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Kapitel 4
Оглавление„Kannst du das mal halten?“
Aiden reichte mir ein Stück Zaun. Wir mussten unbedingt den Acker vor den wilden Mustangs schützen. Die Herde war von unseren Arbeitern am Morgen hier in der Nähe gesichtet worden. Sie würden ins Feld galoppieren und das junge Getreide zerstören. Die zarten Halme waren vielleicht zehn Zentimeter hochgewachsen und leuchteten in frischem Grün. Wenn die Mustangs sich jetzt daran gütlich taten, war an eine erfolgreiche Ernte nicht mehr zu denken. Also setzten wir jetzt Pfähle und spannten einen Zaun, der sie davon abhalten sollte.
Ich fand es lächerlich. Kein Zaun in dieser Höhe hielt einen Mustang davon ab, seinen Weg fortzusetzen. Aber eine andere Möglichkeit hatten wir nicht.
Mein Blick glitt über das Feld. Der Weizen neigte sich mit seinen schlanken Halmen gen Westen. Hier wehte oft der Ostwind von den Bergen herab und gab den Halmen ihre Form. Die leichte Neigung behielten sie bis zur Ernte bei. Das hatte ich schon oft gesehen.
„Du bist nicht bei der Sache, Jacky. – Gib mir den Draht. Bitte!“
Aidens Tonfall klang ärgerlich. Aber zu Recht. Ich war mit meinen Gedanken beschäftigt und konzentrierte mich nicht auf die Arbeit. Meistens war er mit mir sehr nachsichtig. Aber diesen Tonfall kannte ich an ihm. Ich nahm es ihm nicht übel.
„Wie denkst du über die Zucht mit den wilden Mustangs? Wir könnten einen fangen?“
Ich handelte mir mit meiner Frage einen erstaunten Blick ein.
„Du weißt genau, was Jack davon hält. Warum denkst du noch darüber nach?“
„Hast du sie je beobachtet?“
„Fragst du das den Indianer oder den Iren in mir?“
Es wäre auf die gleiche Antwort hinausgelaufen. Michael, Aidens verstorbener Vater, war immer fasziniert von den Mustangs gewesen. Und die Indianer hatten von je her mit den Mustangs gelebt, sie gezähmt und zu Nutztieren gemacht. Natürlich beobachtete er sie.
„Denkst du, Jack hat Recht? – Ich meine, wir könnten es doch mal mit einem versuchen. Was vergeben wir uns damit?“
Aiden hob die Schultern an.
„Ich zweifele die Entscheidung des Bosses nicht an. Du hast da eine andere Position.“
Er lächelte leicht und konzentrierte sich darauf, den Draht durch die Öse zu ziehen, die er gerade in den Holzpfahl gedreht hatte. Mein Blick klebte an seinen feingliedrigen und durch die Sonne gebräunten Händen. Sein etwas dunklerer, indianischer Teint fiel kaum auf. Wir arbeiteten ständig im Freien und auch ich war mittlerweile sonnengebräunt.
„Aber, wenn der Chef dich fragen würde, wie du darüber denkst. Was würdest du dann sagen?“
„Ich bin deiner Meinung. Man könnte es mal mit einem Tier versuchen. Und dann weitersehen.“
„Ah!“
Somit fand ich in ihm einen Verbündeten.
„Wir könnten einfach mal einen einfangen. Jack müsste es ja nicht wissen.“
„Jacky! Du arbeitest an deinem Vater vorbei?“
Ich lachte. Manchmal musste Jack zu seinem Glück gezwungen werden.
„Kann ich mich auf dich verlassen?“
Er zuckte wieder die Achseln.
„Ich weiß nicht. – Vielleicht, wenn wir mal nicht so viel zu tun haben. Dann könnten wir in die Berge reiten und nach den Mustangs suchen.“
„Abgemacht?“
„Abgemacht.“
Er zog jetzt den Draht stramm und wickelte ihn zweimal um die Öse, damit er die Spannung hielt.
