Читать книгу Kolonie aus dem Gestern: Die Raumflotte von Axarabor - Band 211 - Roland Heller - Страница 11
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ОглавлениеCorlan hatte in der Stadt unter Wasser ebenfalls seine Geschichte zu erzählen. Und auch in seiner Erzählung kamen die Menschen nicht gut weg.
„ Die Menschen werden übermütig“, rief einer der Kopffüßler. „Die alten Verträge sind ihnen, scheint es, lästig geworden.“
„ Ganz recht. Ihr Hunger nach Fisch ist unersättlich. Ich beobachte es seit Jahren, dass sie sich kaum noch um die alten Grenzen kümmern. Immer öfter dringen sie in unsere Fischgründe ein.“
„ Das stimmt!“, rief ein nächster bejahend. „Erst letzte Woche hat mir doch einer einen ganzen Schwarm weggefischt!“
Corlan blickte besorgt in die Runde. „Also, was ist zu tun?“, fragte er.
„ Nichts, das im Moment der Erregung beschlossen wird!“, sagte Duran mit seinem durchdringenden Bass. Duran war alt. Man sah es an den zahlreichen Falten, die seine Haut warf, und an der hellrosa Färbung an den Spitzen seiner acht Arme. Duran war Mitglied des – in der Entsprechung übersetzten Begriffes – Regierungsrates und als solcher ein angesehenes Mitglied in dieser Gemeinschaft der Kopffüßler.
Das Volk lebte nicht primär in Städten, sondern in losen Gemeinschaften, die sich zufällig bildeten und auch in ihrer Zusammensetzung oft wechselten, aber sie besaßen durchaus so etwas wie eine gemeinsame Interessensvertretung und eine Regierung, die Gesetze formulieren konnte, die alles Kopffüßler betrafen. Für die Zusammenkünfte zu diesem Zweck gab es auch bei den Kopffüßlern Städte, doch waren diese nicht dauerhaft bewohnt.
Als Mitglied eines dieser Regierungsgremien besaßen die Worte von Duran Gewicht.
„ Wir müssen klar überlegen und die Fakten von allen Seiten prüfen“, beschwor er die Menge, die in ihrer Aufgeregtheit leicht über das Ziel mit ihren Maßnahmen hinausschießen konnte. „Bevor ihr an Kampf denkt, sollten wir die Diplomatie sprechen lassen. Wenn die Menschen die alten Gesetze missachten, müssen wir sie sehr wohl darauf aufmerksam machen. Aber bevor wir sie mit Gewalt konfrontieren, müssen wir einen Vermittlungsversuch unternehmen. Wer sagt uns denn, dass es bei den Menschen nicht nur ein Einzelner ist, der gegen die Regeln verstößt. Vielleicht sind die Menschen fähig, dieses Problem intern zu lösen.“
„ Wenn es sich nur um Einzeltäter handelt, hätten die Menschen längst eingegriffen. Nein, ich sage, das ist gezielte Provokation.“
„ Genau!“
„ Und die gehört geahndet!“
„ Und wie stellt ihr euch das vor?“, fragte Duran. „Was wollt ihr konkret unternehmen? Die Menschen aus ihren Häusern entführen und ertränken?“
„ Wenn es nicht anders geht, ja!“
„ Das ist Wahnsinn“, rief Duran erregt und einer seiner Arme umfasste Corlan, hauptsächlich deshalb, damit dieser ihm seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte.
„ Dein Erlebnis mag traumatisch für dich gewesen sein“, gab er zu, „aber es liegt noch kein Grund vor, deine Mitbewohner zur Gewalt aufzustacheln. Ich biete dir an, dich zu begleiten und zu der nächsten Regionalsitzung mitzunehmen. Dort kannst du den Abgeordneten sowohl dein Erlebnis wie auch deine Schlüsse, die du aus diesem Erlebnis gezogen hast, erklären. Und wer weiß, vielleicht ist dein Erlebnis nicht der einzige Regelbruch, der in letzter Zeit den Abgeordneten zu Ohren gekommen ist.“
„ Wir hätten davon gehört.“
„ Das muss nicht sein. Gewisse Nachrichten werden absichtlich nicht verbreitet. Die Abgeordneten besitzen jedoch den Überblick und können die Nachricht richtig einordnen.“
„ Das heißt …?“
„ Das heißt, behalte über dein Erlebnis künftig Stillschweigen. Zumindest so lange, bis wir uns in drei Tagen auf den Weg zum Regionalparlament machen.“