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Der Westen

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Im Westen wurde den sozialen und gesellschaftlichen Fragen weniger Aufmerksamkeit geschenkt als in der Zwei-Drittel-Welt. Vor allem aber führten sie zu etlichen Kontroversen, die in den nächsten Jahren die evangelikale Bewegung beschäftigen sollten.

Einer der Auslöser der Kontroverse war die Konsultation über den einfachen Lebensstil in Hoddesdon bei London, die im Jahr 1980 stattfand. Das Treffen wurden von den radikalen Theologen Ronald Sider, Vinay Samuel, Chris Sugden und René Padilla geprägt. Das Resultat des Konsultation, die Londoner Verpflichtung, widerspiegelt den radikalen Einfluss deutlich.8 So heißt es in der Präambel: „Wir sind betroffen von der Ungerechtigkeit der Welt, besorgt um ihre Opfer und tun Buße für unsere Mitschuld.“ Im ersten Absatz über die Schöpfung heißt es: „Gottes Schöpfung ist gekennzeichnet durch reiche Fülle und Mannigfaltigkeit, und er will, dass ihre Güter zum Wohl aller sorgsam verwaltet und geteilt werden. Wir verurteilen deshalb die Zerstörung der Umwelt, die Verschwendungssucht und gewinnsüchtige Vorratshaltung. Wir beklagen das Elend der Armen, die unter den Folgen dieser Übel leiden.“

Die weiteren Absätze sprechen sich für einen einfachen Lebensstil und für konkrete Nächstenliebe aus. Die Beschäftigung mit der sozialen Verantwortung in Lausanne hatte das soziale Gewissen der Evangelikalen im Westen nachhaltig wachgerüttelt. Der massive Reichtum des Westens wurde als Schuld und als missionarische Verpflichtung empfunden. Allerdings gehen ganze Passagen weit über das eigentliche Thema der Konferenz hinaus. In Abschnitt 7 über Gerechtigkeit und Politik heißt es:

Armut und übermäßiger Wohlstand, Militarismus und Rüstungsindustrie und die ungerechte Verteilung von Kapitel, Land und Rohstoffen werden bestimmt von Macht und Ohnmacht. Ohne eine Veränderung der Machtverhältnisse durch strukturellen Wandel können diese Probleme nicht gelöst werden. Die christliche Kirche ist zusammen mit dem ganzen Rest der Gesellschaft unvermeidlich in politisches Geschehen mit einbezogen, welches ja die „Kunst des Zusammenlebens“ ausmacht. Diener Christi müssen Gottes Herrschaft mit ihrem politischen, sozialen und wirtschaftlichen Einsatz und in ihrer Liebe zum Nächsten zum Ausdruck bringen durch ihre Mitarbeit an politischen Prozessen.

Noch nie war im Westen eine Konferenz mit so radikalen Ergebnissen zu Ende gegangen. Entsprechend unterschiedlich waren die Reaktionen auf die Londoner Verpflichtung: „Von den Teilnehmern wurde die Konferenz als historischer Wendepunkt im sozialen Bewusstsein der evangelikalen Bewegung gepriesen. Die Ergebnisse lösten jedoch bei der Leitung der Lausanner Bewegung nicht geringe Bestürzung aus“ (Berneburg 1997, 101). Vor allem der Mangel an Ausgleich zwischen evangelistischem und sozialem Dienst zugunsten des sozial-politischen Engagements stieß auf Ablehnung. Die sozialpolitische Schlagseite der Londoner Verpfichtung und die gegensätzlichen Reaktionen auf das Dokument ließen in der evangelikalen Bewegung eine Kluft in der Frage des Missionsverständnisses zu Tage treten:

Der Vergleich zwischen Lateinamerika, Asien und Afrika einerseits und dem Westen anderseits zeigt, dass in den unmittelbar auf Lausanne folgenden Jahren die evangelikale Theologie in der Zwei-Drittel-Welt sich auf eine radikale Position zubewegte, während man im Westen dieser Entwicklung abwartend bis ablehnend gegenüberstand. Die radikalen Impulse von Lausanne hatten eine unumkehrbare Entwicklung innerhalb der evangelikalen Bewegung in Richtung einer vermehrten Beschäftigung mit sozial-politischen Fragen und deren Einbezug in die Missionstheorie in Gang gesetzt. (Hardmeier 2008, 43)

Nach der Konsultation in Hoddesdon war klar, dass sich die evangelikale Bewegung um eine schnelle und gründliche Klärung ihres Missionsverständnisses bemühen musste.

Kirche ist Mission

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