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Gerhard Brausewetter hatte seiner Mutter nichts von seinem Erlebnis erzählt. Reifer war er zurückgekehrt, stiller, zielbewusster, froh und stolz.

Auch seinem besten Freunde Hans Scholl, den er in dem kleinen Auerbach, das idyllisch zu Füssen der Bergstrasse lag, besuchte, fiel die Veränderung auf. Wenn aber Gerhard Brausewetter stets mitteilsam gewesen war, wenn es nie etwas gegeben hatte, was er dem Freunde verheimlichte, so zeigte er sich hier allen Fragen, allem Forschen verschlossen.

Es war ein ganz bestimmter, kleiner Kreis von Gymnasiasten, die Freundschaft untereinander geschlossen hatten. Dazu gehörten Schleibitz, der Primus der Klasse, Körner, der mit seinem schwarzen Haar und dem ernsten Gesicht neben Brausewetter am ältesten aussah, und Theo von Falk, dessen Vater General war. Theo kam nach einigen Tagen ebenfalls nach Auerbach zu Besuch. Das gab Abwechslung und Ablenkung genug, so dass Gerhard sein Geheimnis mühelos wahren konnte.

Er beherrschte seine Freunde. Wenn er sprach, schwiegen alle. Aber die Liebe zu den Wissenschaften vereinte sie.

In Theo von Falk floss unverfälschtes Soldatenblut. Seit Generationen hatten die Falks den Rock der Könige von Preussen getragen, eine nicht geringe Anzahl des Geschlechts war auf schlesischen und französischen Schlachtfeldern verblutet.

Schwer biegsam, draufgängerisch, schnell zugreifend, so war der junge Falk ein hochaufgeschossener, die Kameraden überragender Jüngling mit hellen Augen, einer freien, kraftvollen Stirn und scharfgeschnittenem Kinn. Wo er auftauchte, da wurde es lebendig.

Das „Büffeln“ machte ihm mehr Schwierigkeiten als den andern, er wollte in die Reichswehr eintreten und Offizier werden wie sein Vater und sein Grossvater, und im Geiste lebte, er schon unter den Soldaten.

„Natürlich muss ich das Abitur machen, und ich mache es auch“, sagte er, als die drei Freunde in Garten des Schollschen Hauses beisammen sassen. „Vater will, dass ich dem Namen Falk in jeder Weise Ehre mache. Die Zeit, wo man als Draufgänger es zu etwas bringen konnte, ist vorüber, — sagt er oft. Heute regieren Geist und Genie die Welt. Ein Offizier ohne Abitur ist ein Nonsens. Ach, Herrgott, Kinder, wenn es wieder einen Krieg gäbe — was ist denn eigentlich ein Soldat ohne Krieg?“

„Pst, sprich Leiser“, sagte Hans Scholl. Seine Fröhlichkeit war mit einem Male tiefem Ernst gewichen. Er sah zum Hause Hin, und unwillkürlich wandten auch die Freunde den Blick.

Auf dem Gartenweg näherte sich langsam ein junges Mädchen, sie ging, in tiefes Nachdenken versunken, strich hier und dort liebkosend über eine Blume, einen Strauch, ohne sich anscheinend dessen bewusst zu werden, was sie tat, denn ihr Kopf war gesenkt, sie war völlig mit ihren Gedanken beschäftigt.

Die Freunde waren halb hinter einer Laube versteckt, und so bemerkte sie, die drei jungen Männer erst, als sie im Begriffe war, die Laube zu betreten.

Ein flüchtiges Rot huschte über ihre Wangen. „O, Verzeihung —“ sagte sie, „ich wusste nicht, dass du Besuch hast, Hans —“

Gerhard und Theo hatten sich rasch erhoben. Hans stellte die Freunde vor. „Und das ist meine Schwester Maria“, sagte er, und ein Ton von Zärtlichkeit schwang in seiner Stimme, den die beiden noch nie bei ihm gehört.

