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- Eva -

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Nebenan tat sich was.

Meine Nachbarn waren ausgezogen und ich hatte sie heute mit einer Frau am Haus gesehen, die sich jede Menge Notizen auf einem Klemmbrett gemacht hatte – mit Sicherheit eine Maklerin. Ich war wirklich gespannt, wer dort einziehen und wie lange das Haus leer stehen würde.

In meinem Leben tat sich nichts.

Der ewig gleiche Alltag, ab und zu ein Abendessen mit Thomas, ansonsten viel Zeit mit zwei Kindern, dem Haus, dem Garten. Ich machte das Beste daraus.

Peter hatte die Kinder dieses Wochenende eher widerwillig genommen. Also war ich alleine. Ein komisches Gefühl so ganz ohne Kinder.

Thomas hatte viel zu tun und war von Freitag auf Samstag zu einem Seminar unterwegs. Er würde erst heute Abend wiederkommen, dann wollten wir schick essen und anschließend ins Theater gehen.

Als ich Leonie von diesen Plänen erzählt hatte, lachte sie nur und meinte: „Irgendwie kann ich mir dich eher in einer Kneipe oder einem Konzert vorstellen als in einem Theatersaal.“ Damit tat sie mir ein bisschen Unrecht – ich mochte beides! Nur hatte ich lange niemanden gehabt, mit dem ich das eine oder andere hätte unternehmen können. Und ein Abend im Theater war zumindest mal eine Ablenkung zu Krimiserien und Kuscheldecke.

Leonie und Juri hatten in den letzten Wochen öfter angeboten, dass ich mit ihnen etwas unternehmen könnte, zum Beispiel einen Auftritt von Juris Band besuchen oder mit in eine der unzähligen Kneipen in unserer kleinen Universitätsstadt kommen. Aber mal ganz ehrlich – ich war 15 Jahre älter als die beiden oder zumindest als Juri, ich war geschieden, hatte zwei Kinder, stand „mitten im Leben“, was sollte ich da mit einer Horde Studenten ausgehen? Ich käme mir nur noch älter vor! Also schob ich immer Vicci und Paul als Gründe vor, warum ich abends eben nicht spontan weg könnte – wobei mir die beiden schon mehrfach signalisiert hatten, dass sie nun wirklich groß genug wären, dass ich sie mal für ein paar Stunden am Abend alleine lassen könnte. Ich glaube, Vicci hoffte sogar, dass ich einen anderen Mann als Thomas finden würde. Und auch Leonie durchschaute meine Ausreden. Sie guckte immer nur mit hochgezogener Augenbraue und wiegte missbilligend den Kopf.

Ich wollte doch nur meine Ruhe und keine Aufregung. Lieber alles sortiert und geregelt – Aufregung hatte ich mit Peter genug gehabt. Das Drama reichte mir für mein ganzes Leben. Dann lieber vorgeworfen bekommen, dass ich nur halbherzig lebte, mich mit zu wenig zufrieden gab und mein Leben vergeudete. Die Leute, die einem das vorwarfen, hatten mit Sicherheit keinen Vollzeitjob, einen unzuverlässigen Exmann und eine Tochter in der Pubertät!

Die Unzuverlässigkeit meines Exmanns bekam ich Sonntagmorgen zu spüren – denn statt wie eigentlich besprochen die Kinder gegen 15 Uhr zurückzubringen, stand er mit ihnen um zehn Uhr vor der Tür.

„Deine Kinder waren der Meinung, dass mein Angebot an Frühstückszutaten nicht das richtige sei.“ („Meine Kinder??“ - Hallo, wenn ich mich richtig erinnerte, dann war er auch nicht unbeteiligt gewesen an deren Entstehung!)

„Da dachte ich, wenn es bei mir sowieso immer alles nicht nach ihrem Sinne ist, dann kann ich sie auch früher zu dir zurückbringen! Das passt mir sowieso besser, dann können Sabrina und ich heute noch etwas unternehmen!“

„Peter – es sind auch deine Kinder! Und du hattest gesagt, dass du sie erst am Nachmittag zurückbringen würdest. Was, wenn ich auch Pläne für heute habe? Du hättest zumindest mal anrufen können und fragen oder samstags mit ihnen einkaufen, wenn sie bei dir sind!“

„Ach, Eva, tu doch nicht so aufgeregt – wann hast du denn schon mal was vor? Außerdem macht es doch wirklich keinen Sinn, wenn ich für alle paar Wochen Sachen einkaufe und bei mir rumstehen lasse, die sonst keiner isst. Vielleicht liegt es auch daran, dass du zu weich mit ihnen bist und ihnen alles erlaubst und kaufst, was sie wollen? Hast du darüber schon mal nachgedacht? Kein Wunder, dass du mit dem Geld nie hinkommst – aber haushalten konntest du sowieso noch nie gut.“

Ich zuckte zusammen – wenn er mir mitten ins Gesicht gehauen hätte, dann hätte der Schmerz nicht viel größer sein können.

