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Olaf wartete an einer roten Fußgängerampel, als das Handy in seiner Tasche vibrierte.

Ein Gewitter von Bildern zog durch seinen Kopf, als er sah, wer der Anrufer war: Sara. Sie hatte in seinem letzten Fall eine Schlüsselrolle gespielt. Noch heute konnte er es nicht fassen, dass er mit dieser jungen, hübschen Frau im Bett gelandet war.

»Ich bin zurück aus Mallorca und möchte dich treffen.« Diese geradezu geschäftsmäßig anmutende Feststellung hatte nichts mit der verführerischen Stimme zu tun, die er sonst von ihr kannte.

»Hast du dir eine nette Finca gekauft?«

Sie lachte. Das sinnliche Lachen, das er an ihr mochte. »Ich habe keine Finca gekauft«, erwiderte sie in demselben sachlichen Tonfall wie vorher, »sondern eine zu Geld gemacht.«

Sara hatte gut für sich gesorgt. Gewiss würde sie nicht auf ihre Designerklamotten verzichten müssen, auch nicht auf das riesige Haus in Kronberg, denn nun hatte sie einen Millionenbetrag mehr auf der Bank.

»Dann kannst du mal einen ausgeben.« Er erschrak, noch während er sprach, über den dämlichen Spruch. Für den ›Krummen Hund‹ wäre das eine angemessene Antwort gewesen. Für eine Frau wie Sara, die es gewohnt war, von distinguierten Herren aus dem höheren Management umworben zu werden, musste es banal klingen. Hoffentlich hatte er nicht gerade die letzte Chance verspielt, ihr wieder so nahe zu kommen wie zuvor.

»Das werde ich gerne tun«, sagte sie in dem Tonfall, in dem sie vermutlich mit ihrem Opa sprach. »Um sieben im Restaurant Enrico?«

Also ein Treffen auf neutralem Boden. »Um sieben«, bestätigte er. Er fühlte sich ernüchtert, als er das Handy zurück in die Jackentasche steckte. Er musste sich mit dem Gedanken vertraut machen, den väterlichen Freund zu geben.

Während des Telefonats mit Sara war die Fußgängerampel grün geworden, er hatte die Straße aber nicht überquert, und nun war die Ampel für ihn wieder rot.

Gerade hielt er Ausschau nach dem geeigneten Moment für ein verkehrswidriges Überqueren der vielbefahrenen Straße, als das Handy erneut brummte. Diesmal war Gottfried dran.

»Wie gehen die Ermittlungen voran?«

Olaf verdrehte die Augen. »Genieße deine Therapie und halt dich einfach mal aus allem raus.«

»Ich sitze brav auf meinem Bett. Mehr kann Doktor Scharschmidt nicht von mir verlangen.«

»Und auf dem Schoß hast du gewiss deinen Laptop, und dein Handy scheint ja auch in deiner Nähe zu sein.«

Gottfried lachte in der hüstelnden Art, die nicht zu ihm, sondern zu seiner Krankheit gehörte. »Ich habe alle Zeit der Welt, dich zu unterstützen.«

»Wenn ich dich brauche, sage ich Bescheid. Jetzt werde aber erst mal gesund.«

»Dafür sorgt ja das Krankenhauspersonal«, erwiderte Gottfried, »und die machen das sehr professionell. Ich brauche bloß herumzuliegen. Da kann ich die eine oder andere Recherche machen oder mit dir an dem neuen Fall knobeln.«

Olaf seufzte. Gottfried in ein Krankenhaus einzusperren, war wie einen Zugvogel im Käfig zu halten. Die Ärzte versuchten, ihn vor dem Krebs zu retten, aber er lief Gefahr, vor Langeweile zu sterben. »Also gut, was willst du wissen?«, lenkte er ein.

»Alles«, kam von Gottfried zurück. »Was hast du herausgefunden?«

Wieder war die Ampel von Grün auf Rot gesprungen.

»Ich kann das nicht einfach so auf der Straße erzählen. Neben mir stehen Leute, die alles mithören.«

»Dann stelle ich dir Fragen, die du mit Ja oder Nein beantwortest«, schlug Gottfried vor. »Hat sich die Theorie mit der Organisierten Kriminalität erhärtet?«

Olaf stöhnte auf. »Ich bin nicht in der Stimmung für Ratespiele. Ich schicke dir eine Nachricht, wenn ich zu Hause bin.«

Er beendete das Gespräch, bevor Gottfried etwas erwidern konnte.