,,Gerhard und Theo bleiben ein paar Tage in Auerbach“, wandte er sich erklärend an die Schwester. „Wir fahren dann zusammen in die Stadt, sobald die Ferien zu Ende sind.“

„Lassen Sie sich nicht stören“, sagte Maria mit weicher, angenehm klingender Stimme. Sie wollte wieder in den Garten gehen, aber ihr Bruder hielt sie zurück:

„Du wirst doch nicht ausrücken, Maria? Meine Freunde beissen nicht.“

Sie lächelte. Es lag etwas unendlich Rührendes auf ihrem blassen Gesicht, das die Spuren eines geheimen Kummers trug.

„Das glaube ich schon. Aber Sie haben sich doch sicherlich so manches zu erzählen, und ich tauge, offen gestanden, nicht für fröhliche Gesellschaft.“

Sie liess sich aber doch bewegen, zwischen Falk und Brausewetter Platz zu nehmen.

Theo von Falk war plötzlich wie verändert. Er sprach kaum ein Wort, er starrte Maria fast ungezogen an, bis sie ihn ansah und er nun verwirrt die Augen senkte.

Aber auch Gerhard konnte den Blick nicht von ihr wenden. In dem dunklen Kleid bildete sie eine auffällige Erscheinung. Sie hatte schweres, kastanienbraunes Haar, das tief im Nacken zu einem Knoten gewunden war, ihre Hände waren sehr weiss und sehr klein, ihre Augen von einem leuchtenden Blau. Aber tiefe Schatten lagen um diese strahlenden Augen, und um den schmalen Mund zog sich eine steile Falte, die von Leid und Kummer erzählte.

Sie sass zwischen den Freunden und beteiligte sich in ihrer ruhigen, zurückhaltenden Art an der Unterhaltung. Brausewetter gab sich Mühe, sie zum Lachen zu bringen, der traurige Zug um ihren Mund berührte ihn geradezu schmerzlich. Aber es gelang ihm nicht, ihr ein frohes Lachen zu entlocken. Maria konnte nur lächeln, und dann war es eigentlich mehr der Ausdruck einer stillen Resignation.

Brausewetter sah zu Theo hinüber. „Was ist denn mit dir los, Theo? Eben noch hast du uns kaum zu Worte kommen lassen, und jetzt tust du den Mund gar nicht auf!“

Falk lächelte mühsam. Er kämpfte innerlich gegen etwas an, das sich plötzlich wie ein Bann über ihn legte. Zum ersten Male war er einer Frau begegnet, die einen so starken Eindruck auf ihn machte, dass er, der stets Lebhafte, Gesprächige, schweigsam wurde. Marias schwermütige Schönheit war ihm wie eine Offenbarung, ihre Traurigkeit, die sie älter erscheinen liess als sie war — sie mochte zwanzig Jahre zählen — bedrückte ihn.

Maria schien zu fühlen, dass ihre Gegenwart sich allmählich lähmend auf die Fröhlichkeit der drei Kameraden auswirkte. Sie erhob sich und reichte den beiden Gästen die Hand: „Leider ruft mich die Pflicht ins Haus zurück — aber ich sage Ihnen auf Wiedersehen, ich hoffe, Sie werden in der Zeit Ihres Hierseins unser Heim auch als das Ihrige betrachten.“

Nachdenklich blieben die drei zurück. Selbst Hans war gemessen, fast scheu geworden. — —

Die acht Tage, die Gerhard und Theo in Auerbach zu Besuch weilten, verbrachten sie nun fast ausschliesslich im Schollschen Hause. Maria hatte so lange gebeten und gedrängt, bis die Freunde auch die Mahlzeiten mit ihr und den Ihren einnahmen und sich völlig als Gäste des Hauses betrachteten.

„Ich würde Sie am liebsten bitten, aus Ihrem Hotel ganz hierher zu ziehen,“ sagte sie lächelnd, „aber leider sind wir im Platz etwas beschränkt — —“

Die Freunde lernten Maria immer besser kennen, sie blickten in der Folge mit einer geradezu schwärmerischen Verehrung zu der Schwester des Kameraden auf. Sie übte einen grossen Einfluss auf ihren Bruder aus. Er liebte sie mit hingebender Zärtlichkeit. Mochte vorfallen, was wollte, mochten Vater und Mutter vergeblich ihren Einfluss auf ihn geltend machen — ein Wort Marias genügte, ihn zu lenken. Dieser Einfluss der reinen und stillen Weiblichkeit, der in Marias Wesen begründet war, machte sich allmählich auch bei Theo von Falk bemerkbar. Er wurde nachdenklicher, stiller, und Gerhard überraschte ihn mehrmals in träumerischem Nachdenken.

