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Markus Schauta Saudi-Arabien als Großmacht

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Als im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings 2011 Millionen Menschen auf die Straße gingen und gegen ihre Langzeitherrscher demonstrierten, war das ein Alarmzeichen für Saudi-Arabien. Im Jänner wurde Tunesiens Präsident Zine El Abidine Ben Ali aus dem Land gejagt. Im Februar musste der ägyptische Präsident Hosni Mubarak abtreten. Ben Ali und Mubarak verkörperten für die Saudis außenpolitische Stabilität; vor allem Mubarak, der im Sinne der Saudis jahrzehntelang die Muslimbrüder verfolgte, die für die Golfmonarchie eine Bedrohung im eigenen Land aber auch in der Region darstellten. Mit dem Ende ihrer Herrschaft begann in Tunesien und Ägypten, was Saudi-Arabien befürchtet hatte: Der Aufstieg der politischen Islamisten. In Ägypten wurde der Muslimbruder Mohammed Mursi Präsident, in Tunesien gewann mit der Ennahdha eine den Muslimbrüdern nahestehende Partei die Wahlen. Die Saudis fürchteten sich vor diesem demokratisch legitimierten Islamismus, durch den ihr eigenes Herrschaftsmodel in Frage gestellt werden könnte.50

Seit Beginn des Arabischen Frühlings haben die Golfstaaten daher auf die Entwicklungen eingewirkt und politische wie ökonomische Mittel eingesetzt, um sie in ihnen genehme Bahnen zu lenken. Neben der Gefahr durch die Muslimbrüder, brachten die Aufstände in der arabischen Welt aus saudischer Perspektive auch ein Erstarken des Iran mit sich. Die Proteste in Bahrain oder Jemen betrachteten die Saudis als anti-sunnitische, vom Iran oder schiitischen Proxies gesteuerte, die sich gegen die Regierung in Riad richteten. In Syrien, wo sich die Proteste zu einem blutigen Krieg auswuchsen, standen sich Iran und Saudi-Arabien durch ihre jeweiligen Verbündeten – das syrische Regime und die Opposition – gegenüber.

Mit den Aufständen im Nahen Osten änderte sich die Außenpolitik Saudi-Arabiens. Die Strategie des Nicht-Einmischens schien an ihre Grenze gestoßen zu sein.51 Die Golfmonarchie begann nun gezielt, verbündete Regime oder Oppositionelle zu stützen und ließ sich auf Militäreinsätze ein. Die Eindämmung iranischen Einflusses in der Region ist eines der großen Ziele dieser politischen Wende. Mit wechselnden Erfolgen: In Syrien scheint der Kampf gegen Assad und den ihn unterstützenden Iran vorerst verloren. Im Jemen steckt die Golfmonarchie im vierten Jahr in einem nahöstlichen Vietnam fest. Den Ausstieg der USA aus dem »Joint Comprehensive Plan of Action« (JCPOA), der auch als Atomabkommen bekannt ist, verbuchen die Saudis hingegen als Sieg.

Doch nicht ausschließlich Spannungen mit dem schiitischen Iran prägen die saudische Außenpolitik. Spannungen gibt es auch mit sunnitischen Staaten, wie etwa der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Katar zeigt, der im Zuge des Arabischen Frühlings hochkochte und 2017 eskalierte. Das Ringen der Saudis um die Vorherrschaft im Golfkooperationsrat (GCC) dauert bis heute an, in ihrer gegen Katar gerichteten Politik haben sie auch afrikanische Staaten mobilisiert. Und das Bündnis zwischen Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ist nicht ganz ungetrübt. Nach vier Jahren Krieg im Jemen haben die Emirate keine Ambitionen, ihre Soldaten weiter gegen die Huthi im Norden des Landes kämpfen zu lassen. Ihr primäres strategisches Ziel hingegen ist die Kontrolle über das Bab al-Mandab. Um sich den Einfluss entlang dieser strategisch wichtigen Wasserstraße zu sichern, leisten sie Militärhilfe an die Separatisten im Südjemen, die wiederum die von Riad unterstützte Regierung von Präsident Mansour Hadi bekämpfen. Auch in der Iran-Frage tendieren die Emirate zu einer weicheren Gangart. Nach außen versucht man zu beschwichtigen, doch die Allianz der beiden Golfmonarchien hat Risse bekommen.

Die folgenden Abschnitte beleuchten drei große Felder saudischer Außenpolitik; Riads Position im Atom-Deal mit dem Iran, den Konflikt mit Qatar und die politischen, militärischen und ökonomischen Aktivitäten Riads am Horn von Afrika.

Krise am Golf

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