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1.04 Falsche und halb richtige Erklärungen

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Zur Beweglichkeit des Geldes gehört, dass der Wert, wenn es weiter gereicht wird, von beiden Seiten akzeptiert wird und zwar genau in gleicher Höhe. Der eine gibt den Euro, der andere nimmt das Geld an, ohne über den Wert zu verhandeln. Diese Eigenschaft gehört definitiv zur Beweglichkeit des Geldes wie die Achse zum Rad. An einen, der den Wert nicht akzeptiert, wird Geld nicht weitergegeben.

Die Akzeptanz ist so wichtig, weil dadurch die Gemeinschaft aller Käufer und Konsumenten ins Spiel kommt. Das Geld ist auf unsere Akzeptanz angewiesen. Wenn wir seinen Wert als Gemeinschaft akzeptieren, hat es diesen Wert, sonst nicht.

Akzeptanz wird zum Schlüsselbegriff, wenn wir uns fragen, wem das Geld oder eine Währung als Ganzes gehört. Es gehört denen, die es akzeptieren und die damit wirtschaften, nicht den Reichen allein.

In den USA ist der Dollar Privateigentum, er gehört der Notenbank FED und die ist im Besitz einer Gruppe von Privatbanken. In Europa ist das anders. Der Euro ist nicht in Privatbesitz, weil die EZB den Staaten gehört und damit theoretisch den Bürgern. Die Frage, wem eine Währung gehört, wird dann wichtig, wenn Geld erzeugt oder gedruckt werden soll.

Die Akzeptanz wird oft nicht als entscheidendes Kriterium angesehen, sondern einfach als selbstverständlich vorausgesetzt. Doch ohne Akzeptanz hat Geld keinen Wert; es ist so etwas wie Spielgeld. Das merken wir dann, wenn es eine Währungsreform gibt. Die alten Münzen und Scheine sind wertlos, weil keiner sie mehr akzeptiert. Wir lassen Kinder damit spielen.

Die Definition des Geldes wurde so ausführlich behandelt, weil sie nicht unumstritten ist. Wer über Geld redet, bekommt oft auch ganz andere Erklärungen über das Wesen des Geldes zu hören.

Die erste Behauptung in dieser Art ist: Geld ist eine Information.

Das ist sehr oberflächlich. Geld kann zwar informell übertragen werden, aber es ist nicht nur eine Information. Die Information besteht ja nur aus zwei Angaben: Zahl und Währungseinheit. Das reicht aber nicht aus, damit ist noch kein Geld bewegt. Wenn einer sagt, ich gebe dir 50 Euro, dann ist das zunächst nur eine Behauptung oder ein Versprechen, es kann auch Betrug sein. Es fehlt nämlich die Aktion, Geldschein herausholen und übergeben, oder sonst eine Form von Transaktion: Überweisen, Abbuchen. Erst durch eine Transaktion wird die Bewegung des Geldes realisiert und die Akzeptanz kommt ins Spiel, indem der Empfänger das Geld annimmt oder die Bank die Überweisung bestätigt. Die bloße Information genügt nicht.

Eine zweite, ähnliche Behauptung ist folgende: Geld ist ein Medium.

Eine solche Behauptung ist, meiner Meinung nach, Geschwafel. Es ist keine Erklärung, dessen, was Geld ist, sondern eine falsche Anwendung des Begriffs Medium. Ein Geldschein überträgt zwar eine Information wie ein Medium, aber nur über zwei Dinge: Zahl: fünfzig. Einheit: Euro. Damit ist der Geldschein noch kein Medium wie die Sprache oder die Schrift. Ein Medium ist ein System, das Nachrichten allgemeiner Art übermittelt, nicht nur zwei separate Angaben. Genau so wenig ist eine Taste auf dem Klavier schon Musik.

Dritte Behauptung: Geld ist ein Fetisch.

Dieser Satz ist nicht falsch, schon deshalb nicht, weil er auf Karl Marx zurück gehen soll. Doch es handelt sich dabei nicht um eine Definition, es ist nicht einmal eine genaue Beschreibung, sondern eine Bewertung. Das Wort Fetisch ist das persönliche Urteil über eine entartete Sichtweise von Geld. Geld kann zum Fetisch werden, genau wie Unterwäsche. Aber Geld und Unterwäsche sind nicht dazu geschaffen und werden üblicherweise auch nicht als Fetisch benutzt, sondern nur in Ausnahmefällen. Ausnahmefälle können das Wesen einer Sache aber nicht definieren.