Hans erzählte den beiden Freunden eines Tages, warum seine Schwester eigentlich so selten wirklich aus ganzem Herzen fröhlich war.

„Euch beiden kann ich es ja anvertrauen, ohne fürchten zu müssen, dass Maria, wenn sie es erführe, dies als Beleidigung auffassen könnte. Ihr werdet dann auch begreifen, warum ich ohne Unterlass arbeite und es manchmal geradezu mit der Angst zu tun kriege, es könnte mir zum Schluss noch etwas in die Quere kommen.

Maria ist verlobt, müsst ihr wissen, und hätte eigentlich schon vor drei Jahren heiraten sollen. Ihr Bräutigar war Offizier. Arm natürlich, ohne Aussicht, trotz seiner grossen Begabung schnell Karriere zu machen — und unsere Familie ist nicht reich. Was war da zu tun? Ich erinnere mich, solang ich lebe, an diese Zeit der Konflikte, der Aufregungen . . .“

„Der Mann, dem deine Schwester ihre Liebe geschenkt, hätte entweder in ferne Länder gehen oder den Säbel weglegen, arbeiten sollen!“ sagte Theo von Falk schroff.

Hans Scholl lächelte.

„Leicht gesagt, lieber Freund! Nach deinem Rezept hat Kurt auch gehandelt. Er hat seinen Abschied genommen und den kaufmännischen Beruf ergriffen. Das ist kein kleines Opfer, nicht wahr? Du wirst es am ehesten verstehen. Damit war es aber noch nicht abgetan. Nun kam erst die Zeit des Kampfes. Kurt musste sich hocharbeiten. Er hat Energie, er kann etwas, und die besten Aussichten waren vorhanden. Mein Vater konnte Maria Keine eigentliche Mitgift geben, aber er wäre imstande gewesen, ihrem Gatten jeden Monat so viel zuzuschiessen, dass sie sich zu einer günstigen Lebensstellung hätten emporarbeiten können.“

„Und warum — warum haben sie denn nicht geheiratet?“ fragte Falk stockend.

„Damals stand ich kurz vor dem Einjährigen“, fuhr Hans Scholl fort. „Die Frage war nun: gehe ich nach dem Einjährigen vom Gymnasium ab oder bleibe ich? Mein Beruf war eigentlich schon festgesetzt: niederer Post- oder Bahndienst. Ohne mich rühmen zu wollen — ihr misst, dass ich immer einer der Besten der Klasse war. Mein Ehrgeiz ging höher. Ich konnte es kaum verwinden, abgehen zu müssen, mich als Assistent herumschinden, während meine Kameraden, die mit mir auf einer Bank gesessen, nach einigen Jahren weiteren Studiums ganz, ganz andere Chancen haben sollten. Da lag ich dem Vater und Maria in den Ohren. Kurt ist ein lieber, guter Mensch. Schliesslich beschlossen meine Eltern im Einverständnis mit Maria und Kurt, dass die Hochzeit meiner Schwester um einige Jahre aufgeschoben werden sollte, damit ich auf dem Gymnasium bleiben konnte. Denn beides auf einmal: Maria einen monatlichen Zuschuss geben und die Kosten meines Studiums zu bestreiten — das konnte mein Vater nicht. Das Studium verschlingt viel Geld. Dann kommen die Universitätsjahre — Maria hat sich also für mich geopfert . . .“

„Das musst du an ihr gutmachen“, fiel Theo von Falk erregt ein. „Dein ganzes Leben lang musst du ihr dankbar sein.“ Er war blass vor Erregung, die einfache Erzählung des Freundes hatte ihn tief ergriffen.