„Wie geht es dir eigentlich mit dieser Phoenix-Sache? Hast du dich mit Jack versöhnt?“
„Er weiß, ich habe nichts damit zu tun!“
„Ist mir schon klar. Jeder weiß das. Wie geht das jetzt weiter?“
Ich zuckte die Schultern und reichte ihm den Zweipfünder Hammer. Er musste damit die Eisenstange in den Boden treiben, um das Loch für den nächsten Pfahl vorzubereiten. Während er mit der im Boden steckenden Stange durch kreisende Bewegungen das Loch vergrößerte, hing mein Blick an seinen Oberarmen. Seine Muskeln waren angespannt bei dieser anstrengenden Arbeit, und die Oberarme gingen in einer sanften Rundung in die Schultern über. Leicht ausgestellt, Stärke demonstrierend, die mir jederzeit präsent war. Aiden war stark. Sein ganzes Leben lang hatte er auf dieser Ranch hart gearbeitet. Jetzt zog der Staub, der sich mit seinem Schweiß verband, eine fast graue Schicht über seine Schultern. Ich wusste, wie diese Schultern aussahen, wenn sie frisch geduscht waren. Aber warum dachte ich gerade jetzt darüber nach? Aiden war ein Mann. Immer schon. Für mich war er mehr ein Bruder gewesen, als jemand, der einem Frank Hoover Konkurrenz hätte machen können. Aber seit der Nacht mit David und der verblüffenden Ähnlichkeit mit Aiden, hatte ich mir immer öfter ins Gedächtnis gerufen, das Aiden in erster Linie ein Mann war, der nicht mit mir verwandt war. Wir waren keine Geschwister. Wohl als solche aufgewachsen. Aber er stammte aus einer anderen Familie als ich. Doch warum wurde mir das jetzt gerade bewusst? Empfand ich etwa mehr für ihn, als Geschwisterliebe? Immer häufiger erwischte ich mich in den letzten Tagen dabei, wie ich mir vorstellte, wenn er und ich… Ich war lange nicht mehr in Phoenix gewesen. Möglicherweise lag es daran.
Seit der Sache mit David hatte ich mir solche Touren verkniffen. Ich fürchtete mich sogar davor. War mir nicht im Klaren darüber, ob ich überhaupt jemals wieder nach Phoenix in diese Bar, oder in irgendeine andere Bar gehen würde.
„Jacky?“
„Sorry!“ Ich musste sehr in meine Gedankengänge vertieft gewesen sein und reichte ihm nach seiner Mahnung eine Öse.
„Vermisst du es?“
„Was?“ Ich hatte doch nicht etwa laut gedacht?
„Deine Ausflüge nach Phoenix?“
„Warum sollte ich sie vermissen?“
„Du warst seit jener Nacht nicht mehr dort.“
„Beobachtest du mich, Aiden?“
Er lächelte und wischte mit dem Handrücken den Schweiß an seiner Stirn weg. „Ich habe mich immer gefragt, was du machst, wenn du abends wegfährst und mitten in der Nacht erst wiederkommst.“
„Nun weißt du es ja!“
„Hast du niemals in Erwägung gezogen, dein Glück vielleicht vor der Haustür zu suchen?“
Ich suchte den Blickkontakt mit ihm und entdeckte etwas in seinen Augen, das wie Begehren wirkte. Das hatte ich in ihnen noch nie gesehen. Dabei liebte ich sie. Sie wirkten so geheimnisvoll dunkel. Dieses tiefklare Braun und die seidigen Wimpern. Weich, wie ein Meer aus Samt. Mein Herz schlug jetzt etwas schneller.
„Wir sollten sehen, dass wir mit dem Zaun fertig werden.“
Ich wich ihm aus. Aber ich verstand gerade meine Gefühle nicht gut genug, um klar denken zu können. Aiden war mein Bruder. Dabei war er es auch wiederum nicht. Wir waren nur wie Geschwister aufgewachsen. Und jetzt sah er so furchtbar sexy aus, so staubüberzogen und muskulös. Sein einfaches Achselshirt war vom Staub des Feldes verschmutzt und seine lässige Jeans umspielte seine Hüften, die weit schmaler waren, als seine Schultern. So hatte ich ihn noch nie betrachtet.