Die vierte Behauptung ist nicht leicht zu widerlegen, nämlich: Geld lässt sich nicht definieren, nur die Praxis bestimmt, was Geld ist.

Gemeint ist mit dieser Behauptung, dass es viele Möglichkeiten gibt, Geld zu realisieren. Es kommt auf die User, die Gesellschaft oder die Kultur an, was als Geld gilt und wie es genutzt wird. Die Behauptung ist also für Kulturhistoriker nicht falsch. Hier geht es aber um das Geld in der heutigen Wirtschaft und Finanzwirtschaft. Weil wir dieses Geld aber bereits klar definiert haben, ist die Behauptung, dass es nicht definierbar ist, außer Kraft gesetzt.

Wer die abstrakte Definition akzeptiert, hat es einfacher, als derjenige, der alle Phänomene und Erscheinungsformen betrachtet und die ganze geschichtliche Entwicklung des Geldes. Darüber müsste man wieder ein dickes Buch lesen oder schreiben. Es begann wohl irgendwo im Zweistromland, im heutigen Syrien, mit Schuldverpflichtungen. Soundsoviele Schafe, Ziegen oder Scheffel Getreide waren geliehen und mussten zurück gegeben werden. Diese Verpflichtung wurde von Priestern mit der Macht der Religion registriert und das ist so ein erster Ansatz für zertifizierten Geldverkehr. Wir aber leben im digitalen Zeitalter, wo abstrakte Zahlen sehr schnell und sicher von Prozessoren und Algorithmen bewegt werden.

Aus der Beobachtung vom Umgang mit dem Geld kann man vier Kriterien abstrahieren, die immer vorhanden sind. Zahl, Währungseinheit, Beweglichkeit und Akzeptanz. Man kann aber, wenn man will, weitere Behauptungen über das Geld aufstellen:

Geld ist braun,

Geld ist Macht,

Geld ist flüssig,

Geld ist die Ursache allen Übels.

Das sind Äußerlichkeiten und Ansichten oder auch tiefere Einsichten, sie widersprechen nicht der Definition. Philosophisch gesehen lässt sich jede Definition in Frage stellen. Die Aussage also, dass sich etwas nicht definieren lässt, ist immer möglich.

Die fünfte anderslautende Behauptung über Geld beruht auf einem kleinen Irrtum: Geld ist eine Ware.

Das stimmt beinahe, weil Geld auf dem Markt wie eine Ware den Besitzer wechselt, aber es unterscheidet sich von allen Waren dadurch, dass es keinen eigenen Wert besitzt, sondern einen Wert nur symbolisiert. Geld hat immer einen Tauschwert, aber schon lange nicht mehr einen entsprechenden Warenwert, selbst dann nicht, wenn das Geld als Münze noch einen Metallwert hat oder als fälschungssicherer Geldschein viel Geld kostet. In beiden Fällen ist der Warenwert von Münzen und Scheinen nicht gleich dem Tauschwert. Geld ist also keine Ware, wird aber im Warenverkehr als Tauschmittel gegen alle wirklichen Waren eingetauscht.

Die Begriffe Geldhandel und Geldmarkt sind deshalb etwas ungenau. Geld wird mit Zinsen ja nicht bezahlt, also es wird nicht gekauft oder verkauft, sondern es wird eine Dienstleistung oder ein Risiko mit Zinsen honoriert. Man kann diesen Vorgang als Handel bezeichnen, meint damit aber etwas anderes als beim Handel mit Kartoffeln, Drogen oder Aktien.

Wir bleiben also bei unserer abstrakten Definition: Geld ist eine Zahl, welche den Betrag in einer Währungseinheit angibt. Es wird weiter gereicht oder informell übermittelt und beide Seiten der Transaktion akzeptieren den Wert in gleicher Höhe, ohne über den Wert zu verhandeln. Verhandelt wird nur über die Zahl.

Geld ist an erster Stelle eine Zahl.

Die schlaue Frau Frings hat nur mit dem Kopf genickt. Das macht Mut, weiter zu gehen.

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