Er zahlte mir den Mindestsatz und das noch nicht mal regelmäßig, um jeden Klamotteneinkauf musste ich mit ihm kämpfen, Paul wuchs so schnell, dass man ihm dabei zusehen konnte, jedes Jahr war eine komplette Schuhgröße dran, so dass ich das Gefühl hatte, ständig neue Schuhe kaufen zu müssen. Und für Vicci wurde ihre Kleidung auch immer wichtiger. Damit stand ich immer alleine da und hatte mich bisher nicht beklagt!

Während mein Idiot von Exmann jedes Jahr ein neues Auto fuhr („du musst einsehen, ich muss ja einen guten Eindruck bei der Kundschaft hinterlassen!“), betete ich Jahr für Jahr darum, dass mein alter Golf mich nicht im Stich lassen würde und die Reifen noch eine Saison durchhielten. Aber wie so oft hatte ich keine Lust und keine Kraft, um mit ihm zu streiten.

Er fuhr und die Kinder blieben bei mir.

„Mama, sei nicht böse, ich weiß, du hattest dich auf einen ruhigen Sonntag gefreut. Es war nicht so, wie Papa es erzählt. Paul hat nur gefragt, ob noch Nutella da sei. Da hat Sabrina die Augen verdreht und gemeint, dass es doch wohl auch mal ohne dieses Zeug ginge und dann Papa daran erinnert, dass sie zum Brunch eingeladen seien und ob sie da alleine hingehen müsse. Da hat Papa beschlossen, dass er uns früher heimbringen würde. Hattest du was mit Thomas vor? Du kannst uns auch gerne alleine zu Hause lassen …?!“

Ich schloss meine Kinder in den Arm. Was hätte ich auch sonst tun sollen?

Natürlich hatten Thomas und ich den Tag miteinander verbringen wollen. Geplant war, dass wir nach dem Frühstück sein Cabrio aus der Garage holen und ein bisschen ins Umland fahren wollten. Vielleicht zu dem Ausflugslokal am See gut eine Stunde Fahrt von hier?

Stattdessen kam Thomas nun mit seiner Übernachtungstasche in der Hand aus dem Schlafzimmer – er hatte die Unterhaltung wohl mit angehört.

Er drückte mir einen Kuss auf die Wange „Ich ruf dich an!“ und weg war er.

Ich ging mit den Kindern in die Küche.

„Habt ihr jetzt überhaupt etwas gefrühstückt? Wie haben nur Reste, ich habe leider nicht so früh mit euch gerechnet.“

Thomas hatte zum Frühstück Brötchen gekauft, aber natürlich nicht genug, um zwei Kinder damit satt zu bekommen.

Unser Frühstückstisch war noch gedeckt – Thomas hatte nur seine Kaffeetasse und seinen Teller abgeräumt, bevor er gegangen war.

Paul, wie immer eher unbeeindruckt, zumindest nach außen hin, nahm sich einen frischen Teller und Nutella aus dem Schrank und aß das letzte noch vorhandene Brötchen auf. Vicci dagegen kuschelte sich auf meinen Schoß.

„Es tut mir leid, Mama, wir wollten dir deinen Tag nicht kaputt machen.“

Was sollte ich sagen? Was konnte ich sagen?

Ich drückte sie fest an mich. „Victoria – es ist nicht deine Schuld, das darfst du nie denken. Ich liebe euch beide, ihr seid das Wichtigste in meinem Leben. Ihr habt mir den Tag nicht kaputt gemacht, höchstens meine Pläne durchkreuzt – aber es gibt niemanden von dem ich mir meine Pläne lieber durchkreuzen lasse, als von euch! Und wo wir jetzt einen freien Sonntag haben – sollen wir was unternehmen?“

So machten wir uns nach dem Frühstück auf ins Schwimmbad und verbrachten dort ein paar entspannte Stunden.

Als Wiedergutmachung für den verpatzten Vormittag beschlossen die Kinder, für mich zu kochen, während ich es mir auf dem Sofa bequem machen durfte. Allzu viel konnten die beiden noch nicht kochen, aber für Pasta mit Pesto reichte es immer. Es war auch erstaunlich, wie gut die beiden sich in solchen Situationen verstanden. Mal gönnten sie sich nichts, stritten nur und konnten es keine zehn Minuten zusammen in einem Raum aushalten, bevor die Ärgerei losging. Wenn sie aber wussten, dass es mir nicht so gut ging, sie etwas ausgefressen hatten oder gut drauf waren, dann waren sie wie ausgewechselt und ergänzten sich prima! So sehr ich für mich die Ehe mit Peter bereute und mich immer wieder fragte, wie ich mich so in diesem Mann hatte täuschen können – meine Kinder wollte ich für nichts auf der Welt tauschen oder missen. Sie waren das einzig Gute in meinem Leben und da konnte man mir tausend Mal vorwerfen, ich würde mit angezogener Handbremse leben, wenn es dadurch meinen Kinder gut ging, würde ich es mit Freude immer wieder so machen.

Schön, dich gesehen zu haben

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