„Ich meine nur – warum Phoenix? Und warum immer irgendwelche Fremden?“
„Nur wegen des Geredes! Du siehst ja an Ted Middleton, was daraus werden kann. Mach jetzt weiter, McLeod.“
Manchmal sprach ich ihn einfach mit seinem Nachnamen an. Dabei wäre er als Partner für mich genauso passend, wie Frank. Aiden war hier aufgewachsen und kannte die Ranch und ihren Betrieb so gut, wie Jack oder ich. Er war nicht unser Vorabeiter, weil sein Vater es auch gewesen war. Er hielt diesen Posten inne, weil der dafür qualifiziert war, auch ohne Studium.
„Sieh dort!“ Er legte den Hammer weg und trat neben mich. Mit der Rechten deutete er zu den Bergen hin und die Linke legte er um meine Schulter. Zog mich leicht an sich.
Ich sah sie. Die Mustangs. Der Leithengst war ein graues, eher unscheinbares Tier. Aber jetzt riss er den Kopf in die Höhe und schlug damit, als wolle er uns verhöhnen und sagen: „Ja, baut ihr nur euren Zaun. Das hält mich nicht ab.“ Ein lautes Wiehern scholl zu uns herüber und ließ das Kribbeln unter meiner Kopfhaut stärker werden. Dann trieb er seine Herde wieder in die Berge zurück. Unsere Blicke verfolgten sie, bis sie ihnen entschwunden waren.
„Sind sie nicht wunderschön?“, flüsterte ich andächtig. Voller Bewunderung für diese Anmut und Schönheit.
Wir standen da, in einer fast zärtlichen Umarmung und sahen den Mustangs nach. Nur zaghaft löste ich mich aus seinen Armen. Wir hatten uns schon oft auf diese Weise umarmt. Aber heute schien es mir irgendwie anders zu sein.
Seine Hand verweilte noch einen Moment auf meinem Rücken. Wie Halt gebend, als würde er ahnen, dass mein Halt im Moment nicht allzu weit reichte.
„Ja, sie sind wunderschön. Aber sie zerstören unser Getreide.“
„So ist es!“ Ich reichte ihm den nächsten Holzpfahl von der Ladefläche des Pickups. Mit dem Sechspfünder trieb er ihn jetzt in das Loch, das er mit dem Eisen vorgebohrt hatte. Jeder Schlag saß. Ich beobachtete sein Muskelspiel, die Leichtigkeit, mit der er scheinbar den schweren Hammer schwang. Und das Kribbeln in meinem Bauch nahm zu.
Wir setzten die Pfähle und banden den Draht, bis das Feld komplett eingezäunt war. Dann kehrten wir zum Ranchgebäude zurück.
Der große Traktor stand mitten auf dem Hof und einige unserer Arbeiter standen um ihn herum und suchten scheinbar einen Fehler unter seine Motorhaube, die offenstand.
„Was ist hier los? Stimmt etwas nicht?“
Wir hatten den Pickup auf seinem Parkplatz abgestellt.
„Boss, er läuft unrund.“
Aiden nahm sich des Problems an und ich ging ins Haus, um zu duschen.
Dabei wanderten meine Gedanken zu Aiden. Er würde gleich auch eine Dusche nehmen, in dem kleinen Häuschen am Fluss unten. Warum empfand ich plötzlich so für ihn? Spürte die Schmetterlinge im Bauch. Lösten seine Bemerkungen diese Gedanken bei mir aus? Ich wusste ja noch nicht mal, ob er es auf sich bezogen hatte. Möglicherweise meinte er es nicht so.
Ich traf ihn beim Abendbrot wieder.
„Was stimmte nicht mit dem Traktor?“, wollte Jack wissen. Es sah Aiden prüfend an.
„Ein Hydraulikschlauch ist geplatzt. Ich habe ihn mir vorgenommen. Meines Erachtens war da ein Messer am Werk.“
„Du meinst Sabotage?“
Aiden nickte nachdenklich. „Es sah danach aus.“
Jack senkte den Kopf und stocherte in dem Kartoffelsalat herum, der auf seinem Teller lag. Waleah war eine hervorragende Köchin, aber sie reagierte auch gerne betroffen, wenn das Essen nicht zu schmecken schien. Ein kritischer Blick traf ihn von ihr.
„Das wäre fatal!“ murmelte Jack. Ich fragte mich, wer als Saboteur in Frage kommen könnte. Ted Middleton? Trieb er sich hier auf unserem Gelände herum? Nur unsere Mitarbeiter hatten Zugang zu unseren Maschinen.
