eine echte Zahl ist und nicht das Fehlen einer Sache oder das Fehlen einer Zahl. Wenn die Zehn aus 1 und 0 besteht, dann kann man das System mit 10, 100, 1000 immer weiter ausbauen. Entscheidend ist das positionelle Prinzip. Es ordnet jeder Ziffer durch ihre Stellung in der Reihenfolge eine Potenz der Grundzahl zu. Beginnend von hinten kommen erst die Einer, dann die Zehner, dann die Hunderter, dann die Tausender.

Mit Zahlen in einem positionellen System kann man dann richtig flott rechnen: Addieren und subtrahieren, multiplizieren und dividieren. Und wer weiß wie, kann sogar Quadratwurzeln ziehen.

Diese Erfindung der Inder ist so dynamisch, dass sich nicht nur das von ihnen erfundene positionelle dekadische System, sondern auch die damit verbundenen Ziffern, also die Ziffern, 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, auf der ganzen Welt, über alle Sprachbarrieren hinweg in ihrer markanten schriftlichen Form, verbreitet haben.

Das positionelle dekadische System hat sich wahrscheinlich aus Handzeichen entwickelt, die man auf Märkten und in Basaren beim Handel benutzte. Das ist besonders vorteilhaft, wenn man sich sprachlich nicht verständigen kann. Wenn man dann versucht, möglichst einfach Zahlen mit nur einer Hand, statt mit zwei Händen, darzustellen, kommt man auf Handzeichen, denen die indisch-arabischen Ziffern sehr ähnlich sind. Diese Entwicklung wird anhand von Fotos auf kritlit.de sehr ausführlich erklärt: kritlit.de/zahlen/zaeh.html

Vom positionellen dekadischen System zum dualen System der digitalen Welt ist dann für Mathematiker nur ein kleiner Schritt. Es ist die maximale Vereinfachung. Damit können elektronische Systeme rechnen, die nur Null und Eins unterscheiden.

Zahlen sind der Gipfel der Abstraktion und trotzdem jedem verständlich. Deshalb könnte Geld, das in Zahlen ausgedrückt wird, ebenso verständlich sein. Das wird aber dadurch erschwert, dass man für Geld alles eintauschen oder kaufen kann und sich im Kopf immer alle möglichen Dinge ins Bewusstsein schieben, die man für Geld haben kann oder haben könnte, wenn man genug Geld hätte: Autos, Häuser, Yachten, Weltreisen und ein sorgenloses Leben.

Das abstrakte Geld ist äußerst praktisch. Es wird repräsentiert durch Münzen und Geldscheine, oder einfach Zahlen auf einem Konto, es ist beweglich und einfach zu zählen. Man braucht dazu keine Waage, keinen Messbecher und keinen Zollstock. Voraussetzung ist, dass man das dekadische Zahlensystem beherrscht.

Bei einer Münze, auf der die Zahl 5 eingeprägt ist, gehören die Zahl und das Zahlungsmittel unmittelbar zusammen. Wenn Münzen und Geldscheine, aber auch Geld- und Kreditkarten alle Eigenschaften, einschließlich der Akzeptanz, besitzen, können sie die Funktion des Geldes voll übernehmen.

Schon längst ist nicht einmal ein Zahlungsmittel mehr nötig, um Geld zu realisieren. Es genügt, dass beide Seiten bei der Bewegung des Geldes die Buchung der Zahl in der genannten Währung akzeptieren. Dann erfüllt auch die informative Buchung der Zahl auf einem digitalen Speicherplatz, die Funktion des Geldes.

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