„Das werde ich auch“, nickte Hans. „Jetzt kommt noch eine gefährliche Hürde, das Abitur. Dann geht es schnell vorwärts, und auch Kurt hat sich bis jetzt tapfer gehalten. Ich werde dann die letzten Semester bei meinem Schwager wohnen, der inzwischen Maria geheiratet haben wird. Wir werden uns einschränken, soweit es nur irgend geht, und ich werde nicht ruhen, bis meine Schwester so glücklich geworden ist, wie sie es verdient.“

Von nun an sahen Gerhard Brausewetter und Theo von Falk Maria Scholl wie eine Märtyrerin an. Sie zeigten ihr ihre Verehrung offenkundig, sie brachten ihr Blumen, halfen ihr bei der Pflege des Gartens und waren glücklich, wenn sie irgendwelche Besorgungen für sie erledigen konnten.

Bei Theo von Falk spielte noch ein anderes, unbewusstes Gefühl mit — eine tiefe, heimliche Zuneigung, die er sich aber selber nicht eingestand.

Gerhards Sehnsucht nach Lieselotte wurde durch den Umgang mit einer Frau wie Maria Scholl nur noch mehr gesteigert. Täglich schrieb er ihr in der Stille seines Hotelstübchens lange Briefe voll Zärtlichkeit und Liebe, fast täglich empfing er eine Nachricht von ihr.

Allmählich fiel es Theo von Falk auf, dass der Briefbote für Gerhard fast immer einen Brief oder eine Karte mitbrachte.

,,Wer in aller Welt schreibt dir so häufig?“ fragte er eines Tages. ,,Deine Mutter?“

Gerhard wandte sich ab, um seine Verwirrung vor dem Freund zu verbergen. „Ja — meine Mutter — und Freunde und Bekannte —“

Es tat ihm weh, Lieselotte verleugnen zu müssen. Wie gern hätte er sich zu seinem Glück bekannt, zu Lieselotte, auf deren Liebe er so unsäglich stolz war. Aber sie waren übereingekommen, ihre Liebe vorläufig vor aller Welt geheimzuhalten. Im geheimen fürchteten sie vielleicht, dass weder Frau Brausewetter noch der Pastor sehr glücklich über diese Verlobung sein würden — Lieselotte und er waren ja noch so jung, Jahre des Wartens lagen vor ihnen. Der Pastor hätte Lieselotte gewiss viel lieber schon bald in einer gesicherten Lebensstellung gesehen, er war alt, sein Leben neigte sich seinem Ende zu.

Aber Gerhard war voll guten Mutes. Lieselotte hatte ihm geschworen, auf ihn zu warten — sie würde ihr Wort nicht brechen.

„Kurt, Marias Verlobter, kommt in den nächsten Tagen“, verkündete Hans Scholl eines Morgens. „Er hat in diesem Jahr etwas später Urlaub genommen als gewöhnlich und will seine Ferien hier verbringen. Maria ist überglücklich, das könnt ihr euch denken. Ausserdem scheint er gute Nachrichten zu bringen — er will seine bisherige Stellung aufgeben, man hat ihm einen Posten in einem Bankhaus angeboten mit einem glänzenden Gehalt — vielleicht tritt dadurch eine Wendung in Marias Schicksal ein. Wenn sie nicht mehr von einem monatlichen Zuschuss meines Vaters abhängig sind, können die beiden ja endlich heiraten!“

Ja, Maria war überglücklich, das stellten die beiden Freunde fest, als das junge Mädchen sich später zu ihnen gesellte. Ein froher Glanz lag in ihren blauen Augen, sie unterhielt sich lebhaft wie noch nie mit ihnen, über ihrem ganzen Wesen lag es wie freudigste Erwartung.

Und einige Tage später — die drei Kameraden sollten demnächst von Auerbach abreisen, da die Gymnasialferien sich ihrem Ende zuneigten, — begegnete Gerhard Brausewetter der Schwester seines Freundes auf der Strasse.

Er war eben im Begriff, das Postamt zu betreten, um einen Brief an Lieselotte aufzugeben, als Maria um die Ecke bog.

Sie sah so schön aus wie noch nie, statt der dunklen Kleider, die sie bisher bevorzugt, trug sie ein helles, duftiges Sommerkleid, ein grosser weisser Hut warf seinen Schatten auf das schmale helle Gesicht. Die Wangen waren leicht gerötet, die Augen gross und strahlend.