„Ich kann mich vielleicht auch täuschen.“
Aiden klang nicht überzeugend. Er wollte Jack beruhigen. Aber damit war er nicht sehr erfolgreich.
„Wir müssen das im Auge behalten. Die Jungs sollen wachsam sein.“
„Ich werde mit ihnen sprechen.“
„Ja, aber nur mit denen, denen wir wirklich vertrauen können. Wir haben einige neue Männer eingestellt in den letzten Wochen. Möglicherweise ist einer von ihnen das faule Ei. Und versuche etwas über die Neuen herauszubekommen.“
„Kann es nicht einfach ein Materialfehler gewesen sein?“
Ich wollte nicht recht an Sabotage glauben. Warum sollte uns jemand schaden wollen? Wir hatten keine Feinde.
Aiden hob die Achseln. Er hatte ja schon gesagt, er könne sich täuschen. Aber er schien nicht davon überzeugt zu sein.
Nach dem Essen sattelte ich Princess und ließ meinen Fragen und ihren Hufen freien Lauf. So konnte ich am besten nachdenken. Die Tatsache, dass sich Middleton hier aufhalten könnte, veranlasste mich, mein Gewehr bei mir zu tragen.
Ich erreichte die große Weidefläche, verhielt einen Augenblick mein Pferd, bevor ich es wieder antrieb. Aiden wäre kein so schlechter Partner für mich. Er kannte die Ranch von klein auf und legte ebenso viel Herzblut hinein, wie ich. Und er war mein bester Freund. Ich vertraute ihm blind. Vermutlich würde ich wohl kaum einen Fremden finden, der den gleichen Enthusiasmus für die Ranch aufbringen würde. Mit Frank war es mir damals gelungen. Ja, Frank.
Durch die Ereignisse der letzten Tage, waren meine Gedanken an ihn nicht häufig aufgekommen.
Langsam fragte ich mich, was genau ich vermisste. War es Franks Wesen, seine Anwesenheit? Oder war es einfach die Nähe, die Zärtlichkeit, die zwischen uns herrschte? Die Zärtlichkeit hatte ich versucht zu ersetzen in diesen Nächten, die ich in Phoenix verbrachte.
War es vielleicht nur die fehlende Perspektive einer Alternative. Weil einfach kein neuer Partner in Sicht war? Es war schwierig, jemanden zu finden, der sein Leben aufgab um hier mit mir zu leben. Und ich würde mein Leben hier nicht aufgeben. Das wusste ich zu genau. Wäre Frank nicht von Anfang an bereit gewesen, hier her zu kommen, hätte es Schwierigkeiten gegeben. Das meine Zukunft hier stattfinden würde, stand für mich damals schon fest. So wie heute noch.
Für die Arbeit auf der Ranch fehlte er mir nicht mehr. Ich konnte mit Aiden oder Jack genauso über alles, na ja, über fast alles reden. Der Betrieb lief auch ohne Frank gut. Aiden war von uns verstärkt mit in die Leitung hineingenommen worden. Sein Interesse galt immer schon der Ranch. Somit fehlte Frank hier weniger. Ich arbeitete ja nun auch wieder voll mit und wir kamen damit klar. Was uns an Arbeitern fehlte, hatten Jack und Aiden eingestellt. Wir hatten für diesen Sommer einige neue Mitarbeiter benötigt.
Die Worte meines Vaters kamen mir in den Sinn. Sollte einer von ihnen ein sogenannter smarter Kunde sein und Sabotage bei uns betreiben? Bis jetzt war es nur ein Schlauch, der aussah, als wäre er mit einem Messer bearbeitet worden. Und Aiden hatte gesagt, er könne sich getäuscht haben.
Mein Blick wanderte über die Weiden, die ich durchstreifte. Frank! Ich dachte schon wieder nicht mehr an ihn? Wo war meine Trauer geblieben?
Ich ließ meinen Blick über die Hügelkämme gleiten und erblickte eine Gestalt am Horizont. Ein Reiter, der sich schwarz vor der untergehenden Sonne abhob. Das lange Haar wehte im leichten Abendwind. Ich wusste wer dort vor mir ritt und beschleunigte Princess. Mir war eben im Stall die leere Box seines Pferdes nicht aufgefallen.
