Читать книгу Kleine Helden, große Abenteuer - Robert Habeck - Страница 8
ОглавлениеBeim Frühstück schmiert Ben sich eine dicke Schicht Honig auf das Brötchen. Es ist bereits sein drittes. Der Honig tropft über den Rand. Ben leckt sich die Finger ab, und Jakob muss lachen. Auch Jakobs Vater lacht: „Pass auf, Ben, dass du keine Bauchschmerzen bekommst!“
„Die krieg ich nicht. Dafür schmeckt es viel zu gut“, antwortet Ben und denkt, dass der Geschwistertausch eine gute Idee war. Jetzt wohnt er schon drei Tage bei Jakob. Die Zeit vergeht wie im Flug.
„Was wollt ihr denn heute Abend essen?“, fragt der Vater in Bens Gedanken hinein. Jakob findet, Eierkuchen seien eine gute Idee, Ben ist für Pommes frites. Dann hat er eine Idee: „Nein, viel besser! Zum Abendbrot gibt es selbst gefangene Fische!“
Jakob ist sofort begeistert. Aber sein Vater ist dagegen. „Einfach so Fische fangen ist verboten, dazu braucht man einen Angelschein. Wie wär’s stattdessen mit Pizza?“
Die Jungen sehen sich an. Pizza ist lecker, aber ein bisschen langweilig. Doch dann nicken sie. Zum Schulteich können sie ja trotzdem. Und so gehen Ben und Jakob gleich nach dem Frühstück zu dem kleinen Teich hinter der Schule. Trotz der Hitze haben sie Gummistiefel an.
„Ziemlich grün, das Wasser“, stellt Ben fest, als sie auf dem kleinen Steg stehen, der in den Schulteich führt. Tatsächlich ist der ganze Teich dicht mit Entengrütze bewachsen.
„Der See sieht aus wie ein runder Fußballplatz“, findet Jakob.
„Oder als ob ein riesiges grünes Kaugummi auf dem Wasser liegt“, meint Ben.
Die beiden Jungen legen sich auf den Bauch und beginnen, die kleinblättrigen Wasserpflanzen mit Stöcken zur Seite zu schieben.
Bald haben sie ein großes Loch um den Steg herum freigeschaufelt. Immerhin kann man dort jetzt das Wasser sehen. Ben schaut am Stegpfosten hinunter. Das Wasser ist dunkel und morastig. Sie können nicht weit gucken und erst recht keine Kaulquappen oder Fische sehen. Nur ihre Gesichter spiegeln sich in dem von Pflanzen befreiten Wasser. Sie starren mit zusammengekniffenen Augen in die Tiefe. Aber nicht die kleinste Kaulquappe ist zu sehen, und die Entengrütze treibt langsam wieder von allen Seiten auf den Steg zu.
„Denen ist es bestimmt zu dunkel unter dem Entenmist“, meint Jakob. In dem Moment hören sie auf der Straße hinter dem Steg eine helle Klingel. Und dann noch eine. Sie blicken auf. Rebekka und Carla schieben ihre Roller den kleinen Weg zum Steg entlang.
„Unsere Schwestern kommen“, stöhnt Jakob.
„Hallo“, ruft Carla, „was macht ihr denn hier?“
„Wir beobachten Kaulquappen“, gibt Ben zurück, auch wenn sie noch keine einzige gesehen haben.
„Können wir hier Picknick machen?“, fragt Rebekka.
Jakob schüttelt den Kopf. „Wir waren zuerst hier, mein Bruder und ich. Ihr könnt ja heute Nachmittag wiederkommen.“
„Heute Nachmittag haben wir keine Zeit, da fahren wir zu Oma“, sagt Carla.
„Zu welcher Oma?“, fragt Ben. Immerhin haben Rebekka und Jakob auch eine Oma.
„Zu der von Rebekka und mir. Sie hat eine Sahnetorte gebacken“, antwortet seine Schwester. Daraus kann Ben schließen, dass es sich um seine Oma handelt. Denn die macht immer eine Sahnetorte, wenn sie Besuch bekommt.
„Was können wir dafür, dass ihr heute Nachmittag keine Zeit habt, weil ihr Sahnetorte essen müsst. Jetzt sind wir hier und basta.“ Ben ist unnachgiebig.
Nachdem die Mädchen wieder weg sind, müssen Ben und Jakob das Wasser erneut freischaufeln. Und da sieht Ben plötzlich einen Lurch. Die Beine vom Körper abgespreizt sieht er aus wie ein länglicher Luftballon, der aus der Tiefe des Sees nach oben steigt.
„Da“, zischt Ben. Jakob folgt mit den Augen Bens ausgestrecktem Arm und sieht den Lurch sofort.
„Vorsicht! Du musst dich ganz langsam bewegen, sonst haut er gleich wieder ab“, flüstert Jakob. Der Lurch dümpelt träge in der Sonne auf der Wasseroberfläche dahin.
„Er nimmt ein Sonnenbad“, kichert Jakob leise.
„Dabei ist er doch schon ganz braun“, flüstert Ben zurück.
Der Lurch schaut die Jungen aus gelben Augen an. Dann macht er ein paar kräftige Schläge mit seinem Schwanz und gleitet in die dunkle Tiefe des Sees zurück.
„Und was machen wir jetzt?“, fragt Jakob seinen Freund.
„Jetzt nehmen wir ein Sonnenbad!“ Ben legt sich mit dem Rücken auf den Steg. Das Holz ist warm von der Sonne. Er schließt die Augen, und es kommt ihm vor, als ob er tief in den dunklen See taucht.
„Das ist eine echt lurchmäßig gute Idee“, lacht Jakob und streckt sich neben Ben aus. Die Wärme der Sonne prickelt im Gesicht.
Ben denkt an seine Eltern. Er nimmt sich vor, sie bald einmal zu besuchen. Aber nicht jetzt. Jetzt fühlt er sich gerade so wohlig und zufrieden. Nach dem Sonnenbad gehen Ben und Jakob wieder nach Hause. Die Mutter ist schon von der Arbeit zurück, als die Jungen angetrottet kommen.
„Wollt ihr immer noch Pizza?“, fragt die Mutter.
„Oder Pommes mit Ketchup“, wirft Jakob schnell ein.
„Was haltet ihr davon, wenn es heute Pizza gibt, und morgen macht euch Papa Pommes mit Ketchup“, sagt die Mutter.
„Okay, abgemacht“, stimmen die beiden Jungen zu. Sie helfen beim Kleinschneiden von Tomaten, Paprika und Zwiebel, während die Mutter den Teig macht. Bei ihm zu Hause ist das Essen immer schon fertig, wenn Ben aus der Schule kommt. Er hat noch nie Pizza selbst gemacht. Als sie duftend aus dem Ofen kommt und Ben in sein Stück beißt, schmeckt die Pizza auf einmal so, wie ihm der ganze Tag vorgekommen ist: Ben schmeckt die Sonne und den See und das Holz vom Steg, auf dem er mit Jakob gelegen hat.
„Kann ich noch ein Stück haben?“, fragt er.
„Und ich auch?“, ruft Jakob.
„Passt auf, dass ihr keine Bauchschmerzen kriegt“, sagt die Mutter.
„Kriegen wir nicht. Dafür schmeckt es viel zu gut“, antworten Ben und Jakob wie aus einem Munde und grinsen.