,,Wohin, Fräulein Maria?“, fragte Gerhard, nachdem er sie begrüsst hatte. „Darf ich Sie begleiten?“

„Nein, Sie dürfen nicht“, gab sie fast übermütig zurück. ,,Heute nicht, Gerhard!“

Und als er sie verwundert ansah: „Ich hole Kurt vom Bahnhof ab — wir haben uns so lange nicht gesehen — — nicht wahr, Sie sind nicht böse, dass ich Ihre Begleitung ablehne — —“

„Aber ganz im Gegenteil!“ rief Gerhard. „Es ist ja nur selbstverständlich, dass Sie ihn allein begrüssen möchten!“

Er sah ihr nach, wie sie beschwingten Schrittes die Strasse weitereilte und betrat dann das Postamt.

Als er gegen Mittag in das Schollsche Haus kam, trat ihm Hans entgegen. Ein niedergeschlagener Ausdruck lag auf seinen Zügen.

„Komm in den Garten, Gerhard“, sagte er. „Da drin im Wohnzimmer herrscht trübe Stimmung. Maria weint . . .“

„Sie weint?“ Gerhard war aufs äusserste bestürzt. „Ich traf sie heute auf der Strasse, sie war in der glücklichsten Stimmung!“

,,Ach,“ sagte Kurt, während sie im Garten auf- und abgingen, „die Ärmste hat wieder einmal eine Enttäuschung erlebt. Nach Kurts letzten Briefen war sie voller Zuversicht, es sah wirklich so aus, als hätte die lange Wartezeit endlich ein Ende. Nun erzählt uns Kurt, dass er seinen alten Posten beibehält — es ist nichts aus der glänzenden neuen Stellung geworden.“

„Warum nicht?“

„Kurt hat über den Inhaber des Bankhauses, der ihn engagieren wollte, Erkundigungen eingezogen. Dieser Harry Hillmann, behauptet man, soll ein unsicherer Kunde sein. Er spekuliert in der waghalsigsten Weise, und man prophezeit ihm nichts Gutes. Kurt hielt es also für das Richtigste, gar nicht erst bei ihm anzufangen — es könnte ihm dann passieren, dass er in kurzer Zeit überhaupt ohne Stellung bleibt.“

,,Arme Maria!“ murmelte Gerhard mitleidig. „Wie wird sie diese neue Enttäuschung ertragen?“

„Mein Gott, sie sieht ein, dass Kurt vollkommen recht hat. Und wie ich Maria kenne, wird sie sich bald damit abgefunden haben, dass sie eben weiter warten muss, so wie es ja vorgesehen war. Sie ist das vernünftigste und opfermütigste Geschöpf, das ich kenne. Im Moment hat es sie ja überwältigt — sie hat sich zu sehr gefreut. Aber als ich eben das Zimmer verliess, gab sie sich schon krampfhafte Mühe, zu lächeln, um Kurt nicht unnötig, das Herz schwer zu machen. Er hat ja jetzt Ferien, und die will sie ihm nicht dadurch verderben, dass sie ihre Enttäuschung sichtlich zur Schau trägt.“

Hans hatte recht. Als Maria später am Arm ihres Verlobten in den Garten kam, hatte sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden. Zwar war nur wenig von jener strahlend glücklichen Maria übriggeblieben, der Gerhard auf dem Weg zum Bahnhof begegnet war. Aber sie war ruhig, sie lächelte, sie war sogar lebhafter und fröhlicher als sonst. Das mochte wohl die Anwesenheit ihres Verlobten bewirken, den sie drei volle Wochen lang nun täglich sehen konnte.

Hans Scholls Kameraden schlossen bald Freundschaft mit Kurt Beekmann; obwohl er bedeutend älter war als die drei Gymnasiasten, verstand er es, sich ihnen anzupassen, es zeigte sich, dass sie viele gemeinsame Interessen hatten, und sowohl Gerhard Brausewetter wie Theo von Falk fanden ihn sehr sympathisch und Marias Liebe zu ihm sehr begreiflich.

Ja, gerade Theo, der am Anfang ein Gefühl glühender Eifersucht auf den Verlobten Marias empfand, suchte zuletzt seine. Gesellschaft am häufigsten und bekannte offen, dass Kurt ein selten wertvoller und klardenkender Mensch sei.

Ein Junge liebt ein Mädel: Annemarie Land

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