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3. Richter als Quelle des Verwaltungsrechts
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Verwaltungsrecht ist in nahezu allen (Teil-)Rechtsordnungen historisch und funktional zudem vor allem Richterrecht. Das lässt sich für Deutschland an der Rolle des Preußischen Oberverwaltungsgerichts ebenso festmachen wie an jener des Bundesverwaltungsgerichts,[47] für Frankreich an der herausragenden Rolle des Conseil d’État,[48] für Griechenland an der Rolle des Staatsrats[49] und für die Europäische Union an der nicht minder prägenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Soweit es an normativen Vorgaben fehlte, waren bzw. sind die Gerichte jeweils dazu gezwungen, unter Rückgriff auf das Zivilrecht, das nationale Verfassungsrecht oder die Rechtsvergleichung allgemeine Rechtsgrundsätze zu entwickeln und weiter zu verfeinern.
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Diese Pionierfunktion hat die Rolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit geprägt – im Verhältnis zur Exekutive wie zur Legislative. In den meisten Veraltungsrechtsordnungen Europas konnte der Gesetzgeber Kodifikationen grundlegender Bereiche oder allgemeiner Teile nur bewerkstelligen, indem er an die richterrechtliche Entfaltung allgemeiner (Verfassungs-)Grundsätze angeknüpft hat.[50] Es ist auch kein Zufall, dass er dabei äußert behutsam zu Werke geht und sich – aus nachvollziehbarem Respekt vor der Vielfältigkeit und Unüberschaubarkeit der Materie – in der Regel auf die Nachzeichnung der in der Praxis entwickelten und einigermaßen etablierten Institute beschränkt. In Frankreich ist der Respekt vor dem Richterrecht so groß, dass von einer Kodifizierung sogar eine Bedrohung der historisch gewachsenen und allgemein akzeptierten Rolle des Conseil d’État befürchtet wird.[51]
§ 127 Zur verfassungsrechtlichen Prägung des Verwaltungsrechtsschutzes im europäischen Rechtsraum › II. Verfassungsrechtliche Vorgaben für den Verwaltungsrechtsschutz