Читать книгу Schön, dich gesehen zu haben - Robin Lang - Страница 5
- Eva -
ОглавлениеSeptember 2016
Ich hatte mir ein paar Tage und Nächte um die Ohren gehauen mit diesen Gedanken über Veränderung, über mein Leben, über meine Ansprüche an mich selber und dann kam der Alltag zurück und damit auch die Angst und das Bedürfnis nach Stabilität.
Die Kinder waren aus den Ferien mit Oma und Opa wiedergekommen.
Sie mussten vor der Arbeit zu den Ferienspielen gebracht und hinterher wieder abgeholt werden.
Die Hefte und Bücher für das kommende Schuljahr mussten besorgt werden.
Die neuen Kinder im Kindergarten mussten eingewöhnt werden.
Die Kleinkriege mit Peter mussten ausgestanden werden.
Die Wäsche musste erledigt werden.
Die Einkäufe mussten erledigt werden.
Die letzte Ferienwoche musste organisiert werden.
Und eh ich es gemerkt hatte, war ein ganzer Monat im alten Trott vergangen und das Gespräch, die Gedanken, die Gefühle waren in Vergessenheit geraten. Die guten Vorsätze, etwas zu ändern, waren dem üblichen Fatalismus gewichen.
Eigentlich lief die Beziehung mit Thomas doch gut.
Eigentlich wollte ich gar keine Veränderung und Aufregung in meinem Leben.
Und überhaupt – wer wollte schon eine etwas pummelige oder nett ausgedrückt „sportlich-kräftig gebaute“ 40-jährige Frau mit Vorliebe für Abende auf der Couch mit Rotwein und Krimiserien?
Genau, also würde ich bei Thomas bleiben.
Und überhaupt, wo sollte ich denn jemanden kennenlernen?
Ich hatte mich in den letzten Wochen ein paar Mal mit Leonie getroffen. Sie strahlte übers ganze Gesicht und war glücklich. Mittlerweile hatte wohl auch Thomas sich mit der Situation angefreundet. Er war mit den beiden einmal essen gewesen und hatte hinterher zugegeben, dass Juri wohl doch ein „netter Mensch mit Manieren und Anstand“ wäre. Das kam in seinem Universum schon fast einem Ritterschlag gleich.
Außerdem hatte ich viel Zeit nebenan verbracht – meine Nachbarn waren in ihr neues Haus gezogen. Da der Ehemann im Rollstuhl saß und nicht viel helfen konnte und seine Frau selber gerade eine Baby bekommen hatte, wurde meine Hilfe gerne angenommen. Ab und zu kamen auch Vicci und Paul mit zum Helfen. Sie gingen dann mit dem Baby spazieren oder packten Kleinigkeiten ein.
Und die Schule hatte wieder angefangen, da hieß es morgens Kinder wecken, Frühstück vorbereiten, Kleinkram organisieren, Brote schmieren, Zähneputzen überwachen, manchmal Mittagessen vorkochen.
An drei Tagen der Woche kamen die Kinder vor mir nach Hause.
Paul hatte sich zu Beginn der Sommerferien entschieden, dass er nun nicht mehr in die Übermittagsbetreuung gehen wollte. Dafür musste er mir versprechen, dass er immer auf direktem Weg nach Hause kommen und die Hausaufgaben jeden Tag freiwillig vorlegen würde.