Читать книгу Frankfurter Fake News - Robert Maier - Страница 16
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ОглавлениеOlaf war nicht überrascht, als Gottfried anrief.
»Wie ist es mit der Witwe gelaufen?«
Er war gerade auf dem Weg zur U-Bahn. Vor wenigen Minuten erst hatte er mit Sabine Yousef gesprochen. Zum Glück hatte der gelangweilte Kerl nicht angerufen, als er noch bei ihr gewesen war. Gottfried brauchte unbedingt eine sinnvolle Beschäftigung!
In wenigen Worten berichtete Olaf, was er in dem Gespräch erfahren hatte.
»Und von den Anschuldigungen, ihr Mann sei pädophil gewesen, war keine Rede?«, fragte Gottfried.
»Sie schien nicht die geringste Ahnung von den Vorwürfen zu haben. Außerdem brachte sie überzeugend rüber, dass die Familie intakt sei. Auch das Verhältnis der Töchter zum Vater schien gut gewesen zu sein.«
»Dann ist es die Organisierte Kriminalität«, stellte Gottfried fest.
»Das oder vielleicht der türkische Geheimdienst«, erwiderte Olaf.
»Auch dazu sollten wir schnellstmöglich mehr herausfinden.«
»Das habe ich gestern bereits getan«, sagte Olaf. Er fasste die wichtigsten Fakten zusammen, die er im Internet gefunden hatte.
„Es gibt tatsächlich ein so großes Netz von Spitzeln in Deutschland?“, sagte Gottfried beeindruckt.
„Sechstausend türkische Agenten. Das sind mehr, als die Amis in Deutschland haben. Und die leiten es sofort an die Behörden weiter, wenn jemand über ihren Präsidenten herzieht oder sich positiv über eine in der Türkei verbotene Organisation äußert. Ruckzuck gelten solche Leute dann als Terroristen.“
»Ich verstehe«, sagte Gottfried. »Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass der türkische Geheimdienst Landsleute in Deutschland exekutiert, so wie es bei Yousef den Anschein hat. Die warten darauf, dass die Leute zum Urlaubmachen in ihr Heimatland kommen, und sperren sie dann ein.«
»Deshalb arbeiten viele der Spitzel in Reisebüros. So kriegen sie mit, wenn ein in Ungnade gefallener Landsmann eine Türkeireise bucht.«
Gottfried lachte zynisch.
»Wenn also jemand türkischen Boden betritt«, fuhr Olaf fort, »der sich irgendwann irgendwo irgendwie kritisch geäußert hat, kann es sein, dass er vom Fleck weg verhaftet wird.«
»Und Yousef hatte ein Reisebüro«, sagte Gottfried nachdenklich.
»Richtig. Yousef soll allerdings völlig unpolitisch gewesen sein. Dann wiederum Verachtung für den Präsidenten empfunden haben. So richtig neutral klingt das für mich nicht.«
»Wir sollten uns mal diesen Bücherclub ansehen«, schlug Gottfried vor.
»Den Deutsch-Kurdischen Literatursalon.«
»Genau den. Es werden bestimmt nicht alle kurdischen Autoren nur über die Liebe und die Schönheit der Berge schreiben. Bei der Geschichte, wie sie die Kurden in den letzten hundert Jahren erlebt haben, muss da zwangsläufig eine Menge politische Literatur entstanden sein.«
»Hatte ich sowieso vor«, sagte Olaf. »Ich werde mich mal mit diesen Literaten unterhalten. Und zum Thema Organisierte Kriminalität mach ich mich auch noch schlau.«
»Dem Vorwurf, Yousef hätte Kinder missbraucht, sollten wir aber ebenfalls nachgehen.«
»Ich denke, wir parken das Thema erst einmal. Die anderen Optionen sind viel wahrscheinlicher.«
»Du denkst nun, dass die Vorwürfe nichts anderes als Gerüchte sind, die jemand gestreut hat?«
»Gestreut, lanciert, oder irgendein Waschweib läuft im Viertel herum und erzählt haarsträubende Dinge über Yousef.«
»Du solltest selbst am besten wissen«, Olaf glaubte Gottfrieds spöttisches Totenkopfgesicht zu sehen, »dass Gerüchte heutzutage nicht mehr von alten Tratschtanten gestreut werden. Das Internet kann so was viel effektiver.«
Natürlich war Olaf ebenfalls der Gedanke gekommen, dass die Anschuldigungen von irgendeiner dubiosen Quelle im Internet herrühren könnten. Deshalb hatte er vor, dazu einige Recherchen anzustellen, allerdings erst nachdem er sich mit den anderen, derzeit viel lohnenderen Themen beschäftigt hätte. Solche Recherchen könnte aber auch Gottfried übernehmen. Olaf gefiel der Gedanke: Er würde die Aufgabe an einen Abteilungsleiter eines Großkonzerns delegieren. Damit hätte Gottfried die Beschäftigung, nach der er so offensichtlich lechzte. Und er würde nicht mehr ständig anrufen, um nach dem aktuellen Stand der Nachforschungen zu fragen. Er war einfach nicht der Typ Patient, der sich in einem Krankenhaus ausruht, also konnte er genauso gut etwas Sinnvolles zu den Recherchen beitragen.
»Gottfried, du kannst mich unterstützen. Versuche herauszufinden, woher die Gerüchte stammen. Facebook ist gewiss ein guter Ausgangspunkt dafür. Finde Leute, die Yousefs Reisebüro empfohlen, vielleicht Rezensionen oder sonst was dazu geschrieben haben. Finde Profile von Leuten, die in der Nähe wohnen. Wie du weißt, kennt Günther eine Frau, die erzählt, Yousef wäre ein Kinderschänder, eine gewisse Bettina. Ich frage ihn nach dem Nachnamen, vielleicht hat sie ein Facebook-Profil, das uns weiterbringt.«
»Aye, aye, Käpten.«