Die Ampel stand noch auf Rot. Ob er jemals diese Straße überqueren würde? Er stellte das Handy laut. Gerade, als er es zurück in die Tasche stecken wollte, erwachte es mit Radau zum Leben:

»Ritz am Baa, Ritz am Baa …« Das alte Faschingslied. Er hatte es eigens für Uwe ausgewählt, um sich ein wenig über den alten Rocker lustig zu machen. Jetzt auf der Straße inmitten der Passanten, die ihn mit irritierten Blicken musterten, kam ihm der Klingelton doch etwas albern vor.

»Hey Olaf, alles frisch?«

Die Ampel war grün. Rasch setzte er sich in Bewegung. »Ich kann nicht genug klagen. Was treibt dich um?«

Selbstverständlich war das eine rhetorische Frage, denn Olaf kannte den Grund für Uwes Anruf. Der setzte alles daran, die Band von früher wiederzubeleben. Olaf war nicht überzeugt, ob er an die ohrenbetäubenden Rock-Exzesse seiner Jugend anknüpfen wollte, hatte aber versäumt, zum richtigen Zeitpunkt laut und deutlich Nein zu sagen.

»Ich bin gerade dabei, die erste Probe zu organisieren. Montag neunzehn Uhr?«

Uwe wollte tatsächlich den Sack zumachen. »So bald? Haben wir denn einen Proberaum?«

»Klar«, kam es von Uwe zurück, »sogar einen richtig geilen.«

Olaf wusste, dass von ihm nun ein »Und wo ist der?« und ein »Was ist das Geile daran?« erwartet wurde, entschloss sich aber, für den Moment ungnädig zu sein.

»Wir proben bei Hubert im Keller«, kam es nach einer kurzen Pause begeistert zurück.

»Bei ihm zu Hause?« Sollte die Band etwa im Kellerabteil eines Mehrfamilienhauses üben?

»In seinem Keller«, stellte Uwe entzückt klar. »Er hat sein eigenes Haus. In Preungesheim. Jetzt haben wir einen Proberaum und müssen nicht einmal Miete dafür zahlen.« Uwe klang, als verkündete er gerade, sechs Richtige im Lotto zu haben. »Also Montag neunzehn Uhr?«

Olaf hatte die Bockenheimer Warte erreicht. »Das sollte klappen«, sagte er ins Telefon. »Auf uns wartet eine goldene Zukunft als Rockstars.«

Er hörte noch Uwes gackerndes Lachen, bevor er auflegte.

Olaf stieß einen leisen Fluch aus, als kurz darauf schon wieder das Telefon rumorte. Diesmal war es Tobias.

»Hallo Papa. Ich habe heute Morgen meine Crunchies leergemacht. Du gehst heute doch bestimmt noch einkaufen. Kannst du mir welche mitbringen?«

»Okidoki. Mach’ ich.«

Es war ein kurzes Telefonat. Olaf würde das Zeug auf der Berger Straße besorgen und sich danach das Geld aus der gemeinsamen Haushaltskasse nehmen.

Ein seltsames Gefühl, mit seinem erwachsenen Sohn in einer Art WG zusammen zu wohnen. Dabei schien Tobias geglaubt zu haben, er würde seinem Vater etwas Gutes tun, als er nach Carolas Tod zurück in die elterliche Wohnung gezogen war. Manchmal benahm er sich allerdings wie ein Nesthocker, was ganz und gar nicht zu seiner Rolle als Polizist passte.

Noch immer war es für Olaf ein Rätsel, warum sein Sohn zur Polizei gegangen war. Das Soziologiestudium wäre genau sein Ding gewesen. Damals war Tobias von seinem Studium begeistert gewesen, hatte gerne und kompetent erzählt, womit er sich in der Uni beschäftigt hatte. Und dann diese unerwartete Wende. Hätte er das Studium abgeschlossen, wäre Tobias gewiss glücklicher geworden, definitiv glücklicher als bei der Mordkommission, wo er alles andere als erfolgreich war und seine Kollegen ihn spüren ließen, dass sie ihn für den Job ungeeignet hielten. Tobias war einfach nicht der richtige Typ, um Bulle zu sein. Sein Sohn brauchte unbedingt einen Erfolg. Dadurch könnte er ein bisschen Vertrauen in seine Arbeit gewinnen und sein Ansehen bei den Kollegen verbessern.

Es war ein ausgesprochener Glücksfall gewesen, als der Virus plötzlich geheime Informationen zu Tobias’ damaligem Mordfall an Olaf geschickt hatte. Nicht nur für Olafs Neugierde und Abenteuerlust, auch als Gelegenheit, hinter Tobias’ Rücken eigene Ermittlungen anzustellen.

Leider hatte sein Chef die Lorbeeren eingeheimst, als Tobias den Mörder auf dem Silbertablett serviert bekommen hatte.

Das würde Olaf mit dem Mörder von Kasim Yousef nicht passieren!

Frankfurter Fake News

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