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1. Einzelrichter, Ausschüsse, Kammern, Große Kammer

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Der Gerichtshof besteht derzeit – der Anzahl der Vertragsparteien entsprechend – aus 47 Richterinnen und Richtern, die sich auf insgesamt fünf Sektionen (Sections) verteilen. Die Sektionen werden auf Vorschlag des Präsidenten (Art. 25 lit. b EMRK) für die Dauer von drei Jahren durch das Plenum gebildet (Rule 25 Abs. 1).

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Innerhalb der Sektionen werden Einzelrichter (Single Judge) ernannt, Ausschüsse (Committee) mit drei Richtern und Kammern (Chamber) mit sieben Richtern gebildet. Sämtliche Spruchkörper des Gerichtshofs tagen ständig (Rule 21 Abs. 1 Satz 1). Lediglich im August findet ferienbedingt eine Sitzungspause statt.

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Deutsche Richterin am EGMR ist seit dem 1.1.2011 Prof. Dr. Dr. h.c. Angelika Nußberger, frühere Direktorin des Instituts für Ostrecht an der Universität zu Köln. Sie löste die frühere Verfassungsrichterin Dr. h.c. Renate Jaeger (2004-2010) ab. Deren Vorgänger waren Prof. Dr. Georg Ress (1998-2004), Prof. Dr. Rudolf Bernhardt (1981-1998) und Prof. Dr. Herrmann Mosler (1959-1980).

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Die allgemeinen Qualifikationsanforderungen und das Wahlverfahren für die Richter ergeben sich aus Art. 21 ff. EMRK. Die Richter werden für jeden Staat aus einer von diesem Staat vorgelegten Vorschlagsliste von drei Kandidaten mit der Mehrheit der Stimmen von der Parlamentarischen Versammlung des Europarates für neun Jahre gewählt (Art. 22, 23 Abs. 1 Satz 1 EMRK). Die Wiederwahl ist nicht (mehr) zulässig (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EMRK).

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Endet die Amtszeit (durch Zeitablauf oder gemäß Art. 23 Abs. 2 EMRK mit der Vollendung des 70. Lebensjahres), so bleibt der Richter bis zum Amtsantritt des Nachfolgers im Amt. Darüber hinaus bleiben Richter in den Rechtssachen weiter tätig, mit denen sie bereits befasst sind (Art. 23 Abs. 3 EMRK).[63] Nach Inkrafttreten des 15. Protokolls (CETS 213) dürfen Bewerber auf der Vorschlagsliste der Vertragsstaaten für das Richteramt künftig das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

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Jeder Richter ist Mitglied einer Sektion, deren Zusammensetzung sowohl in geographischer Hinsicht als auch in Bezug auf die Vertretung der Geschlechter ausgeglichen sein und den unterschiedlichen Rechtssystemen der Vertragsparteien Rechnung tragen soll (Rule 25 Abs. 2). Scheidet ein Richter vor Ablauf des Zeitabschnitts, für den die Sektion gebildet wurde, aus dem Gerichtshof aus, so wird er durch seinen Nachfolger als Mitglied der Sektion ersetzt (Rule 25 Abs. 3).[64]

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Der Einzelrichter (Single Judge) kann eine Beschwerde (endgültig) für unzulässig erklären oder im Register streichen, „wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann“ (Art. 27 Abs. 1 EMRK). Der für einen Vertragsstaat gewählte Richter (sog. „nationaler Richter“) darf dabei nicht als Einzelrichter über Beschwerden entscheiden, die diesen Staat betreffen (Art. 26 Abs. 3 EMRK).

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Die aus drei Richtern bestehenden Ausschüsse (Committee) (Art. 26 Abs. 1 EMRK) werden aus dem Kreis der Mitglieder jeder Sektion – mit Ausnahme ihres Präsidenten – im Rotationsverfahren für zwölf Monate gebildet (Rule 27 Abs. 2). Ein Ausschuss darf neben einer (endgültigen) Entscheidung über die Zulässigkeit auch über die Begründetheit einer Beschwerde befinden, letzteres allerdings nur auf der Grundlage einer „gefestigten Rechtsprechung“ (well-established case-law) des Gerichtshofs (Art. 28 EMRK). Zur weiteren Prüfung übermittelt der Ausschuss die Beschwerde einer Kammer, falls eine Entscheidung nach Art. 28 EMRK nicht getroffen werden kann (Rule 53 Abs. 6)

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Im Übrigen hat die mit sieben Richtern besetzte Kammer (Chamber) über die Begründetheit von Beschwerden zu entscheiden. Ihr gehört neben dem Sektionspräsidenten von Amts wegen der für den als Partei beteiligten Staat gewählte „nationale Richter“ an (Art. 28 Abs. 2 EMRK). Ist der für eine Vertragspartei gewählte Richter – wegen Ausschluss, Befangenheit (vgl. Rule 28), Rücktritt, Tod oder aus einem anderen Grund – nicht in der Lage, an der Verhandlung über eine Beschwerde teilzunehmen, so kann der betreffende Vertragsstaat an seiner Stelle einen anderen Richter des Gerichtshofs oder eine andere Person benennen, die in der Eigenschaft eines Richters an den Sitzungen der Kammer teilnimmt (sog. ad hoc-Richter; Art. 26 Abs. 4 EMRK/Rule 29 Abs. 1 lit. b).

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Es gibt weder Kammern für spezielle Fragestellungen noch eine regionale Verteilung der Beschwerden auf einzelne Spruchkörper.

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Die mit 17 Richtern besetzte Große Kammer (Grand Chamber, Art. 26 Abs. 4, 5 EMRK; Rule 24) entscheidet als übergeordneter Spruchkörper erstinstanzlich und abschließend über Individualbeschwerden, wenn eine Kammer die Rechtssache an sie abgibt, weil diese ihrer Ansicht nach eine schwerwiegende Auslegungsfrage der Konvention aufwirft oder die zu treffende Entscheidung zu einer Abweichung von einem früheren Urteil des Gerichtshofs führen kann (Art. 30 EMRK). Künftig kann die Abgabe an die Große Kammer nicht mehr durch Widerspruch einer Partei verhindert werden, Art. 3 des 15. P-EMRK (CETS 213).

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Als Kontrollinstanz entscheidet die Große Kammer, wenn eine der Parteien die Verweisung der Rechtssache an sie beantragt (Art. 43 EMRK; siehe Rn. 335). Auch für die Erstellung der advisory opinions im Rahmen des durch das 16. Protokoll zur EMRK (CETS 214) neu geschaffenen Vorabentscheidungsverfahrens wird die Große Kammer zuständig sein.

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Das Plenum des Gerichtshofs (Plenary Court) nimmt rein organisatorische und administrative Aufgaben wahr und erlässt die für die Einlegung und Behandlung der Individualbeschwerde maßgeblichen Rules of Court (Art. 25 lit. d EMRK).

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