Bei der Größe unseres Ranchgeländes war es sehr unwahrscheinlich, sich hier draußen zufällig zu treffen. Was also tat er hier?
Mir wurde bewusst, wie vorhersehbar ich war. Jeder auf der Ranch kannte meine Vorliebe für den Norden unseres Besitzes. Hier, wo die Weiden sanft die Hügel hinan stiegen, immer mehr von der roten Arizonaerde durchsetzt und durch einzelne Gruppen Ponderosakiefern oder Kakteen unterbrochen wurden und dann weiter höher in die rötlichen Klüfte der Rocky Mountains übergingen, hielt ich mich gerne auf. Es gab hier wenige Zäune und so konnte ich meinem Pferd freien Lauf lassen. Jeder, der mich kannte, wusste das. Möglicherweise wäre es klug, meine Taktik zu ändern und meine Gewohnheiten abzulegen.
Ich lenkte jetzt mein Pferd zu einer der Baumgruppen aus Kiefern und stieg ab. Princess durfte einfach etwas grasen. Es war nicht notwendig, sie anzubinden. Der Berglöwe existierte nicht mehr, so drohte keine Gefahr.
Wie immer ging ich meiner Lieblingsbeschäftigung nach, im Gras zu liegen und den Himmel zu beobachten. Heute zogen leichte Wolkenstreifen, von Flugzeugen verursacht, durch das zarte Rosa des Abendhimmels. Ich sank ins Gras und streckte mich lang aus. Was auch immer Aiden hier draußen hatte tun wollen, er würde auf jeden Fall herkommen, weil er mich gesehen hatte.
In der Tat dauerte es nur wenige Minuten, und er sprang vom fast noch galoppierenden Pferd ab und fiel neben mir ins Gras. Das hatten wir als Kinder oft gemacht, um den anderen zu erschrecken. Inzwischen kannten wir uns zu gut, als dass es noch gelang. Aber wir hatten uns diesen Scherz schon lange nicht mehr erlaubt. Wir waren jetzt erwachsen.
Er lächelte mich an und drehte sich auf den Bauch, zog einen Grashalm aus dem Wurzelhalm und kaute auf dem weißlichen Ende, das, wie ich nur zu gut wusste, einen leicht süßlichen Geschmack hatte.
„Was tust du hier?“, fragte er.
„Und du?“
Ich ließ mich nicht ausfragen.
„Habe nach den Mustangs gesehen.“
„Ich auch.“
Er lachte leicht. „Ja, klar, Springfield. – Ich denke, du hast Trübsinn geblasen.“
„Sehe ich etwa trübsinnig aus?“
Ich legte ein glanzvolles Lächeln auf mein Gesicht.
Er sah mich an, wider Erwarten sehr ernst.
„Wie oft schaust du eigentlich in den Spiegel, Springfield?“
„Vermutlich viel zu oft. Warum?“
„Hast du je gesehen, wie hübsch du bist?“
Ich war überrascht. Aiden hatte mir noch nie ein Kompliment gemacht und gleich tauchte dieses Kribbeln wieder auf, dass ich in den letzten Tagen häufiger in seiner Gegenwart verspürt hatte.
„Ach, Blödsinn, du Schmeichler. Was willst du mir damit sagen?“
„Du verkaufst dich unter Wert, wenn du dich Männern einfach so an den Hals wirfst.“
Ich fixierte seine Augen.
„Tue ich das denn?“
Er zuckte mit den Achseln und wich meinem Blick aus. Ich fragte mich, ob Jack mit ihm über Details aus Phoenix gesprochen hatte. Wenn er nur die Bruchteile mitbekommen hatte, die wir beim Abendessen besprochen hatten, konnte er solche Dinge nicht wissen. Woher glaubte er also zu wissen, was ich in Phoenix getan hatte?
Ich zog verächtlich den Mundwinkel hoch und atmete aus.
„Du weißt nichts über mich, McLeod!“
Was dachte er sich eigentlich? Er wusste noch nicht einmal etwas Genaues und verurteilte mich gleich? Ich wurde ärgerlich und erhob mich aus dem Gras. Ein Pfiff und Princess kam zu mir gelaufen. Mit einem Griff zum Sattelhorn und etwas Schwung saß ich auf ihrem Rücken.
Ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen, galoppierte ich davon.